BiCSA

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism

Georg Stefan Troller über Israel und die Welt oder: Will Netanyahu den Selbstmord Israels?

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

In einem sensationellen Feuilleton-Gespräch mit dem 102-jährigen Georg Stefan Troller in Paris durch den Journalisten Harald Wieser und seinem ZEIT-Kollegen Moritz Aisslinger in der Ausgabe der ZEIT vom 15. August 2024 geht es um das „Jahrhundertleben“ Trollers, seine Flucht vor den Nazis, seine Rückkehr mit den Amerikanern 1945, sein Leben in Paris, seine 200 Filme, über die Gefahr der AfD, des Rechtsextremismus und von Trump hin zu Trollers Menschenkenntnis und der Art seines Zugangs zu den Leuten, gerade den ‚einfachen‘, jenen aus dem ‚Block‘ oder der Gosse, wo er, wie er betont, weit mehr Einsichten in die menschliche Existenz erfuhr, als im Gespräch mit den Schönen und Reichen oder Berühmten.

Ein Interview, das man gelesen haben sollte, wenn man über das zwanzigste und das beginnende einundzwanzigste Jahrhundert sowie Grundfragen des Menschseins mitreden möchte.

Ich möchte hier nur auf eine Stelle eingehen, die natürlich realpolitisch besonders wichtig ist. Auf die Frage, ob es eine „Aussicht auf eine Lösung“ des Konflikts mit der Hamas im Gazastreifen geben könnte, sagt Georg Stefan Troller:

Solange Netanyahu an der Macht ist, sehe ich keine. Er will den Konflikt nicht lösen, sondern verschärfen. Es wird nicht gelingen, die Hamas auszuradieren. Es braucht einen Kompromiss, doch daran ist Netanyahu nicht interessiert. Was mich am meisten beunruhigt, ist die Hisbollah, die es gar nicht erwarten kann, Israel anzugreifen. Ich war ja als Reporter beim Jom-Kippur-Krieg dabei und habe diese Nation im Kriegszustand kennengelernt. Man denkt, dass die Menschen dort zu gescheit sind, um Selbstmord zu begehen. Aber was im Moment passiert, ist der Selbstmord Israels vor der Welt. Sie haben all die Sympathien verloren, von denen sie früher gelebt haben.

Dieses Zitat ist von noch viel größerer Bedeutung, als viele es vielleicht ermessen. Denn weiteste Teile der Pro-Israel Szene in Deutschland sind weitgehend ignorant, was die scharfe Kritik an Netanyahu betrifft und was die Tatsache meint, dass er ja hauptverantwortlich ist auf israelischer Seite, dass es zu dem genozidalen Massaker der Hamas an 1200 Jüdinnen und Juden und dem Verschleppen von 251 Geiseln am 7. Oktober 2023 kommen konnte.

Er trägt dafür bis zum Ende seiner Tage die politische Verantwortung und ein seriöser Politiker wäre umgehend zurückgetreten im Oktober 2023.

Dass Netanyahu aber nicht seriös, sondern rechtsextrem ist, zeigte sein Verhalten das ganze Jahr 2023 bis zum 6. Oktober. Er wollte eine „Justizreform“ mit aller Gewalt durchboxen und die Gewaltenteilung de facto aushebeln. Das plante oder plant er mit seinen noch weit rechtsextremeren Kräften wie der Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir oder Finanzminister Bezalel Smotrich wie auch Justizminister Yariv Levin.

Pogrome gegen Palästinenser, bei denen die IDF wie vor wenigen Tagen einfach zuschaut, wie Autos oder Gebäude angezündet oder gar Menschen ermordet werden, erschüttern die Regierung in Jerusalem überhaupt nicht. Die Öffentlichkeit in Israel ist weit kritischer und verlangte 2023 den Rücktritt des „Kriminellen“ Netanyahu, der im Kern, jedenfalls bis 2023, nur Opportunist war. Doch seit der Debatte um die Justizreform und seine juristischen Probleme, die er mit der Ausschaltung der Gewaltenteilung auf seine Weise lösen wollte, wurde auch Bibi immer rechtsextremer. Er persönlich hat Israel weltweit isoliert wie wohl kein anderer Regierungschef und keine andere Regierungschefin in Israel seit 1948.

Dass viele Regierungen, namentlich im Globalen Süden, aber auch in Teilen von Europa und der EU, antizionistischen Antisemitismus goutieren oder gar befördern, kommt noch dazu. Aber das ist eben nicht die ganze Geschichte. Denn auch wohlwollende Länder, vorneweg die USA, wurden durch das Auftreten und das völlig unkritische Verhalten gegenüber eigenen massiven Fehlern wie von Netanyahu, stark irritiert. Israel hat Besseres verdient als seine aktuelle Regierung, wobei auch das in der Tat dialektisch zu sehen ist, da die Regierung ja gewählt wurde und somit ein Großteil der Bevölkerung ähnlich rechtsextrem denken dürfte wie Netanyahu und seine Regierung. Davor kann man ja nicht die Augen verschließen.

Wenn ich immer die Ankündigungen zu Vorträgen oder Seminaren, Workshops oder Konferenzen der „Pro-Israel-Szene“ in Deutschland sehe, ist das fast immer das gleiche langweilige Suhlen im „Wir sind wirklich die Guten!“ Was für eine Leistung angesichts der Hamas und des Jihad. Aber zur enormen Gefahr, die Netanyahu für den Zionismus und Israel darstellt, sagten die meisten dieser Leute weder im Jahr 2023 vor dem 7. Oktober Substantielles, noch die Jahre zuvor und schon gleich gar nicht seit dem 7. Oktober 2023.

Die Art und Weise wie gerade Bibi Pro-Israel Politiker*innen in den USA vor den Kopf gestoßen hat, ist unerträglich und hat wohl so viel Schaden angerichtet wie wenig sonst in den bilateralen Beziehungen dieser beiden Länder. Die USA sind das Schlüsselland, was die militärische und diplomatische Hilfe für Israel betrifft – und zwar für alle Zeiten, denn solche Kriegsschiffe, solche geheimdienstlichen wie politisch-diplomatischen Möglichkeiten, wie sie die USA haben, wird Israel nie haben können, das weiß jeder, der oder die noch einen Bezug zur Realität hat.

Nur weil Israel von religiös-fanatischen arabischen Staaten ohne Demokratie und mit verschleierten Frauen umgeben ist, heißt das noch lange nicht, dass Israel selbst eine fabelhafte Demokratie ist, nur weil es dort freie Wahlen und keine dermaßene Frauenverachtung gibt wie in allen arabisch-muslimischen Staaten mit Kopftuchzwang und dem Propagieren oder Dulden von Burka oder Nikab (die auch in Europa bis auf Frankreich, Belgien, Dänemark, Österreich, Holland, Norwegen, Italien nirgendwo verboten sind), vom islamofaschistischen Regime in Teheran nicht zu schweigen.

Netanyahu war schon vor dem 7. Oktober 2023 zur politisch-kulturellen Katastrophe des Landes geworden und seitdem hat er das noch um ein Vielfaches verschärft. Er persönlich ist verantwortlich dafür, dass die Hamas dieses Massaker ohne nennenswerte Gegenwehr der IDF und der Polizei verüben konnte, weil er die militärischen Kräfte ins Westjordanland zu den rechtsextremen Siedlern verlegt hatte und Warnungen über die Hamas nicht ernstnahm. Ein Untersuchungsausschuss wird das die nächsten Jahre alles offenlegen, aber Israel hat nicht so viel Zeit. Das Vertrauen, das Netanyahu gerade in den USA verspielt hat, ist schwer in Worte zu fassen. Dabei ist Joe Biden ein Zionist und hat sich eisern hinter den Judenstaat gestellt. Aber das Taktieren von Netanyahu mit den Verbrechern der Hamas schadet nicht nur den Geiseln, sondern auch der internationalen Reputation Israels, die es in vielen Jahrzehnten mühsam aufgebaut hatte.

Mögen die weisen, oben zitierten Worte des scharfsinnigen Georg Stefan Troller Wirkung zeigen und möge Israel endlich einen neuen Weg beschreiten, ohne Netanyahu. Im Namen des Zionismus braucht Israel einen Neuanfang und das endlich ohne diesen unerträglichen und extrem gefährlichen Benjamin Netanyahu.

Zum Schluss nochmal Georg Stefan Troller aus dem Gespräch mit Harald Wieser und Moritz Aisslinger:

Zeit: Charlie Chaplin hat, als er auf die 90 zuging, gesagt: ‚Ab einem gewissen Alter tut auch die Freude weh.‘ Würden Sie zustimmen?

Troller: Bei mir ist es andersherum: Je älter ich werde, desto positiver schaue ich auf die Welt, trotz aller Düsternisse. Im Großen und Ganzen könnte man sagen, ich bin als Pessimist gestartet und habe mich über tausend Hindernisse zum Optimisten entwickelt. Das finde ich als Fazit nicht schlecht.

 

Der sehr ehrenwerte Meron Mendel

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

 

Meron Mendel ist ein beliebter Redner und häufig Gast in Funk und Fernsehen. Er wendet sich im Februar 2024 in einem Beitrag für die Zeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik gegen die Sanktionierung von Antisemitismus und schreibt:

[Der Jurist] Möllers argumentiert, dass das Recht auf Meinungsfreiheit sogar antisemitische und rassistische Äußerungen schützt (solange sie nicht unter den Strafbestand der Volksverhetzung fallen). Und das Recht auf Kunstfreiheit schützt dementsprechend auch antisemitische und rassistische Kunstwerke.

„Das wirkt vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte wie ein Skandal, aber es ist der Skandal einer liberalen Ordnung, die nicht alles rechtlich sanktioniert, was sie politisch verurteilt“, so Möllers.

