The Berlin International Center for the Study of Antisemitism

Schlagwort: Antisemitismus Seite 3 von 7

Der „Duft von Druckerschwärze“ und die digitale Welt oder: wann wurde Jürgen Habermas zu einem autoritären Demokraten?

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Der intellektuelle Charme versprühende „Duft der Druckerschwärze“, den man morgens in U-Bahnen zu riechen vermochte – wenn man in einer Ortschaft wohnte, wo es eine U-Bahn gibt, also eigentlich in der BRD nur Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart – ist für den Historiker und Kolumnisten der Süddeutschen Zeitung Norbert Frei dem digitalen Publizieren gewichen. In seiner allerletzten Kolumne für die SZ, die in der Wochenendausgabe vom 16./17. März 2024 publiziert wurde, lamentiert der bekannte Historiker, dass der vom Sozialphilosophen Jürgen Habermas analysierte „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (1962) sich zu einem „Strukturbruch der Öffentlichkeit“ radikalisiert habe.

Frei bringt Beispiele wie von AfD-nahen YouTubern, die von fast einer Million Followern bzw. Zuschauer*innen verfolgt würden. Dabei hatten noch mehr Leute den AfD-Chef Tino Chrupalla live im öffentlich-rechtlichen TV sehen können (bei Markus Lanz), was nur zeigt, wie wenig Mainstream-Journalisten aus dem von der ARD und dem ZDF mit beförderten Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag im Jahr 2017 gelernt haben. Auch Norbert Frei findet das sehr ungeschickt vom ZDF, den AfD-Führer in wenigen Wochen gleich zweimal als Talkgast zu hofieren.

Frei geht auf den dramatischen Rückgang der Zeitungsauflagen ein, die haben sich von 1991 bis 2023 von 27 Millionen Ausgaben pro Tag auf schlappe 11 Millionen reduziert. Gleichzeitig hat sich seit der Erfindung des Internets Mitte der 1990er Jahre die Medienlandschaft komplett verändert. Komplett? Nun ja, Leitmedien sind für viele weiterhin das Fernsehen oder der Spiegel, die Zeit, die Süddeutsche, die FAZ etc. Aber es gibt, da hat Norbert Frei zweifelsohne Recht, eine riesige Anzahl an neuen Medienmacher*innen, in den digitalen Medien vorneweg, die eigentlich ja eine Demokratisierung bedeuten könnten. Aber jetzt kann sich jede und jeder irgendwo äußern. Die größten Trottel bekommen Hunderttausende oder Millionen Follower bei den entsprechenden Portalen.

Die Gefahr des Rechtsextremismus ist sehr groß. Das zeigen Verschwörungsmythen aller Art, autoritäres Verhalten und selbstredend der Mob in den wirklich a-sozialen Medien.

Doch kommt die Gefahr nur von den Nazis und Rechten oder jenen Trotteln?

Keineswegs.

Das ist mir viel zu selbstverliebt und unreflektiert.

Und von daher wurde ich stutzig über die im März 2024 völlig ungebrochene Vorliebe des Historikers Norbert Frei für Jürgen Habermas. Denn es war kein anderer als Habermas, der während der Corona-Pandemie zeigte, wie aus einem mehr oder weniger liberalen Demokraten ein illiberaler, irrationaler und autoritärer Denker wurde. Habermas wurde während Corona zu einem autoritären Demokraten.

Frei geht auf Habermas‘ Einlassungen während der Corona-Pandemie überhaupt nicht ein und das ist ein schwerwiegender Fehler. Denn Historiker*innen zukünftiger Generationen werden sich sehr wohl mit dem Versagen der Demokraten und der Wissenschaft in den Jahren 2020 bis 2023 befassen. Auch Jürgen Habermas wird ganz bestimmt dann nochmal ins Visier wissenschaftlicher Analyse von Irrationalismus, Unwissenschaftlichkeit und autoritärem Denken geraten. Doch steckte nicht schon früher dieses autoritäre, ja dezisionistische Denken in Habermas drin?

Was meine ich genau? Nun, Folgendes:*

„Und es gibt DOCH ein Leben vor dem Tod!“[1]

Da weder die Grippe von 1969/70 noch Corona die Pest oder Cholera sind und auch nicht annähernd so gefährlich wie Tuberkulose, hat der Großaffirmator staatlicher Politik wie Jürgen Habermas die Grippe 1969/70 ohne jede gesellschaftliche, staatliche ‚Maßnahme‘ überstanden. Er kommt jedoch im hohen Alter endlich ganz explizit zu sich selbst. Das zeigt ein Artikel von ihm in den Blättern für deutsche und internationale Politik vom September 2021.[2] Darauf weist der Feuilletonchef der Tageszeitung Die Welt Andreas Rosenfelder hin.[3] Was schreibt Habermas in der September 2021 Ausgabe der Blätter? Schon die ersten Sätze seines Artikels zeigen, dass er nicht weiß, worüber er schreibt:

„Seit Beginn der Corona-Pandemie stellt sich demokratisch verfassten Nationalstaaten – als den in erster Linie handlungsfähigen Akteuren – unter rechtsphilosophischen Gesichtspunkten vor allem eine Frage: Welche Pflichten erlegen die Grundsätze einer liberalen Verfassung der Regierung in einer solchen Situation auf und welche Handlungsspielräume haben sie dabei gegenüber ihren Bürgern?

Die durch das Virus Sars-CoV-2 ausgelöste Pandemie ist, wie der Name bereits besagt, ein Naturgeschehen, das sich global ausgebreitet hat, also Leben und Gesundheit von Angehörigen der species homo sapiens überall auf dem Erdball bedroht. Unter biologischen Gesichtspunkten lässt sich die Bekämpfung der Pandemie als eine (freilich mit ungleichen Waffen geführte) Kriegführung von Species gegen Species verstehen.“[4]

Wie der irrationale französische Präsident Macron sieht auch der deutsche Großaffirmator des herrschenden Systems ein Virus als einen Kombattanten an. Wir seien also im „Krieg“, ja es gebe eine „Kriegführung von Species gegen Species“. Da schüttelt jeder Biologe und auch jede Sozial- und Geisteswissenschaftlerin nur den Kopf: Ein Virus möchte sich verbreiten, was es nur kann, wenn es Wirte gibt. Wollte Corona alle Menschen töten, hätte es keinen Wirt mehr bzw. nur die Tiere, aber das Leben der Menschen ist für ein Virus wie Corona viel spannender. Nur sind nicht alle Menschen gleichermaßen gesund und immunstark.

Habermas hat die gesamte empirische und analytische Forschung zu Demokratie, Menschenwürde, Grundrechten und Epidemiologie seit März 2020 ver­schlaf­en. Er wägt nicht zwischen Kosten und Nutzen ab, sondern spielt den autoritären Macker, der er offenbar schon immer war, denn kaum einer wird mit 92 Jahren plötzlich autoritäre Charakterzüge entwickelt haben, die schlummerten nur in ihm. Jürgen Habermas ein Schläfer, der jetzt erwacht ist? Wie medizinisch und epidemiologisch ungebildet Habermas ist, zeigt sich hier:

„Bis zum Zeitpunkt der – letztlich nur durch Impfung erreichbaren – ‚Herden­imm­unität‘ erstrecken sich die strategischen Optionen in diesem Kampf über einen breiten Spielraum.“[5]

Man fragt sich, was für ungebildete Berater*innen Habermas hat und wer in der Redaktion der Blätter für deutsche und internationale Politik einen so unwissenschaftlichen Schmarrn lektoriert und redigiert hat. Herdenimmunität bildet sich bei Viren wie Influenza oder Corona immer durch natürliche Immunität und ggf. durch eine Impfung gemeinsam aus. Es gibt Studien, die zeigen, dass ehemals mit SARS-CoV-2 infizierte, aber nicht geimpfte Personen eine höhere Immunität haben als Geim­pf­te, die sich nie infizierten.[6]

Zudem sich, auch das weiß er nicht, mit den aktuellen Coronaimpfstoffen weder eine „klinische Immunität“ (also Schutz einer geimpften Person vor dem Ausbruch der Krankheit) noch eine „sterile Immunität“ (keine Weitergabe des Virus) entwickeln kann. Geimpfte können mit der gleichen Viruslast das Virus übertragen – schon das macht die 3G oder 2G Regeln beliebig. Wer gegen Masern geimpft ist, bekommt keine Masern. Wer gegen Corona geimpft ist, kann sehr wohl Corona be­kom­m­en und das nicht selten. Habermas hat die wissenschaftliche Forschung konsequent ignoriert, er weiß nicht, dass wir es mit einer Infektionssterblichkeit (IFR) von unter 0,10 bis 0,23 Prozent zu tun haben, was die ca. 4 Prozent Fallsterblichkeit, von denen an­fangs auch die WHO oder das RKI panisch und evidenzlos ausgingen, ganz enorm relativiert und die Fakten auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Über 99 Prozent aller Toten „an“ oder doch nur „mit“ Corona sind über 50 Jahre alt und fast alle waren vorerkrankt. Wobei wir über die Vorerkrankungen noch viel mehr wissen könnten, wenn die Zahlen vorliegen würden und wenn es Obduktionen im großen Maßstab zu den Covid-Toten gegeben hätte. Denn ganz sicher waren nicht alle Toten, die als C-Tote zählen, an Covid gestorben, viele hatten nur bis zu 28 Tage vor dem Tod einen positiven PCR-Test, der wiederum gar nicht für die Diagnose einer Krankheit entwickelt wurde.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch an Covid-19 stirbt, ist minimal. Während richtig schlimme Krankheiten wie Pocken eine Sterblichkeit von ca. 30 Prozent haben oder AIDS in der Anfangszeit zwischen 80 und 100 Prozent Sterblichkeit, so ist eine Sterblichkeit von unter 0,10 bis 0,23 Prozent wie bei Corona sehr gering. Die unterschiedliche Infektionssterblichkeit je Altersgruppe zeigt ein Artikel im European Journal of Epidemiology, eine Fachzeitschrift, die wohl doch un­wesent­lich mehr wissenschaftliche Ahnung von Epidemiologie haben dürfte als Jürgen Habermas und die Blätter für deutsche und internationale Politik:[7]

    • 0–19: 0,0027 %
    • 20–29: 0,014 %
    • 30–39: 0,031 %
    • 40–49: 0,082 %
    • 50–59: 0,27 %
    • 60–69: 0,59 %

Doch Habermas fabuliert:

„In diesem Zusammenhang kann ich auf ein neues und für die nächste Zukunft ernstlich beunruhigendes Phänomen an dieser Stelle nicht genauer eingehen – ich meine die politisch aggressive und verschwörungstheoretisch begründete Verleugnung der pandemiebedingten Infektions- und Sterberisiken. Wegen ihres rechtsradikalen Kerns sind die scheinliberal begründeten Proteste der Corona-Leugner gegen die vermeintlich konspirativen Maßnahmen einer angeblich autoritären Regierung nicht nur ein Symptom für verdrängte Ängste, sondern Anzeichen für das wachsende Potential eines ganz neuen, in libertären Formen auftretenden Extremismus der Mitte, der uns noch länger beschäftigen wird.“[8]

Habermas hat panische, irrationale Angst vor einem Virus, nicht die Kritiker*innen. Die haben berechtigterweise Angst vor einer medizinisch sinnfreien und antidemokratischen Corona-Politik. Habermas benutzt das Stigmanomen „Corona-Leugner“ und meint damit alle Kritiker*innen der nicht evidenzbasierten Coronapolitik.

Er macht sich gar nicht die Mühe zu differenzieren zwischen den 90 oder 99 Prozent, die das Virus überhaupt nicht leugnen, aber die Politik desaströs finden und jenen 10 oder ein Prozent oder noch weniger, die tatsächlich die Existenz des Virus SARS-CoV-2 leugnen. Jürgen Habermas stellt die ganze Debatte über Demokratie, Menschen- und Grundrechte auf den Kopf und möchte in Carl Schmittscher Manier dem Staat alle Rechte für den Ausnahmezustand geben, ja es sei eine Pflicht, dass der Staat so rigoros durchgreift, wie nur möglich, ohne mit der Wimper zu zucken. Habermas ist der extreme Rechte, der Schmittianer und nicht nur ein Teil der Kritiker*innen der Coronapolitik, der auch unzweifelhaft rechts ist. Habermas schreibt in aggressiver Diktion:

„Das Ziel, die Rate der auf Corona zurückzuführenden ‚Übersterblichkeit‘ der Bevölkerung so niedrig wie möglich zu halten, deckt sich ja keineswegs mit dem Ziel zu verhindern, dass die Zahl der schwer erkrankten und behandlungsbedürftigen Corona-Patienten die Grenze der vorhandenen Betten und Beatmungsgeräte üb­er­schreitet. Das aber bedeutet faktisch eine Verschiebung der Zielbestimmung, mit der die eigentlich entscheidende Frage aus der politischen Öffentlichkeit verdrängt worden ist: ob denn ein demokratischer Verfassungsstaat bei der Verfolgung des Ziels der Pandemiebekämpfung überhaupt das Recht hat, Politiken zu wählen, mit denen er die vermeidbare Steigerung von Infektionszahlen und damit der wahrscheinlichen Anzahl von Sterbefällen stillschweigend in Kauf nimmt.“[9]

Raphael Gross hat in seiner Dissertation den Antisemitismus von Carl Schmitt detailliert untersucht und kritisiert. Im Zusammenhang mit Corona passt seine Analyse des Begriffs „Dezisionismus“, wie er bei Schmitt 1922 in „Politische Theologie“ Verwendung findet:

„Etwa ein Jahrhundert später führt Schmitt, de Maistres Thema wieder aufgreifend, Hobbes Satz gegen denjenigen von Locke an: ‚the Law gives authority.‘ In diesem Kontext führt Schmitt seinen Begriff des Dezisionismus ein; dieser wurde später zur Kennzeichnung seines eigenen Denkens verwendet: ‚Der klassische Vertreter (wenn ich dieses Wort bilden darf) dezisionistischen Typus ist Hobbes.‘ Hobbes‘ dezisionistische Formel ‚Auctoritas facit legem‘ sollte Schmitts Entscheidung gegen das Gesetz, gegen die ‚Herrschaft des Gesetzes‘ und für die Autorität stützen. Denn schließlich sage ‚das Gesetz‘ nicht, ‚wem es Autorität‘ gebe.“[10]

Exakt so handelte Kanzlerin Angela Merkel zu Beginn der Coronakrise. Es wurde nicht im Parlament gestritten, debattiert und Kompromisse oder die bestmögliche Antwort auf eine Krisensituation gesucht, sondern es wurde beschlossen, dieser dezisionistische Akt war schockierend für eine parlamentarische Demokratie, die nicht mehr funktionierte.

Für Merkel und die gesamte Politik zählte nicht das Gesetz, sondern die Autorität, nicht die Legislative, sondern die Exekutive. Dass Verordnungen oder Maßnahmen von Gerichten später als illegal oder verfassungswidrig verurteilt wurden, führte weder zu Rücktritten noch zu einem grundsätzlichen Umdenken.

Das ist für die Politikwissenschaft umso bemerkenswerter, als wir es hier bei Schmitt um einen Klassiker der reaktionären deutschen Position gegen 1789 zu tun haben – gegen den Universalismus, der gerade von Politikerinnen wie Merkel oder Großdenkern der Bundesrepublik wie Habermas immer eingefordert und jetzt im Fall der Fälle im Sinne Schmitts in dessen Text „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“ (1926) verworfen wurde:

„Schmitts Insistenz auf dem Dezisionismus ist ein Kampf gegen jedes universale Gesetz und insbesondere gegen den parlamentarischen Gesetzesbegriff, der sich in der Folge von 1789 entwickelt hat: ‚Die allgemeine Maßgeblichkeit des Gesetzes ergibt sich daraus, daß das Gesetz (im Gegensatz zum Willen oder Befehl einer konkreten Person) nur Ratio ist und keine Cupiditas [Begierde]. (…) Die Dezision, der persönliche Befehl, ist Schmitts Antwort auf das allgemein geltende Gesetz, das wesentlich entpersonalisiert ist.“[11]

Habermas hat die Cupiditas nach dem totalen Staat. Er, der anti-adornitische Zermalmer der Kritischen Theorie, die fortan, seit den 1970er Jahren „Frankfurter Schule“ heißt, droht:

„Wenn sich die Erforderlichkeit einer staatlichen Präventivmaßnahme auf das weitgesteckte Ziel bezieht, die Infektionszahlen zu minimieren, sind nicht nur strengere Verhaltensvorschriften und Auflagen gerechtfertigt als bei dem weniger anspruchsvollen Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Vielmehr drängt sich beim Vergleich dieser Ziele auch jene Grundsatzfrage auf, die tatsächlich im Hintergrund geblieben ist: ob die Verfassung eines demokratischen Rechtsstaats die Regierung im Hinblick auf das Minimierungsziel dazu verpflichtet, die Zahl der an Corona Verstorbenen so niedrig wie möglich zu halten. Nur wenn diese Verpflichtung nicht besteht, gewinnt die Regierung mit der Inkaufnahme einer vorhersehbaren Zahl grundsätzlich vermeidbarer Todesfälle auch einen gewissen Spielraum für die Berücksichtigung anderer konkurrierender Rechts­an­sprüche. Denn die alternativen Zielbestimmungen stellen auch die Weichen für die gerichtliche Kontrolle staatlich verordneter Einschränkungen.“[12]

Allein das Wörtchen „vermeidbarer“ zeigt den verfassungsrechtlichen Irrsinn und die Macht- und Herrschaftsgelüste, die Habermas an- und umtreiben. Als ob es vermeidbar wäre, ein respiratorisches Virus, das so gut wie alle Menschen am Leben lässt und nur minimal beschäftigt, zu eliminieren.

Mit solchen Sätzen wird er zum Vorbeter der weltweiten ZeroCovid-Bewegung. Habermas wird zum antidemokratischen Vordenker, der jede Kritik als „libertär“ denunziert – was für ihn mit „extremistisch“ oder rechts identisch ist und nicht auch anarchistisch oder links konnotiert:

„Die Parteigänger einer libertären Öffnungspolitik stützen sich in der öffentlichen Diskussion auf die akademischen Stimmen, die einen während der Pandemie grundsätzlich zu beachtenden Vorrang des staatlichen Gesundheitsschutzes bestreiten.“[13]

Was Habermas nicht kapieren möchte – und das liegt nicht an seinem Alter, sondern an seiner ideologischen Borniertheit oder Vorliebe für ‚harte Maßnahmen‘ generell – ist die Tatsache, dass Menschen sich sehr wohl selbst schützen würden, wenn es denn eine Gefahr gäbe, die alle gleichermaßen beträfe.

Doch es gibt keine Gefahr, die alle, die ganze Menschheit gar, bedroht. Diese Bedrohung fantasiert der autoritäre Charakter vom Starnberger See. In Nigeria, dem größten Land Afrikas und einem der größten Staaten der Erde, gibt es 14 Todesfälle pro eine Million Einwohner*innen (Stand November 2022[14]), die an oder mit Corona starben. In Deutschland sind es 1828 pro eine Million Bewohner*innen. Habermas hat einfach die empirische, epidemiologische Realität komplett aus den Augen verloren, ja sich nie mit den harten Zahlen beschäftigt.

Man erkennt vielmehr seine Vorliebe für autoritäres Handeln, was zeigt, wohin sein Projekt der „deliberativen Demokratie“ führt und offenbar führen sollte: in den technokratischen Ausnahmezustand und paternalistischen Fürsorgestaat.

Von Medikamenten gegen Covid-19 hat Habermas auch noch nie etwas gehört, aber das geht ja den meisten ignoranten und unwissenschaftlichen Deutschen so. Habermas hat von Medizin keinerlei Ahnung, was dieser Aufsatz in den Blättern zeigt, aber er hat auch von Menschenwürde und Grundrechten nicht einmal rudimentär eine Vorstellung:

„Denn normativ betrachtet, ergibt sich ein solcher Vorrang erst unter der Voraussetzung, dass es mit der Verfassung eines demokratischen Rechtsstaats unvereinbar ist, angesichts pandemischer Herausforderungen eine vermeidbare Steigerung von ‚naturwüchsigen‘ Infektions- und Todesraten in Kauf zu nehmen.“[15]

Damit wird Habermas zum Guru der ZeroCovid oder NoCovid-Bewegungen. Der Staat müsse alles tun, damit es so wenig Infektionen wie möglich gibt. Dass nur ein Bruchteil der Bevölkerung überhaupt bedroht ist und durch Isolation, Besuchsverbot oder Maskenpflicht im Alten- und Pflegeheim sowie Krankenhaus noch mehr in Gefahr geriert und gerät, das steht hier nicht. Frankfurt am Main hatte 2020 quasi keine Übersterblichkeit, ganz Deutschland hatte keine.

Das wird noch deutlicher, wenn man – auch das kennt Habermas überhaupt nicht – die Sterbezahlen altersangepasst darstellt. Denn die Bevölkerung wird immer älter, er ist ein typisches Beispiel dafür.

Laut einer Studie der Uni­versität Duisburg-Essen gab (UDE) es 2020 keine Übersterblichkeit[16] – es handelt sich laut der Panikindustrie von Tagesschau und Bundesregierung um die schlimmste Epidemie in der Geschichte der BRD –, sondern eine Untersterblichkeit:

„Forscher der Medizinischen Fakultät der UDE haben mit Kollegen die Zahl der Sterbefälle in Deutschland, Spanien und Schweden der Jahre 2016 bis 2020 analysiert. Sie wollten herausfinden, ob dort im vergangenen ‚Corona-Jahr‘ mehr Men­sch­en gestorben sind, als dies ohne den Ausbruch einer Pandemie erwartet wor­den wäre. Das Ergebnis: 2020 gab es keine Übersterblichkeit in Deutschland, auch wenn es etwa 34.000 Todesfälle gab, die mit COVID-19 assoziiert werden.

‚Durch den Fokus auf die Übersterblichkeit vermeiden wir Probleme, die sich sonst aus den beträchtlichen Unterschieden ergeben würden, die weltweit bei der Definition von COVID-19-Todesfällen gemacht werden‘, sagt Erstautor Dr. Dr. Bernd Kowall vom Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epi­demio­lo­gie (IMIBE) am Universitätsklinikum Essen. ‚Es reicht jedoch nicht aus, sich allein auf die Nettozahlen der Todesfälle zu stützen. Auch Veränderungen durch den demographischen Wandel sollten berücksichtigt werden, insbesondere die größere Zahl älterer Menschen und die gestiegene Lebenserwartung‘, betont der Epidemiologe. Berücksichtigt man die Alterung der Gesellschaft, können die Stud­ien­au­toren für Deutschland sogar eine Untersterblichkeit für 2020 nachweisen (2,4 %).“[17]

Folgender Satz des Starnberger Meisterdenkers in den Blättern ist in seiner Konsequenz juristisch, politisch und demokratisch katastrophal:

„Dementsprechend greift der Staat im Falle des ‚finalen Rettungsschusses‘ als der neutrale Hüter des Rechts in einen lebensgefährlichen Streit zwischen einzelnen Personen ein, während er heute in der Rolle eines politischen Akteurs bei der Verfolgung kollektiver Ziele die Verantwortung für mögliche Nebenfolgen des eigenen Handelns trägt; in dieser Rolle hat er die Pflicht, nach Möglichkeit alles zu vermeiden, was das Leben von Bürgern aufs Spiel setzt.“[18]

Damit möchte Habermas wie der Tugendterror der Französischen Revolution, wo er offenbar herkommt, zwischen Gut und Böse unterscheiden und nur er weiß, was gut und was böse ist. Der Staat habe „die Pflicht, nach Möglichkeit alles zu vermeiden, was das Leben von Bürgern aufs Spiel setzt“.

Was, wenn Habermas selbst vom Staat nicht stark genug reglementiert worden war im Sommer 2019 und er womöglich – um das satirisch zu überspitzen – mit seinem Gehstock am Starnberger See oder dem Öffnen eines Wohnzimmerfensters Fledermäuse aufgeschreckt hat, die dann ihren Art­genoss*innen in ganz Bayern das erzählten, die dann aus Protest eine Reise nach China machten und dort sowohl die Märkte unsicher machten, als auch mit seltenen Flugtricks Fenster im berüchtigten Wuhan-Labor beschädigten, so dass bei deren Reparatur die SARS-CoV-2-Viren entweichen konnten? Was dann?

Denn so ähnlich könnte es ja gewesen sein. Mittlerweile ist zumindest die These eines Laborunfalls als seriöse Option auch in den USA längst in den Ring geworfen worden, wie die New York Times im Mai 2021 berichtete.[19]

Das Energieministerium in den USA, das viele biologische Labore unter sich versammelt, stellt sich sogar im Februar 2023 wie die zentrale Sicherheitsbehörde FBI (Federal Bureau of Investigation) hinter die These, dass das Virus SARS-CoV-2 aus einem Labor in Wuhan, China, entwichen sei. Darüber berichten das Wall Street Journal[20] und die New York Times[21].

Es stellt sich verschärft die Frage, was für Biolog*innen, Virolog*innen, Biochemiker*innen etc. in diesem Labor arbeiten. Und es stellt sich die Frage, welche amerikanischen, deutschen, europäischen etc. Institute und Personen mit diesem Institut in Wuhan schon vor 2020 kooperiert haben.

Wie unwissenschaftlich insbesondere Christian Drosten arbeitet, zeigte auch seine frühzeitige Behauptung im April 2020, dass es kein Laborunfall gewesen sein könne, das seien Verschwörungstheorien, wie der Focus berichtete.[22] Drosten konnte das gar nicht wissen, niemand konnte es wissen – bis auf die chinesischen Verantwortlichen, die womöglich, wer möchte das in Abrede stellen, die Unwahrheit sagten, was bei einem totalitären Einparteien-Regime wie in Peking nicht verwunderte.

Wenn SARS-CoV-2 tatsächlich aus einem Labor in Wuhan und einem Projekt der Gain-of-Function-Forschung entwichen sein sollte, zeigt das die extremen Gefahren der na­tur­wissenschaftlichen Forschung auf exemplarische Weise.

Es muss in jedem Fall untersucht werden, welche internationalen Forscher*innen mit den Labors in Wuhan auf welche Art und Weise kooperierten. Indizien sprechen für einen Laborunfall in Wuhan, da dortige Forschungen an Coronaviren stattfinden, die teilweise exakt an jener „Furin-Spaltstelle“ im Virus experimentierten, die bei SARS-CoV-2 auftaucht. Ob das Virus natürlichen Ursprungs ist oder künstlich, ist also eine offene Forschungsfrage, die auch mit der These eines Laborunfalls zusammenhängt, für die in Deutschland vor allem der Nano-Physiker Roland Wiesendanger von der Universität Hamburg bekannt ist.[23]

Die Universität Hamburg schreibt:

„Die Studie wurde im Januar 2021 fertiggestellt und zunächst in Wissenschaftskreisen verteilt und diskutiert. Mit der Veröffentlichung soll nun eine breit angelegte Diskussion angeregt werden, insbesondere im Hinblick auf die ethischen Aspekte der sogenannten ‚gain-of-function‘-Forschung, welche Krankheitserreger für Menschen ansteckender, gefährlicher und tödlicher macht. ‚Dies kann nicht länger nur Angelegenheit einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bleiben, sondern muss dringend Gegenstand einer öffentlichen Debatte werden‘, so der Autor der Studie.“[24]

Es ist zwar für die Analyse der politischen Kultur der Coronazeit nicht entscheidend, wenn auch sehr wichtig zu wissen, woher das Virus kommt und seit wann es existiert, denn ein Laborunfall im Herbst 2019 würde doch vieles verändern, was die Einschätzung von Corona betrifft. Damals gab es keine Tests auf das Virus, es wäre also weltweit völlig unbemerkt monatelang zirkuliert und Menschen wären auch daran erkrankt und teilweise verstorben.

Entscheidend ist aber in jedem Fall die Reaktion auf das Virus, die Veränderung der politischen Kultur oder die antidemokratische Theorie wie von Jürgen Habermas, den Blättern und weiten Teilen des Main­stream. „Alles zu vermeiden, was das Leben von Bürgern aufs Spiel setzt“, wie Habermas schreibt, hieße alle Autobahnen sofort zu schließen, da dort hundertprozentig jeden Tag Menschen sterben. Das hieße, von heute auf morgen den Tabakkonsum nicht etwa zu besteuern – wie es der Staat tut und somit davon profitiert –, sondern ihn zu verbieten. Sonst könnte man meinen, der Staat profitiert via Ta­bak­steuer oder via Erdöl- und Gassteuer, Alkoholsteuer, ja via Mehrwertsteuer vom Verkauf der unglaublichsten Dinge, wie Zucker, Waffen, Panzer, Panz­er­fäust­e, Kampfjets, Schokopudding oder Gummibärchen.