Daraus leitet er ab, dass der Staat den Kulturinstitutionen keine Inhalte vorschreiben darf. Staatliche Stellen „dürfen nicht entscheiden, welche Stücke gespielt, welche Schauspieler besetzt, welche Personen zu Vorträgen eingeladen oder wessen Kunstwerke ausgestellt werden. Der Staat hat die öffentliche Einrichtung und deren Verfahren so auszugestalten, dass Kunstfreiheit in ihnen real ermöglicht wird.“ Die Auflage, eine Antidiskriminierungsklausel zu unterschreiben, um staatliche Förderung zu erhalten, ist da ein Signal in die falsche Richtung.

Ein Problem hat Meron Mendel vor allem mit dem Kampf gegen Antisemitismus, insoweit dieser nicht von Neonazis oder der AfD kommt. Namentlich der Antisemitismusbeauftragte der deutschen Bundesregierung Felix Klein ist ihm ein Dorn im Auge, wie er in den blättern schreibt:

Eine solche Kontroverse war die „Mbembe-Debatte“ 2020. Es ging um den kamerunischen Philosophen Achille Mbembe, der als Eröffnungsredner der Ruhrtriennale eingeladen war. Mbembe ist einer der internationalen Philosophie Superstars und so glaubte man, mit ihm als Eröffnungsredner einen Coup
gelandet zu haben. Die Begeisterung wurde jedoch nicht von allen geteilt. So forderte der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, mit Verweis auf als antisemitisch gelesene Passagen in Texten des Philosophen dessen Ausladung.

Mendel zitiert nicht einen Satz von Mbembe, warum dieser Autor in die Kritik geriet. Er macht Mbembe umgehend zu einem Opfer böser Aktivisten wie hier Felix Klein. Doch was hatte Mbembe denn geschrieben, was für eine Ideologie vertritt er? Ich hatte mich schon vor der Mbembe-Debatte 2020 mit ihm beschäftigt und 2019 geschrieben („Prolegomena zu einer kritischen Antisemitismusforschung in der Pädagogik“):

In seinem Buch „Kritik der schwarzen Vernunft“ analysiert und kritisiert der kameruner Politologe Achille Mbembe die Gewalt des Kolonialismus und des Rassismus. Zu Recht attackiert er sowohl den Islam wie das Christentum und den Kolonialismus als universalistische Ideo­logien, die Afrika unter sich aufteilt­en, auch wenn das Wort „Ideologie“ kaum auftaucht. Die Ge­walt­för­mig­keit des „Neger“-Daseins, Mbembe verwendet absichtlich das Nomen „Neger“, wird plastisch und bedrückend dargestellt. Es ist nur so, dass Mbe­m­be im Rassismus und Kolonialismus die einzige und die Welt beherrschende Ide­o­logie sieht.

Für die Antisemitismusforschung gilt es, Mbembe kritisch zu lesen. Es geht um folgende Stelle in seinem Band „Kritik der schwarzen Vernunft“, die alles auf den Punkt zu bringen scheint. Er bezieht sich auf den auf der karibischen Insel Martinique geborenen Schriftsteller, Politiker und Mitbegründer der „Négritude“ Aimé Césaire (1913–2008), und schreibt:

„Was der Westen Hitler nicht verzeihe, sei ‚nicht das Verbrechen an sich, das Verbrechen gegen den Menschen […], nicht die Erniedrigung des Menschen an sich, sondern das Verbrechen gegen den weißen Menschen, die Erniedrigung des weißen Menschen, und dass er, Hitler, kolonialistische Methoden auf Europa angewendet hat, denen bislang nur die Araber Algeriens, die Kulis Indiens und die Neger Afrikas ausgesetzt waren‘“. (Mbembe 2014: 290, Anm. 9)

Dieses Zitat steht für weite Teile der postkolonialen Forschung und indiziert einen postkolonialen Antisemitismus: Es leugnet, dass die Shoah ein nie dagewesenes Verbrechen war. Zudem wurden Juden demnach nicht als Juden, sondern als „Weiße“ ermordet. Das ist eine weitere Form des Antisemitismus, die Juden das Jude-Sein abspricht und fantasiert, Juden seien nicht als Juden von den Deutschen im Holocaust ermordet worden.

Achille Mbembe hat also überhaupt nicht verstanden, was den Holocaust kategorial von rassistischen Gewalttaten wie im Kolonialismus unterscheidet. Er leugnet offensiv, dass die Shoah präzedenzlos war. Er macht Juden zu „weißen Menschen“ und das ist ein Kernelement des postkolonialen Antisemitismus weltweit.

Von daher hatte Felix Klein mit seiner Intervention völlig Recht. Doch Meron Mendel hat ganz offenkundig mit dieser Art von postkolonialem Antisemitismus kein Problem. Entweder erkennt er ihn nicht oder er erkennt ihn sehr wohl, möchte aber nichts dagegen unternehmen. Beides indiziert ein intellektuelles Versagen.

Meron Mendel jedoch wehrt jedwede substantielle Kritik wie Ausladungen oder die Drohung, den Geldhahn für antisemitische Institutionen oder solche, die Antisemitismus auf die Bühne oder in die Zeitschrift etc. pp. bringen, vehement und grundsätzlich, aber in der ihm typischen seichten Sprache ab.

Was die Sache noch schlimmer macht, ist die Tatsache, dass er natürlich ob des extrem angestiegenen Antisemitismus in Deutschland und weltweit seit dem 7. Oktober 2023 weiß, er zitiert dazu auch Zahlen. Doch er sieht nicht, wie es Juden und pro-israelischen wie pro-jüdischen Aktivist*innen in Deutschland seit dem schrecklichsten Massaker an Juden seit der Shoah geht. Was für ein Schock dieser Tag war. An diesem Tag wurden von Cola trinkenden und „Allahu Akbar“ schreienden Palästinensern in einem präzedenzlosen Blutrausch und einem so seit dem Holocaust nicht dagewesenen Abschlachten, Vergewaltigen, Köpfen, Massakrieren und Verbrennen über 1200 Jüdinnen und Juden im Süden Israels ermordet sowie mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt, von denen bis heute 116 weiter gefangen gehalten und misshandelt werden, Dutzende von ihnen sind schon tot und es wird befürchtet, dass viele weitere Geiseln auch nicht mehr am Leben sind.

Kein Ereignis hat die Juden weltweit seit 1945 so schockiert wie dieses Massaker der Hamas, des Islamischen Jihad und ganz normaler Palästinenser. Dass es auch liberale Palästinenser gibt, die schon zuvor Abscheu vor dem Islamismus der Hamas hatten, gegen die Hamas politisch kämpften und demonstrierten und am 7. Oktober schockiert waren ob der Freudentänze in Gaza oder dem Süßigkeiten verteilen ob des Massenmords an Juden wie in Berlin-Neukölln, zeigt das Beispiel von Hamza Howidy. Er steht symbolisch für den jahrzehntelangen Slogan der Pro-Israel Szene

FREE GAZA FROM HAMAS.

Dass der Antisemitismus auch nach der Herrschaft der Hamas nicht von heute auf morgen verschwunden sein wird, ist völlig klar. Man denke an die Jahrzehnte, die es dauerte, bis die Bundesrepublik anfing, sich kritisch mit der NS-Geschichte und dem Holocaust zu befassen und man denke daran, wie diese mühsame Erinnerungsarbeit mit den Reaktionen und Nicht-Reaktionen zumal der kulturellen Elite in Deutschland und weltweit nach dem 7.10.2023 komplett zunichte gemacht wurde.

Als bei der Berlinale 2024 ein Regisseur auf der Preisverleihungsfeier Israel einen wörtlich „Genozid“ an den Palästinensern in Gaza vorwarf, sprang der mutigste aller Juden, die in Deutschland leben, dem mit Applaus auf der Berlinale Gefeierten heldenhaft zur Seite und sagte dem Berliner Tagesspiegel:

Während der Gala am Samstagabend war der Nahostkonflikt mehrfach thematisiert worden. Zahlreiche Mitglieder aus Jurys sowie Preisträgerinnen und Preisträger forderten verbal oder mit Ansteckern einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg. Der US-amerikanische Regisseur Ben Russell sprach am Ende seiner Dankesrede für eine Auszeichnung von einem Genozid, einem Völkermord.

Mendel sieht keinen Fall von Antisemitismus. „Ich würde von antiisraelischen und einseitigen Äußerungen sprechen, aber nicht von antisemitischer Rhetorik“, bekräftigte der israelisch-deutsche Publizist im Bayerischen Rundfunk. Zur Kritik aus der Politik sagte er, es gehe nur darum, aus dem Thema „einen politischen Gewinn zu machen und eine Art von Symbolpolitik zu machen“. Solche Reden würden im Kampf gegen den Antisemitismus nicht helfen.

Damit leugnet Mendel, dass Hass auf Israel, dass antiisraelische Agitation „antisemitische Rhetorik“ darstellt. Da lacht natürlich die Zeitung für Deutschland FAZ und lädt Mendel und seine Frau ein, weiterhin ihre Verdrehungen und vor allem Verharmlosungen des heutigen Antisemitismus unters allzu deutsche Volk zu bringen – denn wer liest schon FAZ?, die kulturelle Elite und sonst niemand. Doch für Mendel ist laut dem Tagesspiegel wie zitiert eine „antiisraelische“ Äußerung keine „antisemitische Rhetorik“.

Es steht auch im Widerspruch zur aktuellen Rechtsprechung in Deutschland, die eine antiisraelische Parole als „Billigung von Straftaten“ verurteilt hat:

Erstmals ist in Berlin der Ausruf „From the river to the sea“ mit einer Geldstrafe geahndet worden. (…)

Das Amtsgericht Tiergarten hat eine 22-Jährige aus Berlin wegen Verwendung der Parole „From the river to the sea – Palestine will be free“ zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Das teilte das Gericht am Dienstag mit. Rechtlich bewertete das Gericht das Rufen dieser Parole auf einer verbotenen Versammlung in Berlin-Neukölln im Oktober 2023 als Billigung von Straftaten (§ 140 Abs. 1 Nr. 2 StGB).

Es sei also nicht antisemitisch, wenn mann oder frau antiisraelisch hetzt, mit solchen Thesen gibt Meron Mendel dem heutigen antizionistischen Antisemitismus einen Koscherstempel. Er gibt damit ja sogar zu, dass dies keine Kritik an einer bestimmten Politik ist, sondern dezidiert antiisraelisch. Aber das reicht dem Superforscher Mendel nicht, darin etwas Gefährliches oder Antisemitisches oder Strafbares zu erkennen. Er will es nicht sehen.

Doch in der internationalen Antisemitismusforschung wird genau das seit Jahrzehnten detailliert und kritisch dargelegt: der heutige Antisemitismus ist im Kern antiisraelisch.

Wer das leugnet, ist nicht nur nicht auf dem Stand der internationalen Forschung, sondern gibt selbst diesem gefährlichsten aller heutigen Ressentiments auch noch Feuer.

Das ist nur ein Beispiel für die groteske Art von Forschung oder Publizistik von Meron Mendel, sie mag hier pars pro tot stehen. Jemand, der nicht umgehend den Antisemitismus dieser Szene auf der Berlinale 2024 erkennt, ist ungeeignet, als Experte für den Kampf gegen Antisemitismus zu gelten.

Doch sie zahlt sich aus diese Art von Publizistik, Mendel bekommt nonstop Anerkennung für seine zu kurz geratene oder verschwommene Kritik oder Nicht-Kritik am Antisemitismus.

Als bekannt wurde, dass Meron Mendel mit seine Ehefrau Nur-Cheema die Buber-Rosenzweig Medaille 2025 des Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit erhalten soll, hat intern, mit einem Brief an diesen Koordinierungsrat, der Präsident des Zentralrats der Juden sich eingeschalten. Was in dem Brief steht, ist öffentlich nur in Auszügen bekannt:

Schuster wirft jedoch Mendel »umstrittene und zum Teil untragbare Positionierungen« vor.

Die Anerkennung eines Staates „Palästina“, die Mendel befürwortet, mag ein weiteres Zeichen sein, warum Meron Mendel ganz sicher nicht im Namen der übergroßen Mehrheit der Juden in Deutschland oder auch in Israel, wo er herkommt, spricht. Angesichts eines genozidalen Massakers von Palästinensern diesen nun als quasi Dank einen eigenen Staat zusprechen – mit einer Regierung aus Hamas und Fatah? Mit Hamas-Massenmördern als Ministern und diplomatischen Vorzügen aller Art? Das ist wirklichkeitsfremd, oder aber politisch fanatisch.

Gerade liberale und antiislamistische Palästinenser wie Hamza Howidy, der mit Glück den Klauen der Islamfaschisten der Hamas entkommen konnte, betonen, dass die Palästinenser noch jahrelang überhaupt nicht reif sein werden für einen eigenen Staat. Erstmal muss es eine „Deradikalisierung“ geben, die mit pädagogischen und politischen Programmen initiiert und unterstützt werden sollte, wie Howidy vor wenigen Wochen in Heidelberg auf einer Veranstaltung sagte. Howidy ist unendlich näher dran an der Realität im Gazastreifen als Meron Mendel, Howidy weiß im Gegensatz zu Mendel, wovon er spricht, wenn es um Palästina geht.

Nun haben Meron Mendel und Saba-Nur Cheema in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) eine ihrer Kolumnen geschrieben, wo sie völlig ernsthaft eine Linie aufmachen von islamistisch-faschistischen Regimen wie in Teheran und der Fatwa gegen den Schriftsteller Salman Rushdie – und sich selbst und dem Zentralrat der Juden in Deutschland und Josef Schuster.

Mit „Zweifel“ hat ihr Text und haben ihre sonstigen Auslassungen nichts zu tun, dafür mit einem äquidistanten Gerede, das Antisemitismus und Islamismus nur zum Thema macht, um sie zu verharmlosen. Sie sehen sich als unterdrückte Minderheit in Deutschland – als FAZ-Kolumnist*innen. Man sieht wie absurd das ist. Sie bringen noch weitere Analogien von Minderheiten oder Dissidenten in der Geschichte und maßen sich an, hier Spinoza zu erwähnen und gerieren sich als Opfer – Opfer einer wirklich bösen Gruppe, des Zentralrats der Juden in Deutschland sei. Da lachen die Rechten aller Art aber schallend, denn den Zentralrat können die auch überhaupt nicht leiden.

Mendel und Cheema dürfen in der FAZ also Folgendes schreiben:

Als dreckige Wäsche gilt insbesondere Kritik an israelischer Politik. (…)

In der islamischen Welt hat die Praxis der Exkommunizierung, der sogenannte Takfir, eine lange Tradition, obwohl sie stark umstritten ist: Für die einen wird der – echte oder zugeschriebene – Glaubensabfall als Verbrechen gesehen, der sogar mit dem Tod bestraft werden muss. Für die anderen ist es ein Konzept, das den islamischen Prinzipien widerspricht.

Seit dem Aufblühen des Islamismus in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts wird der Takfir allen voran von gewaltbereiten Fundamentalisten eingesetzt. Besonders bekannt ist der Fall des indisch-britischen Schriftstellers Salman Rushdie, der für seinen Roman „Die satanischen Verse“ 1989 zum Ungläubigen erklärt und mittels einer Fatwa durch den iranischen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini zum Tode verurteilt wurde.

Nun: es gibt weltweit keinen größeren Volkssport als „Israelkritik“. Nahezu jeder Bewohner und jede Bewohnerin ist entweder selbst in so einem Sportclub mit dem Namen „Ist doch nur Israelkritik“, „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“ oder kennt Leute, die in so einem Club drin sind. Die meisten waren schon lange vor dem 7. Oktober Mitglied in so einem Club, aber einige kamen erst nach dem 7.10. dazu, dafür umso aggressiver und engagierter. Daher die Vielzahl offener Briefe, die sich hinter antisemitische Student*innen stellen, sei es an der Columbia University in New York City oder an der FU Berlin. Seit der zweiten Intifada von Herbst 2000 und dann dem 11. September 2001 gibt es wirklich keine beliebtere Sportart weltweit als die „Israelkritik“.

Meron Mendel jedoch möchte vor allem eingeladen und vom Mainstream getätschelt werden. Daher ja auch seine und Cheemas Kolumne in der Zeitung für Deutschland. Er wird als Jude und in Israel Geborener geehrt, der es geschafft habe, ‚trotzdem kritisch‘ zu bleiben. Weil ja sonst üblicherweise Juden und in Israel Geborene die größten Trottel und Fanatiker sind, das ist der Tenor oder die Motivation von all jenen, die die Mendels so loben und preisen.

Dabei ist das, was Mendel als Kritik versteht, häufig nur Ressentiment und vor allem die obsessive Abwehr jedweder luziden Islamismus-, Antisemitismus- und Antizionismuskritik. Meron Mendel sieht einfach häufig den Antisemitismus nicht, sei es der von Achille Mbembe oder der jenes des Filmemachers Ben Russel auf der Berlinale 2024. Wissenschaftlich ist das, was Mendel oft von sich gibt, einfach nur desolat, aber politisch und gesellschaftlich ist es höchst gefährlich.

Er selbst zitiert in seinem blätter-Beitrag von Februar 2024 den zionistischen Journalisten Richard C. Schneider und merkt gar nicht (oder er merkt das sehr wohl, aber ignoriert es), dass Schneider damit gerade auch Leute wie Meron Mendel und dessen „Kunst“ oder die jener, die Mendel immer und immer und wirklich immer wieder, gerade nach dem 7. Oktober 2023 in Schutz nimmt, meinen könnte:

Die FAZ warf der Documenta „Dekolonisierungskunst“ vor, sie arbeite „mit der Moral – und als Reich des Bösen hat sie Israel identifiziert“. Während sich die einen als Antirassisten verstanden, vertraten die anderen die Auffassung, es gehe hier um die letzte Verteidigungslinie vor dem eliminatorischen
Antisemitismus, der den gesamten Kulturbetrieb zu dominieren drohe. Wie der Journalist Richard C. Schneider schrieb: „Solche ‚Kunst‘ kann töten. Sie hat getötet.“ (Meron Mendel, blätter 2/24)

Mendel ist ein Olympiasieger im Lavieren. Er möchte immer und überall dabei sein und wird gerne eingeladen. Er ist irgendwie schon auch gegen die antisemitische BDS-Bewegung, aber irgendwie auch nicht. Warum klare Aussagen machen, wenn man doch auch immer um den heißen Brei des Antisemitismus herum tanzen kann? Das macht viel mehr Spaß und die nächste Einladung ist ihm gewiss.

Im März 2023 schreibt der NDR:

Die BDS-Bewegung (Boykott, De-Investition und Sanktionen) ist besonders in Deutschland als antisemitisch verschrien. Meron Mendel findet die Mittel der Kampagne falsch. Aber er arbeitet überzeugend heraus, dass es sich bei der Initiative um ein loses Netzwerk mit interpretationsbedürftigen Forderungen handele. Der Generalverdacht des Antisemitismus führe häufig dazu, dass palästinensische Stimmen nicht mehr gehört werden.