Will Habermas ernsthaft behaupten, dass all dies nicht töd­lich ist, namentlich die Waffen- und Zuckerindustrie? Woher kommt die Fettleibigkeit? Von zu vielem Sport? Woher kommen die Toten in den Krisengebieten dieser Welt? Sie werden in Oberndorf am Neckar von Heckler & Koch oder von Rheinmetall aus Düsseldorf produziert.

Andreas Rosenfelder von der Welt kritisiert Habermas:

„Jürgen Habermas, einst ein Meisterdenker der liberalen Öffentlichkeit, malt in seinem Elfenbeinturm einen Staat an die Wand, der sogar die Fantasien der teuflischsten Corona-Leugner verblassen lässt. Sein biopolitischer Leviathan kann zum Zweck der Infektionskontrolle jedwede Freiheit einschränken, immer und überall, ohne Bedingung und ohne Maß. Wer darin nicht den Schattenriss der Diktatur erkennt, der ist wohl nicht mehr zu retten.“[25]

Wie hinlänglich in dieser Studie gezeigt: Ja, es gibt in der Tat nicht wenige Rechte, Nazis, Verschwörungsideologen (m/w/d, auch Linke), die gegen die Coronapolitik aktiv sind. Aber selbst die alle zu­samm­en­ge­nom­men stellen nicht annähernd eine solche Gefahr für die Demokratie dar, wie dieser Text von Jürgen Habermas in den Blättern für deutsche und internationale Politik, der ja nur besonders herausragte im Mainstream. Einer der vier Redakteur*innen von den Blättern ist Albrecht von Lucke.

Er hatte einen nur leicht unterdrückten Tobsuchtsanfall, als im März 2021 der Professor für Philosophie an der LMU München, Hans-Martin Schönherr-Mann, sich kritisch mit der Coronapolitik beschäftigte. Den Angriff auf die Demokratie, die Verkehrung Kants, dass Pflicht nicht mehr auf Freiwilligkeit, sondern auf „Zwang“ beruht, hat Schönherr-Mann für diese Veranstaltung in Ulm[26] – „Demokratie: Auslauf- oder Zukunftsmodell“ – sehr schön in Worte gefasst[27] und seine massive Kritik am Corona-Regime im Mainstream zur Sprache gebracht.

1984 schrieb meine Philosophie-Dozentin an der Uni Tübingen der frühen 1990er Jahre Heidrun Hesse in ihrer Studie „Vernunft und Selbstbehauptung. Kritische Theorie als Kritik der neuzeitlichen Rationalität“ in Anlehnung an Max Horkheimer eine Kritik des „Physikalismus“, der nur eine „positivistische Wissenschaftstheorie“ sei:

„Nur was sich aus dem farbenfrohen, vielschichtigen Spiel der Einzelheiten isolieren, auf Gesetze zurückführen und damit in sie auflösen läßt, findet Beachtung. Und weil zahllose verschiedenartige Einzelfälle sich den festgestellten Gesetzmäßigkeiten mehr oder weniger glatt zu- und unterordnen lassen, ist dieses Wissen so ungemein erfolgreich. Die Kehrseite dieser frappierenden Universalität freilich ist ihr geschichtsblinder Totalitarismus. Das Wissen von allgemeinen Naturgesetzen zehrt davon, daß es Unterschiede eliminiert oder zumindest nivelliert.“[28]

Heidrun Hesse hat 1985 in einem Text die autoritäre Option oder Dimension bei Habermas bereits angelegt gesehen, wenn sie schreibt:

„Wenn etwa Jürgen Habermas die Moderne verbissen für ein ‚Projekt‘ ausgibt, das unbedingt verteidigt und schließlich vollendet werden müsse, so beabsichtigt er zugleich, sie von ihren ‚Verirrungen‘ und angeblichen Verstiegenheiten zu kurieren. Nicht nur die technisch verblendeten Modernisierungszwänge des kapitalistischen Systems erscheinen in dieser Sicht als gefährliche Exzesse, sondern gleichermaßen die tastenden, aber unwiderruflich ver­nunft­kritischen Gegenbewegungen. Beide sollen exorziert werden, um die Moderne auf den vermeintlich einzig richtigen Weg zurückzubringen. (…)

Auf den versteckt-totalitären Charakter dieses Projekts kann uns jedoch gerade die ästhetische Revolte der Moderne aufmerksam machen, wenn wir ihre Widersprüche ernst nehmen und reflektierend zu durchdringen versuchen. Garantiert es nicht vielleicht einzig dem genormten Glück der Anpassung öffentliche Anerkennung, dem Lebenselixier jener blinzelnden letzten Menschen also, vor dem Nietzsche so graute, während widerspenstiger Subjektivität allenfalls ein eingezäuntes Reservat ohnmächtiger authentischer Künste zugewiesen wird?“[29]

Und noch ein Tübinger Buch gegen Habermas hat das autoritäre Moment von Habermas schon 1986 erkannt, der Autor Gerd Kimmerle schreibt:

„Anzumerken ist allerdings, daß auch die Theorie des kommunikativen Handelns das Verhältnis von Theorie und Praxis als Vormundschaftsverhältnis auslegt und sich deshalb Vorschriften zu erlassen gestattet, die veränderndes Handeln in die Grenzen der bürgerlichen Ideale und ihrer Antizipation richtiger Lebensformen einschließen wollen.“[30]

Diese „richtige Lebensform“ hat Jürgen Habermas jetzt in der ZeroCovid-Ideologie gefunden: alles, wirklich alles muss vom Staat getan werden, damit keine „Infektion“ und kein Todesfall mit oder an Corona passiert. Wer sonst dabei stirbt, Millionen im Trikont zumal, ist irrelevant. Das ist wie bei einem Kabarettisten, der in einem Sketch über Vater und Sohn im Brustton der kommunikativen Vernunft posaunte:

„Ich hab dich immer zu Frieden und Gewaltfreiheit erzogen, aber wenn du nicht hören willst, dann schlag ich dir den Schädel ein!“

Das ist die Philosophie von Jürgen Habermas in Zeiten von Corona in Kurzform. Habermas bringt die Vernunft zur Raison, tötet sie ab.

Gerd Kimmerle analysiert:

„Folgt man diskursethischen Erklärungen, muß man annehmen, der allgemeine Wille erzeuge sich (aus sich) selbst. Ihnen zufolge entsteht er nämlich als gesetzmäßige Selbstbeurteilung des individuellen Willens innerhalb diskursiver Willensbildungsprozesse, deren teleonome Reproduktionsmechanismen dem Einzelnen form­bildend vorausgesetzt sind.

Also stellt er eine zirkuläre Wechselbegründung von gesellschaftlichen und moralischen Notwendigkeiten dar, deren gemeinsame Intersubjektivitätsform im moralischen Bewußtsein ihren intrapsychischen Abdruck findet. Ihre Normen erheben, wie Habermas in der Nachfolge Kants darlegt, einen argumentationslogisch uneinlösbaren Universalitätsanspruch. Habermas bejaht die These, jede moralische Beurteilung sei durch moralische Grundsätze auf Unparteilichkeit verpflichtet. Dennoch verstößt er gegen sie. Seine vorgefaßte Meinung, nur diejenigen Normen seien verallgemeinerungsfähig, die gemeinsa­me Interessen verkörpern und insofern intersubjektive Anerkennung verdienen, enthält eine parteiliche Hin­sicht: die Einheit von moralischer und selbsterhaltender Sinnlichkeit des Interesses, die gegenüber allen anderen Existenzmöglichkeiten ausgezeichnet, ja als einzig mögliche Spiegelung von erlebter Sinnlichkeit in zeitübergreifend objektivierender Erfahrung gerühmt wird. Im sinn­de­ter­mi­nierenden Wechselverhältnis von Norm und Interesse wird Freiheit zur Vernunft gebracht.[31]

Jetzt, im pandemic turn und zu Zeiten Coronas, exorziert Habermas die Demokratie und will ganz konkret, quasi als rechtsphilosophische Handlungsanleitung für die Politik und die gesamte Richterschaft, vorneweg für das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, die „Freiheit zur Vernunft bringen“: sie auslöschen. Jürgen Habermas kommt zu sich selbst[32] und wird der Vorbeter der Zeugen Coronas. Eine rationale Analyse der Coronakrise, von „Überwachen und Strafen“, der „Geburt der Klinik“ und der Medizinisierung der Welt wird eher Heidrun Hesse zitieren.[33]

***

Und so komme ich zurück auf den Historiker Norbert Frei, der mit Habermas im Gepäck von einem „Strukturbruch der Öffentlichkeit“ redet. Nun: was Sie hier gelesen haben, können Sie nur hier lesen oder natürlich gedruckt in dem Band „Pandemic Turn“. Aber in ganz normalen Mainstreammedien können Sie so etwas nicht lesen. Ja, gerade auch Anti-Habermas Intellektuelle haben angesichts von Corona großteils versagt und wurden zu irrationalen Verfechtern von Merkel, Scholz, Klabauterbach und Drosten.

Und das alles setzte sich dann mit der Ukraine-Krise fort, bis heute. Nur regierunstreue Autor*innen kommen zu Gehör, die ganz wenigen Ausnahmen bestätigen die Regel.

Der Islamismus kommt spätestens seit 9/11 als extremes Problem noch dazu, immer verbunden mit linkem Antisemitismus, die rot-grüne Achse, wie es der Historiker Robert S. Wistrich (1945-2015) nannte.

Die Reaktionen auf den präzedenzlosen Massenmord von Palästinensern an Jüdinnen und Juden am 7. Oktober 2023 im Süden Israels sind bis heute schockierend.

Jene, die sich gerade in der Corona-Zeit als die über allem Erhabenen vorstellten, die „Guten“, sind häufig auch Pro-Israel, obwohl es da krasse Ausreißer gibt und nach dem 7. Oktober fast alle im Mainsteam einen Ja, Aber-Antisemitismus vertreten.

Doch selbst jene, die gegen Antisemitismus sind, sind sehr häufig das Problem, warum? Das waren und sind die gleichen Leute, die irrational und fanatisch die unwissenschaftliche und antidemokratische Coronapolitik verteidigt haben und zwar mit einer Verve, dass einem schwindlig wurde und übel.

Viele haben auch den Ruf nach Waffen für die Ukraine und den aktiven Kampf gegen eine diplomatische Lösung mitgemacht, bis heute.

Schließlich sind sehr viele Leute – ich hab unzählige davon erlebt, früher als Leser*innen meines Blogs oder privat – die gegen die Corona-Maßnahmen waren oder sich gegen die irrationale und gemeingefährliche Ukraine-Politik wenden, gegen Israel oder verstehen nicht, was für einen Bruch im Leben Israels und der Juden der 7. Oktober war und ist. Während diese Leute bei Corona oder der Ukraine Irrationalismus, Fanatismus und das Antidemokratische erkennen, sind sie beim Thema Jihad und Antizionismus unfähig, Kritik zu üben. Beim Thema Israel sind sie antisemitisch oder ignorant, was de facto auf das Gleiche hinausläuft.

Doch die andere Seite, jene ach-so-Gebildeten, die überall Antisemitismus erkennen und gleichzeitig die zionistische und israelische Kritik an der irrationalen Coronapolitik ignorierten, die sind die eigentlichen menschlichen Wracks.

Jene, die Sarah Bosetti, die ZEIT, die SZ und Böhmermann abonniert haben.

Jene, die gerade zu Coronazeiten zeigten, dass sie nicht selbst denken können, nicht wissenschaftlich argumentieren wollen, sondern nur apportierten und bis heute apportieren, was der Staat sagt.

Jene, die den Millionen nicht gegen SARS-CoV-Gentherapierten ‚Schwurblerei‘ vorwarfen und das bis heute als soziales Todesurteil weiterhin vollstrecken, sind das eigentliche Problem. Für sie, nicht anders denn für die Rechten und Nazis, ist denunzieren ein Volkssport, gerade in meinem beruflichen Umfeld, der Pro-Israel Szene und der Antisemitismusforschungs-Szene.

Die a-sozialen Medien sind eine riesige Gefahr für die Demokratie, gerade von den Zeugen Coronas, die denunzierten und Menschen das Recht zu leben absprachen – Kritiker*innen der verfassungsfeindlichen Coronapolitik wurden als „Blinddarm“ geframt und somit zum Töten und ‚Herausschneiden‘ aus dem deutschen ‚Volkskörper‘ bestimmt. Andere faselten von „Madagaskar“, wohin man die Kritiker*innen der irrationalen Impf- und Coronapolitik leider nicht deportieren könnte. So etwas wurde auf Twitter, Facebook, Instagram oder in Podcasts im Mainstream publiziert.

Aber auch Nazis haben die a-sozialen Medien für sich entdeckt. Rechtsextremismus und Irrationalismus sind eine große Gefahr.

Doch wie gezeigt ist der staatstragende und viel gewalttätigere Irrationalismus der Zeugen Coronas und von deren Vorbetern wie Jürgen Habermas um ein vielfaches Gefährlicher und viel weiter verbreitet.

Niemand stört sich daran im Mainstream, weil doch nahezu alle mitmachen und eine Aufarbeitung zum Beispiel jenes hier analysierten Textes von Habermas bis heute ausbleibt. Dabei habe ich meine Studie „Pandemic Turn“ im Frühjahr 2023 publiziert, aber es hat im wörtlichen Sinne niemanden interessiert, was nicht wundert.

Und so bleibt mensch als linkszionistischer Kritischer Theoretiker im 21. Jahrhundert das, was Kritische Theoretiker, die auf der Höhe der Zeit sind, immer sind: alleine.

 

* Der folgende Abschnitt ist aus Clemens Heni (2023): Pandemic Turn. Antisemitismusforschung und Corona, Berlin: Edition Critic, S. 311-325.

[1] Eduard Moriz (Hg.) (1983): Nimm’s leicht, nimm Mich. Sponti-Sprüche No. 3, Frankfurt a.M.: Eichborn Verlag, o.P.

[2] Jürgen Habermas (2021): Corona und der Schutz des Lebens. Zur Grundrechtsdebatte in der pandemischen Ausnahmesituation, September 2021, https://www.blaetter.de/ausgabe/2021/september/corona-und-der-schutz-des-lebens#_ftn3.

[3] Andreas Rosenfelder (2021): Die Habermas-Diktatur, 11. Oktober 2021, https://www.welt.de/kultur/plus234125124/Corona-Politik-Die-Habermas-Diktatur.html.

[4] Habermas 2021.

[5] Ebd.

[6] „It’s a matter of quality, not quantity. That’s the gist of a new Israeli study that shows that unvaccinated people with a prior SARS-CoV-2 infection create antibodies that are more effective in the long run compared with others who were vaccinated but never infected“, Damian McNamara (2022): New Study Shows Natural Immunity to COVID Has Enduring Strength, 15. Februar 2022, https://www.medscape.com/viewarticle/968553.

[7] Cathrine Axfors/John P.A. Ioannidis (2022): Infection fatality rate of COVID-19 in community-dwelling elderly populations, European Journal of Epidemiology, Vol. 37, S. 235–249, https://link.springer.com/article/10.1007/s10654-022-00853-w.

[8] Habermas 2021.

[9] Ebd.

[10] Raphael Gross (2000): Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 164 f.

[11] Ebd., S. 166.

[12] Habermas 2021.

[13] Ebd.

[14] https://www.worldometers.info/coronavirus/.

[15] Habermas 2021.

[16] Martin Rolshoven (2021): Keine erhöhte Sterberate durch COVID-19, 21. Oktober 2021, https://www.uni-due.de/2021-10-21-keine-uebersterblichkeit-durch-corona.

[17] Ebd.

[18] Habermas 2021.

[19] David Leonhardt (2021): The Lab-Leak Theory. We have an explainer, 27. Mai 2021, https://www.nytimes.com/2021/05/27/briefing/lab-leak-theory-covid-origins.html.

[20] Michael R. Gordon/Warren P. Strobel (2023): Lab Leak Most Likely Origin of Covid-19 Pandemic, Energy Department Now Says U.S. agency’s revised assessment is based on new intelligence, 26. Februar 2023, https://www.wsj.com/articles/covid-origin-china-lab-leak-807b7b0a?mod=hp_lead_pos1.

[21] Julian E. Barnes (2023): Lab Leak Most Likely Caused Pandemic, Energy Dept. Says. The conclusion, which was made with “low confidence,” came as America’s intelligence agencies remained divided over the origins of the coronavirus, 26. Februar 2023, https://www.nytimes.com/2023/02/
26/us/politics/china-lab-leak-coronavirus-pandemic.html.

[22] „Wo liegt der Ursprung des Coronavirus? Diese Frage ist neben der Suche nach einem Impfstoff wohl der zentrale Punkt in den Forschungen rund um den SARS-CoV-2-Erreger. Hartnäckig halten sich Gerüchte und Vermutungen, wonach das Virus nicht natürlichen Ursprungs ist, sondern künstlich in einem Labor erzeugt worden wäre. Professor Christian Drosten, der Leiter der Virologie der Berliner Charité, kann da nur mit dem Kopf schütteln. Im NDR Podcast ‚Das Coronavirus-Update‘ erklärt er, warum diese Vermutungen und Gerüchte falsch sind“, „‘Kompletter Unsinn‘: Drosten widerlegt Labor-Theorie und bügelt Nobelpreisträger nieder“, 14. Mai 2020, https://www.focus.de/gesundheit/news/unsinn-drosten-widerlegt-labor-theorie-und-buegelt-nobelpreistraeger-nieder_id_11983555.html.

[23] Roland Wiesendanger (2021): Studie zum Ursprung der Coronavirus-Pandemie. Leiter der Studie und Verantwortlicher für den Inhalt: Prof. Dr. Dr. h.c. Prof. h.c. Roland Wiesendanger Universität Ham­burg, https://www.researchgate.net/publication/349302406_Studie_zum_Ursprung_der_Coronavirus-Pandemie/link/6029266592851c4ed56e5476/download. International wird die Lab Leak Theorie und die Gain-of-Function-Forschung kritisch diskutiert: „Later we found out that Dr Peter Daszak of the EcoHealth Alliance submitted a grant proposal in 2018, in collaboration with Wuhan colleagues, that included a plan to insert furin cleavage sites into novel Sars-like viruses for the first time. Something he forgot to tell us, incidentally. For about a year, scientists who had secretly thought that the virus could have escaped from a lab, and who had relied on inaccurate information to reject that hypothesis, colluded in telling the media that this was a debunked conspiracy theory. Despite instructing the rest of us to ‘follow the science’, these scientists were not doing so themselves. It is a scandal“, Matt Ridley (2022): Top virologists betrayed science with their Covid lab leak cover-up. Despite instructing the rest of us to ‚follow the science‘, these scientists were not doing so themselves. It is a scandal, 24. November 2022, https://www.telegraph.co.uk/news/2022/11/24/top-virologists-betrayed-science-covid-lab-leak-cover-up/.

[24] „Breit angelegte Diskussion als Ziel. Studie zum Ursprung der Coronavirus-Pandemie veröffentlicht“, 18. Februar 2021, https://www.uni-hamburg.de/newsroom/presse/2021/pm8.html.

[25] Rosenfelder 2021.

[26] „Ulmer Denkanstöße 2021: Prof. Dr. Hans-Martin Schönherr-Mann“, https://www.youtube.com/watch?v=nVLEUfXGJOw.

[27] „Prof. Dr. Hans-Martin Schönherr-Mann. Impulsreferate und Diskussionsrunde | 12. MÄRZ 2021, 14.00 – 16:30 UHR“, https://ulmer-denkanstoesse.de/hans-martin-schoenherr-mann/.

[28] Heidrun Hesse (1984)/1986: Vernunft und Selbstbehauptung. Kritische Theorie als Kritik der neuzeitlichen Rationalität, Frankfurt a.M.: Fischer, S. 71.

[29] Heidrun Hesse (1985): Widersprüche der Moderne. Einwände gegen Habermas’ Konzept kommunikativer Rationalität, in: Gerhard Gamm (Hg.): Angesichts objektiver Verblendung. Über die Paradoxien kritischer Theorie, Tübingen: Konkursbuchverlag, S. 252–281, hier S. 253 f.

[30] Gerd Kimmerle (1986): Verwerfungen. Vergleichende Studien zu Adorno und Habermas, Tübingen: Konkursbuchverlag, S. 10, Herv. CH.

[31] Ebd., S. 179 f., Herv. CH.

[32] Auch Nachtwey und Amlinger – Carolin Amlinger/Oliver Nachtwey (2022): Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus, Berlin: Suhrkamp (Kindle Version) – stimmen Habermas‘ Staatsfetischismus zu und zeigen abermals, dass sie mit Gewalt, Autoritarismus, Grundrechtsaussetzungen und Zwang nicht nur keinerlei Problem haben, sondern sie sehr wohl begrüßen: „Jürgen Habermas hat argumentiert, Einschränkungen der Grundrechte seien gerechtfertigt gewesen, um das Leben der Bürger:innen zu schützen. Der Staat habe ‚schon aus funktionalen Gründen‘ Solidarität ‚erzwingen dürfen‘. So richtig Habermas hier aus unserer Sicht liegt [!!, CH], berücksichtigt er doch zu wenig, dass Solidarität seit dem Neoliberalismus nur noch in Spurenelementen zum impliziten Gesellschaftsvertrag gehört. In der Gesellschaftsvergessenheit der verdinglichten Freiheit hat sie kaum Platz“, Amlinger/Nachtwey 2022. Der Professor für Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin und am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) Mattias Kumm argumentierte gleich zu Beginn der Coronakrise exakt wie Habermas, er behauptete einfach, dass es nicht etwa verfassungswidrig sei, einen Lockdown zu machen, sondern ihn nicht zu machen, und das ohne jede epiedemiologische Kenntnisse, aber einer juristischen Anmaßung, Freiheitsrechte zu beschränken, die bezeichnend ist für den Zustand auch der Rechtswissenschaft in diesem Land: „Die Grundentscheidung vor über vier Wochen, der Corona-Pandemie mit einem weitgehenden Lockdown zu begegnen, war trotz der für die Nachkriegszeit präzedenzlosen Grundrechtseinschränkungen – bei aller berechtigter Kritik an Formalitäten (…) und auch einiger Einzelmaßnahmen (…) – grundsätzlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Mehr noch, hätten die Bundes- und Landesregierungen einen Kurs verfolgt, der auf Grundrechtsbeschränkungen verzichtet hätte und der Pandemie freien Lauf gewährt hätte, um schnellstmöglich weitreichende Immunität und damit das relativ schnelle Ende der Pandemie bei möglichst geringem wirtschaftlichen Schaden zu erreichen, wäre eine solche Lösung auf der Basis der zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Datenlage möglicherweise eine verfassungswidrige Verletzung der staatlichen Schutzplicht gegenüber dem Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit potentieller Opfer der Kran­k­heit. Eine Fundamentalkritik des eingeschlagenen Kurses auf verfassungsrechtlicher Grundlage ist insoweit nicht nur verfehlt, es ist sogar umgekehrt so, dass jedenfalls die Grundrichtung des eingeschlagenen Weges verfassungsrechtlich geboten war“, Mattias Kumm (2020): Gegen obrigkeits­staatliche Tendenzen in der Krise. Massive Freiheitseingriffe und deren Grundrechtliche Rechtfertigung, 20. April 2020, https://verfassungsblog.de/gegen-obrigkeitsstaatliche-tendenzen-in-der-krise/. So etwas wird da auf dem Verfassungsblog publiziert, dabei wendet sich der Verfasser ja gegen die Verfassung und die Grundrechte, aber das ist natürlich Interpretationssache, wie so vieles bei Jurist*innen, womit sie sich auch herausreden. Aber die Anmaßung, zu wissen (!), was richtig und „geboten“ war, die ist zutiefst schockierend.

[33] Hesse 1985.

Galloway, DITIB und angebliche „Wochen gegen Rassismus“: Tendenzen des linken und muslimischen Antisemitismus in Großbritannien und in Deutschland

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Die Wahl des Israelhassers und Antisemiten George Galloway zum britischen Abgeordnetenhaus (Unterhaus) in einer Nachwahl vergangenen Donnerstagabend versetzt England und das gesamte Vereinigte Königreich in den höchsten Alarmzustand. Galloway konnte davon profitieren, dass die derzeit im ganzen Land in Umfragen bei über 46 Prozent liegende Labour Party – bei nur 21 Prozent für die regierenden Tories – in dem in Frage stehenden Wahlkreis in Rochdale in der Gegend um Manchester keinen eigenen Kandidaten hatte. Warum?

Weil der Labour Politiker Azhar Ali sich verschwörungsmythisch und antisemitisch, gegen Israel geäußert hatte und meinte, Israel habe die genozidalen Pogrome vom 07. Oktober 2023 absichtlich zugelassen. Galloway sagte 2014, dass Bradford eine „Israel freie Zone“ sei, „Gaza George“, wie der berufsmäßige Antizionist sich selbst nennt, nannte das größte genozidale Massaker an Juden seit dem Holocaust einen „Ausbruch aus dem Konzentrationslager“ und die Hamas-Terroristen „Kämpfer“, so die Zeitung Jewish Chronicle. Ein Großteil seiner Wähler*innen in Rochdale sind Muslime. Aber auch Neonazis wie der wegen Hassverbrechen vorbestrafte Nick Griffin, ehemaliger Vorsitzender der British National Party (BNP), riefen zur Wahl des linken oder Querfront-Antisemiten auf, der für eine typische Allianz zwischen Rot und Grün steht – Linken und dem Islam.

Daher warnte der britische Regierungschef Rishi Sunak in einer ernsten Ansprache vor den Gefahren des „Extremismus“ und meinte damit Neonazis und Islamisten gleichermaßen.

Das Versagen in Großbritannien, den Islamismus beim Namen zu nennen und ihn zu bekämpfen, ist für den gesamten Westen typisch, auch und gerade für Deutschland. Dort wird seit Jahrzehnten der Islamismus ignoriert oder hofiert und anti-islamistische Musliminnen und Muslime werden selten gehört.

Es gibt jährlich Aktionswochen gegen Rassismus. So auch im März 2024. Nehmen wir die Gemeinde Wiesloch, südlich von Heidelberg im nord-westlichen Baden-Württemberg. Dort wird es am 20. März 2024 ab 17:45 Uhr eine „Moscheeführung“ geben, mit der Möglichkeit, am „Fastenbrechen“ im Ramadan teilzunehmen.

Es ist aber nicht nur irgendeine Moschee, die dort in Wiesloch steht und betrieben wird. Es ist eine DITIB-Moschee.

Zu DITIB schreibt die Hessenschau am 22. November 2023:

Denn Ditib ist die „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“ und eine Einrichtung des türkischen Staats. Und nicht nur dessen autokratischer Präsident Recep Tayyip Erdogan empörte über Parteigrenzen hinweg deutsche Politiker, weil er die Hamas eine „Gruppe von Befreiern“ und Israel einen „Kriegsverbrecher“ nennt.

Israel sei „wie ein rostiger Nagel, der im Herzen der islamischen Geographie steckt“ – in dieses Bild kleidete Ali Erbas, der Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet und damit auch von Ditib in Deutschland, seine Vernichtungsfantasie.

Es war exakt jener Erbas, der Israel einen „rostigen Nagel“ nennt – angesichts eines seit dem Holocaust nicht dagewesenen Massakers seiner Glaubensbrüder der Hamas an Juden in Israel am 07. Oktober 2023 -, der 2019 in der Zentralmoschee in Köln sprach, auch einer DITIB-Moschee, wie der Islamismusforscher Heiko Heinisch und andere in einer Broschüre von 2023 analysieren:

Eine weit darüberhinausgehende Zusammenarbeit zwischen Milli Görüş und der Muslimbruderschaft wird seit einigen Jahren angestrebt. Vom 2. bis 4. Jänner 2019 fand in der DİTİB-Zentralmoschee in Köln eine Konferenz mit dem Titel „Die Zukunft der Muslime in Europa“ statt. Sie wurde von Ali Erbaş geleitet, dem Präsidenten der türkischen staatlichen Religionsbehörde Diyanet, der wie Erdogan aus der Milli-Görüş-Bewegung stammt. Nicht nur an diesem Beispiel zeigt sich, dass auch die AKP enge Kontakte zur Muslimbruderschaft pflegt. Auf der Konferenz versammelten sich neben Vertretern der Diyanet mehrere hochrangige Vertreter der Muslimbruderschaft, unter ihnen Ibrahim el-Zayat, Hussein Halawa und Khaled Hanafy sowie Mitglieder der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüş, darunter auch der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Ümit Vural.

Von daher ist es kein Wunder, dass die Jüdische Allgemeine, die Wochenzeitung des Zentralrats der Juden in Deutschland, am 02. Januar 2024 schreibt:

Spätestens nach dem Terrorangriff des 7. Oktobers und den antisemitischen Ausschreitungen hierzulande ist es an der Zeit, DITIB und ihrer Führungsriege in Ankara nicht mehr den roten Teppich auszurollen. Wer offen gegen Jüdinnen und Juden und andere Minderheiten hetzt, darf kein Ansprechpartner für die Politik in Deutschland sein und auch in deutschen Schulen nichts zu sagen haben!
Was wird dazu der Bürgermeister von Wiesloch, Dirk Elkemann sagen?

Er schreibt in dem Programmheft „Internationale Wochen gegen Rassismus Wiesloch“, die vom 07. bis 23. März 2024 stattfinden werden:

Nie wieder ist jetzt!“ Unter diesem Motto waren Hunderttausende Menschen überall in Deutschland, auch in Wiesloch, auf den Straßen, um gemeinsam ein Zeichen zu setzen: Für unsere freiheitliche Demokratie und vielfältige Gesellschaft sowie gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit.

Das ist das typische Hijacking – das Entführen des antifaschistischen, pro-jüdischen und pro-israelischen Slogans „nie wieder ist jetzt!“.

Nie wieder ist jetzt war der Slogan nach dem 07. Oktober 2023 – ein Slogan, den jüdische Organisationen und Freund*innen Israels auf der ganzen Welt nach dem präzedenzlosen Massaker von Muslimen, Palästinensern und Hamas Terroristen an Jüdinnen und Juden im Süden Israels am 07. Oktober mit über 1200 auf teils unbeschreibbare Art und Weise hingemetzelten, vergewaltigten und ermordeten Jüdinnen und Juden aller Altersgruppen sowie über 240 Entführten in den Gazastreifen, von denen immer noch über 100 festgehalten und misshandelt werden, proklamierten:

Nie wieder ist jetzt!

Das meinte Kampf gegen Antisemitismus und Antizionismus.

Doch das wurde angesichts eines Treffens der AfD mit Rechtsextremen im November 2023 völlig sinnentleert und als Formel für den Kampf gegen Rechts uminterpretiert.

Die gleichen Leute, die am 07. Oktober 2023 und danach gefeixt haben oder nur paar Sekunden etwas betroffen waren, die niemals auf eine Pro-Israel Kundgebung gehen würden, die sind jetzt zu Hunderttausenden auf die Straße gegangen wegen einem ganz normalen Treffen von Nazis mit anderen Nazis. In Potsdam ist kein Massaker geschehen so wie von der Hamas im Süden Israels. Doch ein Massaker an Juden stört hier kaum jemand, rechtsextreme Aktivitäten hingegen schon. Und diese Heuchelei fällt nicht nur jüdischen Gemeinden auf, sie springt einem ins Gesicht.

Denn wie kann man Wochen gegen Rassismus veranstalten und dabei wie selbstverständlich Führungen durch eine DITIB-Moschee anbieten, ohne sich von deren Extremismus und Pro-Erdogan, Pro-AKP, Anti-Kurden und Anti-Israel-Kurs zu distanzieren?

Am 27. September 2022 schrieb die Frankfurter Rundschau:

„Wenn dieses Wochenende die AKP-Abgeordnete und enge Erdogan-Vertraute wie Betül Sayan Kaya in einer DITIB-Gemeinde in Wiesloch die Gemeinde mit dem Satz ‚Wir gehen mit sicheren Schritten auf 2023 zu‘, ganz offen auf die Schicksalswahl nächstes Jahr einstimmt, dann muss die Politik und auch wir Muslime eine klare Haltung einnehmen, wenn ein DITIB-Funktionär wieder uns einlullen wollen mit den üblichen Floskeln, die DITIB sei politisch unabhängig“, sagt Güvercin.

Für den 26.03.2023 wurde ebenfalls eine Führung durch die DITIB-Moschee angekündigt, allerdings ohne zu sagen, dass es eine DITIB-Moschee ist:

Die damals von der Frankfurter Rundschau erwähnte Referentin der DITIB-Moschee im September 2022 in Wiesloch, Betül Sayan Kaya, schrieb vor einigen Wochen, also nach dem 07. Oktober 2023, auf ihrem Instagram-Account, der 347.000 Follower hat,

Folgendes:

Siyonist İsrail, PKK ve işbirlikçileri kahrolsun!
Yaşasın özgür Filistin ve bin yaşasın Büyük Türkiye. 🇹🇷
#Filistin #gazze

Laut Google Translate:

Nieder mit dem zionistischen Israel, der PKK und ihren Kollaborateuren!
Es lebe das freie Palästina und es lebe das große Türkiye. 🇹🇷

Eine solche Antisemitin sprach demnach im Herbst 2022 in Wiesloch, jedenfalls war sie wie von der Frankfurter Rundschau zitiert, damals als Referentin angekündigt.

Diese Agitatorin war 2017 als Familienministerin der AKP-Regierung aus Ankara aus den Niederlanden ausgewiesen worden, wie die ZEIT berichtete:

Hintergrund der jüngsten Eskalation ist, dass die Niederlande am Wochenende dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu die Einreise verweigert und Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya des Landes verwiesen hatten. Daraufhin kam es in Rotterdam zu Demonstrationen von Erdoğan-Anhängern, die die Polizei auflöste. Die türkische Regierung hatte das Vorgehen scharf kritisiert.

Die Türkei schickt derzeit Minister in EU-Staaten, um bei dort lebenden Türken für das Verfassungsreferendum am 16. April zu werben. Würde das Referendum zugunsten der Regierung entschieden, würden Erdoğans Machtbefugnisse deutlich ausgeweitet.

Also für Holland zu extremistisch, aber für Wiesloch nur wenige Jahre später als Referentin gut genug? Diese Fragen stellen sich offenkundig.

Das macht die Kritik an DITIB insgesamt umso dringlicher.

Das American Jewish Committee hat eine Broschüre zur wissenschaftlichen Analyse und Kritik der Ideologie der DITIB publiziert, die jetzt angesichts des Massakers der Hamas an Juden in Israel von schockierender Aktualität ist:

Denn unsere Umfrage hat ergeben, dass antisemitische Einstellungen in muslimischen Communities deutlich stärker ausgeprägt sind, als in der Mehrheitsgesellschaft. (…)

Die DİTİB ist dabei nicht nur deshalb relevant, weil sie mit Abstand die meisten Moscheen betreibt, knapp 800, sondern auch, weil Musliminnen und Muslime mit Türkeibezug die größte Gruppe der muslimischen Community hierzulande darstellen. Das gibt dem Islamverband eine herausgehobene Position, wenn es etwa um Debatten wie Migration, Integration und Islam in Deutschland geht. Nur vertritt die DİTİB nicht in erster Linie die berechtigten Interessen von Musliminnen und Muslimen in
Deutschland, sondern im Zweifelsfall die des AKP-Regimes in Ankara. (…)

Trotz dieser seit langer Zeit bekannten Probleme, wird die DİTİB bis heute als Repräsentantin „der Musliminnen und Muslime“ in Deutschland wahrgenommen und dementsprechend von der Bundes- bis zur Lokalpolitik als Partnerin in vielen Fragen konsultiert. Sogar wenn es um so sensible Themen wie die inhaltliche Gestaltung des Islamunterrichts an Schulen geht.

Die Zeiten des unkritischen Dialogs müssen – auch im Interesse der weit überwiegenden Mehrheit der Musliminnen und Muslime in Deutschland – ein Ende finden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil der Chef der Diyanet, Ali Erbas, vor dem Hintergrund des antisemitischen Massenmords der Hamas vom 7. Oktober 2023 sagte, Israel sei „ein rostiger Nagel, im Herzen der islamischen Geographie“. Ein Verband, der einen solchen Vorsitzenden hat, kann nicht länger ein Dialogpartner der deutschen Politik sein. Von der Bundes- über die Landes- bis hin zur Kommunalpolitik müssen auf all diese bekannte Aspekte endlich Konsequenzen folgen. Diese Publikation soll zu dieser notwendigen Auseinandersetzung mit Geschichte, Ideologie und Zielen der DİTİB beitragen.

Unser besonderer Dank gilt Prof. Dr. Kemal Bozay und Priv.- Doz. Mag. Dr. Hüseyin I. Çiçek, die die wissenschaftliche Ausarbeitung und inhaltliche Verantwortung dieser Publikation übernommen haben.

Dr. Remko Leemhuis, Direktor des AJC Berlin

In der Broschüre heißt es resümierend:

Die DİTİB beansprucht zwar, den Islam der türkeistämmigen Personen in Deutschland zu vertreten, in der Realität propagiert sie jedoch einen durch die Diyanet gesteuerten, von der AKP vorgegebenen, konservativ-nationalistischen Islam, der mit einer liberalen Gesellschaft nicht vereinbar ist. Die DİTİB ist daher im Moment kein geeigneter Ansprechpartner für interkulturellen und interreligiösen Dialog.

Warum wird dann auch 2024 in Wiesloch mit einer DITIB-Moschee offensiv kooperiert, ja in eine DITIB-Moschee eingeladen und das auch noch besonders perfide als Teil von Antirassismuswochen angekündigt?

Der bedeutendste Antisemitismusforscher unserer Zeit, Prof. Robert S. Wistrich (1945-2015) hat in seinem umfassenden Buch und krönenden Band „A Lethal Obsession. Anti-Semitism from Antiquity to the Global Jihad“ im Jahr 2010 ein Kapitel über die „Rot-Grüne Achse“, womit nicht die SPD und die Grünen, sondern Linke und der Jihad gemeint sind. Wistrich hat auch den antizionistischen Antisemiten George Galloway kritisiert.

Die Verharmlosung oder gar Unterstützung des Islamismus und des muslimischen Antisemitismus jedoch haben exakt dazu geführt, was wir seit dem 07. Oktober 2023 auf den Straßen in der Deutschland, England und weltweit erleben: ein Feiern des größten Massakers an Juden seit der Shoah, die Dämonisierung Israels und seines Abwehrkrieges im Gazastreifen und eine für den Antisemitismus ganz typische Täter-Opfer-Umkehr.

Würden einige der Muslime tatsächlich nur um ihre Angehörigen in Gaza trauern – angenommen, sie sind nicht Hamas-Mitglieder und waren auch nicht als ‚Zivilist*innen‘ daran beteiligt, Häuser zu plündern oder tote wie halbtote Geiseln bzw. Opfer anzuspucken -, dann könnten sie ja mit zwei Fahnen auf die Demos gehen, einer palästinensischen und einer israelischen, das wäre eine klare Ansage an die Hamas und für eine Zweistaatenlösung.

Aber mir ist nicht eine einzige solche Demonstration bekannt. Wer in Heidelberg, Wiesloch, Mannheim, Duisburg, Hamburg, Berlin oder Stuttgart mit einer Israel- und einer Palästinafahne auf eine Demo gehen würde, würde das nicht gut überstehen, sondern müsste um sein Leben fürchten.

Ganz zu schweigen davon, dass hier und heute eine Zweistaatenlösung nicht auf der Tagesordnung ist. Nach repräsentativen Umfragen des Palestinian Center for Policy Survey and Research (PCPSR) unterstützen über 70 Prozent der Palästinenser in der Westbank und im Gazastreifen (deutlich mehr in der Westbank, das ist also ein Durchschnittswert) die genozidalen Massaker an Juden vom 07. Oktober 2023 durch die Hamas und andere Palästinenser, wie die Nachrichtenagentur Reuters schreibt.

Was auf der Tagesordnung zu stehen hat, ist die wissenschaftliche und politische Analyse und Kritik des muslimischen Antisemitismus und Antizionismus, des Islamismus und des linken wie Mainstream-Antisemitismus und Antizionismus. Wer Antizionist ist, ist ein Antisemit, egal von welchem Geschlecht und von welcher Religion der Hass ausgeht.

Gleichwohl ist es offenkundig, dass wir in Deutschland keine Massendemonstrationen von Christen oder von Atheisten gegen Israel haben, sondern von Muslimen gegen Israel. Das ist eine empirische Tatsache. Die größte Gefahr für Juden geht in Deutschland von gewaltbereiten Muslimen aus, da sie zahlenmäßig viel mehr sind als die Gruppe der Neonazis, Rechtsextremen oder Neuen Rechten.

Wenn sich Rechtsextreme mit Rechtsextremen treffen und über eine „Remigration“ unterhalten, dann gibt es völlig zu Recht Massenproteste. Hunderttausende, ja Millionen gehen auf die Straßen, im ganzen Land.

Doch diese Proteste wirken völlig – wirklich völlig und vollkommen heuchlerisch, weil es nach dem Massaker von Muslimen an Juden vom 07. Oktober keine Massensolidarität mit Israel gegeben hat beziehungsweise nur einige Tage von der politischen Elite. Die kulturelle Elite war umgehend auf Judenhass-Kurs – siehe als jüngstes Beispiel die BERLINALE – und feierte ihre Icons mit Paragleitern und Palästina-Fahne und fasste das in eine woke postkolonialistische Sprache.

Das Tragen eines Palästinensertuchs auf der BERLINALE von Antisemiten, die Israel einen „Genozid“ andichten, war bezeichnend. Doch die Elite klatschte und musste danach zurückrudern, aber der spontane (!) Eindruck, dass der Regierende Bürgermeister von Berlin wie auch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien klatschten, als so ein widerlicher, von der BERLINALE preisgekrönter Antisemit mit seinem Palä-Tuch über die Schulter Israel einen „Genozid“ vorwarf, das zeigt, wie weit verbreitet der Judenhass in diesem Land wirklich ist. Der islamistische und muslimische wie säkulare links-antizionistische Mob auf den Straßen kommt noch dazu.

Dass mit Galloway jetzt ein „from the river to the sea“-Antisemit im britischen Parlament sitzt (zum wiederholten Male), ist eine politische Katastrophe. Der vor allem muslimische, linke und islamistische Mob auf den Straßen von London und im ganzen UK kann durch so einen Parlamentarier noch seine demokratisch legitimierten Weihen bekommen.

Wenn nun Islamistinnen in einer Moschee sprechen dürfen und hier und heute der Chef dieser Moscheegemeinden aus der Türkei Israel einen „rostigen Nagel“ nennt,  „der im Herzen der islamischen Geographie steckt“, dann gibt es überhaupt keine Demonstrationen gegen solche Moscheen und die dort sich aufhaltenden Musliminnen und Muslime und die lokalen nicht-muslimischen Oberbürgermeister*innen oder Bürgermeister*innen und sonstigen Freund*innen, die für Besuche in solchen Moscheen auch noch werben. Ja, vielmehr wird im Rahmen von Antirassismuswochen dazu eingeladen, eine DITIB-Moschee zu besuchen.

Wenn nun der Leiter des Luxorfilmpalasts Walldorf-Wiesloch im September 2022 einen rechtsextremen Agitator eingeladen hätte, sagen wir von der AfD, wäre dann der Luxorfilmpalast Walldorf-Wiesloch im März 2023 als Mitorganisator der Antirassismus-Wochen in Wiesloch mit dabei gewesen? Ganz sicher nicht. Es hätte eine Demonstration mit über 1000 Leuten gegen Rechts und die AfD gegeben.

Wenn nun aber eine islamistische Agitatorin, die für extremistische AKP Partei in der Türkei Ministerin war und bis heute Mitglied, in die Moschee Wiesloch eingeladen wird, wie im September 2022, dann gibt es überhaupt keinen Aufschrei, sondern diese Moscheegemeinde ist dann Teil der Antirassismuswochen 2023 oder 2024 in Wiesloch im Ländle.

Dabei sind sich Islamismus und Rechtsextremismus sehr ähnlich. Beide sind antidemokratisch, haben ein geschlossenes antiliberales Weltbild, befürworten eine reaktionäre Familienideologie, sind rassistisch (wahlweise gegen die Kurden in der Türkei oder gegen Migration allgemein in Deutschland), sie sind antisemitisch (in der Türkei primär antizionistisch-antisemitisch, aber auch verschwörungsantisemitisch, in Deutschland antisemitisch-erinnerungsabwehrend (der Holocaust sei ein „Vogelschiss“ in der wundervollen 1000-jährigen deutschen Geschichte gewesen etc. pp.).

In einem Text in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung heißt es am 17. Februar 2024:

Und jetzt DAVA – Akronym für „Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch“. Doch das arabische Wort „Da‘wa“ bedeutet auch „Mission“ und gehört zum Vokabular der Islamisten. Das Logo der Partei, der grüne Schriftzug, dürfte deshalb kein Zufall sein: Grün gilt als die Farbe des Islams. Diese zweigleisige Kommunikationsstrategie der Erdoğan-Lobbyisten ist nicht neu. Einerseits hochtrabende Begriffe wie „Demokratie“ und „Gerechtigkeit“ und das – so die Facebook-Seite von DAVA – „klare Bekenntnis zu Vielfalt und Toleranz (…) gegen Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus“. Andererseits: islamistische Codes, Erdoğan-Propaganda. Nicht neu ist auch die Erzählung, Muslime würden in den etablierten Parteien nicht repräsentiert werden. Und dabei ist auch bemerkenswert, welche Muslime AKP-Lobbyisten vor Augen haben, wenn sie von Muslimen sprechen. Die Mitglieder der LGBT-freundlichen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee sind schon mal nicht gemeint. (…)
Bemerkenswert ist aber noch ein weiterer Punkt, der so ähnlich auch im Grundsatzprogramm einer anderen einschlägigen Partei zu lesen ist: Schutz der Familie. Der traditionellen Familie. Damit kein Missverständnis aufkommt, wird noch der Punkt „Gender-Ideologie“ hinterhergeschoben, gleich danach „Abtreibung“, mit der Erläuterung, DAVA vertrete eine „pro-life Position“, und schließlich „LGBT“, da erkenne man zwar die „Bedeutung von Toleranz“ und den „Schutz individueller Freiheiten“ an, jedoch solle die traditionelle Familie gefördert und geschützt werden. Hat man alles so schon mal gelesen.

Warum aber wird in Deutschland die AfD massiv kritisiert, während Vertreter*innen der AKP häufig nicht kritisiert werden?

Ja wie im Falle Wiesloch die Nähe zur AKP – schon die Einladung an die AKP-Politikerin Betül Sayan Kaya, von der vorab die Frankfurter Rundschau berichtete, zeigt die AKP-Nähe der Moschee in Wiesloch – offenkundig überhaupt nicht im Wege steht, dass so eine Moschee ein Ort der „Antirassismuswochen“ ist?

Man kann nicht hier und heute in eine von der islamistischen AKP und der Türkei dirigierte DITIB-Moschee gehen und gleichzeitig so tun, als sei mann oder frau antirassistisch. Die Jüdische Allgemeine schreibt:

Der türkische Präsident Erdogan und der Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, überbieten sich fast täglich in ihrem Antisemitismus und Israelhass. (…)

Erbas ist nicht nur die oberste religiöse Autorität der deutschen DITIB, sondern darüber hinaus auch Dienstherr von fast 1000 Imamen, die in deutschen Moscheen predigen.

Antirassismus heißt Kritik an Erdogan und Erbas. Antirassismus heißt Kritik an der AKP wie der AfD. Darum geht es. Kampf gegen den politischen Islam und gegen Nazis.

Ansonsten sieht die Zukunft so aus wie in England und Rochdale: extremistische Muslime wählen einen weißen antizionistischen Antisemiten ins Parlament.

Es muss um Kritik an vorgeblichen „Antirassismuswochen“ gehen, die sich mit der islamistischen Ideologie der DITIB gemein machen und dort Veranstaltungen durchführen.

Wer links oder liberal oder demokratisch ist, ist gegen den politischen Islam und gegen den Rechtsextremismus gleichermaßen.

 

Grenzte die Coronapolitik ans „Totalitäre“? Der Direktor des Sozialgerichts Fulda kritisiert deutsche Richterinnen und Richter

Von Dr. phil. Clemens Heni, Politologe und Verleger, 22. Februar 2024

In Frankreich wird aktuell ein Gesetz geplant, das es Kritiker*innen und skeptischen Bürger*innen bei der Beurteilung von Impfstoffen oder vermeintlichen Impfstoffen bei Strafe untersagt, eine solche Kritik zu üben, ausgenommen ist die Presse. Das wird in Frankreich gemeinheim als „Pfizer“-Gesetz verschrien, doch im Parlament bekam es letztlich eine Mehrheit. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Es zeigt jedoch, dass die Aufarbeitung der juristischen, sozialen, demokratischen, psychologischen und demokratischen Folgen der Coronapolitik noch ganz am Anfang steht. Viele wollen da weitermachen, wo sie 2023 aufgehört hatten: beim nicht evidenzbasierten ‚Durchregieren‘ und Kaltstellen aller Kritiker*innen.

Dass Schweden laut der Weltgesundheitsorganisation von Mai 2022 in den ersten beiden Jahren der Corona-Pandemie weniger als halb so viel Übersterblichkeit zu verzeichnen hat als Deutschland, das Maskenwahnland versus dem maskenfreien Schweden, das erinnert niemand. Während laut WHO in Schweden 56 Personen pro 100.000 mehr starben, als zu erwarten war, waren es in Deutschland 116.

Dabei hätte wenigstens ausgebildeten Jurist*innen Folgendes in den Sinn kommen müssen, schon im Frühjahr 2020:

Wer im Herbst 2019 in einem juristischen Staatsexamen vertreten hätte, dass die Rechtseinschränkungen, die seit März 2020 durch allein exekutive Entscheidungen auf derart unbestimmten Ermächtigungsgrundlagen wie denjenigen des Infektionsschutzgesetzes vorgenommenen wurden, verfassungsgemäß sind, wäre durchgefallen. Völlige Verkennung des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips sowie der jahrzehntelangen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Parlamentsvorbehalt und zum Verhältnismäßigkeitsprinzip hätte der Korrektor moniert.

 

Das Zitat stammt aus einem Text des Direktors des Sozialgerichts Fulda Prof. Dr. Carsten Schütz vom 26. Oktober 2020 in der Fuldaer Zeitung.

Wenn wir heute die AfD in Sachsen in Umfragen als stärkste Partei mit über 30 Prozent sehen, dann zeigt das, was für ein Potential in Ostdeutschland der Rechtsextremismus und Populismus hat. Doch es geht noch darüber hinaus.

Eine grundfalsche Politik der letzten vier Jahre hat erheblich dazu beigetragen, immerhin bekam die AfD bei der letzten Bundestagswahl 2021 (die ohne Wahlkampf auskam wegen der Corona-Panik) ‚nur‘ etwas mehr als 10 Prozent der Stimmen (was schon katastrophal viel ist), aktuell liegt sie bundesweit in Umfragen bei ca. 20 Prozent.

Und das liegt auch an der Coronapolitik von Merkel und später Scholz. Dass in der Tat sehr viele rechtsextreme Portale die Kritik an der Coronapolitik zum Vehikel machten, um Massendemonstrationen zu organisieren, aber auch im Kleinen die politischen Kultur nach rechts, gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und ‚das System‘ verschieben konnten, ist hinlänglich analysiert und zurecht kritisiert worden. Ich selbst habe viele Aspekte des Antisemitismus und Rechtsextremismus beziehungsweise Populismus und der Neuen Rechten wie der Querfront in Kreisen der Coronapolitik-Kritik analysiert und kritisiert, von Anbeginn (siehe Dutzende Texte sowie meine diesbezüglichen Bücher hier).

Dazu kommt dann die antidiplomatische Kriegs- und Ukraine-Politik. Dass es im März/April 2022 eine diplomatische Lösung zwischen Russland und der Ukraine hätte geben können, bestätigen viele aktiv Beteiligte, darunter auch führende ukrainische Verhandlungspartner, wie der Politikwissenschaftler, AfD- und Antisemitismus-Experte Professor Hajo Funke jüngst nochmal betont. Entscheidend für ein Fortführen des von Russland angefangenen Krieges waren jedoch England, namentlich Boris Johnson, die USA und die NATO. Die Ukraine selbst wäre an einer Erklärung ihrer Nicht-NATO-Mitgliedschaft bei Rückzug der russischen Truppen auf die Linien vor dem 24. Februar 2022 sehr wohl eingegangen, wie auch amerikanische Journalist*innen und diplomatische Kreise betonen, die Funke zitiert.

Der Glaubwürdigkeitsverlust der deutschen Bundesregierung hängst sehr stark mit dieser irrationalen und in weiten Teilen rassistischen, anti-russischen (und keineswegs nur und zu Recht Anti-Putin-) Linie zusammen. Viele wollen es ‚dem Russen‘ heimzahlen, dass die Rote Armee die Nazi-Wehrmacht besiegte und Auschwitz befreite.

In der Folge der irrationalen und brutalen Kriegsbegeisterung Deutschlands gab und gibt es eine Energiekrise nie geahnten Ausmaßes, die anhält und viele Millionen Bürger*innen konsterniert und fassungslos macht. Nicht alle heutigen AfD-Wähler*innen waren schon immer Rechtsextreme, soziale Umstände haben manche erst in die Hände einer ganz üblen Partei getrieben, die ja – wenn das nicht ironisch ist – gerade stolzdeutsch ist, aber Sympathien für autoritäre Regime aller Art hegt, inklusive Russland, obwohl doch ‚Opa‘ gegen ‚den Russen‘ kämpfte bis zur allerletzten Patrone.

Doch der Ukraine-Krieg, der ja bekanntlich schon im Frühjahr 2014 auf dem Maidan de facto losging, ist nicht der Kern des aktuellen Demokratieverlusts in Deutschlands oder Europas und dem Westen. Dazu kommt ein genuiner, ideologischer, neu-rechter, nationalistischer, antifeministischer, den menschgemachten Klimawandel leugnender Fanatismus von vielen, häufig männlichen Politikern und Aktivisten, weltweit. Sie beklagen vorgeblich Bürokratien, supranationale Organisationen oder aber Oligarchen auch im Westen, doch im Kern haben sie ein Problem mit Vielfalt, Demokratie und Dissens. Das erleben wir seit den 1990er Jahren.

Diesen neu-rechten Backlash haben wir also seit Jahrzehnten, mit einem Höhepunkt beim britischen Brexit 2016 und der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten ebenfalls im Jahr 2016.

In Deutschland führte der deutsch-nationale und schwarzrotgoldene Overkill des „Sommermärchens“ 2006 zu einer Stimmung, die sehr wohl die „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ (so der Titel meiner Dissertation an der Universität Innsbruck) anzeigte und einen wichtigen Schub für die Gründung der AfD im 2013 gab.

Dass Protest übrigens auch pfiffig, lustig und erfolgreich sein kann und eher links und Ultra-mäßig, zeigt am 21. Februar 2024 die Niederlage der Deutschen Fußball Liga (DFL) und ihrem Vorhaben, mit externen Investoren das ohnehin extrem durchkapitalisierte Fußballgeschäft noch weiter zu monetarisieren.

Tennisbälle, Goldtaler aus Schokolade, oder ferngesteuerte Autos auf dem Fußballrasen bis hin zu kleinen Flugzeugen, die im Stadion flogen, eingerahmt in Transparente aller Art, waren seit Wochen für unzählige Unterbrechungen von Bundesligaspielen verantwortlich. Dieser Protest hatte einen scharfen, aber auch lustigen und witzigen, humorvollen Drive. Und er war erfolgreich.

 

Doch die Pointe ist, dass auch die angeblichen Super-Demokraten wie die demokratischen Parteien im Bundestag und den Landtagen ein Problem mit Vielfalt und Dissens haben – das zeigte sich ab März 2020, als jeder Dissens und jede vielfältige Stimme, die nach Verhältnismäßigkeit oder Abwägen rief, auf brutale Weise niedergebrüllt wurde, von allen Politiker*innen, Talkmaster*innen und allen, wirklich allen Massenmedien und linken Postillen aller Art.

Dass es gerade auch in Israel Kritik an der Coronapolitik gab, wird bis heute so gut wie nirgendwo diskutiert, auch nicht in den pro-israelischen Kreisen. Weil das „Narrativ“ nicht passt, denn Kritik und Coronapolitik ergeben hierzulande Antisemitismus, das ist die reduktionistische Gleichung, auf die sich alle geeinigt haben, von der Wissenschaft bis zur gewaltbereiten Antifa („Wir impfen Euch alle!“).

Autoritarismus, Sexismus, Verschwörungsmythen, Antisemitismus, Nationalismus („Patriotismus“), Rassismus, männliche Gewalt und eine reaktionäre Familienideologie im Westen, Europa und Nordamerika, sind nur ein Spiegelbild des weltweiten muslimischen Extremismus und des Islamismus speziell seit dem 11. September 2001. Dabei ist das Ignorieren der riesigen Gefahr des illegalen, jihadistischen, wie des legalen Islamismus – wie Verschleierung, Beten an öffentlichen Orten wie Bibliotheken etc. pp. – auch Teil des Problems, weil gerade vorgebliche Linke sich nie um die Rechte anti-islamistischer Forscher*innen, Aktivist*innen, von Frauen oder Schwuler gekümmert haben, da jede – wirklich jede! – substantielle Kritik am politischen Islam als rechts schubladisiert wurde und wird.