Ich habe 2018 in meinem Band „Der Komplex Antisemitismus“ Folgendes über Meron Mendel als Herausgeber eines Buches zu Antisemitismus geschrieben:

Einer der am weitesten verbreiteten Fehler der Publizistik und Forschung zu Antisemitismus ist die Annahme, es handele sich hierbei nur um eine gegen Juden gerichtete Form des Rassismus. Das Genozidale, Wahnhafte und Obsessive am Antisemitismus wird verkannt. Antisemitismus basiert auf der Angst vor der eingebildeten Macht der Juden. Daher rühren die Verschwörungsmythen, vorneweg die Protokolle der Weisen von Zion (um 1905).[1]

Rassismus hingegen basiert auf der Herrschaft über eine als minderwertig definierte Gruppe. Häufig geht es um Ausbeutung und Macht, es geht um das cui bono, wem nützt es. Nicht so beim Antisemitismus, der jenseits von Nützlichkeitserwägungen existiert. Repräsentativ für das teilweise Nicht-Verstehen des Antisemitismus ist ein Tagungsband einer großen Veranstaltungsreihe der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main, gefördert von der Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft und in Kooperation mit dem Pädagogischen Zentrum des Fritz Bauer Instituts sowie dem Jüdischen Museum Frankfurt und dem Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) an der Technischen Universität Berlin. Unter dem Namen „Blickwinkel“ haben diese Institutionen von 2011 bis 2017 jährliche Tagungen veranstaltet, eine Auswahl der offenbar besonders guten Beiträge der Tagungen von 2014 bis 2016 wurde 2017 publiziert.

In dem Band sind neben einem Grußwort der Geldgeber wie der maßgeblichen Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft (EVZ) und der Einleitung der Herausgeber*inn­en Meron Mendel und Astrid Messerschmidt 14 Beiträge mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie Alltagskommunikation und Jugendarbeit, Religion, sozialpsychologischen Fragestellungen und „Antisemitismuskritik im Kontext von Rassismus“ abgedruckt.[2] Darunter fällt auch der Beitrag von Jihan Jasmin Dean: „Verzwickte Verbindungen: Eine postkoloniale Perspektive auf Bündnispolitik nach 1989 und heute“. Sie ist Doktorandin am Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) und am Frankfurt Research Center for Postcolonial Studies der Uni Frankfurt und postuliert:

„Insofern kann Antisemitismus als eine von mehreren, spezifischen Aus­prä­g­ungen rassifizierenden Diskurse gesehen werden, zu denen auch anti­mus­lim­ischer Rassismus, Antiziganismus und Kolonialrassismus gehören.“[3]

Antisemitismus sei also eine von vielen Formen „rassifizierender Diskurse“. Demnach werden heute Muslime, die als Opfer von „antimuslimischem Rassismus“ eingeführt werden, so behandelt wie früher die Juden, oder wie ist das gemeint mit dem „rassifizierenden Diskurs“? Seit wann wird heute von Muslimen als „Rasse“ gesprochen? Hat sich Dean je mit der Geschichte des rassebiologischen Antisemitismus befasst? Im Text jedenfalls ist davon nichts zu merken. Im Folgenden werden von der Autorin Muslime als die eigent­lichen Opfer der heutigen Zeit seit 9/11 dargestellt. Kein Wort des Schocks über das unglaubliche islamistische Verbrechen des 11. September 2001, als gekaperte Personenflugzeuge in die beiden Türme des World Trade Center flogen und 3000 Menschen lebendig verbrannten, zerfetzt und zer­quet­scht wurden und in den Tod sprangen. Kein Wort zu diesem Grund der Kritik am heutigen Islamismus.

Dass es schon seit vielen Jahren, lange vor 9/11, ordinären Rassismus gibt, gerade gegen Türken, aber noch früher gegen Italiener, die früher als „Gastarbeiter“ in die BRD kamen als Türken („Anwerbeabkommen“ der BRD mit Italien 1955, mit der Türkei 1961), das ist längst bekannt und viel diskutiert. Auch Griechen, (mittlerweile Ex-) Jugoslawen, Schwarze und viele andere sind in der BRD seit Jahrzehnten vielfältigen rassistischen Diskriminierungen ausgesetzt. Es gibt Rassismus in Deutschland – doch der ist gegen alle als nicht-deutsch definierten Menschen gerichtet. Die Muslime als besondere Opfergruppe herauszunehmen, läuft fehl. Das umso mehr, als ja der Islamismus eines der größten Probleme unserer Zeit ist, was man vom Christentum nicht behaupten kann, unabhängig davon, ob man nun die christliche Religion sinnvoll oder nicht findet. Aber es gibt keine christlichen Selbstmordattentate weltweit und keine Sicherheitsüberprüfungen an Flughäfen aufgrund von christlichen Terroristen, sondern aufgrund von Islamisten.

Die Rechten unterscheiden nicht zwischen Islam und Islamismus, das ist ein großes Problem. Aber ebenso wenig sollte und darf das die notwendige und sehr scharfe Kritik am Jihad und Islamismus verdrängen. Die Rede von „rassifizierten Communities“[4] ist eine sprachliche Verharmlosung, ja Leugnung der Spezifik des rassebiologischen Antisemitismus. Hier und heute wird in Deutschland keine einzige Migrantengruppe als „die Gegenrasse“ betrachtet wie früher die Juden. Das ist eine solche sprachliche Absurdität, dass man schon an der Wortwahl merkt, dass die Autorin den kategorialen Unterschied von Vernichtung und Diskriminierung, Antisemitismus und Rassismus nicht kennt. Schon ihr Begriff „Rassifizierung“ ist kontraproduktiv, ja universalisiert die sehr spezifische und einzigartige Konstruktion der Juden zu „der Gegenrasse“ schlechthin. Für die Nationalsozialisten war „der“ Jude – und nicht etwa „Jüdinnen und Juden“, wie das in an diesem Beispiel grotesk anmutenden Gender-Jargon heißt – der Feind der Menschheit sowie der Deutschen. Es geht um das „jüdische Prinzip“, wie es sich in der antisemitischen Ideologie zeigt, sei es Mammon, Moloch, Ahasver (vgl. Kapitel 1) oder andere Topoi. Das Kunstwort „Rassifizierung“ im Beitrag von Dean – dem längsten in dem Band – stellt eine Analogie von Juden und anderen her, die angeblich genauso oder ähnlich diskriminiert würden. Sie schreibt über Juden und den Zionismus Folgendes:

„Kritik und Anerkennung müssen nicht in Widerspruch zueinander stehen. Mitt­lerweile gibt es politische Ansätze wie den radical diasporism, welche der israelischen Besatzungspolitik kritisch gegenübersteht, sich aber glei­ch­zeitig einer öffentlichen Positionierung zu dieser entziehen bzw. widersetzen will, weil sie sich in der Diaspora verorten. Aus einer theoretischen Perspektive, die Jüdische Studien mit Postkolonialer Theorie verbindet, kann der politische Zionismus als ambivalentes Projekt – als Diskurs einer anti­kolonialen nationalen Befreiungsbewegung und eines Siedlerkolonialismus zugleich – betrachtet werden“.[5]

Dean kokettiert mit dem antizionistischen Anti­semi­tis­mus gleich doppelt, indem sie sich hinter die marginale Gruppe von Juden stellt, die sich nicht als zionistisch, sondern in der Diaspora verhaftet begreifen. Dazu definiert sie in einer beachtlich überheblichen Manier die welt­hist­or­ische Bewegung des Zionismus als „ambivalent“.

Jihan Jasmin Dean bezieht sich positiv auf eine der derzeit erfolgreichsten und aggressivsten antisemitischen Bewegungen: die BDS-Bewegung zum Boykott Israels. Sie schreibt:

„Darüber hinaus ist es problematisch, BDS zu einer universellen Strategie zu erheben, denn es kommt auch auf den historisch-geografischen Kontext an, in dem sie angewandt wird – in Deutschland schließt eine Boykottforderung unweigerlich an antisemitische Diskurse an. Dennoch kann BDS als eine parti­ku­lare und kontextabhängige Strategie anerkannt werden, die in der palä­sti­nen­sischen Bevölkerung breiten Rückhalt hat und auch internationale Un­ter­stützung findet“.[6]

Diese positive Würdigung der weltweiten BDS-Bewegung ist skan­da­lös – in einem Band, der sich mit „antisemitismuskritischer Bildung“ befassen möchte und doch Antisemitismus unterstützt. Die Berliner Land­es­reg­ier­ung, repräsentiert durch den Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke), spricht sich klipp und klar gegen BDS und gegen internationale BDS unterstützende Künstler*innen aus, was angesichts der nun jährlich auf­tret­en­den BDS Kam­pag­nen gegen das große Pop-Kultur-Festival in Berlin von großer Be­deut­ung ist (vgl. Kapitel 5.3). Hingegen promotet der von Meron Mendel und Astrid Messerschmidt edierte Forschungsband BDS, in dem gesagt wird, BDS sei nur in Deut­schland wegen der Geschichte un­günstig, aber nicht sonst­ wo.

[1] Hadassa Ben-Itto [1998]/(2001): „Die Protokolle der Weisen von Zion“ – Anatomie einer Fälschung, Berlin: Aufbau Verlag.

[2] Meron Mendel/Astrid Messerschmidt (Hg.) (2017): Fragiler Konsens. Antisemitismuskritische Bildung in der Migrationsgesellschaft. Unter Mitarbeit von Tom David Uhlig, Frankfurt/New York: Campus. Mendel ist Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Messerschmidt Professorin für Erziehungswissenschaft an der Universität Wuppertal, wie das Buch die beiden bewirbt.

[3] Jihan Jasmin Dean (2017): Verzwickte Verbindungen: Eine postkoloniale Perspektive auf Bündnispolitik nach 1989 und heute, in: Mendel/Messerschmidt (Hg.), S. 101–129, hier S. 105.

[4] Ebd., S. 107.

[5] Ebd., S. 121.

[6] Ebd., S. 104.

So viel aus meiner Studie „Der Komplex Antisemitismus“. Ich hatte also schon 2018 Meron Mendel im Visier und spürte, was für eine höchst problematische Art von Wissenschaft und Publizistik er betreibt. Das Publizieren dieses hier analysierten Texte von Jihan Jasmin Dean durch Meron Mendel und seine Kollegin Astrid Messerschmidt zeigte schon 2017, wie antisemitische Topoi wie selbstverständlich und in einer akademischen Diktion Mainstream sind.