Dabei ist die Kritik am Islamismus, dem Kopftuch, der Burka oder dem Ramadan zutiefst links. Emanzipation heißt nicht, dass Drogerie- und Supermärkte Ramadan-Kalender verkaufen (!), sondern dass die große Gefahr von Parallelgesellschaften und religiösem Fanatismus exakt mit dieser Ausbreitung des Islam zu tun hat. Es ist purer Wahnsinn, wenn Jugendliche in Schulen oder auf der Ausbildung vier Wochen tagsüber nichts konsumieren und dadurch gewalttätig, unkonzentriert und vor allem islamistisch werden, weil es ja ihre Religion ist, die ihnen diesen Verlust an Lebensqualität aufzwingt und sie das als freie Entscheidung missverstehen wollen. („Die Lehrenden sollten keine Rücksicht auf den Ramadan nehmen“, fordert die Berliner Anwältin und Moschee-Gründerin Seyran Ates im Interview mit n-tv.de.).

Das hat mit einem säkularen Islam, der im Westen angekommen ist, nichts zu tun. All das von linker Seite zu kritisieren, wäre endlich an der Tagesordnung, was viel mehr bringt als jeder „interreligiöse Dialog“. Das alles nicht zu sehen, treibt nicht nur dumpfe, sondern auch nicht mehr repräsentierte Bürger*innen mitunter zu den Nazis und den Rechten, was eine solche Wahl oder Parteipräferenz niemals entschuldigt, aber sozial und politisch in Beziehung setzt zu Entwicklungen in diesem Land.

Das alles spielt sich also auch in der Bundesrepublik ab und nicht nur in Frankreich oder Großbritannien. Aber der Kern des Demokratieverlusts in Deutschland war eindeutig der Pandemic Turn und die Coronapolitik von Angela Merkel, Olaf Scholz und nahezu der kompletten politischen, kulturellen, wissenschaftlichen und medialen Elite in diesem Land sowie weiten Teilen der Bevölkerung.

Die Corona-Krise war in erster Linie die größte Demokratiekrise seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland im Mai 1949.

Der Pandemic Turn besagt, dass von heute auf morgen alles Leben stillgestellt werden kann, ohne jeden empirischen Grund dafür, ohne Beweise, ob diese oder jene „Maßnahme“ sinnvoll sind. Es wurde einfach totalitär gehandelt, anders kann man das nicht bezeichnen.

Der Jurist Carsten Schütz hat es im Herbst 2020 kommen sehen, im oben zitierten Text von Oktober 2020 schreibt er weiter:

Und letztlich: Die Spaltung der Gesellschaft gewinnt aktuell weiter an gefährlichem Nährstoff. Dies liegt auch daran, dass sich nicht unwesentliche Teile der Bevölkerung kaum mehr repräsentiert sehen. Diese Menschen mag man als „Spinner“ oder „Verschwörungstheoretiker“ abtun. Doch macht man es sich damit zu einfach, denn es gibt durchaus berechtigte, rationale Kritik an den aktuellen politischen Entscheidungen. Vor allem aber birgt es die Gefahr, dass diese Menschen von demokratiefeindlichen Gruppen vereinnahmt werden, weil ihre Positionen bei den anderen Parteien gar nicht mehr vorkommen. Das gilt es dringendst zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund ist ein Gedanke des Wiener Kunsttheoretikers Helmut Draxler von Interesse, den er in Heft 1/2024 der Zeitschrift Merkur (S. 17–27) zu Papier brachte.

In seinem Text über „Polarisierung und Ressentiment“ geht es aus psychoanalytischer und linker Sicht um eine Kritik an den üblichen links-liberalen und linken Ansätzen der Kritik am Trumpismus, der AfD oder dem Populismus. Auf Corona geht Draxler gar nicht ein, dabei würde seine Kritik gerade hier auch sehr gut treffen, wenn er ausführt:

Das heißt, das Ressentiment ist dort am stärksten, wo wir es nicht als ein solches erkennen können, wo es sich in den Formen der Askese, der Liebe, der Sympathie, des Mitleids, des Engagements für die moralisch gute Sache verbirgt. (S. 24)

Denn eine ganz große Volksgemeinschaft meinte ja 2020 bis 2023, die „moralisch gute Sache“ zu vertreten, also Abstand, Isolation, Atomisierung, Abschließung, Ausgrenzung, Maskenpflicht und Impfpflicht. A-soziales Verhalten wurde als „solidarisch“ verkauft, Unfreiheit als Freiheit, Zwang als Freiwilligkeit.

Das Motto war eindeutig, wie ich es in Worte fassen würde:

‚Wenn ich schon nicht maskenfrei herumlaufen will (!), dann soll das auch sonst niemand dürfen. Wenn ich nicht ins Theater, Kino, Stadion gehen will, weil ich panikzerfressen bin, dann soll auch sonst niemand ins Theater, Kino oder Stadion gehen dürfen.‘

Vor diesem Hintergrund fand am 21. Februar 2024 in Fulda die Veranstaltung „Die Corona Pandemie – ein Resümee, Akademieabend“ statt. Die rein männliche Runde, moderiert von zwei weiteren Männern der Fuldaer Zeitung, bestand aus Prof. Dr. med. Peter M. Kern, Immunologe, Chefarzt am Klinikum Fulda, Prof. Dr. Carsten Schütz, Direktor des Sozialgerichts Fulda, Generalvikar Prälat Christof Steinert, Bistum Fulda, Frederik Schmitt, Erster Beigeordneter und Gesundheitsdezernent des Landkreises Fulda.

Wer Texte von Carsten Schütz kennt, konnte sich einiges erhoffen. Doch die Hoffnung starb schnell.

Die unerträglichen, apologetischen und von Plastikwörtern der Verwaltungsbürokratie überlaufenden Auslassungen des Gesundheitsdezernenten (CDU) machten ein Zuhören schwer möglich, doch im Livestream konnte man im Gegensatz zur Veranstaltung einfach die „mute“ Taste drücken, sobald er zu Wort kam, was viel zu oft und viel zu lange der Fall war.

Ganz am Ende meinte dann noch Professor Schütz, dass es ihm beim Thema Verhältnismäßigkeit um richtig wichtige Dinge wie das Schließen von Geschäften, also Lockdowns, ohne jede empirische Basis gegangen sei und nicht um „Banalitäten“ wie die „Maskenpflicht“. Das zeigte leider, dass auch Carsten Schütz nicht wirklich ein Kritiker aller Maßnahmen war, denn die Kritik an der empirisch völlig evidenzfreien Maskenpflicht ist eine der allerersten und wichtigsten Kritiken.

Es gibt Menschen, die wegen dem Nicht-Aufziehen einer sinnfreien Maske ihren Job verloren haben, die Tausende Euro Disziplinarstrafen wegen Kritik am Irrationalismus von Staatsregierungen und am Maskenwahn bekamen. Manchen wurden wegen Asthma und schweren Vorerkrankungen Atteste ausgestellt, die dann von völlig fanatischen Richterinnen nicht anerkannt wurden, um ein Gerichtsgebäude zu betreten. Insofern war die Kritik am deutschen Maskenwahn alles, nur nicht eine „Banalität“, sondern überlebensnotwendig als soziales Wesen.

Zudem kommt hier das philosophische Von-Angesicht-Zu-Angesicht zu tragen, eine Gesellschaft von Maskierten ist ein durchgeknallter Maskenball einer homogenen pampigen Masse, aber keine heterogene und demokratische Gesellschaft.

Ohne Maske viel weniger Panik in der Öffentlichkeit, darum geht es. In Holland oder Schweden ging es auch ohne Maske und dort gab es weniger Panik und in Schweden weniger Tote an oder mit Corona (dass zumal Schweden bzw. seine kulturelle Elite aktuell wegen widerlicher antiisraelischer Hetze auffällt und Israel vom Song-Contest ESC ausschließen möchte, steht auf einem anderen, noch zu schreibenden Blatt).

Der regelrechte Hirnriss kannte schon zu Coronazeiten keine Grenzen – wenn eine Maske schützt, warum dann Angst vor maskenfreien Menschen? Weil die Maske eben gerade nicht schützt?

Wenn die Impfung schützt, warum dann Panik vor Ungeimpften? Weil die Impfung eben gerade nicht schützt? Und so weiter und so fort. Das ist das beliebte Regenschirm-Syndrom, wir alle kennen und lieben es.

Die Veranstaltung in Fulda jedoch war meines Erachtens ziemlich sinnlos, da die Zusammensetzung der Moderation – zwei affirmative Journalisten einer Lokalzeitung – und des Podiums es nicht ansatzweise zuließen, dass die Tendenz zum „Totalitären“, die Schütz noch in seinem Text in der Fuldaer Zeitung attackierte, zum Thema gemacht worden wäre.

Dafür hätten da wenigstens drei intellektuelle und scharfe Kritiker*innen sitzen müssen, um die beiden aalglatten, langweiligen Journalisten und den stellvertretenden Landrat auflaufen zu lassen. Aber so war es ein Heimspiel der Zeugen Coronas.

Wenn der Professor Kern meinte, anfangs sei gar nicht klar gewesen, wie hoch die Sterblichkeit sein würde, ist das eben nicht richtig.

Seit Anfang April 2020 (09. April 2020) wussten wir das und zwar aus der Studie von Prof. Streeck in Gangelt im Kreis Heinsberg, der mit seinem Team die Infektionssterblichkeit (in einem sog. Hotspot) mit 0,37 Prozent empirisch (!) gesichert erforschte. Gleichzeit hat ein Team in Kalifornien um Prof. Jay Bhattacharya die Infektionssterblichkeit in Santa Clara County mit 0,12 bis 0,20 Prozent erforscht (17. April 2020).

Zu diesem Zeitpunkt – April 2020 – sprachen die Panikindustrie wie das Robert Koch-Institut (RKI) oder die WHO von einer angeblichen Sterblichkeit von 3-4 Prozent. Unwissenschaftlicher, irrationaler und geradezu panikgeiler als das RKI oder die WHO konnte man zu diesem Zeitpunkt gar nicht arbeiten. Und alle Richter*innen, Medien und die Antifa klatschten!

Das hätte Prof. Kern aus Fulda sagen müssen – vier Jahre später, doch das hat er nicht gesagt, sondern insinuiert, man hätte es damals nicht wissen können, wie niedrig die Sterblichkeit liegen wird. Doch man konnte es wissen, wenn man sich die Anzahl der Infizierten anschaute und dann die Zahl der Toten, zudem derjenigen, die nicht nur mit einem positiven Test, sondern wirklich an dem Virus SARS-CoV-2 starben. Und diese Infektionssterblichkeit war von Anfang an in Deutschland extrem niedrig, siehe Gangelt in NRW. Die Grippe – Influenza – im Winter 1969/70 hatte laut RKI eine  Infektionssterblichkeit von 0,29 Prozent.

Die ungeheuren „Kollateralschäden“ auch der deutschen Coronapolitik im Globalen Süden waren kein Thema auf der Veranstaltung in Fulda, mit keinem Wort. Dabei reden wir hier von vielen Millionen Toten, die nicht hätten sterben müssen, wären nicht Lieferketten unterbrochen, Tourist*innen ausgeblieben, Grenzen und Schulen geschlossen und sogar wichtige herkömmliche Impfungen wie gegen Masern ausgeblieben. Doch das war wie gesagt überhaupt nicht auf dem Radar dieser Koryphäen aus Fulda in Hessen im Herzen dieser tollen Republik.

Dabei hatte Prof. Schütz vom Sozialgericht Fulda gleich zu Beginn einer demokratischen und juristischen, ja gesamtgesellschaftlichen Kritik viel Futter gegeben, als er meinte, zu Recht sei 2017 die NPD vom Bundesverfassungsgericht nicht verboten worden, u.a. wegen GG Art. 20, Absatz 3, worin die Rechtsstaatlichkeit geregelt ist. Bekanntlich hatte das BVerfG geurteilt, dass V-Männer innerhalb der NPD ein rechtsstaatliches Verfahren unmöglich gemacht hätten. Doch Schütz interpretiert das nun so, dass ein funktionierendes Bundesverfassungsgericht die Coronapolitik der Bundesregierung wegen exakt diesem Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz hätte stoppen müssen. Die Coronapolitik war nicht rechtmäßig und nicht verfassungsmäßig. Doch das sei nicht passiert. Das war doch mal eine im besten Sinne polemische Steilvorlage!

Aber diese coole und interessante juristische Kritik wurde jedoch von niemand von der völlig überforderten Runde aufgegriffen. Insofern sprach Schütz in eine Leere – wäre da nicht das Publikum gewesen, das ihn großteils sehr wohl verstand und er bekam auch im Laufe der Veranstaltung den bedeutendsten Applaus. Hätte er einen auch nur ansatzweise ebenbürtigen Gesprächspartner (m/w/d) gehabt oder gleich zwei oder drei, hätte es eine interessante Veranstaltung werden können.

So bleibt sein jüngster Text in der Fuldaer Zeitung vom 10. Februar 2024, worin er schreibt:

Das in der ‚Corona-Zeit‘ zum Volkswissen gewordene ‚Verhältnismäßigkeitsprinzip‘ wurde genau für diese Differenzierung entwickelt. Damit steht das Recht schon im Grundsatz querdenkend zu den heutigen öffentlichen Diskussionen, die von einseitiger Verkürzung leben. Idealtypisch dafür war die ‚Pandemie‘: Handverlesene ‚Virologen‘ trafen Entscheidungen aus ihrer naturgemäß beschränkten Perspektive, die von den Regierungen unter dem Applaus nahezu sämtlicher Medien mit drakonischen Maßnahmen machtberauscht durchgesetzt wurden.

Screenshot, Fuldaer Zeitung, 10. Februar 2024

Er hatte weiter treffend in der Fuldaer Zeitung geschrieben:

Es genügte die spekulative oder falsche Behauptung, irgendeine Maßnahme sei sinnvoll (etwa die glatte Lüge, die Impfung bewirke den Schutz anderer). Es reichten hohle Schlagworte und die Erwähnung des zum legitimationslosen Alleinherrscher über die Freiheit des Individuums avancierten Herrn Drosten – damit blieb jede noch so absurde Freiheitsvernichtung bis hin zum Bundesverfassungsgericht unbeanstandet.

Und auch Aktivistinnen und Aktivisten gegen Nazis, die AfD, ja sogar die besonders kritischen und sensiblen, die auch gegen alle Formen des Antisemitismus, inklusive dem Antizionismus aktiv sind, haben bei der Corona-Pandemie jede irrationale, unwissenschaftliche und die Demokratie zerbröselnde „Maßnahme“ nicht nur bejubelt, sondern Kritiker*innen ganz pauschal ohne individuelle Evidenzprüfung als „Nazis“, „Schwurbler“ oder schlicht „Coronaleugner“ diffamiert. Das geht bis heute so.

Die Richterschaft in Deutschland hat in der Coronakrise komplett versagt. Das sagt Carsten Schütz, der ja selbst Richter ist, Direktor gar des Sozialgerichts in Fulda:

Doch gerade zu ‚Corona-Zeiten‘ wäre es richterliche Pflicht gewesen, zum Schutz des Einzelnen der Regierung Einhalt zu gebieten. Sie hatten die Aufgabe, die ‚Tyrannei der Mehrheit‘, die Alexis de Tocqueville bereits 1835 als Risiko der Demokratie beschrieben hat, zu verhindern. Dem haben sich die Richterinnen und Richter gerade dann, als sie wie nie zuvor gebraucht wurden, verweigert. Ausnahmen sind zu marginal, um dieses Urteil zu relativieren – oder sie werden gar wie in Thüringen strafrechtlich verfolgt.

 

 

Pro-Palästinensische Antisemiten und der Bürgermeister von Chicago haben gestern eine antisemitische Resolution durchgeboxt: „Waffenstillstand jetzt“

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Am 31. Januar 2024 wurde im Stadtparlament von Chicago in den USA mit der entscheidenden Stimme des Bürgermeisters eine symbolische Resolution für einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen angenommen. Die Wahl selbst ging zuvor 23 zu 23 aus, also die Hälfte der gewählten Vertreter*innen hatte die über Wochen promotete antisemitische Resolution abgelehnt, die andere Hälfte hatte sie angenommen.

Viele Dutzende antisemitische Palästinenser und ihre Freunde (m/w/d) hatten zuvor im Parlament herumgeschrien, wurden dann von ihrem Kumpel, dem Bürgermeister Chicagos, zwar nach einiger Zeit aus dem Saal verbannt, doch Dutzende durften in einer Art VIP-Lounge hinter Glasfenstern weiterhin ihre judenfeindliche Hetze lautstark hinausbrüllen und ihre antisemitische Verkleidung wie das PLO-Tuch zeigen.

Zuvor, vor dem Ausschluss aus dem Versammlungssaal, war die einzige jüdische Abgeordnete Chicagos Debra Silverstein antisemitisch beleidigt und ein typischer antisemitischer Verschwörungsmythos intoniert worden, sie würde ihr „zionistisches Geld“ dafür verwenden „Verbrechen von ihrem Schreibtisch zu wischen“.

Auch die moderne Form der Holocaustleugnung kommt hier zum Vorschein, die unsagbaren Verbrechen der Hamas werden negiert oder gefeiert und Israel angeklagt, ganz so wie es auch die antisemitische Regierung aus Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag betreibt. Die Täter-Opfer Umkehr ist ein ganz typisches Muster des Antisemitismus, wie die Forschung seit Jahrzehnten herausgearbeitet hat.

Silverstein betonte in ihrer Rede, dass es unerträglich sei, einen Waffenstillstand zu fordern und nicht die komplette Zerstörung der Hamas.

Die Palästinenserorganisation hatte in einem genozidalen Rausch am 07. Oktober 2023 über 1200 Juden im Süden Israels massakriert und über 240 entführt, von denen bis heute ca. 130 weiterhin in Geiselhaft gehalten werden.

Der Abgeordnete Byron Sigcho-Lopez aus Chicago hatte Flyer mitgebracht und in seiner Rede die New York Times beschuldigt, ohne Belege die genozidalen Pogrome der Hamas, inklusive der unschilderbaren Vergewaltigungen von jüdischen Frauen durch muslimische und palästinensische Schlächter, zu dokumentieren. Sigcho-Lopez feierte danach mit antisemitischen Kumpeln den Sieg gegen Israel, auch wenn das nur symbolisch war – Chicago jedoch ist nach New York City und Los Angeles die drittgrößte Stadt der USA.

Schülerinnen und Schüler von staatlichen Schulen bekamen extra Freistunden, um an Demonstrationen für einen permanenten Waffenstillstand und somit zur Unterstützung der genozidalen, islamistisch-terroristischen Organisation Hamas teilzunehmen, wie das Wall Street Journal berichtet:

In the Windy City, the resolution was helped along by the Chicago Public Schools system, which offered students grace time to join Tuesday walk-outs supporting the cease-fire. Mr. Johnson said he was “incredibly proud” of students for “exercising their constitutional rights” and “speak(ing) up for righteousness.”

An diesen Hassdemonstrationen gegen Israel am Dienstag, 30. Januar 2024, demonstrierten Hunderte Schülerinnen und Schüler von Gymnasien und anderen Schulen für die antisemitische Terrorbande Hamas, für Palästina und gegen Israel.

Der Bürgermeister war mächtig stolz auf die jungen Leute, die sich für die Hamas und eine permanente Waffenruhe einsetzen, sich also für den Erhalt der Hamas und gegen eine komplette Entwaffnung dieser nazimäßigen Monster aussprechen.

Hier sieht man die Antisemiten (m/w/d) nach der entscheidenden Stimme für einen permanenten Waffenstillstand und somit für die Hamas durch den Chicagoer Bürgermeister Brandon Johnson jubeln.

Chicago hat die größte palästinensische Gemeinde in den USA. Der 82-jährige „Bürgerrechtler“ Jesse Jackson bekam für seine bloße Anwesenheit und Unterstützung der anti-israelischen Resolution begeisterten Beifall.

Mindestens zwei Antisemiten haben gestern in Chicago eine palästinensische Fahne mit dem Bild des Sprechers der Hamas getragen, wie die Times of Israel (TOI) berichtet.

Sie sind also Fans der Muslim-Nazis der Hamas und dürfen offenkundig frei in den USA herumlaufen und antisemitische Propaganda betreiben, ganz ähnlich wie es antisemitische Pro-Palästina Leute kürzlich in Mannheim auf einer ach-so-Anti-AfD-Demo getan haben. Solche Leute mit solchen Fahnen wie in Chicago gehören angeklagt wegen Terrorunterstützung und Genozid-Bejahung, ganz analog zu Neonazis die den Holocaust leugnen oder feiern.

Mitglieder der „demokratischen Sozialisten“ in Chicago haben 2023 für Johnson Wahlkampf gemacht und ihn unterstützt, wie das Magazin Politico berichtet. Reaktionäre, antisemitische, aber in der woken Sprache des Mainstream als „Progressive“ bezeichnete antizionistische (m/w/d) Angestellte der Stadt Chicago haben demnach seit Herbst 2023 für einen permanenten Waffenstillstand agitiert, analog zu Mitarbeiter*innen im Weißen Haus von Joe Biden, der ein Zionist und enger Freund des einzigen Judenstaates ist.

Nach dem schlimmsten Massenmord an Juden seit der Shoah am 07. Oktober 2023 betreibt die antisemitische Organisation „Democratic Socialists of America“ eine typische Täter-Opfer-Umkehr und fordert keine militärische Hilfe für Israel aus den USA und ein Ende der „Massaker“, womit sie Israels Selbstverteidigung meint.

Die Anti-Defamation League (ADL) hat mehrere Beispiele für Antisemitismus der „Demokratischen Sozialisten von Amerika“ dokumentiert und kritisiert. So hetzt die Gruppe in Salt Lake City gegen die „siedler-kolonialistische Apartheid“ Israels, in San Francisco redet sie von der „Dekolonisierung Palästinas“ und fordert einen weiteren Massenmord an Juden mit der Parole „from the river to the sea“, also die Zerstörung des jüdischen und demokratischen Staates Israel. Die Ortsgruppe der Demokratischen Sozialisten von Amerika in Denver, Colorado, fordert nur wenige Tage nach dem 07. Oktober die völlige Zerstörung Israels – „from the river to the sea„, wie die ADL schockiert festhält. Für Antisemiten wie diesen antidemokratischen „Sozialisten“ und „Demokraten“ ist Israel der Täter und nicht das Opfer genozidaler muslimischer und palästinensischer Gewalt.

Das jedenfalls ist auch das Milieu, das den schwarzen Bürgermeister von Chicago im Wahlkampf unterstützte. Es ist also sein „Dank“ an diese antisemitischen Hetzer aller Geschlechter, dass er jetzt auf unerträgliche Weise seine entscheidende Stimme der antiisraelischen Resolution gab. Die Zeitschriften New Yorker  und Jacobin und natürlich die Jugendorganisation der Demokratischen Sozialisten von Amerika waren 2023 ganz begeistert über ‚ihren‘ neuen Bürgermeister Johnson in Chicago, der ein Vorbild sein könne für Großstädte und andere Gemeinden in ganz Amerika. Was werden sie jetzt sagen, nachdem ihr Held einer antisemitischen Resolution mit seiner Stimme zum Durchbruch verholfen hat?

Amerika jedenfalls und somit der Westen taumeln am Abgrund. Denn angesichts der für die demokratische Partei der USA sensationellen Wahlsieges von Brandon Johnson im Frühjahr 2023 zum Bürgermeister von Chicago hat  die Partei entschieden, die Parteiversammlung für die Präsidentschaftswahl 2024 ausgerechnet in Chicago stattfinden zu lassen. Das wird für den Pro-Israeli Joe Biden die schwerste Schlacht, weil der extreme Widerstand gegen seine Pro-Israel Politik aus der eigenen Partei kommt. Dazu kommt der neu-rechte Hetzer und Populist Donald Trump, der bis heute nicht seine Wahlniederlage von 2020 eingesteht. Trumps Isolationismus und völlige Beliebigkeit könnte für Israel dramatische Folgen haben. Die antisemitische und verschwörungsmythische Wählerbasis von Trump ergänzt die antisemitische und verschwörungsmythische Wählerbasis von Teilen der Demokraten, also dem Teil, der aggressiv Pro-Palästina ist.

Johnson hat schon unmittelbar nach dem genozidalen Massaker der Hamas politisch versagt. Wenige Tage nach dem 07. Oktober 2023 verharrte er in Äquidistanz. Sein Fraktionsvorsitzender jedoch im Chicagoer Parlament, Carlos Ramirez-Rosa, hat einen Tweet der berüchtigeten Ilhan Omar, Abgeordnete der Demokraten im Repräsentantenhaus aus Minnesota, re-tweetet, worin der antisemitische Klassiker von Juden beziehungsweise Israel als „Kindermörder“ in Gaza bzw. Palästina aufgewärmt wird. Und das wenige Tage nach dem 07. Oktober 2023. Ramirez-Rosa selbst unterstützt die antisemitische BDS-Bewegung, weswegen er im September 2017 als Kandidat für den Posten des Vizegouverneurs von Daniel Biss wieder fallengelassen wurde. Doch das behinderte die Karriere des auf seinem X-Profil offen als Palästina-Anhänger auftretenden Ramirez-Rosa gar nicht.

Er musste lediglich im November 2023 von seiner Position als Fraktionsvorsitzender der Demokraten im Stadtparlament von Chicago zurücktreten, da er offenkundig ein Gewaltproblem hat – er hatte einer Kollegin seinen Körper in den Weg gestellt und daran gehindert, den Sitzungssaal zu betreten.

Das Elend besteht nicht nur in solchen Typen wie diesem „Carlos“. Das Elend besteht darin, dass überall, von Berlin über Duisburg, Frankfurt, Mannheim und selbstredend Paris oder London jene, die sich angeblich für Vielfalt, Toleranz und Diversität einsetzen, die exakt gleichen Leute sind, die Juden und Israel im Stich lassen oder hassen und offensiv bekämpfen. Es sind genau jene, die völlig zu Recht Trump oder die AfD bekämpfen und Verschwörungsmythen erkennen und kritisieren, aber sobald ein Verschwörungsmythos oder eine antisemitische Lüge und Täter-Opfer-Umkehr wie der herbei fantasierte „Genozid“ in Gaza ins Spiel kommen, schweigen die „Gutmenschen“. Das betrifft in Deutschland aktuell Millionen, die auf die Straße gingen und gehen und gegen Rechtsextremismus sind – aber zum Judenhass schweigen diese Menschen, weil der ja von Muslimen, Palästinenser*innen, Linken oder ach so dermaßen „Progressiven“ kommt.

Jene, die den Klimawandel als riesige Gefahr begreifen, sind häufig jene, die im Antisemitismus gar kein Problem sehen und selbst antisemitisch aktiv sind, siehe Greta Thunberg. Konservative wiederum, die den menschgemachten Klimawandel leugnen, sind mitunter offener für Kritik am Antisemitismus, allerdings schwingt da häufig die Note mit, dass es halt gegen Linke oder Migranten geht. Doch Linke und Migranten (m/w/d) wiederum fühlen sich komplett kritikimmun, da sie qua Definition vor Kritik immun seien. Doch der heutige Antisemitismus des 21. Jahrhunderts geht vornehmlich von Muslimen und dem Islam aus, Stichwort Iran. Auch sonst säkulare Linke stimmen seit Jahrzehnten in den Chor der Antizionisten und Islamisten mit ein.

Das war dann der größte Schock für Juden in Deutschland, den USA und weltweit, dass sie nach dem schrecklichsten Massaker, das definitiv genozidalen Charakter hat, am 07. Oktober 2023 völlig alleine gelassen wurden und in den USA wie Deutschland oder Frankreich, Belgien, Holland, England und überall in unterschiedlicher Intensität antisemitische Demonstrationen, Kundgebungen und Aktionen erleben.

Es war ganz typisch, dass die frisch gewählte Präsidentin der Universität Harvard nach ihrer Weigerung, den Ruf nach einem Genozid an Juden – „Palestine from the river to the sea“ ist ein genozidaler Schlachtruf – als bekämpfenswert und nicht zu tolerierend einzustufen, zurücktreten musste (was auch daran lag, dass sie unwissenschaftlich und plagiatorisch gearbeitet hat). Doch es war weltweit ein Symbol für das sogenannten woke Milieu, wo es immer um Diversität, Gleichheit und Inklusion geht, dass Diversität, Gleichheit und Inklusion Juden nicht meint. Frauengruppen weigern sich, die belegten Vergewaltigungen von jüdischen Frauen durch muslimische Männer als unerträglich und widerwärtig zu bezeichnen, so wie jede Vergewaltigung unerträglich und widerwärtig ist. Wobei selbst Genozidforscher die unglaubliche Brutalität und der Sadismus der muslimischen Männer und Palästinenser fassungslos macht. Black Lives matter – aber was, wenn es um jüdisches Leben geht? Da sind zumal Schwarze ganz vorne mit dabei, Israel zu diffamieren, Hamas zu feiern und Juden den Tod zu wünschen. Das zeigte sich, als BLM Chicago einen Paragleiter postete mit einer Palästina-Fahne. 90.000 Leute haben sich das auf X angeschaut, das diese Form des Antisemitismus und Feierns einen genozidalen Massakers nicht sofort löschte und den Account blockierte.

 

Der Kern des Antisemitismus-Problems in Chicago jedoch heißt Brandon Johnson. Von der Kooperation mit einem BDS-Unterstützer über eine äquidistante Haltung nach dem größten Massaker an Juden seit der Shoah hin zur offenen Unterstützung der Hamas mit dem gestrigen Beschluss für einen vollständigen Waffenstillstand, ohne dass die Muslim-Nazis vollständig entwaffnet wären, zeigt Johnson auf welcher Seite er steht. Er hat den Antisemiten in Chicago einen Freudentag bereitet mit seiner Stimme und hinterlässt ein tief gespaltenes Stadtparlament und eine massiv erschütterte Demokratische Partei.

Die Jewish Union Foundation und die Anti-Defamation League Midwest kritisieren die anti-israelische Resolution der Stadt Chicago und betonen, dass in den letzten Wochen jüdisches Leben dort nicht mehr sicher ist. Juden und Jüdinnen werden beleidigt, Geschäfte beschmiert und pro-palästinensische Propaganda verbreitet. Die Täter – Muslime und Palästinenser – werden zu Opfern gemacht. Das alte antisemitische Spiel der Täter-Opfer Umkehr – nur hat es das in diesem Ausmaß seit dem Holocaust nicht mehr gegeben und alle Israelis und zionistischen Juden dachten auch, dass es so etwas nach Auschwitz und Babi Yar nie mehr geben könnte. Doch Israel hat aus vielen Gründen, die noch aufgearbeitet werden, im Beschützen seiner eigenen Bevölkerung am 07. Oktober 2023 vollkommen versagt.

Die Demokratische Partei der USA jedoch wird pro-israelisch sein, oder sie wird nicht sein. Die Wahl zum amerikanischen Präsidenten 2024 wird in jeder Hinsicht dramatisch verlaufen. Der Antisemit und Sexist Trump darf nicht gewinnen. Doch Joe Biden, der aufgrund seines Alters auch völlig unqualifiziert ist für das Präsidentenamt, wird sich einer massiven antisemitischen Kampagne seiner eigenen Leute entgegensehen.

Chicago ist ein Fanal. Ein antisemitisches Fanal. Demokraten und Linke müssen endlich aufstehen gegen jede Form des Antisemitismus, mainstreamigen sowie rechten, antizionistischen und den Holocaust verharmlosenden Antisemitismus, aber auch und insbesondere, weil viel weiter verbreitet, den antijüdische Genozide feiernden, die Hamas in Schutz nehmenden, muslimischen, palästinensischen und linken Antisemitismus.

Am Israel Chai!

Gegen die AfD demonstrieren, aber Antisemitismus und Israelhass goutieren? Was ist los in diesem Land?

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), 21. Januar 2024

Gestern demonstrierten Hunderttausende gegen die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD), die im November 2023 nahe Potsdam ein Treffen abhielt, an dem Neonazis und andere Rechtsextreme teilnahmen und Ideen für die „Remigration“ von in Deutschland (oder Europa) lebenden Migrant*innen diskutierten. Diese Ideen sind typisch für den Rechtsextremismus seit Jahrzehnten und sicher nichts Neues.

Vorgestern nun verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz, das die „doppelte Staatsbürgerschaft“ enorm vereinfacht und zur Regel macht für Migrant*innen. Es zeigt wie aussichtslos und grotesk die Pläne oder Fantasien der Neonazis und der AfD sind. Dabei ist dieses neue Gesetz der Bundesregierung sehr problematisch. Es erlaubt Menschen mit extremistischen Vorstellungen – wovon wir auch unter Migrant*innen enorm viele haben – die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen und somit alle Reisefreiheiten und sonstigen Annehmlichkeiten, die das so mit sich bringt.

Der Kern meines Problems mit diesen Wohlfühl-Demos gegen Nazis und die AfD in Heidelberg, Stuttgart, Karlsruhe etc. pp. – insgesamt über 300.000 Demonstrant*innen bundesweit, zudem die Tage zuvor weitere Hunderttausende auf Großdemos in Berlin, Hamburg, Köln, Hannover etc. – ist Folgendes:

  •  Wo waren diese Hunderttausenden Menschen nach dem 07. Oktober 2023, als auf unsagbar bestialische Art und Weise jüdische Frauen von Muslimen, Arabern und Palästinensern vergewaltigt, gefoltert, verstümmelt, ermordet oder bei lebendigem Leib verbrannt wurden?
  • Wo waren diese Hunderttausenden Menschen nach dem 07. Oktober 2023, als Babies enthauptet wurden, Männer, Alte, Behinderte, Holocaustüberlebende und Kinder massakriert, 1200 von ihnen ermordet und 240 in den Gazastreifen entführt wurden, wo bis heute 130 Geiseln festgehalten werden und viele tagtäglich unerträgliche Qualen erleiden, manche schon an nicht behandelten Verletzungen und Krankheiten qualvoll gestorben sind?
  • Wo waren diese Hunderttausenden Menschen nach dem 03. November 2023, als 3000 Islamisten und Jihadisten, darunter auch viele verschleierte junge Frauen mit Kopftuch oder/und Gesichtsschleier in Essen ein Kalifat forderten?
  • Wo waren diese Hunderttausenden Menschen, die doch angeblich gegen jede Form von Hass, Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung sind, als in Berlin und anderswo nach dem Massaker der Terrororganisation Hamas und anderer ganz normaler Palästinenser vom 07. Oktober 2023 Judensterne an Häuser und Wohnungstüren gemalt wurden?
  • Wo waren diese Hunderttausenden Menschen, als es darum ging und geht, die Freilassung der jüdischen Geiseln aus den ekligen Klauen der Palästinenser und der Hamas zu befreien?
  • Wo waren die da?
  • Sie haben geschwiegen, weil der überwältigen Mehrheit derer, die gestern gegen die AfD demonstrierten, Judenhass nicht nur völlig egal ist, sondern sie selbst antiisraelische und somit antijüdische Ressentiments pflegen. Anders ist ihr Schweigen nach dem 07. Oktober 2023 nicht zu erklären, denn es gab ja Demonstrationen und Kundgebungen, die aber waren erbärmlich schwach besucht und wurden häufig von migrantischen, muslimischen, arabischen, rechten oder linken Hetzer*innen (auch und häufig migrantischen Jugendlichen) gestört.

Rechtsextremismus ist eine große Gefahr. Der Islamismus ist eine große Gefahr und weltweit betrachtet die viel größere Gefahr, da es über eine Milliarde Muslime gibt, von denen ein Großteil antisemitisch ist, von Indonesien bis Marokko gab es nicht eine Großdemonstration mit Israelfahnen und gegen den islamistischen Terror der Palästinenser und der Hamas.

Das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust führte in Deutschland gerade nicht zu Hunderttausenden, die gegen Israelhass, Antisemitismus und Antizionismus demonstrieren. Hingegen führt ein ganz typisches Treffen von Rechtsextremen dazu, dass das Land mal wieder so tut, als sei es offen, tolerant und natürlich für Menschenrechte. Doch wo war der Aufschrei, als nicht nur die Menschenrechte, sondern das Leben von über 1200 Jüdinnen und Juden in Israel durch Muslime ausgelöscht wurde?

Wo war der Aufschrei, als Tausende im ganzen Land die Pogrome der Hamas und der Palästinenser feierten und eine typische antisemitische Täter-Opfer-Umkehr stattfand?

Wo ist der Aufschrei, wenn ein Land wie Südafrika die unsagbare Frechheit und Anmaßung an den Tag legt und den Opfern genozidaler Gewalt – Juden und Israel – „Genozid“ vor dem Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen in Den Haag vorwirft? Jetzt wäre es doch mal wieder an der Zeit, einen Boykott Südafrikas zu fordern, wie seinerzeit zu Apartheidzeiten.

Da war kein Aufschrei. Und da war und da ist deshalb kein Aufschrei, weil es gegen Juden geht.

Deutsche mögen weiterhin vor allem die toten Juden – Islamisten gar keine.

Und deshalb gibt es in Deutschland Massendemonstrationen gegen Nazis und die AfD und dröhnendes Schweigen und Kichern, wenn Juden durch Muslime abgeschlachtet werden und Muslime in Deutschland das dann feiern und zum Widerstand oder zu „Free Free Palestine“ aufrufen, was einem Genozid gleichkäme.

Wer gegen die AfD demonstriert, fühlt sich gut.

Wer zum Judenmord der Muslime schweigt, fühlt sich offenbar auch gut.

Die Palästinenser wollten Juden auf seit der Shoah nicht gekannte Art und Weise demütigen und ermorden, damit der Staat Israel so geschockt sein würde, dass er handlungsunfähig werden würde. Dabei wollten die Islamisten und antizionistischen Antisemiten auch die enorme innere Spaltung Israels seit Anfang 2023 ausnutzen, als wöchentlich Hunderttausende gegen die Pläne einer „Justizreform“ der rechtsextremen Regierung unter Benjamin Netanyahu demonstrierten. Doch exakt diese Anti-Bibi und IDF-Leute waren es, die sich zu Hunderttausenden als Reservist*innen meldeten. Nie war Israel geschlossener als seit dem 07. Oktober 2023 – und gerade die Friedensaktivist*innen im Süden Israels, im Negev und unweit des Gazastreifens, linke Zionist*innen, die sich für die Palästinenser einsetzten, wurden ermordet und entführt, ihre Häuser mit den Bewohner*innen niedergebrannt.

Die Hamas will ein Land vom Mittelmeer bis zum Jordan – und Israel zerstören. Doch jene, die jetzt gegen die AfD demonstrieren ignorieren das oder sie haben die gleichen antisemitischen Ressentiments.

Der Publizist Volker Weiß brachte es vor einigen Wochen so auf den Punkt:

Die liberale Mitte verharrt in ihrem Bedürfnis nach Äquidistanz – und die meisten Bürgerinnen und Bürger wollen am Sonntagnachmittag lieber einen letzten Kaffee in der Herbstsonne trinken, als auf die Demo für die Opfer der Hamas zu gehen.

Der Kampf gegen Antisemitismus jedoch ist sehr vielfältig, er ist zum Beispiel ein Kampf gegen die AfD und die Nazis auf der einen und ein Kampf gegen muslimischen Antisemitismus, gegen palästinensischen und jeden sonstigen Antizionismus auf der anderen Seite.

Wer schließlich die rassistischen Fantasien von heutigen Nazis und der Abschiebung (!) von Menschen mit der Wannsee-Konferenz, der Deportation und Vergasung/Vernichtung in Beziehung setzt, verharmlost die Shoah.

Wer den Unterschied zwischen Abschiebung und Deportation nicht kennt, sollte mit der Analyse des Nationalsozialismus und der Shoah nochmal ganz von vorne anfangen. Das betrifft auch die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD):

Bundesinnenministerin Nancy Faeser fühlt sich durch das kürzlich bekannt gewordene Treffen von Rechtsradikalen in Potsdam an die Wannseekonferenz der Nationalsozialisten erinnert. „Das weckt unwillkürlich Erinnerungen an die furchtbare Wannseekonferenz“, sagte die SPD-Politikerin der Funke Mediengruppe. Sie wolle beides nicht miteinander gleichsetzen. „Aber was hinter harmlos klingenden Begriffen wie „Remigration“ versteckt wird, ist die Vorstellung, Menschen wegen ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer politischen Haltung massenhaft zu vertreiben und zu deportieren.“

Hingegen analysiert der Journalist Peter Nowak:

Politisch noch absurder ist der Vergleich mit der Wannseekonferenz, auf der der Massenmord an den Juden besprochen wurde. Selbst eigentlich progressive Jurist*innenverbände schlagen in diese falsche Kerbe, in dem sie von Wannsee 2.o reden. Das ist aber ein bedeutender Rückschritt in einer linken Debatte, die sich auch etwas genauer mit der Shoah und dem mörderischen deutschen Antisemitismsu befasst hat. Die Vernichtung der Juden war ein deutsches Mordprojekt und ist in keinen Fall mit Diskussionen über Deportationen von Geflüchteten zu vergleichen. Mir ist nicht bekannt, dass jemand behauptet hat, beim Treffen in Potsdam wäre die Vernichtung von Geflüchteten besprochen worden. Die Remigrationskonzepte sind zu bekämpfen, egal, ob sie von SPD, Union oder Rechtsaußen forciert werden. Sie sind aber nicht die Vorstufe der Shoah. Hier werden einfach alle Erkenntnisse der jahrelangen Diskussion über Antisemitismus negiert.

Es gab gestern sicherlich auch seriöse Demonstrant*innen, die nicht anti-israelisch sind und die auch auf Kundgebungen für Israel und gegen die Hamas teilnahmen. Die übergroße Mehrheit aber, die gestern und die letzten Tage gegen die AfD und den Rechtsextremismus auf die Straße ging, die war empirisch verifiziert nicht auf der Straße als es um die Solidarität mit Israel und den Juden ging. Und das sagt uns alles.

Das ist ein Zeichen der politischen Kultur in diesem Land, es indiziert, was als schockierend empfunden wird und wogegen Hunderttausende demonstrieren – Treffen von Neonazis und der AfD – und was nicht als schockierend empfunden wird und wogegen nur ganz wenige in Deutschland demonstrieren – Vergewaltigungen von jüdischen Frauen und das Abschlachten von 1200 Juden am 07. Oktober 2023 im Süden Israels und das Entführen von 240 jüdischen Geiseln durch Palästinenser und die Hamas, von denen noch heute 130 festgehalten und gequält werden.

 

War der Elektrotechniker, Sozialist und UN-Generalsekretär Antonio Guterres schon immer ein Antisemit?

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Der portugiesische UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte gestern, dass das größte Massaker an Juden seit Babi Yar und dem Holocaust durch muslimische Terroristen der Hamas „nicht in einem Vakuum“ passiert sei. Es habe also eine Vorgeschichte („56 Jahre Besatzung“) oder sei irgendwie „eingebettet“. Nicht etwa eingebettet in die lange Geschichte des muslimischen Antisemitismus, der Muslimbruderschaft, der islamo-faschistischen Mullah-Herrschaft im Iran, nein: die Vorgeschichte sei die Politik Israels!

Als ob die islamistische Ideologie und der Wille, Juden zu töten, nicht auch dann Kern der Hamas und des Jihad wäre, wenn es einen Staat Palästina geben würde. Das zeigt ja die antisemitische Hetze des Iran, der überhaupt nicht besetzt ist, aber die gleiche antisemitische Ideologie vertritt wie die Hamas und die Hamas mit Waffen, Geld und Diplomatie unterstützt.

Das was Guteres, dessen Gelalle, er würde die Verbrechen der Hamas schlimm finden, keiner ernst nehmen kann, der lesen und hören kann, ist eine klassische antisemitische Täter-Opfer Umkehr. Es verwundert nicht, aber macht es nicht weniger ekelhaft, dass dies aus dem Mund des UN-Generalsekretärs kommt.

All die Entschuldigungen und das leichte Zurückrudern, das dieser extrem abstoßende UN-Funktionär nun veranstalten wird, all das Betonen, wie schlecht er geschlafen haben, dass er schon so viele Horrorfilme gesehen haben, da habe ihn das Köpfen von jüdischen Babies, das Vergewaltigen von Frauen, die danach lebendig verbrannt wurden, das In-Eine-Grube-werfen von jungen Musikfans und sie dann mit Gewehren zu massakrieren – der Babi Yar Moment Israels -, das In-den-Kopf-Schießen von alten Frauen einfach nicht geschockt. Er ist einfach abgebrüht oder aber, viel wahrscheinlicher, ein ganz normaler Antisemit, der Schadenfreude empfand und mit der Hamas klammheimlich oder auch weniger heimlich sympathisiert.

Denn sonst hätte Guterres in seiner abstoßenden Rede nicht sofort von den bösen Israelis geredet, die also selbst Schuld hätten an dem Massaker. Wir kennen diese Art Täter-Opfer Umkehr von den Nazis und den Altnazis und Neonazis, aber auch arrivierten Schriftstellern, die immer, wenn es um die Shoah und die deutsche Schuld ging, von „Versailles“ faselten (Martin Walser).

Leider ist Guterres noch bis 2026 UN-Generalsekretär. Er spricht aber nur aus, was Milliarden Menschen, vor allem im Süden (Portugal zählt wie Spanien oder Irland in dieser Frage zum Globalen Süden) denken: Judenhass ist berechtigt, weil er gar kein Hass sei, sondern nur eine Reaktion auf das Verhalten der Juden. Da lachen Hitler und die Einsatzgruppen, denn damit kann man noch rückblickend auch den Holocaust rechtfertigen.

So viel Antisemitismus gab es schon lange nicht mehr, auf den Straßen Berlins, wo fanatische Muslime am Brandenburger Tor beten und damit ihren Dank für das Abschlachten der Juden durch die Hamas zum Ausdruck bringen wollen, auf Demonstrationen wo „Free Palestine“ geschrien wird und die Zerstörung Israels und das Vernichten der israelischen Juden gemeint ist, oder im Schweigen nahezu der gesamten kulturellen Elite angesichts der Verbrechen der Islamisten und Muslime vom 07. Oktober 2023.

Der israelische Politiker und das Mitglied im Kriegskabinett Benny Ganz nennt Guterres treffend einen „Terror-Apologeten“.

Wer sich seriös und kritisch mit den Vereinten Nationen befassen möchte, der oder dem sei die NGO UN Watch nachdrücklich empfohlen.

So alte Männer wie Guterres (Jg. 1949) jedoch haben in der Politik ohnehin überhaupt nichts zu suchen (wie auch Trump oder Biden dort nichts zu suchen haben), er ist ein Rentner und sollte zurücktreten und einfach mal seine Fresse halten. Andererseits muss man zugestehen, dass er ein ehrliches Sprachrohr ist für die Milliarden von Antisemiten wie auch jene deutschen Fans (wie Sahra Wagenknecht und ihre Baggage) von „Waffenstillstand“ oder „Zweistaatenlösung“, die damit doch irgendwie sagen wollen:

Hey Hamas, gut gemacht, das hätten nicht mal wir uns getraut – und für Eure Aktion am 07. Oktober 2023 kriegt ihr jetzt endlich euren eigenen Staat. Den habt ihr euch redlich verdient!

Ich halte es lieber mit dem Caracal Batallion der IDF: dieses weibliche Bataillon hat ca. 100 Terroristen der Hamas unschädlich gemacht, bravo!

Der Antisemitismus der Vereinten Nationen (UN), von TikTok, Fußballern und anderen angesichts des schrecklichsten Massakers an Juden seit Auschwitz

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Am 09. Oktober 2023 zeigte sich das wahre deutsche diplomatische Gesicht angesichts des schlimmsten Massakers an jüdischen Kindern, Babies, Frauen, Alten und Männern seit dem Ende des Holocaust. Der pakistanische Vertreter Zahman Mehdi beim UN-Menschenrechtsausschuss forderte eine Schweigeminute für den

„loss of innocent lives in the occupied Palestinian territory and elsewhere.“

Das sagte er als Vertreter der Organisation der Islamischen Konferenz, einem Zusammenschluss von 57 islamischen Staaten. Der Antisemitismus, der aus der Ansprache dieses pakistanischen Vertreters spricht, ist schockierend. Er ist schockierend in seiner blutigen Mischung aus Antizionismus und Erinnerungsabwehr an ein antisemitisches Massaker, das zwei Tage zuvor von Muslimen verübt worden war. In seiner vor Antisemitismus triefenden Ansprache sprach Mehdi von den

„more than seven decades of foreign occupation“,

womit er die gesamte Existenz Israels in Frage stellt, da nur Antisemiten von über 70 Jahren „Besatzung“ daherreden. Es gibt eine Besatzung des Westjordanlandes – doch die dauert seit 1967.

Die Eiseskälte eine solche Schweigeminute einzufordern mag für Vertreter islamischer Länder selbstverständlich und typisch sein. Doch an dieser Schweigeminute nahm auch die Vertreterin Deutschlands beim UN-Menschenrechtsausschuss teil, wie man in einem Video sehen kann. Die Eiseskälte mit der diese Frau da steht und gleichzeitig liegen über 1300 tote jüdische Körper auf dem Feld, in Häusern, in Leichensäcken – das macht sprachlos.

Das ist das wahre Gesicht der Annalena Baerbock, die für so ein Verhalten bei den UN ja hauptverantwortlich ist, neben Kanzler Scholz und der gesamten Bundesregierung unter SPD/Grünen/FDP. Alle Worte der Solidarität sind an Heuchelei nicht zu überbieten, wenn man sieht, wie ganz normale Deutsche vor der Aggression ganz normaler Muslime wie jener von diesem Pakistani kuschen.

Israel ist das einzige Land der Erde, das seit Anbeginn von Vernichtung bedroht ist. Israel ist der einzige Ort, wo Juden als Juden leben können, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.

Die unglaubliche Gewalt und Aggressivität, die von Hunderten Millionen Muslimen weltweit gegen Juden und den jüdischen Staat ausgeht, ist die größte Gefahr für Juden seit dem Ende der Shoah. Und diese Gefahr gibt es seit 1948 und der Gründung des Staates Israel.

Die Vereinten Nationen sind nichts anderes als eine Ansammlung antisemitischer Staaten und Aggressoren. Dass auch Demokratien wie die USA in den UN sind und eine Schweigeminute für die jüdischen Opfer der Hamas einforderten, kann an dieser unfassbaren Übermacht des Globalen Südens und seines Antisemitismus, der sich dann auch im Westen auf den Straßen und Internetforen austobt, nichts ändern.

Und schließlich kommt dazu das ohrenbetäubend laute Schweigen der kulturellen Klasse in Deutschland, der nichts zu dem größten Massaker an Juden seit Auschwitz einfällt. Die meisten werden es insgeheim nachvollziehbar finden, ein paar wenige sind vielleicht persönlich sogar etwas betroffen, aber aus Sorge, antisemitische Bündnispartner*innen im kulturellen Milieu zu verlieren, schweigen auch sie, so ein Kommentar in der taz:

Angesichts dessen wirken Relativierungen, abstrakte Distanznahme und oftmals bemühte Beide-Seiten-Argumentationen toxisch. Vollends enthemmt zeigen sich Accounts wie @radikalbehindert, hinter dem eine österreichische Ak­ti­vis­t:in steht, bestens vernetzt in Kulturkreisen. Ihr Post, abgerufen am 9. Oktober, nur zwei Tage nach dem Beginn des Islamistenterrors, zeigt die Illustration eines Gleitschirmfliegers, auf dessen Fallschirm eine palästinensische Flagge prangt – eine Anspielung auf Hamas-Kräfte, die sich mutmaßlich per Luftweg über die gesicherten Grenzanlagen hinwegsetzten. Unter dem Bild in englischer Sprache folgender Satz: „So sieht Dekolonisierung aus. Das ist es, was eine Revolution braucht. So sieht Landverteidigung aus.“

Weiter heißt es in der taz treffend:

Dessen sollten sich eigentlich auch die Funktionäre großer Kultureinrichtungen und -institutionen bewusst sein, die 2020 im Rahmen der Initiative GG5.3 Weltoffenheit einen pathosreichen Bühnenauftritt hinlegten, der ihr allzu hilfloses Ringen mit der Israel-Boykottbewegung BDS samt dazugehörigem Bundestagsbeschluss offenbarte.

Diesen Ver­tre­te­r:in­nen sollte man für ihr aktuell mehrheitliches Stillhalten gar nicht mal eine niedere Motivlage unterstellen. Es genügt der schlichte Verweis darauf, was im Kreise von Festivalleitungen, Ku­ra­to­r:in­nen und Pro­gramme­r:in­nen gern hinter vorgehaltener Hand artikuliert wird, was dem/der Journalistin beim Bier an der Theaterbar bedeutsam zugeraunt wird, im Hintergrundgespräch oder „off the record“, wie es so schön heißt. Namentlich zitieren lassen würde sich keine:r. Israelsolidarische Positionierungen, heißt es oft, seien schlichtweg nicht möglich, da sonst der Kreis aus Mitstreiter:innen, Friends und Allies abtrünnig werde und man sich im schlimmsten Fall Boykotte einhandle, zuvorderst von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Globalen Süden.

Otto, Leo  oder Luisa Normalvergaser kriegen davon in ihrem Alltag nichts mit. Die Mainstreammedien berichten kaum darüber, zum Skandal wird so ein Verhalten einer Vertreterin Deutschlands im UN-Menschenrechtsausschuss schon gleich gar nicht.

Die ganze Täter-Opfer Umkehr, wie wir sie auch von Deutschen kennen, die nach den Luftangriffen auf Dresden oder Stuttgart, Hamburg, Köln, Heilbronn jammerten und sich bis heute als Opfer fühlen, zeigte sich in jedem Statement der Hamas oder aber auch bei den Vereinten Nationen, als deren oberster Vertreter im UN-Menschenrechtsausschuss Craig Mokhiber am 10. Oktober 2023 auf X (Twitter) schrieb:

“The unbroken wall of propaganda, bias, racism, disinformation, incitement & blood-thirst in western corporate #media covering #Palestine & Israel is disgraceful, but not surprising. But that wall is as futile as the #apartheid wall & both will eventually crumble. #HumanRights”.

Vergewaltige Frauen, gefolterte Männer und Frauen, bei lebendigem Leib verbrannte Kinder, wie sie am 07. Oktober 2023 von den palästinensischen Schlächtern im Süden Israels zugerichtet wurden, führen bei den Vereinten Nationen zu Schulterzucken. Ja an führender Stelle der UN führen diese präzedenzlosen Taten gegen Juden seit 1945 zu einem Aufruf gegen Gewalt an und für sich und vor allem gegen die lebensnotwendige Schutzmauer, die Israel gegenüber den Palästinensern errichtet, insbesondere im Westjordanland. Die UN dämonisiert Israel und kritisiert die Hamas und die Palästinenser mit keinem Wort. Diese Eiseskälte zeigt das Einverständnis mit dem Judenmord. Israel wird vom Opfer muslimischer und palästinensischer Gewalt zum Täter („Apartheid“).

Es ist eine typische Täter-Opfer-Umkehr, wie wir das aus der sozialpsychologischen und ideologiekritischen Analyse der Kritischen Theorie und des sekundären Antisemitismus kennen. Nur handelt es sich hierbei um eine bluttriefende Mischung aus Antizionismus und Verleugnung der kurz zuvor begangenen antisemitischen Taten. Eine Derealisierung, die zu den UN passt, die ja seit Jahrzehnten für ihren Israelhass berüchtigt sind, was zumal bei den Ländern des Globalen Südens nicht verwundert. Was aber schockieren sollte, ist das Mittun Deutschlands und des Westens hierbei – Ausnahme: die USA, Amerika!

Die Eiseskälte mit der hier bei den Vereinten Nationen gehetzt wird, erinnert wirklich nur an das Verhalten der Einsatzgruppen des Nationalsozialismus im Zweiten Weltkrieg, die nach 1945 gegenüber den Allierten und im Alltag in der BRD, in jeder Kneipe, jeder Wirtschaft, jedem Betrieb, jeder Weihnachtsfeier der Kegelfreunde in Bochum, Stuttgart-Zuffenhausen oder Berlin-Wilmersdorf alle ihre Verbrechen oder die ihres Nachbarn entwirklichten oder feierten. Sie zeigt sich hier 2023 auf einer globalen Ebene, nicht nur bei Muslimen oder Islamisten.

An der Elite-Universität Harvard haben Dutzende Vereinigungen von Student*innen ihrem Antisemitismus Ausdruck gegeben, indem sie nach den Vergewaltigungen, Verstümmelungen und Morden an Jüdinnen und Juden durch die Palästinenser Israel die Schuld geben am ganzen Konflikt. Auch diese Unterstützung von Terror aus der Feder von reichen jungen Leuten, deren Elten stolz sind auf ihre Harvard-Kids ist extrem gefährlich. Solche kleinen Antisemiten werden später mit Harvard-Abschluss ganz große Antisemiten bei den UN oder in der NGO-Welt etc. pp. Viele dieser Student*innengruppen sind muslimisch, aber nicht alle.

Die UN-Expertin Anne Bayefsky hat diese Rechtfertigung des Massakers der Hamas und anderer Palästinenser vom 07. Oktober 2023 in Israel detailliert rekonstruiert. Wer das liest, weiß, wie diese Welt strukturiert ist und dass die Vereinten Nationen eine der größten diplomatischen und politischen Vereinigungen von Antisemiten weltweit ist.