Die Leugnung der Spezifik des genozidalen Antisemitismus, während Rassismus völlig andere Formen annimmt und auf Ausbeutung und Abwertung, aber nicht auf Vernichtung zielt, zeigt sich hier exemplarisch. So ein Text, den Mendel hier co-edierte, steht ganz typisch für den fast gesamten postkolonialen, postmigrantischen oder migrantischen und selbst ernannten antirassistischen Diskurs. Wer die BDS-Bewegung nur in Deutschland irgendwie problematisch findet, aber ansonsten völlig OK, der oder die trägt zur Dämonisierung Israels bei und gibt dem Judenhass letztlich Vorschub. Der Kern der BDS-Bewegung ist ja das „Rückkehrrecht“ der 1948 vertriebenen Palästinenser, so wie wenn Neonazis und Vertriebenenverbände bis heute die Rückkehr von Millionen Vertriebenen die Rückkehr nach Polen oder in die Tschechische Republik fordern würden und natürlich das inklusive aller bis heute Nachgeborenen, also jenen „Vertriebenen“, die 2024 in Berlin-Neukölln geboren wurden.

Kritik an der aktuellen israelischen Regierung ist absolut notwendig und in Israel demonstrieren täglich und wöchentlich Hunderttausende gegen die Regierung. Bis zum 6. Oktober 2023 waren dies sehr wichtige und notwendige Demonstrationen gegen eine geplante „Justizreform“, die der rechtsextremen Regierung Netanyahu noch mehr Möglichkeiten der Herrschaftsabsicherung gegeben hätte. Aktuell und seit Monaten sind die Proteste gegen die Regierung für die Freilassung der Geiseln und für einen Deal mit den Monstern der Hamas. International, nicht zuletzt in Washington, D.C., wird völlig zu Recht Netanyahu als ganz großes Hindernis für so einen Deal erkannt. Joe Biden sagte letzte Woche in einem Telefonat zu Netanyahu, er solle aufhören, Bullshit zu reden:

stop bullshitting us.

Das ist aus dem Munde eines erklärten Zionisten wie Joe Biden eine Kritik unter Freunden. Biden weiß, dass entgegen dem Mossad, dem Shin Bet, der IDF oder dem Verteidigungsminister Gallant Netanyahu ein Kernproblem ist, warum es keinen Deal zur Freilassung der Geiseln gibt.

Die Position von Joe Biden ist das pure Gegenteil dessen, was ein Meron Mendel tut, wenn er nicht mal bei Filmemachern, die Israel auf der Berlinale „Genozid“ vorwerfen, glasklaren antizionistischen Antisemitismus wie erinnerungsabwehrenden Antisemitismus – Abwehr der Erinnerung an das schlimmste Massaker seit der Shoah – zu erkennen vermag.

Gleichzeitig – auch das sieht Joe Biden – gibt es eine massive Siedlergewalt im Westjordanland, die in Israel selbst von Linken und Liberalen auch kritisiert wird, auch wenn diese Kritik seit dem 7.10. hinter dem Ruf „BRING THEM HOME NOW“ zurücksteht. Auch antisemitische Ultraorthodoxe die angesichts ihrer Einberufung in die IDF von „Auschwitz“ faseln verbreiten eine widerwärtige Form des heutigen Antisemitismus, sie sind ein Zerrbild des antizionistischen Antisemitismus der Linken im Westen. Ultraorthodoxe antisemitische Hetzer schreien aktuell:

Hundreds of  Haredim block the entrance to an army job fair for yeshiva students, shouting: ‚The soldiers in Gaza are not protecting us, the Torah protects us‘, ‚You are Auschwitz‘.

Kritik an diesen unerträglichen religiösen Zuständen in Israel ist von größter Bedeutung. Aber das wird meist nicht gemeint, wenn von „Israelkritik“ dahergeredet wird. Vielmehr wird unter „Israelkritik“ meistens jener Hass schön geredet, der die komplette Ablehnung Israels als jüdischer und demokratischer Staat meint und für eine Einstaatenlösung plädiert: „from the river to the sea“ – es gibt auch expansionistische, irrationale und fanatische Juden und Jüdinnen, die so etwas fordern, ein Israel im gesamten Gebiet, was das politische Ende Israels bedeuten würde, da Juden keine Mehrheit mehr im Land hätten, die aber der Kernpunkt zionistischer Souveränität ist.

Schließlich: Psychoanalytisch gesprochen hat jemand, der nach dem 7. Oktober 2023 Israelhass nicht als Antisemitismus erkennt und auch nicht so scharf wie nur möglich sanktionieren will, einen Realitätsverlust. Meron Mendel bezieht sich in seinem mit Cheema verfassten Text in der FAZ perfiderweise auch auf Eva Illouz, die Linkszionistin. Die beiden FAZ-Kolumnist*innen meinen, deren Kritik an Bibi oder der politischen Kultur in Israel wäre genau das, was sie hier auch machten in Deutschland. Und das ist eben ein Realitätsverlust.

Eva Illouz kämpft vehement gegen ihre ehemalige linke Genossin Judith Butler und Illouz kämpft gegen Netanyahu – aber sie kämpft Seite an Seite mit Millionen linkszionistischer Israelis.

Aber sie agiert nicht in einem vor Antisemitismus triefenden Land wie der Bundesrepublik Deutschland, wo nur noch ein Teil der politischen Elite sich gegen Antisemitismus stellt – wie Felix Klein und einige führende Politiker*innen -, aber die kulturelle Elite dermaßen antisemitisch ist, dass ein äquidistantes Geschwätz von wegen man sei sowohl gegen Rassismus als auch gegen Antisemitismus, man sei sowohl für Israel, als auch für Palästina (als Staat, hier und heute), man sei für postkoloniale Kritik und für Mbembe, aber trotzdem nicht für Holocaustverharmlosung, wie es Meron Mendels Tagesgeschäft ist, dem Antizionismus, der Holocaustverharmlosung und dem Antisemitismus Tür und Tor öffnet.

Dass sich dann Anfang August 2024 Meron Mendel mit Saba-Nur Cheema in der FAZ als Opfer darstellen des Zentralrats der Juden in Deutschland, so wie Salman Rushdie ein Opfer des Iran ist, das ist an Geschmacklosigkeit und Perfidie wirklich nicht zu toppen. Der Iran plant Israel auszulöschen und deutsche Kolumnist*innen der Zeitung für Deutschland sehen den Iran als so große Gefahr international wie es der Zentralrat der Juden in Deutschland hierzulande sei. Es ist schon eine Unverschämtheit, wenn sie Mendel und Cheema mit Rushdie in Beziehung setzen, da sie alle drei dissident seien.

Doch es ist politisch höchst gefährlich, wenn sie zugleich ein auf den Genozid an Juden gerichtetes Regime und dessen islamistische Politik mit der Kritik des Zentralrats an problematischen Autoren auf eine Stufe stellen – das ist eine dermaßen ungeheuerliche Trivialisierung des Jihad und Dämonisierung des Zentralrats der Juden in Deutschland, dass man es kaum glauben mag, dass dies im konservativen Mainstream, der sich immer so pro-israelisch dünkt, sagbar ist.

Wir erleben derzeit geradezu „esoterische Formen der Politik“ und eine „rituelle Vergemeinschaftung“, die zu einer Lagerbildung führen, sagt Lars Henrik Gass, Autor, Filmschaffender und Leiter der Oberhausener Kurzfilmtage seit 1997, in einem sehr interessanten Gespräch mit Felix Klein.

Es ist bezeichnend, dass Meron Mendel sich im Februar 2024 gerade gegen Felix Klein und dessen konsequente Kritik des Antisemitismus wendet und es indiziert, wie wenig Mendel verstanden hat, wie der Antisemitismus gerade in der Kulturszene hier und heute vorherrschend ist.

Die Erklärung GG5.3., die von Meron Mendel in oben zitierten Artikel in den blättern verteidigt wird, kritisiert Lars Henrik Gass im Gespräch mit Felix Klein, weil auch mit dieser Kampagne Antisemitismus geduldet werde, namentlich die antisemitische BDS-Kampagne. Die Pointe ist darüber hinaus, dass zu der Zeit, als diese Erklärung GG 5.3 publiziert wurde, im Dezember 2020, das Grundgesetz nur noch in Teilen galt.

Während der Coronapolitik vertraten weiteste Teile der Anti-Israel-Szene die genau gleiche irrationale, unwissenschaftliche, nicht evidenzbasierte und antidemokratische Coronapolitik wie weiteste Teile der Pro-Israel Szene. Daher schrieb ich am 31. Januar 2021 in einem working paper:

Erstmal ein paar Bemerkungen zum Begriff „Weltoffenheit“ und „GG“ (Grundgesetz) im Herbst und Winter 2020/2021: Im Dezember 2020 so zu tun, als ob Artikel 5, Absatz 3 des Grundgesetzes in Kraft wäre, ist ein Hohn: „(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind im Dezember 2020 so wenig frei wie im November 2020 oder im Januar 2021: es herrscht der antidemokratische Lockdown, sämtliche Bildungseinrichtungen sind geschlossen (seit Mitte Dezember auch die Schulen), es finden keine Vorlesungen statt, Bibliotheken sind zu bzw. nur äußerst begrenzt offen gewesen (bis Mitte Dezember).

Neben Artikel 5 waren und sind viele andere Grundrechte derzeit ausgesetzt: GG Art. 4 (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

Es gibt keine ungestörte Religionsausübung, Kirchen, Synagogen, Moscheen und alle anderen religiösen Einrichtungen sind de facto geschlossen, es darf nicht gesungen werden (!), und es dürften nur minimal Besucher teilnehmen. GG 2, Absatz 1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Auch dieses Grundrecht ist ausgesetzt, wir sind z.B. abends eingesperrt (!) in Wohnungen und Häuser (Ausgangssperre mindestens in Bayern und Baden-Württemberg), man darf sich nicht mit anderen Menschen ungestört treffen, nicht den Beruf ausüben etc. Art. 8, Absatz (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Auch das ist ausgesetzt bzw. nur sehr begrenzt möglich, Teilnahmebegrenzung, Maskenzwang, Abstandspflicht etc. Das widerspricht jedem Verständnis von Demokratie.