Mehr noch: Fast alle, die sich kritisch mit der irrationalen, wissenschafts- und demokratiefeindlichen Coronapolitik befassten, schweigen jetzt oder haben klammheimliche Schadenfreude ob des Judenmords der Palästinenser. Antizionismus ist in dieser Szene, von Ausnahmen abgesehen, sehr weit verbreitet.

Aber warum sollten das was Anne Bayefsky von den UN berichtet, ganz normale linke, mainstreamige oder rechte oder gar (so sie lesen können) migrantische Deutsche lesen? Warum nicht lieber den kommenden Herbst genießen, wieder nach Coronatests schreien (wie es die interventionistische Linke Heidelberg auf Veranstaltungsankündigungen macht)

Foto: privat

oder dem Klimawandel-Katastrophen-Sommer nachweinen, sich um die Kinder oder die Arbeit kümmern und einfach weitermachen wie bisher?

Immerhin hat das mit dem Weitermachen nach dem Holocaust sich für die Deutschen doch auch unglaublich ausgezahlt – warum sollte es sich für die Palästinenser und ihre Heerschar von Freundinnen und Freunden in Tübingen und jeder anderen (Universitäts-)Stadt mit „Palästina-Komitees“ und ähnlichen Gruppen am Ende des Tages und gerade nach dem 07. Oktober 2023 nicht auch auszahlen?

Millionen von Israelis haben die letzten Monate gegen die rechtsextreme Regierung unter Netanyahu demonstriert – sie waren die ersten, die sich als Reservist*innen zur Armee meldeten. Es war und ist ein zionistischer Protest gegen Netanyahu, der nun ganz sicher damit in die Geschichtsbücher eingehen wird, dass er das schlimmste Massaker an Juden nicht hat verhindern können, wie ein Kommentar in der Jerusalem Post unterstreicht. Darin wird analysiert, dass Netanyahu sich zwar selbst immer gern als der heutige Churchill präsentierte, aber jetzt als Appeaser-Chamberlain enden wird. Netanyahu hat entgegen Churchill, der die Gefahr der Deutschen und Nazis klarer sah als Chamberlain, die aktuelle extreme Gefahr durch die Hamas nicht gesehen, weil er so extrem mit seiner Justizreform (Zerstörung der Gewaltenteilung) beschäftigt war. Aber jetzt geht es darum, diesen Krieg zu gewinnen:

While the public is now focused on winning this war, destroying Hamas, and regaining Israel’s deterrence, there will be a day after the war. And on that day after, all the pain, frustration, and anger being felt right now will be released, reshaping the political terrain.

Exactly how it will happen is unclear, but it will happen.

Yet, as Gantz said on Wednesday night, that is all for another day. Today, the focus is on defeating Hamas and winning this war.

Es gibt Tausende von israelischen ReservistInnen, auch im Alter von 50+ und 60+, die jetzt in den Krieg ziehen, man muss sich das mal vorstellen. Diese Leute sind unendlich motiviert, diese Bestien zu erledigen, die jüdische Zivilist*innen abschlachteten, wie wir es seit dem Holocaust nicht gesehen haben.

Es gibt jetzt unglaubliche antisemitische Schmiererein mit Davidsternen an Häusern in Berlin, in denen Juden leben. Auch das erinnert an die Nazi-Zeit. Dazu gibt es vulgären Antisemitismus auf TikTok für die Jüngeren und nicht mehr ganz so jungen antisemitischen Aktivist*innen. Der Fußballer Noussair Mazraoui von Bayern München ist offenbar ein Antisemit, wie der Tagesspiegel berichtet:

Der marokkanische Fußball-Nationalspieler in Diensten der Münchner hat in den sozialen Netzwerken ein Video verbreitet, in dem den Palästinensern im Konflikt mit Israel ein Sieg gewünscht wird.

Das sagt auch viel aus über Holocausterinnerung bzw. Nichterinnerung in arabischen Ländern wie Marokko und natürlich im Milieu Fußballer generell.

Der Ersatztorwart des FC Bayern jedoch ist Jude und Israeli – er ist schockiert ob des Massakers, doch sein eigener Mitspieler in München ist ein Hamas-Sympathisant – und der Verein schweigt, dabei hat so ein Mann wie Noussair Mazraoui in Deutschland nichts zu suchen:

Münchens Ersatztorwart Daniel Peretz ist Israeli und verbreitete am Sonntagmorgen eine emotionale Botschaft bei Instagram, in der er Sportler aufforderte, sich gegen Terrorismus auszusprechen.

Die FAZ schreibt:

Für ihre Forderung, Hamas-Unterstützer nach Möglichkeit auszuweisen, erhielt Faeser Zustimmung des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil. „Wenn jemand, der auf deutschen Straßen die Hamas feiert, nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hat, dann sollte er aus Deutschland ausgewiesen werden“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Man werde alle Maßnahmen ausschöpfen, die der Rechtsstaat bietet.

Wenn jemand in den a-sozialen Medien die Hamas feiert, hat er auch nichts in diesem Land zu suchen. Doch welcher ARD-Sportschau-Moderator (m/w/d) wird sich trauen, den Antisemitismus von Typen wie Mazraoui anzusprechen? Wie unerträglich muss es für Daniel Peretz sein, mit solchen Hetzern, die es gut finden, dass andere Juden und Israeli abgeschlachtet wurden und den Palästinensern den „Sieg“ wünschen, im gleichen Verein zu sein und ihn täglich beim Training zu sehen? Rausgeschmissen gehört der Marokkaner aus dem Verein!

Das typische muslimisch-antisemitisch-palästinensische Berliner Pack – es ist ein Pack! -, das Judenmord und Antisemitismus verteidigt und einfordert, konnte am 15. Oktober 2023 nicht von der Polizei daran gehindert werden, mit über 1200 antisemitischen Hetzern auf dem Potsdamer Platz in Berlin-Mitte aufzumarschieren. Die Polizeibehörde und der Berliner Senat haben in unfassbarer Naivität eine angebliche „Mahnwache“ für zivile Opfer in Nahost genehmigt, mit 50 angemeldeten Leuten. Dass Antisemiten und Terrorunterstützer sich daran nicht halten würden, war doch völlig klar – wer sich in Berlin auskennt, weiß das. Nicht weit vom Potsdamer Platz wohnen solche Antisemiten in Kreuzberg und dann in Neukölln, ja in Berlin-Mitte selbst. Wird die Polizei es schaffen, die Personalien von allen Beteiligten aufzunehmen und diese Meute an Antisemiten festzusetzen und jeden einzelnen wegen Terrorunterstützung anzuzeigen? Natürlich nicht. Die feixenden Judenhasser, Muslime und Palästinenser und ihre Freund*innen haben Berlin mal wieder zum Aufmarschgebiet für antisemitische Terrorfans gemacht.

Es gibt keinerlei Großdemonstrationen für Israel und gegen den Antisemitismus der Palästinenser, von einzelnen Demos in Berlin oder Frankfurt, Koblenz und kleinen Gegenkundgebungen in anderen Städten abgesehen. Aber wo sind die Hunderttausende, die nach 9/11 wenigstens so taten, als seien sie schockiert? Am 11. September ermordeten Jihadisten 3000 Menschen im World Trade Center, im Pentagon und in den vier entführten Flugzeugen. Die USA haben 310 Mio. Einwohner*innen. Am 07. Oktober 2023 massakrierten Palästinenser über 1300 Jüdinnen und Juden in Israel. Israel hat gut 9 Millionen Einwohner*innen.

Während in Heilbronn, Ludwigshafen oder Mainz Israelfahnen vor den Rathäusern herunterissen oder angezündet wurden, hängst sie bislang offenbar ohne Beschädigung noch am Rathaus in Heidelberg:

Foto: privat, 14.10.2023

 

Am Israel chai!

Muslimische Faschisten aus Gaza starten Krieg gegen Israel und die Juden

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Seit heute Morgen 6:30 Uhr Ortszeit tobt ein Krieg zwischen den muslimischen Faschisten und Terroristen der Hamas und Israel. Die Hamas und unzählige Terroristen wie Mitglieder des Islamischen Jihad haben den Süden Israels angegriffen, mit einem Bulldozer den Grenzzaun niedergerissen und Pogrome in Kibbutzim, Städten und Dörfern durchgeführt. Dazu wurden Hunderte oder Tausende Raketen von Gaza nach Israel abgefeuert, es gibt über 40 Tote Israelis, über 700 Verletzte, beschädigte Wohnhäuser, Straßen, Autos etc. pp.

Dazu wurden offenbar laut Medienberichten Dutzende Israelis, Zivilistinnen und Zivilisten wie auch Soldaten, von der islam-faschistischen Hamas und dem Islamischen Jihad in den Gazastreifen entführt. Es gibt Berichte, dass eine 60jährige Frau zur „Schau“ in Gaza-Stadt als Entführte herumgefahren wurde und die primitiven Islam-Nazis (Palästinenser) bejubeln die Pogrome und Morde an Juden, wie wir das in diesem Ausmaß seit dem Ende des Nationalsozialismus nirgendwo auf der Welt je erlebt haben.

Wir kennen das Lynchen von zwei Juden, israelischen Soldaten, durch islamistische und palästinensische Terroristen aus der Zeit der zweiten Intifada (2000 bis 2006), auch das waren unfassbare Bilder, die wir damals sehen mussten. Aber es waren nicht Dutzende Ermordete und es fand nicht auf dem Staatsgebiet Israels statt, sondern im Oktober 2000 in Ramallah in der Westbank.

Offizielle aus Sderot berichten heute von Bildern, die man sich nicht vorstellen kann – auf dem Staatsgebiet des jüdischen Staates Israel, massakrierte Juden, die von muslimischen Nazis bestialisch ermordert wurden.

Viele Juden haben sich in ihren „safe rooms“, bunkerähnlichen Räumen in ihren Häusern und Gemeinden, verstecken müssen, viele bis jetzt (15 Uhr Ortszeit).

Die Hamas rationalisiert ihren Judenhass mit der Situation auf dem Tempelberg und der Al-Aksa Moschee. Sie sieht das antijüdische Pogrom – vermutlich das schlimmste antijüdische Pogrom weltweit seit dem Ende des Holocaust – als Vorbote der „Rückkehr“ der Palästinenser. Dieses „Rückkehrrecht“ ist bekanntlich die zentrale Forderung der antisemitischen BDS-Bewegung, die auch in Deutschland viele FörderInnen hat, bis hin zu ForscherInnen in Jüdischen Studien, Historikerinnen von Antisemitismusforschungszentren und so weiter und so fort.

Das heutige Progrom und der heute gestartete Krieg der Muslim-Nazis der Hamas gegen Israel ist auch Resultat eines so nicht im Ansatz befürchteten Staatsversagens Israels und von Benjamin Netanyahu persönlich. Die internen israelischen Konflikte um die Justizreform, die die Abschaffung der Gewaltenteilung zur Folge hätte, seit Januar 2023 haben das Land auf eine Weise gelähmt wie nie seit 1948. Die rechtsextreme Regierung unter Netanyahu hat dabei von Anfang an die Schwächung des Militärs, der IDF, und der Geheimdienste achselzuckend zur Kenntnis genommen.

Der Iran begrüßt die antijüdischen Pogrome und Morde an Israelis.

Es gilt:

– Solidarität mit Israel.

– Kampf gegen die BDS-Bewegung und das „Rückkehrrecht“ der Palästinenser, dessen blutiges Fanal heute in den schlimmsten Pogromen gegen Juden seit 1945 stattfindet.

– Verbot von pro-palästinensischen Demonstrationen, die die Pogrome feiern werden, in Deutschland, in Berlin-Neukölln/Kreuzberg, in Duisburg, in Mannheim, wo immer sie geplant werden.

– Abbruch aller diplomatischen Beziehungen zum islamistischen Terrorstaat Iran.

– Solidarität mit der anti-islamistischen Revolution im Iran.

 

Update, 16:06 Uhr:

Mittlerweile werden über 100 ermordete Israelis und über 900 Verletzte gemeldet.

Update, 16:25:

Die taz berichtet über noch nicht bestätigte Berichte, denen zufolge islamistische Terroristen (Muslim-Nazis) entführte Juden in Gaza massakrierten oder mit Motorrädern zu Tode schleiften.

Update 22:36 Uhr:

Es wird jetzt von über 250 von den Palästinensern ermordeten Israelis ausgegangen. Dutzende sind weiter verschleppt oder in Israel Geisel der muslimischen Faschisten. Hier ein sehr guter Kommentar im SPIEGEL, der sich wünscht, dass die Erschütterung über die Hamas, die man heute zumindest in Teilen Deutschlands in den Medien spürt (nicht in der Süddeutschen, klar!), in eine lang anhaltende Empathie mit Israel mündet. Und hier ein erschütterndes Tagebuch von heute des ZDF-TV Stars Andrea Kiewel.

Update 22:44 Uhr:

In Frankfurt am Main demonstrierten 200 Personen Solidarität mit Israel! Islamistisches Pack versuchte die Veranstaltung zu störne, einige Antisemiten wurden von der Polizei festgenommen.

In Berlin-Neukölln – Sonnenallee, einer der widerlichsten Straßen in ganz Deutschland! – verteilten Islamisten, Palästinenser und andere Antisemiten Süßigkeiten.

Update, 08.10.2023, 11:04 Uhr:

Es gibt bis jetzt über 350 Tote in Israel und über 1800 Verletzte. Das schlimmste Massaker an Juden weltweit seit dem Ende des Holocaust. Täter sind Muslime, islamistische Nazis der Hamas, des Islamischen Jihad und anderer Gruppen, die in Berlin von säkularen palästinensischen Terrorfans und Antisemiten in Neukölln auf der Straße gefeiert werden. Die Berliner Polizei hat diese Kriminellen nicht daran gehindert, Süigkeiten an andere verkommende Existenzen und Antisemiten zu verteilen angesichts abgeschlachteter Juden in Israel.

Update, 08.10.2023, 13:45 Uhr:

Es wird jetzt von 500 Toten Israelis ausgegangen. Es ist Israels 9/11 Moment.

Update, 08.10.2023,14:12 Uhr:

Über 600 Tote in Israel. Es sind vermutlich auch deutsche StaatsbürgerInnen entführt oder/und ermordet worden, wie z.B. eine junge Frau, deren Mutter aus Ravensburg (Baden-Württemberg) stammt, die bei der Party im Negev dabei war. Die Brutalität der Palästinener, auch von Kindern gegenüber Entführten oder Toten, ist unfassbar, Resultat der antisemitischen Indoktrination über Jahre hinweg und erinnert an die Taten der Deutschen im NS und der Shoah.

Der Elefant im Raum: Antisemitismus – Aiwanger, Mahmoud Abbas und antiisraelische Historiker*innen

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Antisemitismus ist der „längste Hass“, wie es der bedeutendste Antisemitismusforscher unserer Zeit Professor Robert S. Wistrich (1945-2015) schon vor über 30 Jahren in Worte gefasst hatte. Antisemitismus ist der längste, flexibelste und am weitesten verbreitete Hass – auch 78 Jahre nachdem Auschwitz von der Roten Armee der Sowjetunion befreit wurde. Drei aktuelle Beispiele zeigen, wie sich Antisemitismus heute zeigt, wahlweise als Erinnerungsabwehr an den Holocaust oder als Delegitimierung des Zionismus und von Israel.

1) Hubert Aiwanger und die Freien Wähler in Bayern

Im Schuljahr 1987/88 wurde im Schulranzen des Schülers Hubert Aiwanger ein antisemitisches und den Holocaust feierndes Flugblatt gefunden. Die Schulleitung wusste offenbar sehr wohl, wer das Flugblatt geschrieben hatte. Hubert Aiwanger musste als Strafe ein Referat über die NS-Zeit halten. Also ist jedem klar, wer dieses an Antisemitismus und Holocaust-Bejahung nicht zu überbietende Hetz-Flugblatt mit seiner Schreibmaschine geschrieben hatte. 2008 ließ Aiwanger durch eine Parteikollegin bei einem seiner damaligen Lehrer anfragen, ob Gefahr von ihm drohe. Also, dass bekannt würde, was für ein Antisemit oder Neonazi Aiwanger offenbar als Schüler war. 2008 schickte sich der Bierzelt-Einheizer Aiwanger an, mit der Partei Freie Wähler in den bayerischen Landtag einzuziehen. Mittlerweile ist er stellvertretender Ministerpräsident. Schon damals hätte Aiwanger ja einen Text schreiben und sich mit seiner antisemitischen Vergangenheit als Verbreiter oder/und Autor und diesem Flugblatt beschäftigen können. Doch jener Lehrer sagte offenbar, dass keine Gefahr von ihm drohe und so blieb in Bayern unter informierten Kreisen weiterhin nur das Gerücht, dass es dieses Flugblatt gab und dass es aus dem Hause Aiwanger stammt. Warum hat Aiwanger denn 2008 nachgehakt, wenn er doch gar nichts mit diesen antisemitischen Flugblatt zu tun hatte, wie er heute sagt? Wenn er es nur gefunden hätte im Klo, warum dann Panik, dass das bekannt würde? Panik kriegt einer, der als Neonazi so etwas Unfassbares schrieb.

Viele rechten Medien nahmen Aiwanger sofort in Schutz und faselten was vom „Versuch einer politischen Vernichtung“, so zum Beispiel exemplarisch der Cicero. Das Nomen „Vernichtung“ und das Verb „vernichten“ kam dann umgehend auch von Aiwanger als Vorwurf an seine Kritiker*innen in Anschlag, nicht wegen der Feier der Vernichtung der Juden in Auschwitz, wie sie das Flugblatt in jenem bayerischen Gymnasium 1987/88 kennzeichnete. Aiwanger solle politisch „vernichtet“ werden tönen die extremen Rechten jeglicher Couleur. Wie rechtsextrem war das Elternhaus von Aiwanger? Oder hat es sich von ihm distanziert? Gibt es da keine Zeitzeugen mehr? Das Flugblatt hat eine so tief gehende antisemitische Struktur, ist so tief durchdrungen von der Bejahung der Ermordung von sechs Millionen Juden in der Shoah, so etwas schreibt einer nicht einfach so an einem Nachmittag. Da gehört eine extreme Portion von antisemitischem Hass, von neonazistischem Denken und Handeln dazu. Das Flugblatt ist an Perfidie unerträglich. Doch so ein Bubi wie der junge Aiwanger lebte ja nicht im Vakuum, er hatte ein Umfeld und das wiederum war eingebettet in das Bayern des extrem rechten Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß, auf den die extrem rechten Bayern so stolz sind, dass sie einen Flughafen nach ihm benannt haben.

Die Art und Weise, wie sich nicht nur das dumpfe, Bier saufende bayerische Volk grölend hinter Aiwanger stellt, sondern auch wie die Partei Freie Wähler Bayern sich wie eine Volksgemeinschaft hinter ihrem Führer versammelt, zeigt, zu was dieses Land wieder fähig ist.

Richtig böse sollen jene sein, die den armen Hubert in einer „Kampagne“ „vernichten“ wollten. Und Söder hat gar kein Problem mit dem hier völlig offen zu Tage tretenden Antisemitismus, dem sekundären Antisemitismus der Erinnerungsabwehr. Wer auch nur einen der Auftritte oder Ausschnitte davon von Aiwanger sah, weiß, dass es diesem Mann überhaupt gar nicht leid tut, dass er dieses Pro-Holocaust Flugblatt in seinem Ranzen hatte und dass er auch ganz genau weiß, wer es geschrieben hat und sich schief lacht, dass es niemand zustande bringt, zu beweisen, dass er der Autor war. Martin Walser ist tot, jetzt kommen die Aiwangers – so könnte man die katastrophale Situation für die Erinnerung an den Nationalsozialismus und den Holocaust beschreiben.

2) Mahmoud Abbas und die Leugnung des Antisemitismus

Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmoud Abbas leugnet in einer Rede, die er am 24. August 23 vor dem dem 11. „Revolutionären Konziel“ der Palästinensischen Befreiungsorgansation PLO hielt, dass der Antisemitismus der Deutschen zum Holocaust führte. Für ihn war es eine mehr oder weniger verständliche Reaktion auf die Rolle, die Juden als „Geldverleiher“ gehabt hätten. Die Times of Israel berichtet über diese antisemitische Rede, die vom Middle East Media Reseach Institute (MEMRI) aus dem Arabischen ins Englische übersetzt wurde. Der Antisemit Abbas fabulierte auch davon, dass die aschkenischen Juden keine Abkömmlinge der alten Israeliten seien, also gar nichts mit Israel zu tun hätten.

3) Holocaust-Historiker*innen, denen es egal ist, ob Juden in Todesgefahr leben und Israel zerstört wird

Vor dem Hintergrund dieses palästinensischen Antisemitismus ist eine Erklärung vom Sommer 2023 von mittlerweile über 2000 Akademiker*innen in den Bereichen Jüdische Studien, Holocaustforschung und Geschichte zu sehen:

 

Die Unterzeichner*innen behaupten, dass die Besetzung des Westjordanlandes der Elefant im Raum sei, den niemand in Israel und international unter den Israelfreund*innen sehen möchte. Die aktuelle und weiter geplante Justizzerstörungs-Gesetzungebung unter Benjamin Netanyahu – die ja in Israel massiv und so stark wie kein anderes Gesetzgebungsverfahren in der Geschichte des jüdischen Staates kritisiert wird, mit wöchentlich Hunderttausenden Demonstrant*innen seit Januar 2023 – ist nur der Anlass für bereits bekannte antizionistische Aktivist*innen zusammen mit bislang noch zu schüchternen, aber ebenso antizionistischen Wissenschaftler*innen jetzt aktiv zu werden. Das Schweigen zu palästinensischem Terror und Antisemitismus ist typisch für das Dokument.

Skandalös und wirklich gefährlich ist aber vor allem folgender Satz:

Without equal rights for all, whether in one state, two states, or in some other political framework, there is always a danger of dictatorship.

Ohne „gleiche Rechte für alle, ob in einer Einstaatenlösung oder Zweistaatenlösung oder irgendeinem anderen politischen Rahmen, wird es immer die Gefahr einer Diktatur geben“. Es geht um das flapsige Kokettieren mit der Zerstörung Israels, denn das wäre die Einstaatenlösung. Schon jetzt hat Israel mit 20 Prozent Arabern eine riesige Minderheit im Land, wovon übrigens die meisten ein Leben in Israel jeder Sekunde, die sie unter Abbas oder der Hamas leben müssten, vorziehen. Doch diese Historiker*innen und Forscher*innen in jüdischen Studien spielen mit der antisemitischen Fantasie, dass es doch egal sei, ob Juden in einem jüdischen oder binationalen Staat leben. Sprich: ob Millionen Palästinenser in das Land kämen, ist ihnen egal. Das wären insgesamt ca. 4,5 Millionen Palästinenser – 2 Mio aus dem Gazastreifen und 2,5 Mio aus der Westbank -, die zu den ca. 2 Mio Arabern in Israel noch hinzukämen. Etwas mehr als 7 Millionen Juden leben in Israel.

Es gibt viele liberale und linke, ja sogar konservative Kritiker*innen der unerträglichen Besetzung des Westjordanlandes. Viele sind sich aber auch im Klaren darüber, dass der Antisemitismus der Palästinenser ein weiteres Kernproblem ist, inklusive dem zentralen Aspekt der antisemitischen BDS-Bewegung nach dem „Rückkehrrecht“ der Palästinenser, das den jüdischen Charakter des Staates vollends zerstören würde, wie jeder weiß.

Völlig zurecht kritisiert das Pamphlet der Historiker*innen, dass aktuell in Israel homophobe, frauenfeindliche und messianische Kräfte am Ruder seien. Doch was bitteschön sind denn die Palästinenser? Weniger homophob? Weniger frauenfeindlich? Weniger religiös-fanatisch? Ernsthaft? Suicide Bombing ist immer noch eine primär islamistische Form des Terrors. Der Antisemitismus ist bei der Hamas nicht weniger ausgesprägt wie bei Abbas und der PLO oder den säkularen Antisemiten von Terrorgruppen wie der PFLP. Doch von alledem schweigen diese über 2000 Akademikerinnen und Akademiker.

Diese drei Beispiele zeigen die ungeheure Virulenz des längsten Hasses, des Antisemitismus.

 

Vanessa Vu, DIE ZEIT, die verkehrt dargestellte Nazi-Zeit und die verschleierten Früchte von „Migration“

 

Von Dr. phil. Clemens Heni, 6. Juni 2023

Ein Essay

 

Ein Text in der Wochenzeitung DIE ZEIT / ZEIT Online vom 30. Mai 2023 von Vanessa Vu zeigt, wie die selbstbewusste, faktenfreie und ideologisch aufgeladene Abwehr der Erinnerung an den Nationalsozialismus heute funktioniert. Die Autorin ist ganz glücklich, dass heute in der Bundesrepublik so dermaßen viele Migrant*innen leben. „Sie werden die Mächtigen sein“ heißt der Text und das kann man als Bedrohung auffassen.

Screenshot, https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-05/migration-gesellschaft-einwanderung-deutschland-demografischer-wandel/komplettansicht

Der Text hätte auch an beliebig vielen anderen Orten erscheinen können, er ist Ausdruck des Zeitgeistes und keine Marotte der ZEIT. Zurecht wendet sich die Autorin gegen rechte rassistische Schläger, die auch mal zur Waffe greifen und Menschen verletzten und einen rechten deutschen irgendwie Traditionsverein wie am rechten Rheinufer in Köln oder sie betont in ihrer kleinen Deutschlandtour, wie hipp es doch sei, dass jetzt in einem Schwarzwalddorf ein syrischer Flüchtling Bürgermeister wird.

Vu kommt ursprünglich aus Bayern. Dort wuchs sie auf und musste vermutlich Goethe lesen, womöglich gar den „Faust“. Aber sie jauchzt, dass das ab 2024 in bayerischen Schulen nicht mehr Pflichtprogramm sein werde:

Für Regina Riermeier-Wenninger ist das alles nichts mehr. Sie sei mal aus Liebe zur deutschen Literatur Lehrerin geworden, nicht aus Freude an Fremdsprachen- oder Grammatikunterricht. Sie mag die alten Klassiker und ihren Faust , der ab 2024 in Bayern keine Pflichtlektüre mehr ist, und der für die Kinder immer sperriger geworden ist. Einmal habe sie im Schullandheim Märchen aus aller Welt mitgebracht. ‚Die Schüler haben sie aufgesaugt und mich regelrecht angebettelt, noch eine Geschichte aus ihrem Herkunftsland vorzulesen‘, erinnert sie sich. Aber wenn es Weltliteratur ist, die die Kinder heute interessiert und Deutsch als Fremdsprachenunterricht, den sie brauchen – ist Frau Riermeier-Wenninger dann noch die Richtige?

Diese arrogante Multikulti-Attitüde und die Liebe zum Einfachen, zu Heimat, Provinz und Märchen, zum Irrationalismus mithin und zum Eigenen – die wird hier in der ZEIT eingefordert und von Vu proklamiert. War Faust nicht auch vor 40 Jahren schon „sperrig“? Was heißt das? Wird Literatur jetzt abgeschafft, weil sie zu kompliziert ist für Teenager? Doch das nur am Rande.

Aus antifaschistischer Perspektive ist Folgendes der Skandal in diesem Text. Denn der Kern des Elaborats in der ZEIT von Vanessa Vu ist folgender Satz:

Im sogenannten Dritten Reich schließlich wurden die ausländischen Zwangsarbeiter, aber auch andere Ausländer und Minderheiten, zu großen Teilen vernichtet oder vertrieben.

In der NS-Zeit seien „die ausländischen Zwangsarbeiter“ „zu großen Teilen vernichtet oder vertrieben“ worden. Ernsthaft? Ja, das steht exakt so im Text von Vanessa Vu.

Ausländische Zwangsarbeiter seien „vertrieben“ worden? Vertrieben? Von den Nazi-Deutschen?

Der ganze Absatz in dem ZEIT-Artikel, der in diesem Satz kulminiert, lautet:

Fast vergessen scheint, dass Deutschland schon einmal „Arbeitseinfuhrland“ gewesen war. Die Preußen holten Hunderttausende Tagelöhner ins Kaiserreich. Im eigenen Land herrschte „Leutenot“, also ließen sie östlich der Elbe Wanderarbeiter aus polnischen, russischen und ukrainischen Gebieten die Felder bestellen. Im Ruhrgebiet und in Sachsen bauten zudem Italiener, Niederländer und Untertanen der österreich-ungarischen Habsburgermonarchie Kohle ab, sie errichteten Kanäle und Eisenbahnschienen. Von 1871 bis 1910 stieg die Zahl der registrierten Ausländer im Deutschen Reich von 206.000 auf knapp 1,3 Millionen, hinzu kamen zahlreiche nicht registrierte Saisonarbeiter. Das deutsche Kaiserreich mitsamt seinen rasant wachsenden Industriezentren war eines der Haupteinwanderungsziele der Welt. Auch in der Weimarer Republik gab es Arbeitsmigration, sie wurde mit der völkischen Bewegung zu Zwangsarbeitsmigration. Im sogenannten Dritten Reich schließlich wurden die ausländischen Zwangsarbeiter, aber auch andere Ausländer und Minderheiten, zu großen Teilen vernichtet oder vertrieben.