Art. 9, Absatz (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Auch das ist de facto ausgesetzt, da man sich – Stand Januar 2021 – nicht mit mehr als einer Person aus einem anderen Haushalt treffen darf. Art. 11, Abs. (1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. Auch dieses Grundrecht ist de facto ausgesetzt durch die 15 km Bestimmung von Merkel & Co., auch wenn sie nicht umgesetzt werden sollte, bundesweit – in Sachsen gilt diese verfassungsfeindliche Regelung schon jetzt. Art. (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Auch das gilt nicht mehr – Restaurants, Einzelhandelsgeschäfte, die nicht als essentiell gelten (also alle außer Lebensmittelmärkten, Apotheken, Tankstellen) – sind zwangsweise geschlossen.

All das macht es geradezu zu einer Farce, dass sich diese Initiative GG 5.3 nennt, ohne mit einem Wort darauf einzugehen, dass exakt dieses Grundgesetz, Artikel 5, Absatz 3, aktuell ausgesetzt ist, wie die erwähnten anderen ausgewählten Grundrechte. Aber entscheidend an dem Aufruf ist die Verharmlosung der für Juden und Israel gefährlichen Bedeutung von BDS, dem Boykottaufruf gegen den jüdischen Staat.

Schluss:

In dem Gespräch von Felix Klein mit Lars Henrik Gass geht es um die „Verrohung der Gesellschaft inmitten der Kultur“, wie Gass resümiert. Um dem entgegen zu treten braucht es klare Definitionen von Antisemitismus und kein WischiWaschi-Gerede, das bei der Frage nach dem steigenden Antisemitismus seit dem 7. Oktober mit einer angeblich oder tatsächlich steigenden „Muslimfeindlichkeit“ antwortet, wie es viele tun.

Die Tatsache, dass Meron Mendel in seinem blätter-Text gleich mehrmals Felix Klein und die scharfe Antisemitismuskritik als Negativbeispiel anführt, zeigt uns, warum der sehr ehrenwerte Meron Mendel so viel Anerkennung erfährt.

Freiheit für Palästina: Hamza Howidy

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Am Mittwoch, den 24. Juli 2024 sprach der Palästinenser Hamza Howidy auf einer Veranstaltung der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg (HfJS) und des Bundes Jüdischer Studierender Baden im Hannah-Arendt-Saal dieser Hochschule.

Foto: Privat

Im Gespräch mit einer Studentin der Hochschule ging es über seine Flucht aus dem Gazastreifen 2023, seine scharfe Ablehnung von Jihad und Islamismus in Gaza wie auch über seine Kritik an der „peinlichen israelischen Regierung“ und den „peinlichen pro-palästinensischen Protesten“ wie in Deutschland.

Hamza wuchs im Gazastreifen auf und hatte zeitweise ein recht schönes Leben, wie er betonte. Der jihadistische Putsch der Hamas 2007 war jedoch ein prägender Einschnitt, da war er gerade mal neun Jahre alt. Frauen wurden umgehend angehalten, sich zu verschleiern, selbst Männer durften sich nicht mehr mit kurzen Hosen zeigen, erinnert Hamza. Die Zeit unter der Fatah mit all den mörderischen Selbstmordanschlägen in Israel war jedoch für Hamza noch unerbittlicher und brutaler als die Anfangszeit mit der Hamas, obwohl er sich nie den Islamisten anschloss. Er ging dann auf eine von der Hamas kontrollierte Universität.

Doch die Lebensqualität im Gazastreifen nahm unter der Terrorherrschaft der Hamas konstant ab. So ging Hamza mit vielen anderen erstmals 2019 gegen die Hamas protestieren. Er wurde festgenommen und wie ein Krimineller behandelt, geschlagen und gefoltert. Er demonstrierte wie Amin Abed für ein „besseres Leben„, wie die Times of Israel berichtet. Auf der Veranstaltung in der Heidelberger Altstadt betonte Hamza, dass er noch nicht mal was Positives zu Israel gesagt habe, was die Islamisten der Hamas provoziert haben könnte.

Das wiederholte sich 2023, als er bei Anti-Hamas Protesten wiederum festgenommen wurde. Er konnte dann im August 2023, wie die Times of Israel schreibt, fliehen. Hamza erzählte, dass er über Ägypten und die Türkei fliehen konnte und über die „übliche Flüchtlingsschiffroute“, wie er es nannte, nach Griechenland kam. Dort war er mit vielen anderen Palästinensern in einem Flüchtlingscamp, darunter waren auch Jihadisten und Hamas-Islamisten.

Er suchte Hilfe und erkundigte sich nach einem besseren Zufluchtsort und ein Israeli riet ihm, nach Deutschland zu gehen, das wäre für Juden wie für Palästinener ein sicherer Ort. Via Twitter bzw. X ist Hamza international vernetzt und hat über 21.000 Follower auf X. Er bekommt auch Drohungen, wie er erzählte. Nicht zuletzt seine Erfahrungen mit den Hamas-Terroristen, die als Flüchtlinge verkleidet in Griechenland um Asyl in der EU anfragten, zeigen, wie kompliziert es ist, echte Flüchtlinge wie ihn von Terroristen oder islamistischen Sympathisant*innen der Hamas zu unterscheiden.

 

Foto: privat

Es war ein sehr bewegendener und inspirierender Abend an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Die ca. 60 Zuhörer*innen diskutierten im Anschluss an das Gespräch mit ihm sehr angeregt, auch wenn einige Fragen sich dann wiederholten und gleich mehrere Nachfragen über die Queers in Gaza keinen neuen Erkenntnisgewinn brachten, da Hamza schon zuvor die überall vorherrschende Homophobie betont hatte. Noch abwegiger war ein Statement einer Zuhörerin, die krampfhaft die Situation in Gaza mit der nun wirklich nicht vergleichbaren Situation in Russland in Beziehung setzen wollte, dabei ist ja Russland im gesamten Westen total isoliert und wird boykottiert – wie bei der heute beginnenden Olympiade in Paris – , während die Palästinenser ja sehr viele Fürsprecher haben, gerade in der EU, aber auch weltweit. Dass Demonstrieren auch in Russland lebensgefährlich sein kann, ist schrecklich, doch der Konflikt mit der Ukraine geht nun weit darüber hinaus und zeigt auch die Mitschuld des Westens und der NATO, doch das wäre jetzt ein anderes Thema.

Auf der Veranstaltung in Heidelberg wollten viele einfach Hamza auch nach der Veranstaltung noch direkt ansprechen und mit ihm kommunizieren und ihm ihre Solidarität ausdrücken. Hamza Howidy ist in der Tat die Zukunft Palästinas. Es wird oder besser: es sollte ein freies Palästina geben, ohne die Hamas und andere Terrorgruppen, mit einer weltoffenen Gesellschaft ohne religiösen Fanatismus. Er möchte einen Staat Palästina Seite an Seite mit dem jüdischen Staat Israel. Hamza ist verständlicherweise kein Freund der IDF, die unter anderem auch das Haus seiner Eltern bei einem Angriff getroffen haben. Mittlerweile lebt seine Familie laut der Times of Israel in Ägypten.

Viele der Informationen, die Hamza nur zwei Wochen zuvor der Times of Israel (TOI) in Berlin erzählte, kamen in Heidelberg nicht zur Sprache, es war auch „kein politikwissenschaftliches“ Setting, wie die Moderatorin der Hochschule für Jüdische Studien und auch Hamza selbst betonten. Dabei ist Hamzas Betonung, dass der Gazastreifen erst einmal einige Jahre eine „Deradikalisierung“ benötigt und bis dahin sollten auch keine Wahlen stattfinden, sehr politikwissenschaftlich und durchdacht.

Die Hamas sei so etwas wie „der Islamische Staat IS, nur mit einer besseren PR-Abteilung“ sagte Hamza mehrmals auf der Veranstaltung. Ihm haben die Hamas-Terroristen im Gefängnis wahlweise vorgeworfen, für Israel zu spionieren, mit der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) unter einer Decke zu stecken oder mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) zu kooperieren, so die Times of Israel. Nur aufgrund der Lösegeldzahlung von $3000 konnte er 2019 nach drei unendlich langen Wochen der Ungewissenheit und der Schläge der Hölle des Gefängnisses entkommen. 2023 musste seine Familie schon $5000 zahlen, um ihn nach zwei Wochen Gefängnis frei zu bekommen. Seine Familie lebte im relativ wohlhabenden Stadtteil Rimal in Gaza-City, nur 15 Minuten fußläufig entfernt wohnte der Hamas-Chef in Gaza Sinwar, so wiederum die Times of Israel.

Durch einen Kommentar in Newsweek am 25. April 2024 war Hamza Howidy international bekannt geworden. Darin wendet er sich gegen den Islamismus und die Hamas und sagt klipp und klar:

I do not accept hateful speech or terrorist chants, and all of these foolish dreams about eradicating Israel are disgusting—and will never be achieved. Both of us—Palestinians and Israelis—are here to stay.

Hamza ist nun eine Stimme der liberalen Palästinenser im Exil. Muhammad Ali Taha ist ebenfalls ein Anti-Hamas und Pro-Frieden Vertreter der Palästinenser, er sprach am 1. Juli 2024 in Tel Aviv auf einer Friedenskonferenz, wie das Magazin +972 schreibt:

A moving speech by the Palestinian writer Muhammad Ali Taha, which was full of humor and compassion but sharp in its criticism of both Israel and Hamas, captured the essence of what the conference seeks to re-activate. He spoke of the horrors of the current war, the principles of a political solution, and a distant imagined future where both nations play football, listen to music, and celebrate life “in West Jerusalem, the capital of Israel, and in East Al-Quds, the capital of Palestine, as well as Tel Aviv, Ramallah, Beer Sheva, and Gaza.”