Schon die Vermischung von Arbeitsmigration und Zwangsarbeit irritiert. Der Satz zur Weimarer Republik ist völlig schleierhaft, was will die Autorin damit sagen?

Auch in der Weimarer Republik gab es Arbeitsmigration, sie wurde mit der völkischen Bewegung zu Zwangsarbeitsmigration.

Die völkische Bewegung war ein Zentrum des Antisemitismus. Inwiefern hat sie in der Weimarer Republik zu einer „Zwangsarbeitsmigration“ beigetragen? Will die Autorin damit sagen, dass es schon zu Weimarer Zeiten Zwangsarbeit gab? Und welche Rolle soll dabei die antisemitsiche völkische Bewegung gespielt haben? Es gab in der Weimarer Republik aber gar keine Zwangsarbeit wie im Nationalsozialismus, was soll dieser Satz  bedeuten?

Es wurden während der Zeit des Nationalsozialismus und im Zweiten Weltkrieg im Deutschen Reich ca. 26 Millionen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wie Sklaven behandelt, ausgebeutet und viele starben oder wurden ermordet. 13 Millionen davon wurden im Deutschen Reich ausgenutzt und gequält. Sie wurden mit Zwang in das Land geholt – und doch nicht vertrieben! –, aus Frankreich, Holland, Italien und vor allem aus dem Osten, aus der Sowjetunion, aus Polen, Dänemark, Jugoslawien und vielen anderen Ländern.

Der Forschungsstand wird von der Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft (EVZ) so zusammengefasst:

Das NS-Regime baute eines der gewaltigsten Zwangsarbeitssysteme der Geschichte auf. Etwa 26 Millionen Menschen wurden im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten zum Arbeitseinsatz gezwungen. Lange zählten sie zu den ,vergessenen’ Opfern des Nationalsozialismus – bis die Entschädigungsdebatte Ende der 1990er Jahre ihre Geschichte in die Öffentlichkeit trug.

Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt:

Unter Zwangsarbeit im Nationalsozialismus versteht man insbesondere die Verschleppung und Ausbeutung von über 13 Millionen ausländischen KZ-Häftlingen, Kriegsgefangenen und zivilen Arbeitskräften in Deutschland. Zwangsarbeit gab es auch in Ghettos, Arbeitserziehungslagern und anderen Lagern im gesamten besetzten Europa und betraf insgesamt etwa zwanzig Millionen Menschen.

Wie kommt die ZEIT-Autorin Vu darauf, dass Zwangsarbeiter*innen im Nationalsozialismus „vertrieben“ oder „vernichtet“ worden seien?

Zwangsarbeiter wurden nach Deutschland geholt oder in den besetzten Ländern versklavt, aber doch nicht „vertrieben“. Wohin hätten die denn „vertrieben“ werden sollen? Hat Vu auch nur den leisesten Schimmer über die politisch-geographische Situation in Europa seit dem 1. September 1939 und dann seit dem 22. Juni 1941? Nahezu ganz Europa war von den Deutschen besetzt, wohin hätten denn „Zwangsarbeiter“ vertrieben werden sollen? Das ist vollkommen faktenfrei. Es ist ein völlig sinnfreier Satz, ohne jeden Gedanken, ohne jede historische Wahrheit, was die Zwangsarbeiter betrifft.

Und das Wort Jude taucht selbstredend gar nicht auf, nicht mal in diesem Nebensatz. Womöglich meint Vu unter „Minderheiten“ die Juden, neben anderen. Keine Kenntnis des eliminatorischen Antisemitismus nirgends und seiner Bedeutung für den Nationalsozialismus.

Wie aber kommt Vanessa Vu auf so eine groteske Fantasie?

Weil sie denkt, dass die Nazis nichts mit Nicht-Deutschen zu tun gehabt hätten?

Weil sie nicht weiß, wirklich nicht weiß, dass Millionen Sklavenarbeiter in der Landwirtschaft oder der Metallindustrie und im Bergbau im Nationalsozialismus arbeiten mussten und viele qualvoll starben, aber nicht gezielt „vernichtet“ wurden?

Wie kann frau so ignorant sein? Vielleicht hatte sie einen sehr schlechten Geschichtsunterricht in der Schule in Bayern oder wo immer sie zur Schule ging in Deutschland. Was schreibt Vu in der ZEIT über sich selbst?

Ich habe Ethnologie, Internationales Recht und Südostasien in München, Paris und London studiert und danach die Deutsche Journalistenschule (DJS) besucht. Im Anschluss ging es zu ZEIT ONLINE, zunächst ins Politik- und Gesellschaftsressort, seit 2019 bin ich im Ressort X für Schwerpunkte und Reportagen. Für meine Arbeit wurde ich u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis, dem Helmut-Schmidt-Preis und dem Lessing-Preis für Kritik ausgezeichnet. 2018 wählte mich das ‚Medium Magazin‘ zu den ‚Top 30 bis 30‘.

Ist dieser Text in der ZEIT also das Niveau der „Top 30 unter 30“?

Wenn Vu weder in der Schule, noch im Elternhaus, bei Freund*innen der Eltern, bei Eltern der Mitschüler*innen, den Mitschüler*innen selbst oder später im Studium oder vielleicht beim Zeitungslesen, Bücherlesen oder der Lektüre von fachwissenschaftlichen Artikeln nicht über die NS-Zeit gestolpert ist, dann hätte sie das allerspätestens als Journalistin oder einfach nur als Bürgerin in diesem Land BRD nachholen müssen. Lesen, recherchieren, diskutieren, lernen, denken.

Nun haben bekanntlich in Deutschland bis heute die allermeisten Familien, Dörfer, Städte und Gemeinden auch geschwiegen über die Taten ihrer Eltern, Großeltern, über die Zwangsarbeit, über die deportierten Juden, die militärische Tradition – Stichwort Wunstorf und „Air Defender 23“, die größte NATO Luftkriegs-Übung, die in Wunstorf Mitte Juni 2023 stattfinden wird, mit Hunderten NATO Kampffliegern und das in Wunstorf in Niedersachsen, wo doch auch einige der Nazi-Flieger herkamen, die 1937 Gernica dem Erdboden gleichgemacht haben, wie unter anderem der Historiker Hubert Brieden seit Jahrzehnten aufarbeitet.

Also von den ganz normalen Deutschen konnte Vu das häufig gerade nicht lernen, was für Verbrechen in Bayern, Niedersachsen oder wo immer passiert sind. Aber wäre sie eine Linke, dann hätte sie sich aus eigenen Stücken damit befasst. Aber Vanessa Vu ist keine politisch aktive Person, sie ist eine Wohlfühl-Multikulti-Autorin, die angesagt zu sein scheint und offenbar ganz wenig Wissen hat über den Nationalsozialismus. Und darauf ist sie von ihrem Tonfall her stolz, weil sie ahnt, merkt oder weiß, dass fast alle Migrant*innen keinerlei Wissen über die Nazi-Zeit besitzen, allerdings auch sehr viele der ganz normalen Deutschen.

Doch Wissen ob der Nazi-Vergangenheit ist die Grundbedingung jedes politischen Handelns in der BRD, ja aus antifaschistischer Perspektive weltweit.

Dass 2020 bis 2022 weiteste Teile der Antifa dann staatstreu mitgemacht haben bei der brutalen, mörderischen und irrationalen, wissenschaftsfeindlichen Corona-Politik – das ist der Schock unserer Zeit, die Epochenschwelle der Linken schlechthin. Das Kokettieren führender deutscher Soziologen mit der Deportation von über 10 Millionen nicht gegen SARS-CoV-2 Geimpften nach „Madagaskar“ führte zu überhaupt keinem Aufschrei.

Dennoch: Gibt es in der Redaktion der ZEIT niemanden, der oder dem (m/w/d) so etwas wie dieser oben zitierte absurde Satz von Vanessa Vu zu Zwangsarbeit und Vernichtung im NS noch auffällt?

Wird dieser Geschichtsrevisionismus einfach so durchgewunken, weil die Autorin sich ja Mühe gegeben habe und einen Migrationshintergrund von Seiten ihrer Eltern hat? Zählen historische Fakten nur für jene, die in dem jeweiligen Land geboren wurden und deren Eltern auch die Geschichte des Landes kennen oder zumindest die Sprache?

Vernichtet und vertrieben aus Deutschland wurden die Juden.

Doch das kümmert Vu wohl nicht sonderlich, denn warum erwähnt sie die Juden und die Shoah überhaupt nicht? Sie hat ein wunderbares Gewissen, falsch machen kann sie offenbar gar nichts, wenn es um die deutsche Geschichte geht – sie ist ja aus Bayern und eine der Top 30 unter 30, aber offenbar primär doch irgendwie aus Vietnam. Woher diese Ignoranz gegenüber der Geschichte des Nationalsozialismus?

Wie eiskalt muss ein Mensch sein, dass der Holocaust, das größte Verbrechen in der Geschichte der Menschheit, die Ermordung von sechs Millionen Juden durch die Deutschen und ihre Kollaborateure, hier ohne die Nennung von Juden und nur in einem läppischen Nebensatz – „aber auch andere Ausländer und Minderheiten“ – indirekt erwähnt wird?

Ob sie überhaupt vom Holocaust weiß, ist völlig unklar. Meint sie, dass deutsche Juden „Ausländer“ oder „Zwangsarbeiter“ gewesen seien, die vertrieben und vernichtet wurden? Deutsche Juden waren Deutsche.

Nochmal: Dieser Satz hätte niemals in einem angeblich seriösen Medium wie der Wochenzeitung DIE ZEIT das Lektorat und die Redaktionssitzung überstehen dürfen:

Im sogenannten Dritten Reich schließlich wurden die ausländischen Zwangsarbeiter, aber auch andere Ausländer und Minderheiten, zu großen Teilen vernichtet oder vertrieben.

Der Hauptsatz heißt:

Im sogenannten Dritten Reich schließlich wurden die ausländischen Zwangsarbeiter zu großen Teilen vernichtet oder vertrieben.

Und das ist eine Falschaussage, Fake News, eine Lüge. Die Zwangsarbeiter wurden nicht vertrieben, sondern unter Zwang nach Deutschland geholt. Punkt. Viele wurden ermordet oder starben bei der Arbeit, was allerdings etwas kategorial Anderes ist wie die Vernichtung der europäischen Juden in der Shoah, in Auschwitz, Sobibor oder Treblinka.

Der Satz jedenfalls zeigt nicht nur die Niveaulosigkeit und völlige Fakten- und Wahrheitsferne von Vanessa Vu, sondern eben auch von der ZEIT, dem Flaggschiff des deutschen Bildungsbürgertums, das dies publizierte.

Was für ein Bildungsbürgertum? Vorbei die Zeiten, als in der ZEIT Ende Juli 1967 der pro-israelische Wolfgang Hildesheimer dem Antizionisten Peter Weiss angesichts des Sechs-Tage-Krieges und Israels Sieg die Leviten las, was Adorno so freute, dass er Hildesheimer aus seinem Urlaubsort Crans-Montana am 1. August 1967 eine vor Begeisterung sprühende Postkarte schrieb.

Aber natürlich hat Vu Recht. Welche Migrant*innen interessieren sich schon für die Geschichte des Nationalsozialismus, der Zwangsarbeit und der Shoah? Welche Türken interessiert ihr eigener oder der deutsche Antisemitismus? Welche Türken (m/w/d) befassen sich kritisch mit der genozidalen Politik im Osmanischen Reich und der Jungtürken gegenüber den Armeniern im Ersten Weltkrieg?

Auch folgender Satz von Vu strotzt nur so von Unkenntnis:

Man kann also argumentieren: Die nostalgisch beschworene Homogenität der Fünfziger, dieses normativ besetzte ‚Früher‘, war eine Ausnahmeerscheinung der deutschen Geschichte. Seit Jahrhunderten gehört Einwanderung zu Deutschland, seit wenigen Jahren räumen auch konservative Spitzenpolitiker ein, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist.

Es war eine Homogenität, die auf Vernichtung der Juden basierte und alle wussten es. Es war keine „Ausnahmeerscheinung“, sondern eine schweigend-brüllende antisemitische Normalität. Die 1950er Jahre: Das war eine die eigene Schuld beschweigende, sekundär-antisemitische, erinnerungsabwehrende post-nationalsozialistische Volksgemeinschaft. Doch davon hat Vu so wenig Ahnung wie der Rechte Thilo Sarrazin, der die 50er Jahre auch positiv darstellt, nur eben ohne die migrantische Brille. Er findet das Wirtschaftswunder und die Sekundärtugenden, den Fleiß und die Tüftelei der Deutschen der 1950er so faszinierend (in seinem Bestseller „Deutschland schafft sich ab“, 2010).

Sarrazin wie Vu ignorieren die Situation für die ganz wenigen überlebenden Juden in diesem Land und das ist die einzige relevante Perspektive, nicht die der ganz normalen „Otto Normalvergaser“ (Eike Geisel). Auch das kennt Vu nicht, weil sie nicht weiß, wer Eike Geisel war, wüsste sie es, hätte sie nicht so einen Text in der ZEIT fabriziert.

Beide, Sarrazin wie Vu sagen nicht, dass die Täter damals alle unbescholten davonkamen, es ist einfach nicht das Thema. Vu geht gar nicht näher auf die 50er Jahre ein. Nazis wurden wieder in hohe Staatsämter befördert, wurden Chef im Bundeskanzleramt (Globke, 1953), Bundeskanzler (Kiesinger, 1966) oder Bundespräsident (Carstens, 1979).

Und Einwanderung gab es in den 1950er Jahren auch, das sog. Anwerbeabkommen mit Italien ist aus dem Jahr 1955.

Wenn Fu schreibt, dass „Bei Kindern unter zehn Jahren haben etwa 40 Prozent einen Migrationshintergrund“, ist das eine katastrophale, realistische Tatsachenbschreibung, wenn die Zahl so stimmen sollte.

Laut dem Statistischen Bundesamt wurden 2021 23,9 Prozent aller Neugeborenen von nicht-deutschen Müttern geboren. In der alten BRD liegt die Zahl bei 24,8 und in der Ex-DDR bei 12,8. Bremen hat den höchsten Prozentsatz nicht-deutscher Mütter mit 37,6 Prozent, Berlin hat 33,9, Mecklenburg-Vorpommern 10,7 Prozent.

Viele dieser Migrantinnen und Migranten, jedenfalls die muslimischen und davon ein großer Prozentsatz, wollen gar nicht, dass ihre Kinder ankommen in diesem Land, in dem sie geboren werden.

Sie wollen, dass die Kinder zu großen Teilen wie Monster verkleidete Mütter mit Kopftuch haben und die Eltern fast nur Türkisch (oder Arabisch) zu Hause reden. Bei anderen Migrant*innen ist es eine andere Sprache und die Bildungsferne hat sehr wohl etwas mit der Religion zu tun. Je muslimischer, je bildungsferner, das kann man empirisch zeigen. Viele dieser Kinder gehen nicht in den Kindergarten, häufig eben aus ideologischen Gründen: die Eltern haben gerade Panik, dass die Kinder mit nicht-muslimischen Kindern und Eltern in Kontakt kommen und möchten diesen Kontakt solange hinauszögern, wie es nur geht. Die Schulpflicht können sie jedoch nicht umgehen. Doch die Kinder lernen häufig bis zum Alter von sechs keine deutschen Kinder kennen, lernen somit auch die deutsche Sprache überhaupt nicht richtig.

Im weltlichen Frankreich gibt es seit 2004 ein Kopftuchverbot an Schulen. In Deutschland wurde jüngst in Berlin per Gericht das Kopftuchverbot gerade für Lehrerinnen an Schulen aufgehoben – der Islamismus hat in Deutschland freiere Fahrt als im laizistischen Frankreich. In Frankreich nehmen dafür groteske Kleidungsstücke wie die Abaya zu – eine Ganzkörperbedeckung, eine Art Sack, der vom Hals bis zu den Fußspitzen reicht. Auch in Deutschland sieht man zunehmend viele junge Frauen, die sich so islamistisch kleiden – plus Kopftuch natürlich, das ja hier im Gegensatz zu Frankreich an Schulen nicht verboten ist.

Auf die Gefahr des Islamismus in Frankreich weist zum Beispiel ein Artikel im Magazin der Neuen Zürcher Zeitung im Dezember 2022 hin:

Die Stimmung an Frankreichs Schulen ist extrem angespannt, seit vor zwei Jahren in einem Pariser Vorort der Geschichtslehrer Samuel Paty auf dem Nachhauseweg von einem Islamisten enthauptet wurde. Der 47-Jährige hatte im Staatskundeunterricht zum Thema Meinungsfreiheit die Mohammed-Karikaturen durchgenommen und war dafür in den sozialen Netzwerken angefeindet worden. So hatte der Attentäter, ein 18-Jähriger aus Tschetschenien, den Weg zu dem Lehrer gefunden.

Dass ich-schwache Personen sich der Religion zuwenden, war auch ein typisches Kennzeichen des christlichen Mittelalters in Europa, inklusive der Hexenverbrennungen. Ein Kopftuch ist ein äußeres Zeichen von Schwäche, nicht von Selbstbewusstsein oder Stärke. ‚Muslimische‘ Kleidung ist ebenfalls ein Zeichen äußerer Schwäche, ein Zeichen, dass frau oder mann nicht ankommen möchte im Westen. Doch warum leben diese Menschen dann im Westen? Weil sie ihn islamisieren wollen, das ist ja der Auftrag des Islamismus: die Irrlehre ihres Gottes zu verbreiten, sich imperialistisch auszubreiten, wie es das Christentum über Jahrtausende mit äußerster Brutalität auch getan hat – wobei der Islam im Mittelalter auch imperialistisch war und die Sklaverei gab es bei den Christen wie bei den Muslimen.

Doch welche andere Gruppe indoktriniert hier und heute im 21. Jahrhundert ihre Kinder und die Öffentlichkeit mit einem Kopftuch und zeigt erstens, dass die Frauen offenkundig am Wahn leiden, dass Männer ganz grundsätzlich auf ihr Haupthaar abfahren würden und zweitens, dass sie offenbar was ganz Besonders seien, die muslimisch-islamistischen Frauen, weil ja sonst unter den Dutzenden Millionen Frauen in Deutschland keine andere Gruppe irgendwie äußerlich sich so dermaßen grotesk verkleidet im 21. Jahrhundert. Was denkt sich ein zwei oder fünf Jahre altes Kind, wenn es sieht, dass nur die eigene Mutter und Tante sich so absurd anziehen, aber alle anderen Frauen, die sie zumindest auf der Straße zu sehen bekommen, das nicht tun?

Es gibt auch kaum eine andere Gruppe von Menschen wie Muslime, die auf Toiletten in der Schule oder mitten in der Bibliothek an Universitäten beten, ich könnte von widerlichen Beispielen an der Staatsbibliothek Berlin (Stabi), der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart (WLB) oder der Universitätsbibliothek Heidelberg berichten. Es gibt kaum einen größeren Widerspruch als Wissenschaftlichkeit, Bibliotheken und Freiheit versus religiösem Wahn. Warum reicht es diesen Extremist*innen nicht, privat ihre Religion zu leben oder sich in ihren Gotteshäusern zu treffen, wo sie dann andere, die dem gleichen Irrationalismus frönen, treffen können? Warum reicht das nicht?

Diese Fanatiker*innen wollen den öffentlichen Raum – darum geht es! – islamisieren. Sie wollen öffentlich ihrem Wahn Folge leisten und belästigen damit den denkenden Teil der Gesellschaft. Ähnlich ist es mit Kreuzen im Klassenzimmer, auch das ist ein reaktionäres Zeichen religiösen Fanatismus, vom Balkensepp an jeder Dorfkreuzung in katholischen Gegenden nicht zu schweigen. Ein unglaublich brutaler Anblick, der zudem immer noch mit Antisemitismus in Verbindung steht, da Juden angedichtet wird, an der Kreuzigung Jesu schuld zu sein.

Oder nehmen wir islamistische Fußballer, die auf dem Platz beten, vor dem Spiel oder nach einem Torerfolg, auch das ein Zeichen des Fanatismus, der im Sport nichts verloren hat.

So wie manche extremistischen Türkinnen und Türken im Hof von Mehrfamilienhäusern ihre Hochzeit feiern, auf traditionell türkische Art und Weise mit nationalistischem Pathos und riesiger Türkeifahne. Hochzeit und natürlich der patriarchale Imperativ des Kinderkriegens ist bei diesen islamistischen Türken durchgesetzt, was nicht heißt, dass auch sehr viele der jüngeren Deutschen sich wieder eifriger als noch vor Jahren reproduzieren, was angesichts von Corona besonders perfide ist gegenüber den Kindern (maskiert gezeugt und geboren, WAS für ein Leben erwartet eine oder einen da, angesichts des ohnehin vorhandenen Schockes der Geburt, wie existentialistische Philosoph*innen schon immer sagten?).

Laut einer wissenschaftlichen Studie von 2015 haben nur fünf von 100 Frauen (im Alter von 35–49, Stand 2015), die aus der Türkei nach Deutschland einwanderten, keine Kinder. In Deutschland sind es 27 Frauen / 100, die keine Kinder haben. Von den in Deutschland geborenen Türkinnen sind es 18 /100, die ein kinderfreies Leben bevorzugen, in der Türkei sind es demnach bis heute (also 2015) nur völlig schockierende 4 Frauen von 100, die sich gegen den patriarchalen natalistischen Imperativ entscheiden. Die Studie spricht negativ von „kinderlos“, dabei ist der soziologisch-feministische Fachterminus „kinderfrei“, so wie es auch kinderfreie (und nicht kinderlose) Hotels gibt etc.

Auch und gerade angesichts des blutigen Krieges in der Ukraine wäre es doch aus menschlicher Perspektive naheliegend, wenigstens mal fünf Jahre ein weltweites Moratorium fürs Kinderkriegen umzusetzen, aus freien Stücken. Wer bekommt angesichts des sicher immer und immer wieder fortsetzenden Gemetzels auf der Welt noch Lust, anderen diese Welt zuzumuten? Wie kalt oder zynisch muss man sein, um da weiter Kinder in die Welt zu setzen?

Wenn Mädchen die Chance genommen bekommen, mit wehenden Haaren Fahrrad zu fahren? Das ist ein Verbrechen an der Kindheit und Jugend und es ist ein muslimisch-islamistisches Verbrechen. Dabei gibt es moderate Muslime, aber sie sind kaum sichtbar, da sie ohne Kopftuch nicht auffallen und die moderaten muslimischen Männern sind auch uninteressant für jene, die lieber konservative Traditionen tätscheln wollen und eher der rechten ethnopluralistischen Ideologie anhängen: „so sind sie halt, die Türken“ und „so sind wir halt, wir Deutschen“, jeweils schön getrennt, anti-emanzipatorisch, anti-kosmopolitisch, auf Familie, unreflektierte Werte und Traditionen festgelegt.

Ein Schulrektor aus Rheinland-Pfalz berichtet Ende Mai 2023:

Als ich vor 15 Jahren noch als Klassenlehrer vor der Klasse stand, war es so: Sie hatten zwei, drei Kinder in der Klasse, die einen besonderen Aufmerksamkeitsbedarf hatten, weil sie beeinträchtigt waren, weil zu Hause Probleme waren, weil sie vielleicht nicht so gut lernen konnten. Und das haben sie als Klassenlehrer gut auffangen können. Heutzutage haben sie fast das Gegenteil. Das heißt, sie haben ganz, ganz viele Kinder, die mit Problemen in die Schule kommen. Sie haben eher drei Kinder, die durchschnittlich begabt sind und der Rest hat ein Problem.

Das ist die Realität, die wir hier und heute haben mit Migration. Wobei ja fast alle diese Kinder hier geboren wurden, wie schon ihre Eltern. Aber die Eltern weigerten sich ganz aggressiv, Teil der deutschen Gesellschaft zu werden, sie lernten selbst die deutsche Sprache nicht richtig und reden zuhause nur Türkisch (oder Russisch, Arabisch etc.). Sie lesen vor allem zu wenig, was jeder Blick beim Schlendern durch wirklich jede deutsche Stadt zeigt: wer hat schon noch Bücherregale zu Hause stehen?

Das war früher bei den Deutschen nicht anders und viele sind bis heute auch nicht gerade Buch affin. Aber bei Nicht-Deutschen hat das viel weitergehende Folgen, weil ihr ganzes Leben sich weder in der Geschichte, noch der Sprache und Kultur Deutschlands bewegt, sie leben in einer anderen Welt, hören andere Musik, ziehen sich anders an – wiederum ist das aggressive Kopftuch einer der größten Hinderungsgründe für Integration, aber ebenso das migrantische Macho-Gehabe und der Sexismus, den nur leugnen kann, wer nicht mit solchen Milieus konfrontiert ist.

Natürlich müsste der Lehrer aus Rheinland-Pfalz auch betonen, dass die brutale und dermaßen irrationale, wissenschaftsferne Coronapolitik, für die gerade die Lehrerverbände einstanden, das Lesen und Schreiben ganz extrem behindert hat. Schulschließungen haben eine ganze Generation von kleinen Kindern traumatisiert und ihnen die Chance genommen, die deutsche Sprache wenigstens in den Grundzügen zu lernen.

Jene, die in der Grundschule kein Deutsch können, das werden nicht die kommenden „Mächtigen“ sein, von denen Vanessa Vu fabuliert – oder doch? Weil die Masse sich immer durchsetzt?

Wer sich in Betrieben umhört merkt, dass an verantwortlicher Position sehr selten Migrant*innen stehen und das hat Gründe. Wobei es auch da Unterschiede gibt, was für ein Migrationshintergrund vorliegt und wie integriert die Person ist – es gibt zum Beispiel, das könnte man in empirischen Studien näher untersuchen, massive Unterschiede zwischen häufig stärker integrierten russischen Einwander*innen und türkischen, wobei die ca. 2,3 Millionen Deutschrussen fast alle deutsche Staatsbürger*innen sind, aber gleichwohl wie Hunderttausende der heute in der BRD lebenden Türken aus einem Elternhaus stammen, wo Deutsch eine Fremdsprache ist.

Es liegt nicht primär am Rassismus, sondern daran, dass viele gar nicht motiviert sind, hier in der Gesellschaft und auch der deutschen Sprache anzukommen. Einige deutsch-türkische Spitzenpolitiker*innen sind die Ausnahme. In den Innenstädten gerade der Großstädte sieht es anders aus und häufig auch auf den Dörfern, insoweit sie nahe an den großen Industriebetrieben liegen.

Der Schock deutsch-türkischer Politiker*innen ob der erneuten Wiederwahl des islamistischen Diktators Erdogan in der Türkei durch viele Türken in Deutschland zeigt, dass es hier einen Bruch gibt in der Migrationsgesellschaft. Es gibt jene, die Deutsche sind, aber zum Beispiel türkische Eltern haben, und es gibt jene, die hier geboren wurden, aber Deutschland, ein Land der „Ungläubigen“ aus islamistischer Perspektive, verabscheuen und an Wahlen in der Türkei teilnehmen.

Und davon schweigt dieser Text von Vu wissentlich. Sie will nicht über die massiven Probleme reden, die Migration verursacht, gerade aus muslimischen Ländern. Sie will auch nicht über die massiven Probleme reden, die jene verursachen, die hier geboren wurden und alle Chancen gehabt hätten, die deutsche Sprache richtig zu lernen und Teil einer säkularen Gesellschaft zu werden.

Oder sich im besten Fall für die Kritik an der Gesellschaft, am Patriarchat, am Kapitalismus, am Antisemitismus, an der Technokratie, für die Kritik an der Umweltpolitik und gegen die Verleugnung der extremen Gefahr des Klimawandels, für die Kritik an der Coronapolitik, an der Kriegs- und Ukrainepolitik einsetzen. So gesellschaftskritisch und engagiert, wie es viele häufig sozialdemokratisch oder sozialistisch gesinnten türkischen, italienischen, griechischen, jugoslawischen, portugiesischen etc. Migrant*innen der ersten Generation in den 1970er Jahren waren.