Taha may be a dreamer, but in the words of Lennon, and as the conference shows, he is not the only one.

Von Tel Aviv zurück nach Heidelberg: Hamza Howidy und die liberalen Palästinenser*innen haben an diesem Abend in Heidelberg viele neue Freund*innen gewonnen. Ob sein Mut und jener seines Freundes Amin Abed sich in absehbarer Zeit auszahlen werden, bleibt zu hoffen. Für die „pro-palästinensischen“ und de facto antisemitischen Hetzer*innen hat der Palästinenser Hamza nur Verachtung übrig oder ein müdes Lächeln – sie sind wie gesagt für ihn genauso „peinlich“ wie es die aktuelle israelische Regierung für Israel ist. Die Palästinenser wie die Israelis haben jeweils Besseres verdient. Hamza betonte auch völlig richtig, dass es in Deutschland keine „pro-palästinensischen Demonstrationen“ gebe, das seien „anti-israelische“ Demonstrationen und Kundgebungen. Ganz genau! Ob das die Lokalpresse wie die Rhein-Neckar-Zeitung oder die FAZ, die taz und die Süddeutsche, Spiegel und ZEIT noch lernen werden oder gar die dpa und andere Presseagenturen?

Vorgestern die Veranstaltung mit Hamza Howidy, das war eine pro-palästinensische Veranstaltung. Pro-Palästina und Pro-Israel!

Die ganzen Hilfsorganisationen, die es ohne Ende in Gaza gibt, sieht Hamza sehr kritisch. Es ist für eine Gesellschaft nicht nachhaltig, wenn Lebensmittel und ein Großteil der alltäglichen Güter importiert oder geschenkt werden. Das gibt kein Selbstbewusstein, kein Vertrauen auf die eigene Stärke. Politikwissenschaftlich gesprochen: Hilfe zur Selbsthilfe.

Da könnten historische Seminare mit Palästinenser*innen und Zionist*innen über die Anfänge des jüdischen Staates Israel sicher sehr erhellend sein, würde ich ergänzen.

Hamza betonte insbesondere, dass es in der Post-Hamas-Zeit einen Paradigmenwechsel braucht: eine freiheitliche, emanzipatorische Idee. Nur so könnte man die fanatisierten Palästinenser*innen überzeugen, auch wenn heute schon mehr als 50 Prozent gegen die Hamas sein sollten. Er betonte, dass eine freiheitliche oder gar emanzipatorische Idee die Leute begeistern könnte, endlich etwas Neues anzufangen.

Wie wäre es mit Free Palestine from Jihad? Oder Tourismus mit solarbetriebenen kleinen Schifflein im Mittelmeer? Oder zukünftige neue Entsalzungsanlagen gemeinsam mit Graffiti besprühen mit optimistischen Bildern?

Doch dazu braucht es auch die Empathie beider Seiten, wie Hamza betonte. Er sieht das Leid der Juden und er hofft, das es auch Juden und Israelis gibt, die das Leid in Gaza sehen. Vielleicht könnte Kamala Harris da auch hilfreich sein und im November eine weltweite Bewegung für mehr Emanzipation und Freiheit anregen, obwohl sie keine Linke ist, aber immerhin für Abtreibung und das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, was ja Gaza auch so enorm bitter nötig hat.

 

Hoffnung für Israel und Nahost: vier befreite Geiseln und Saudi-Arabien reduziert den antizionistischen Antisemitismus, die Abraham Verträge sind stabil

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Es gibt Hoffnung. Heute hat die israelische Armee (IDF) vier Geiseln der Hamas, die seit dem 7. Oktober 2023 gefangengehalten wurden, befreit. Alle vier sind in guter Verfassung. Ein Freudentag:

Es ist zu hoffen, dass die IDF auch alle weiteren Geiseln befreien kann: Bring them Home Now!!!

Dazu gibt es trotz aller diplomatischen Verwerfungen auch positive Entwicklungen. So scheint sich die politische Kultur in Saudi-Arabien zu wandeln. Das autokratische Herrscherhaus hat offenkundig veranlasst, dass in Schulbüchern Juden und Israel weniger negativ und antisemitisch dargestellt werden:

Das Institute for Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education (IMPACT-se) aus London hat eine Studie über die Darstellung Israels und der Juden sowie des Zionismus in saudi-arabischen Schulbüchern publiziert. So wird jetzt in dortigen Schulbüchern Israel nicht mehr so negativ präsentiert. Der Zionismus wird in saudi-arabischen Schulbüchern nun nicht mehr als „rassistische europäische Bewegung“ vorgestellt, dessen Ziel es sei, die Palästinenser zu vertreiben:

According to IMPACT-SE, „Portrayals of Israel and Zionism have progressed further. Students no longer learn content which defined Zionism as a “racist” European movement that aims to expel Palestinians, or that Zionism’s “fundamental goal” is to expand its borders and take over Arab lands, oil wells and Islamic and Christian holy sites in Jerusalem.“

Solche kleinen Schritte sind von höchster Bedeutung und stehen in starkem Kontrast zu der in dieser Massivität, Aggressivität, Brutalität und Quantität noch nie dagewesenen Agitation gegen den Zionismus und Israel im Westen wie in der Bundesrepublik Deutschland.

Doch die Friedensverträge Israels mit Ägypten und Jordanien wie auch die diplomatischen Abkommen (Abraham Accords) mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko halten und sind stabil. Trotz der extremen Krise, der sich Israel und der Nahe Osten seit dem genozidalen Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 gegenübersehen, sind die Abraham Verträge intakt.

Ja, mehr noch: die erwähnten Änderungen in den Lehrplänen und Schulbüchern in Saudi-Arabien zeigen, dass selbst in dieser größten aller Krisen, die Israel seit 1948 international durchläuft, die Kooperation mit arabischen Staaten weiterhin ein ganz neuer und zentraler Faktor für die Unterstützung Israels ist. Israel wird von diesen arabischen Staaten als normaler Teil des Nahen Ostens betrachtet und eben nicht mehr als ‚fremd‘ oder gefährlich.

Frieden wird es geben, wenn Terrororganisationen wie Hamas oder die Hisbollah und deren Patron, die islamistische Republik Iran, ihre Waffen niederlegen beziehungsweise international isoliert sind. Eine feministische Revolution im Iran wäre dafür am besten geeignet, gegen den Schleierzwang, Homophobie, Antisemitismus und islamistische Ideologie und für ein freies Leben für alle Menschen im Iran.

Auch wenn ein Großteil der Akademiker*innen, der kulturellen Elite und der politisch linken Aktivist*innen in Deutschland sich gegen den Zionismus aussprechen und ihn übelst diffamieren, verändert sich ausgerechnet in der arabischen Welt der Fokus. Dort ist der Zionismus eben gerade nicht mehr der Feind der Muslime und Araber. Diesen Platz hat der Iran übernommen. Ja, die arabische Welte möchte aufstreben und ökonomisch sich öffnen, dazu gehört natürlich in erster Linie der Kampf für Frauenrechte, wovon Saudi-Arabien noch sehr weit entfernt ist. Aber die Öffnung hin nach Israel, was auch Tourismus beinhalten wird, wird auch das reaktionäre arabische Frauenbild verändern, früher oder später.

Selbstredend sind die arabischen Staaten auch deshalb diplomatisch auf Israel angewiesen, weil die USA der wichtigste Verbündete des einzigen Judenstaates ist und die arabischen Staaten sehr auf die militärische Unterstützung aus Washington angewiesen sind, da auch sie den gleichen Feind haben: Iran.

Hoffnung besteht in diesem arabischen Wandel hin zu mehr Kooperation mit Israel. Ob das bei den antizionistischen Agitator*innen in Deutschland, England, Spanien oder den USA ankommt, ist zweifelhaft. Die ironische Pointe jedoch ist: Die Unterstützer*innen Israels sind viel näher dran an der sich wandelnden politischen Kultur in vielen arabischen Staaten als jene antiisraelischen und oft arabischen oder muslimischen Aktivist*innen.

Der Linkszionismus wiederum versprüht wie immer die größte Hoffnung, da er sich gegen Netanyahu und die extreme Rechte in Israel wendet und gleichzeitig für eine Zweistaatenlösung ausspricht. Der Linkszionismus setzt sich für liberale Palästinenser*innen ein, die es weiterhin gibt und die selbst vor der Hamas geflohen sind oder in Gaza gegen die Hamas aktiv sind, oft unter Lebensgefahr.

Jene antizionistischen Aktivist*innen wenden sich somit auch gegen Anti-Hamas Palästinenser.

Die Hoffnung besteht darin, dass auch die Medien diese Entwicklungen zur Kenntnis nehmen.

Politikwissenschaftlich betrachtet sind die diplomatischen und tendenziell pro-zionistischen oder zumindest nicht mehr hardcore antizionistischen Entwicklungen in der arabischen Welt wie der Wandel der politischen Kultur im Bereich Bildungspolitik wie in Saudi-Arabien von großer Bedeutung.

Ironischerweise, und auch das ist eine Art Hoffnung, verorten sich somit Pro-Israel Aktivist*innen näher an Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten als arabische, islamistische und andere Antizionisten in Deutschland, Europa und dem Westen.