Und doch bleibt der empirisch verifizierbare Tatbestand: die größten gesellschaftlichen Probleme, was hier und heute die Nicht-Integration betrifft, verursachen Migrant*innen mit muslimischer Herkunft. Gibt es außer verschleierten muslimischen Frauen andere Menschen, die mitunter so a-sozial sind, dass sie andere Männer einfach gar nicht als Menschen sehen und „hallo“ sagen auf der Straße, im Büro oder Treppenhaus, sondern zu Boden blicken? Was sind das für religiöse Witzfiguren? Welches andere Land hält in Deutschland Wahlen ab und Hunderttausende nehmen an diesen Wahlen teil und feiern die Wahl eines Diktators mit Hupkonzerten und Auto-Konvois? Das gibt es nur bei einer Gruppe von Menschen und das sind die Türken. Nicht bei Russen, nicht bei Italienern, Griechen, Ex-Jugoslawen oder irgendeiner anderen größeren Gruppe von ehemals oder aktuellen Migrantinnen und Migranten. Dieses Problem muss man beim Namen nennen.

In Frankreich sind es die algerischen oder marokkanischen Migrant*innen, die sich nicht als Franzosen sehen und beim Fußball für Algerien oder Marokko sind, aber nicht für das laizistische Frankreich, das Land, in dem sie geboren wurden und das ihnen immerhin eine soziale Absicherung gibt, so es sie eben im Kapitalismus gibt, im Zweifelsfall als Arbeitsloser mehr Geld in Frankreich als mit Arbeit in Algerien oder Marokko.

Auch hier ist es nicht zufällig der muslimische Hintergrund Algeriens und Marokkos, der  mit dazu beiträgt, dass es zu den Parallelgesellschaften kommt. Wie die Zukunft der sehr großen Migrationsgruppen aus Syrien und der Ukraine in der BRD sein wird, ist völlig ungewiss, auch hier besteht die Gefahr von Parallelgesellschaften, wenn die Leute selbst wie die Gesellschaft dem nicht entgegenwirken. Wobei die jahrzehntelange häufig ehrenamtliche Tätigkeit mit Sprachkursen oder Nachbarschaftshilfen gerade bei den türkischen Migranten so überhaupt gar nichts bewirkt haben, ja die gewollte Islamisierung schritt seit 9/11 noch massiv voran.

Nach der Wahl Erdogans gibt es massive Kritik an seinen Wählerinnen und Wählern in Deutschland. Denn Erdogan und seine Partner stehen für Frauenverachtung, Nationalismus, Rassismus wie gegen Kurden und für Antisemitismus, wie die Zeitschrift Cicero berichtet:

Mit HÜDA-PAR ist ein Ableger der kurdischen Hizbullah ins Parlament gewählt worden. Abgeordnete von HÜDA-PAR kündigten vor den Wahlen an, im Falle eines Wahlsiegs die Rechte von Frauen massiv einzuschränken. Gemeinsam mit dem ebenfalls ins Parlament gewählten Bündnispartner Yeni Refah Partisi drohten sie, nach einem Wahlsieg mit ‚Feinden‘ einer vermeintlich islamischen Familienordnung, also queeren Menschen und emanzipierten Frauen, abzurechnen.

Beide Parteien möchten die Kinderehe legitimieren und die Lehrpläne an Schulen islamisch prägen, ‚die Jugend werde in Bildungseinrichtungen ab sofort auf das Jenseits vorbereitet‘ ließ Fatih Erbakan von der Partei Yeni Refah Parti verkünden. Das neue Regierungsbündnis fiel in den letzten Wochen durch Drohungen und Hasstiraden gegen Oppositionellen und westlich geprägte Türken auf, die sie gern als ‚Agenten Amerikas und der Zionisten‘ bezeichnen.

Der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir schreibt auf Twitter:

Die #Autokorso|s sind keine Feiern harmloser Anhänger eines etwas autoritären Politikers. Sie sind eine nicht zu überhörende Absage an unsere pluralistische Demokratie & Zeugnis unseres Scheiterns unter ihnen. Übersehen geht nicht mehr.

Die Themen Islam und Islamismus kommen in dem Text von Vu nicht vor, obschon es um muslimische Jugendliche geht. Das einzige, was sie diesbezüglich schreibt, ist:

Es gibt jene Einwanderer, die deutscher werden als Deutsche, und solche, die autoritäre Systeme in ihren Herkunftsländern unterstützen.

Irgendwie alles egal, manche sind westlich, andere nicht. Alles easy going. Und diese Entwirklichung der enormen Gefahr des Islamismus ist sehr problematisch, aber seit 9/11 ganz typisch in gewissen Milieus.

Die Frankfurter Rundschau bringt noch weitere Zitate von Kritiker*innen des türkischen Islamismus und Rechtsextremismus:

Auch die Abgeordnete Cansu Özdemir (Linke) in der Hamburgischen Bürgerschaft hat kein Verständnis für die Feierlichkeiten der Erdogan-Anhänger. ‚Auf europäischen Straßen sieht man wieder, wie munter der faschistische Wolfsgruß gezeigt wurde. Hatte die Bundesregierung nicht vor, die Grauen Wölfe zu verbieten‘, schreibt Özdemir auf Twitter und ergänzt: ‚Der türkische Faschismus und Islamismus hat in Deutschland weiterhin freie Hand.‘

Das sind Zitate aus einem Bericht in der Frankfurter Rundschau vom 29. Mai 2023, also nur einen Tag, bevor der Text von Vanessa Fu in der ZEIT erschien. Somit hat sie auch gekonnt ignoriert, was Türkei- und Migrationsforscher zur aktuellen Situation von Migrant*innen in Deutschland sagen. Nochmals der Bericht in der FR:

Prof. Burak Copur, Türkei-Forscher aus Essen, zeigt im Gespräch mit unserer Redaktion ebenfalls keinerlei Verständnis für solche Aktionen. ‚Die Autokorsos in Deutschland sind auch ein Ausdruck der Ablehnung und Verachtung demokratischer Werte und Normen. Wer als Politiker mit der Ditib und der AKP-Lobbyorganisation UİD kuschelt und diese damit hoffähig macht oder als Stadt Köln die Au[s]stellung des Völkermords an den Armeniern verhindert und damit vor den türkischen Nationalisten und Islamisten einknickt, muss sich über diese einem Diktator huldigenden Erdogan-Anhänger auf deutschem Boden nicht wundern. Das sind keine feiernden Folklore-Tänzer, sondern besorgniserregende türkische Reichsbürger.‘

Im Januar 2023 hetzte der Abgeordnete der AKP Mustafa Açıkgöz auf einer Wahlkampfveranstaltung für Erdogan und dessen Bündnis in Neuss in Nordrhein-Westfalen und sprach davon, in der Türkei wie in Deutschland die „Kurden“ „vernichten“ zu wollen, ebenso die islamistischen Gegenspieler der AKP, die Gülen-Bewegung.

Die rechtsextremen Grauen Wölfe, das Netz der DITIB-Moscheen und islamistisch-nationalistisch türkische Vereine sind sehr einflussreich und wie man an dem Wahlerfolg sehen kann, auch äußerst erfolgreich. Wie man in der Bebilderung des Beitrags im Cicero sieht, feierten in Berlin auch weltlich wirkende Frauen ohne Kopftuch den Sieg der Rechtsextremen und Islamisten und Erdogans. Der Wolfsgruß ist dabei ein Symbol dieser Rechtsextremist*innen, die eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland und für die oppositionellen und säkularen Türkinnen und Türken in der Türkei sind.

Screenshot, https://www.cicero.de/aussenpolitik/liberale-turken-verzweifeln-der-mann-hat-wieder-gewonnen

Laut FR sind in Deutschland 1,5 Mio. türkische Staatsbürger*innen in der Türkei wahlberechtigt, von denen 700.000 auch zur Wahl gingen. 67 Prozent der Wählenden haben für Erdogan gestimmt. Das heißt, dass eine sehr große Zahl, Hunderttausende der hier lebenden Türken mit türkischem Pass Rechtsextremisten und Rechtsextremistinnen sind oder zumindest rechtsextrem und islamistisch wählen.

Haben Vu und die ZEIT von alledem nur keine Ahnung oder finden sie das harmlos oder gar gut? Denn die Hoffnung von Vu und der ZEIT, dass Migranten bald die Mächtigen sein werden, die inkludiert ja gerade solche sehr aktivistischen und aggressiven Menschen wie AKP- und Erdogan-Wähler*innen.

Der Historiker Walter Laqueur (1921–2018) hat diese Entwicklungen schon vor Jahrzehnten geahnt und befürchtet. 2006 publizierte er sein Buch „Die letzten Tage Europas“, worin er insbesondere auf die Gefahr des Islamismus in ganz Europa eingeht und sich auch näher mit der konkreten Situation in England, Deutschland, Belgien, Frankreich oder den Niederlanden beschäftigt. Ich hatte die Ehre, ihn 2009 in seinem Apartment in Washington, D.C., besuchen zu dürfen. Laqueur floh vor den Nazis nach Palästina, baute den Staat Israel mit auf, hatte keinen universitären Abschluss und wurde ein sehr bedeutender Historiker des Kommunismus, des Zionismus, Europas und des Islamismus und Totalitarismus.

Er beschreibt den großen Unterschied der Einwanderung von Juden Anfang des 20. Jahrhunderts nach Westeuropa und Deutschland verglichen mit der heutigen zumal muslimischen Einwanderung. Die Juden, selbst die religiös-orthodoxen oder ultraorthodoxen hatten keinerlei Interesse, sich imperialistisch auszubreiten, das Judentum ist im Gegensatz zum Christentum und dem Islam keine imperialistische, keine proselytische Religion. Ich kann mich gut an Demonstrationen oder Spaziergänge in den USA wie in New York City oder in Jerusalem in der Altstadt erinnern, als ich mit weißem Hemd und schwarzem Jackett von Juden für einen Juden gehalten wurde, manche wollten mir von ihrer bestimmten Richtung im Judentum erzählen oder ein bestimmtes Gebetsritual machen, doch sobald sie merkten, dass ich gar kein Jude bin, war das ganz egal, sie wollten mich nicht überzeugen vom Judentum oder missionieren.

Laqueur beschreibt in „Die letzten Tage von Europa“ schon vor bald 20 Jahren wie gefährlich für ein vielfältiges Europa es ist, wenn sich der Islamismus in England, Deutschland, Frankreich, Belgien, Holland und anderen Ländern ausbreitet. Ungefähr zur gleichen Zeit gab es bei dem Portal Perlentaucher eine internationale Debatte über den „Islam in Europa“, wobei Pascal Bruckner schreibt:

Der Kampf gegen den Fundamentalismus ist nicht möglich ohne die Muslime, da sie dessen vorrangige Opfer sind. Die hellsichtigsten, die moderatesten untern ihnen beschwören uns, ihnen zu helfen. (Bruckner 2007, S. 206)

Vanessa Vu und die ZEIT fallen nun weit hinter den Forschungsstand zum Thema Islam (und Migration) in Europa der letzten Jahrzehnte zurück.

Wobei Vu und viele andere in ihrem Schweigen zur Gefahr des Islamismus von vielen ‚Linken‘ und weit im Mainstream Unterstützung bekommen. Gerade von Linken, die an 9/11 lachten und Schadenfreude ob des Einsturzes der World Trade Center und dem Zerquetschen, Pulverisieren und Verbrennen von 3000 Menschen in New York City an jenem Dienstag im September 2001 empfanden. Seit 9/11 begann der Siegeszug des Islamismus und des Kopftuchs im Westen erst so richtig, während die iranische Revolution und das islamistische Regime der Mullahs seit 1979 zeigen, wie mörderisch und brutal ein islamistisches Regime vorgeht – und das bis heute.

Ein Kernpunkt des Islamismus ist immer und überall die Frauenverachtung, sei es in Saudi-Arabien, in Afghanistan, der Türkei oder dem Iran und vielen anderen muslimischen Ländern in Afrika und Asien. Antisemitismus, autoritäres Denken und Irrationalismus kommen noch dazu.

Entgegen dem linken Antiamerikanismus und Antisemitismus sowie Pro-Islamismus habe ich gerade aus linker Perspektive versucht, der problematischen Beziehung von Islamforschung und Antisemitismus wissenschaftlich nachzugehen (Heni 2011). Von 2010 bis 2017 verfasste und ergänzte ich den Beitrag über Deutschland in einem der weltweit ersten umfassenden Handbücher zur Situation des Islamismus, dem World Almanac of Islamism (American Foreign Policy Council (Hg.) (2010)).

Zum Islamismus in der Forschung wie auf der Straße kommt die Israelfeindschaft im Westen, die wiederum viele Migrant*innen mit dem deutschen Mainstream teilen, gerade in der kulturellen Elite, Stichwort: Documenta 15 von 2022.

Das Schlimme ist: gerade jene, die gar kein Interesse an Bildung haben, pflanzen sich fort. Richtig, das ist das Einfallstor für die Rechten, für Sarrazin und die AfD, die nur ‚arische‘ Kinder möchten. Dabei ist die Welt schon heute massiv überbevölkert, nicht nur der Anzahl nach in den armen Gegenden in Afrika und Asien, sondern gerade auch in den kapitalistischen Industriegesellschaften.

Dabei sind sieben ‚arische‘ adlige Kinder genauso ein Zeichen für patriarchale Herrschaft wie vier Kinder einer muslimischen Familie, die nur unter ihresgleichen lebt (wie deutsche Adlige auch). Weniger ist mehr, gerade was Kinder betrifft. Mehr Selbstreflektion, mehr Dissidenz wagen und gerade nicht das Migrantische an und für sich hochjazzen. Es ist reiner Zufall, wo man geboren wurde und keine Leistung. Auch Migrant-Sein ist keine Leistung.

Die Erinnerungsabwehr, der sekundäre Antisemitismus ist bei Migrant*innen noch deutlich weiter verbreitet als im Mainstream der Gesellschaft, wobei die wissenschaftliche Elite und Teile der NGO-Szene seit Jahren postkoloniale Ideologien promoten, die ebenfalls auf eine Abwehr der Erinnerung, häufig auf eine Leugnung des präzedenzlosen Charakters des Holocaust hinauslaufen, von Aimé Césaire über Edward Said bis Achille Mbembe verläuft eine gerade postkolonial-antisemitische Traditionslinie.

Migrantinnen und Migranten hier und heute sind nicht nur Opfer rechtsextremer Gewalt und von rassistischer Ausgrenzung, sondern häufig auch Täter, nicht nur bei Anschlägen auf Synagogen, sondern auch im Entwirklichen der deutschen Geschichte. Sie machen sozusagen mit ganz anderen Vorzeichen das Geschäft der AfD: Schweigen wir von den deutschen Verbrechen in der Nazizeit, Schwamm drüber und „Vorsprung durch Technik“, wie der Audi-Slogan heißt. Weder die deutschen noch die migrantischen Arbeiter*innen störten sich die letzten Jahrzehnte daran, dass ihr Audi-Werk oder ihre Bosch-Werkstatt sich zum Beispiel in einer nach den Nazis Felix Wankel oder Hanns-Martin Schleyer benannten Straße befinden.

Volksmusik und Märchen wiederum sind in jedem Land Teil des Irrationalismus und der Affirmation des Bestehenden. Die beiden einzigen Musikarten, die kosmopolitisch ausgerichtet sind, sind klassische Musik und Heavy Metal.

Vu hat kein Foto von lesenden Studierenden oder Forscherinnen oder gar Migranten in einer Bibliothek (Gott steh uns bei!) als Bebilderung für die von ihr geliebten „neuen Mächtigen“ gewählt, sondern vier junge Männer in einem Auto, wenigstens drei davon mit Bart, offenbar sollen dieses Typen „den Migranten“ schlechthin repräsentieren. Und das tun sie. Und gerade das ist das Problem.

Es ist auch eine soziale Frage. Im Kapitalismus geht es um das Sich-Verkaufen, alles wird zur Ware. Und doch gab es in den 1920er Jahren zum Beispiel die Büchergilden, wo die Arbeiterinnen und Arbeiter sich nach einer Kräfte zehrenden Schicht noch trafen, Bücher kauften, tauschten, ausliehen, lasen und diskutierten. Es ist eine persönliche Entscheidung, die man auch als Teil einer Klasse machen kann, die gesellschaftlich sehr niedrig steht. Doch wer, egal ob migrantisch oder nicht, hat heute noch Interesse an Diskussionen, wenn es doch viel aufregender ist, am Auto zu basteln, Laub zu blasen, den Rasen zu mähen mit ohrenbetäubendem Lärm (ging früher auch mechanisch!) oder am Handy zu spielen, am Freitag in die Moschee oder am Samstag oder Sonntag zum Fußball oder auf die Kirmes zu gehen und sich einfach überhaupt nicht um die riesigen gesellschaftlichen Probleme zu kümmern.

Von dieser Atomisierung lebt die bürgerliche Gesellschaft in Zeiten der Kulturindustrie, das geht nicht erst seit den Zeiten von Horkheimers und Adornos „Dialektik der Aufklärung“ (1944/47) so. Diese Entpolitisierung ist von den Herrschenden gewollt und sie wird täglich reproduziert.

Die ach-so-demokratisierend wirkende Digitalisierung bewirkte bislang primär einen extremen Bildungsverlust. Bei Kindern kam noch der Sprachverlust durch die irrationale und gemeingefährliche Coronapolitik in den Jahren 2020 bis 2022 hinzu. Jede Schul- und Kitaschließung war völlig sinnfrei, es wurde damit die Pandemie nicht bekämpft, kein Mensch geschützt, aber Millionen ins Elend gestürzt, jedenfalls was das Sozialverhalten, die psychische Stabilität, das Sprachvermögen und auch was die Gesundheit betrifft.

Die Verharmlosung und faktenfreie Umschreibung der Geschichte der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus, die juckt diese Typen im Titelbild des Textes vermutlich genauso wenig wie es die ZEIT-Autorin Vanessa Vu juckt. Sie merken es alle gar nicht. Sie sind glücklich. Sie sind die neuen Mächtigen. Jedenfalls bald. Ganz bald. Da lacht die AfD und es bereitet ihr Panik zugleich.

Das Nicht-Thematisieren beziehungsweise falsche Thematisieren der deutschen Schuld und das Vergessen der Shoah und der deutschen Geschichte wird auch von diesen Migranten besorgt, wie selbstverständlich.

Das wird die neue Volksgemeinschaft sein, die stolzdeutschen Rechten und die AfD Hand in Hand mit diesen mächtigen und geschichtsblinden Migranten (m/w/d), die gar nicht wissen, wo die Grenzen Deutschlands 1942 lagen und was in Sobibor passierte. Beide, die Rechten wie viele Migrant*innen, lieben Traditionen, Volksmusik und die Familie. Selber denken, Dissidenz leben oder allein in Richtung Meer fahren und Heavy Metal hören, kennen sie nicht, sie leben lieber in konformistischen Gruppen, heiraten, danken Allah für Erdogan oder umgekehrt und führen Volkstänze auf.

Was diese einfachen migrantischen Leute, die keine Deutschen werden wollen, umtreibt, ist türkische Folklore (oder arabische, afrikanische, osteuropäische etc.), ein Job bei Porsche, Mercedes oder Bosch (für Frauen eher im Pflegebereich, patriarchale Arbeitsteilung wie gehabt) sowie das Kopftuch und Erdogans Wille und Macht.

Ganz bezeichnend also hat Vu ihren Text in der ZEIT mit vier in einem Cabrio sitzenden jungen Männern, die wohl „Migranten“ sein sollen, bebildert. Bildungsfern, autogeil und deutsch – da lachen die Vorstandsetagen von Tesla oder VOLKSwagen (VW).

Es gibt Rassismus, in der Tat, und dagegen muss man sich täglich wehren. Brandanschläge und Morde an Nicht-Deutschen oder als nicht-deutsch Kategorisierten, speziell seit den 1990er Jahren, haben zu Hunderten ermordeten Migrant*innen geführt.

Doch der Islamismus und Jihadismus speziell seit 9/11 führten zu Hunderten Toten allein in Europa bei islamistischen Anschlägen wie in Paris (Mord mit Sturmgewehren an 12 Journalist*innen der Satirezeitschrift Charlie Hebdo, 7. Januar 2015, Geiselnahme und Mord an vier Juden in einem jüdischen Supermarkt, 9. Januar 2015, 89 Ermordete beim Massaker während eines Konzerts im Bataclan, 39 weitere Tote durch Angriffe auf der Straße, in Cafés und Restaurants in der Umgebung, dazu drei detonierte Bomben am Stade de France, wo ein Fußball-Freundschaftsspiel zwischen Frankreich und Deutschland lief, 13. November 2015), Madrid (Anschläge mit zehn Bomben in vier Zügen, 191 Tote, 11. März 2004) oder Berlin (Breitscheidplatz, Angriff auf den Weihnachtsmarkt mit einem LKW, 19. Dezember 2016, 12 Tote).

Hinzu kommt die politische Unkultur des in der Forschung so genannten legalen Islamismus, den auch ein Antisemitismus kennzeichnet, wahlweise als Erinnerungsabwehr an die Shoah oder als antizionistischer Hass auf den jüdischen und demokratischen Staat Israel. Insgesamt ist der Islamismus, in seiner terroristischen wie ‚legalen‘ Ausprägung wenigstens ein so großes Problem wie der Rechtsextremismus und Neonazismus.

Vom 17. Februar bis zum 4. Juni 2023 lief in Milano Marittima, einem beliebten Urlaubsort südlich von Ravenna an der Adria-Küste, eine Ausstellung unter dem Titel „Make Art not War“ des amerikanischen Skateboarders und Künstlers Shepard Fairey, alias Obey. Es ist eine Show mit Dutzenden seiner bekanntesten Werke, aber primär soll es offenkundig um den Ukraine-Krieg gehen, so der Titel – bebildert ist das Plakat für die Ausstellung, Überraschung!, mit einer Frau mit Kopftuch.

Screenshot, https://www.turismo.comunecervia.it/de/events/veranstaltungen-und-initiativen/ausstellungen/cervia-street-art-ausstellung#null

Fairey ist jener bekannte Künstler, der das beliebte „Hope“-Obama-Plakat gestaltet hat. In den gleichen Farben – blau, weiß, rot – ist auch das Plakat mit der verschleierten Frau zu „Make Art not War“ gestaltet, ein Wiedererkennungszeichen. Dabei sind ein Kopftuch und eine verschleierte junge Frau das Gegenteil von Hoffnung: es ist der Niedergang der Freiheit, des unabhängigen Denkens, der Kritik und Selbstreflektion und Ausdruck für Irrationalismus, Gewalt, Fanatismus, Religion und den Islamismus insgesamt.

Screenshot, https://en.wikipedia.org/wiki/Barack_Obama_%22Hope%22_poster

Man sieht die popkulturelle Dominanz des islamistischen Kopftuch-Wahns auch in Bereichen, die gar nichts mit Islam zu tun haben wie dem Ukraine-Krieg.

Es ist absolute Mode und in äußerst hippen, ach-so-sensiblen oder ‚woken‘, doch de facto ideologisch rückschrittlichen, aufgeheizten Milieus seit Jahren der letzte Schrei, religiös-fanatische Frauen mit Kopftuch zu promoten, völlig egal, um welches Thema es geht.

Doch von diesen Problemen wie vom Kopftuch-Wahn junger, hier geborener Frauen, schweigt Vanessa Vu. Die größte migrantische Gruppe in Deutschland sind nun mal die Türkinnen und Türken. Und von diesen sind ein sehr großer Teil islamistisch fanatisiert. Seit 9/11 hat sich das ganz extrem verschärft. Wenn man auf Fotoalben der 1970er Jahre nach türkischen Frauen in der BRD mit Kopftuch sucht, findet man wenige. Ähnlich säkular war damals die Situation in Afghanistan oder natürlich dem Iran der 1960er und 1970er Jahre.

Nein, Vu schweigt nicht nur zu all diesen problematischen Phänomenen, namentlich der Zunahme des Islamismus seit Jahrzehnten in Deutschland und im Westen. Sie stimmt dem allem insofern zu, als sie es nicht thematisiert.

Vor allem aber: Vu verharmlost auf gewisse Weise den Nationalsozialismus oder schreibt ihn um, wenn sie ernsthaft meint, dass Zwangsarbeiter ausgewiesen, ja „vernichtet oder vertrieben“ worden seien im NS – dabei wurden mit brutaler Gewalt 13 Millionen nach Deutschland verschleppt! Weitere Millionen wurden wie zitiert in den besetzten Ländern versklavt und zur Arbeit gezwungen. Womöglich verwechselt sie die Vertreibung und Vernichtung der Juden – die ja gar nicht erwähnt werden! – mit der Situation der Zwangsarbeiter, die weder vertrieben noch vernichtet wurden.

Der Holocaust ist in dieser migrantischen Perspektive nicht einmal mehr eine Petitesse, er kommt einfach als solcher gar nicht mehr vor.

Wer vom Autoritarismus, der anti-emanzipatorischen politischen Kultur, der islamistischen Ideologie, dem Antisemitismus und der Frauenverachtung des aktuellen türkischen Regimes und seinen Hunderttausenden Fans und Wähler*innen in der Bundesrepublik Deutschland nicht reden will, soll von Migration schweigen.

Und wer von der Geschichte des Nationalsozialismus keine Ahnung hat, soll von Zwangsarbeit und der damaligen Vernichtung von allen möglichen „Minderheiten“ schweigen.

 

Literatur:

„10 Jahre Terroranschläge in Madrid“, 10. März 2014, https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/180328/10-jahre-terroranschlaege-in-madrid/

„Begriffe: Fremdarbeiter – Zwangsarbeiter – Sklavenarbeiter“, https://www.bpb.de/themen/nationalsozialismus-zweiter-weltkrieg/ns-zwangsarbeit/227269/begriffe-fremdarbeiter-zwangsarbeiter-sklavenarbeiter/

„Die nationalsozialistische Zwangsarbeit – Hintergrundinformationen“, https://www.zwangsarbeit-archiv.de/zwangsarbeit/zwangsarbeit/zwangsarbeit-hintergrund/index.html

„Lehrervertreter RLP: „Wir brauchen von außen mehr Unterstützung“, 29.05.2023, https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/koblenz/lars-lamowski-interview-lehrermangel-vorschulfoerderung-100.html

„NS-Zwangsarbeit: Ausgebeutet und ,vergessen’“, https://www.stiftung-evz.de/themen/zwangsarbeit-im-nationalsozialismus/

„Obey Make Art Not War“, https://www.turismo.comunecervia.it/de/events/veranstaltungen-und-initiativen/ausstellungen/cervia-street-art-ausstellung#null

 

https://ak-regionalgeschichte.de/veranstaltungen/

https://twitter.com/cem_oezdemir/ (28. Mai 2023)

https://www.auepost.de/stadtgespraech/friedensinitiative-wunstorf-wuerde-zum-vorrangigen-ziel-71295/

https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Geburten/Tabellen/lebendgeborene-staatsangehoerigkeit-laender.html

https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1052912676

https://www.zeit.de/autoren/V/Vanessa_Vu/index

 

American Foreign Policy Forum (Hg.) (2010): World Almanac of Islamism, https://almanac.afpc.org/

Bruckner, Pascal (2007): Vom Recht auf Differenz gelangt man rasch zur Differenz der Rechte, in: Chervel/Seeliger (Hg.), S. 200–207

Chervel, Thierry/Seeliger, Anja (Hg.) (2007): Islam in Europa. Eine internationale Debatte, Frankfurt a.M.: Suhrkamp

Evisen, Ilgin Seren (2023): Liberale Türken verzweifeln – „Allahu Akbar“, 30. Mai 2023, https://www.cicero.de/aussenpolitik/liberale-turken-verzweifeln-der-mann-hat-wieder-gewonnen

Heni, Clemens (2011): Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11, Berlin: Editon Critic

Laqueur, Walter (2006): Die letzten Tage von Europa. Ein Kontinent verändert sein Gesicht, Berlin: Propyläen

Pehlivan, Erkan (2023): AKP-Abgeordneter hetzt in Moschee von Grauen Wölfen in Neuss, 15. Januar 2023, https://www.fr.de/politik/akp-abgeordneter-moschee-graue-woelfe-neuss-hetze-gewalt-erdogan-tuerkei-92028541.html

Pehlivan, Erkan (2023a): Nach Erdogan-Sieg: Empörung über Autokorsos türkischer Nationalisten in europäischen Städten, 29. Mai 2023, https://www.fr.de/politik/europa-tuerkei-wahl-erdogan-sieg-regierung-opposition-chp-kilicdaroglu-autokorsos-feier-92308927.html

Stenke, Wolfgang (2018): Zum Tod des Historikers und Publizisten Walter Laqueur Skeptiker und Zeitzeuge, 01.10.2018, https://www.deutschlandfunk.de/zum-tod-des-historikers-und-publizisten-walter-laqueur-100.html

Vu, Vanessa (2023): Sie werden die Mächtigen sein. Deutschland will nicht begreifen, was es heute ist: ein Land, in dem Migranten nicht mehr Minderheit sein werden, sondern gefragter denn je. Kommen da noch alle mit?, 30. Mai 2023, https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-05/migration-gesellschaft-einwanderung-deutschland-demografischer-wandel

 

 

 

 

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