 

Nach dem „Hurricane“ des 7. Oktober: Die 20-jährige Eden Golan singt auf dem ESC für das ganze jüdische Volk und den Zionismus

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

An der FU Berlin schreien Hunderte Aktivist*innen „Free Free Palestine“ und ein antisemitischer Einpeitscher schreit „From the River to the Sea“ und die judenfeindliche Masse ergänzt: „Free Free Palestine„. Das ist ein Mordaufruf. Damit werden Jüdinnen und Juden mit Mord bedroht. Denn am 7. Oktober 2023 zeigten die Palästinenser wie ein Land „from the river to the sea“ aussieht: blutverschmierte Hosen von vergewaltigten Frauen, verkohlte Leichen von lebendig verbrannten Jüdinnen und Juden, Kinder mit abgetrennten Händen, Babies ohne Kopf, Hunderte hingemetzelte Musikfans auf einem Rave, entführte Holocaustüberlebende, ermordete Holocaustüberlebende, zu Tode geschleifte Juden und auf Wägen zur Schau gestellte massakrierte Jüdinnen wie die israelisch-deutsche Shani Louk.

Und dann kommt die Wochenzeitung DIE ZEIT daher und schreibt in einer Nüchternheit, in der nur links-liberale Ach-so-Gutmenschen schreiben können, ohne vor Schamesröte im Boden zu versinken:

Beim Slogan „From the river to the sea“ zum Beispiel ist die Sache schon weniger eindeutig. Staatsanwaltschaften kümmern sich darum zwar wegen eines Anfangsverdachts auf Volksverhetzung. Aber sie klagen nur an und entscheiden nicht über die Auslegung des Rechts in Deutschland. Das tun Gerichte. Und die haben mittlerweile in mehreren Fällen entschieden, dass der Slogan gerade nicht strafbar ist.

Da lacht die Hamas. Und da lachen die Antisemiten aller Geschlechter mit und ohne FFP2-Maske an der FU Berlin. Selten wurde seit 1945 der Antisemitismus so klein geredet und Aufrufe zum Genozid schlichtweg ignoriert.

Bei einem ‚Protest‘ vor der Mensa der FU Berlin zeigten Aktivisten ein Dreieck, das von der Hamas als Symbol für Ziele, die man angreifen soll, verwendet wird.

DIE ZEIT verteidigt Leerkörper ohne „h“, die an der FU Berlin indoktrinieren und die keinerlei Problem mit dem Judenhass der Studierenden haben, ja sie aktiv unterstützen und Polizeieinsätze gegen diesen neuen Antisemitismus attackieren. In einem Offenen Brief schreiben diese Israelfeinde (m/w/d) („Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten„):

Es ist keine Voraussetzung für grundrechtlich geschützten Protest, dass er auf Dialog ausgerichtet ist. Umgekehrt gehört es unseres Erachtens zu den Pflichten der Universitätsleitung, solange wie nur möglich eine dialogische und gewaltfreie Lösung anzustreben.

Damit meinen sie also auch antisemitische Parolen wie „from the river to the sea“. Auch da lacht die Hamas.

Was wäre, wenn die die Identitäre Bewegung Uniräume besetzt hätte und Loblieder auf die Wehrmacht gesungen hätte? Na? Da hätten sie geklatscht, wenn die Polizei die weggeräumt hätte. Die Identitäre Bewegung ist auch eine Gefahr wie alle Formen der Neuen Rechten und des Rechtsextremismus. Aber sie sind ein kleines Problem verglichen mit der riesigen Mengen an jungen und nicht so jungen Leuten, die die Hamas lieben, verharmlosen oder feiern. Denn die größte aktuelle judenfeindliche Bewegung ist die Hamas und somit das islam-faschistische Regime in Teheran.

Israel führt einen Abwehrkrieg gegen die Hamas und die Palästinenser. Da der Hamas die Zivilbevölkerung im Gazastreifen vollkommen egal ist, versteckt sie ihre Waffen in Moscheen, Kindergärten, Krankenhäusern. Wenn es dann zu Kollateraltoten kommt, wird nicht die Hamas in Haftung genommen, sondern Israel, jetzt auch von US-Präsident Joe Biden. Biden weiß es eigentlich besser, aber die enorm aggressiven antizionistischen Teile seiner eigenen Demokratischen Partei und deren Wähler*innenbasis drängen ihn zu seiner de facto anti-israelischen Politik. Biden macht an wirklich allervordersten Front mit bei der Täter-Opfer Umkehr. Dabei hatte er selbst noch wenige Tage zuvor am Holocaustgedenktag – Yom Hashoa – auf einer Veranstaltung in den USA gesagt, dass die Welt das unfassbare Verbrechen der Hamas vom 7. Oktober 2023 schon wieder vergessen habe. Hat er es nicht auch fast vergessen? Das Bittere ist, er hat es nicht vergessen, aber er ist ein ganz normaler Politiker und da zählen Werte nun mal gar nicht, sondern nur und logisch nur und nichts anderes als die Macht und die Stimmen der auch allerekligsten Wählerinnen und Wähler wie in Michigan.

Jetzt liegt es an der 20-jährien Eden Golan, das ganze jüdische Volk zu verteidigen auf dem Eurovision Song Contest (ESC) in der aktuell wohl antisemitischsten Stadt Europas, dem schwedischen Malmö und seinen Zehntausenden hardcore islamistischen Muslimen und der säkular-antizionistischen Greta Thunberg:

Die ganze Erbärmlichkeit und der ganze Hass der woken und Klima-Bewegung zeigt sich in diesem Bild von Greta Thunberg mit antizionistischen, islamistischen und die Hamas tätschelnden, verharmlosenden oder aktiv unterstützenden Aktivist*innen in Malmö. Wer hier und heute gegen Israel und nicht gegen die auf den Genozid an allen Juden gerichtete Hamas demonstriert, hat keinerlei moralischen Kompass mehr.

Doch mit diesem Realitätsverlust und diesem Verlust eines moralischen Kompass‘ ist Greta Thunberg nicht alleine. Fast alle im Mainstream sind auf ihrer Seite.

Nicht nur den Ausrichtern des ESC, die zwar perfide Änderungen am Beitrag Israels einforderten, sondern allen Musikfans und Zuhörer*innen ist klar, was Eden Golan mit ihrem beeindruckenden und unfassbar starken Song „Hurricane“ meint:

Writer of my symphony
Play with me
Look into my eyes and see
People walk away but never say goodbye

Someone stole the moon tonight
Took my light
Everything is black and white
Who’s the fool who told you boys don’t cry

Hours and hours, empowers
Life is no game but it’s ours
While, the time goes wild

Everyday I’m losing my mind
Holding on in this mysterious ride
Dancing in the storm
I got nothing to hide
Take it all and leave the world behind
Baby promise me you’ll hold me again
I’m still broken from this hurricane
This hurricane

Living in a fantasy, ecstasy
Everything is meant to be
We shall pass but love will never die

Hours and hours, empowers
Life is no game but it’s ours
While, the time goes wild

Everyday I’m losing my mind
Holding on in this mysterious ride
Dancing in the storm
I got nothing to hide
Take it all and leave the world behind
Baby promise me you’ll hold me again
I’m still broken from this hurricane
This hurricane

Lo tzarich milim gdolot
(Don’t need big words)
Rak tfilot
(Just prayers)
Afilu eem kashe lirrot
(Even if it’s hard to see)
Tamid ata masheer li or echad katan
(You always leave one single light)

Text: Avi Ohayon, Keren Peles
Komposition: Avi Ohayon, Keren Peles, Stav Beger

Gestern gewann Eden Golan im Halbfinale einen Platz im Finale, das am Samstag Abend stattfinden wird.

Wieder werden Tausende oder wie gestern 12.000 antisemitische Schwed*innen gegen den Auftritt hetzen, Malmö ist eine antijüdische Hölle.

Wir Zionisten (m/w/d) wollen keine Bomben auf Gaza, wir wollen die bedingungslose Kapitulation der Islamfaschisten der Hamas.

Im Gegensatz zu den Islamfaschisten und Palästinensern feiern wir Zionisten nicht tote palästinensische Zivilist*innen, wir verteilen keine Süßigkeiten, wenn aufgrund der Perfidie der Hamas ein Wohnhaus getroffen wird, das nicht nur Hamas-Terroristen und Waffen, sondern auch Dutzende Zivilist*innen beherbergte.

Legte die Hamas ihre Waffen nieder, und der Islamische Jihad, die Hizballah und der Iran ebenso, wäre Frieden in Nahost. Punkt.

Und die Leerkörper und ihr Mob in Berlin sowie wiederum nahezu die gesamte Presse agitieren auf die eine oder andere Weise, ruhig, nüchtern oder vulgär und aggressiv gegen den jüdischen Staat und den Überlebenskampf Israels gegen die Hamas und den Iran. Nicht einer (m/w/d) von denen hat aus dem Holocaust gelernt. Nicht einer.

(P.S.: Es gibt auch einen weiteren Offenen Brief, der sich gegen Antisemitismus an der FU wendet und dieser Brief wurde bislang von über 300 Professorinnen und Professoren sowie weiteren Dozent*innen unterzeichnet).

Wieder sind die Juden ganz allein. Und gerade jene, die immer so dermaßen ergriffen in die KZ-Gedenkstätten pilgern haben nichts gelernt, die eine Ausnahme, die es immer gibt, bestätigt die Regel.

Die Ignoranz gegenüber dem jüdischen Leben hier und heute ist exakt – exakt – die gleiche Ignoranz jener Deutschen, die nicht mal NSDAP-Mitglieder oder BDM-Führer waren, aber nichts taten, um die jüdische Nachbarin oder den jüdischen Nachbar zu retten oder wenigstens den lokalen Blockwart auszuschalten.

Diese 20-jährige jüdische Frau, diese Israelin hat mehr kapiert als nahezu alle deutschen Forscher*innen, die in Berlin unterrichten oder an der Columbia University oder in YALE oder in Harvard oder der Humboldt Universität.

Eden Golan ist wie (fast) alle jüdischen Israelis seit dem 7. Oktober fassungslos. Für sie ist noch jeden Tag 7. Oktober.

Sie singt ihre unsagbare Trauer und Wut hinaus in diese abgrundtief elende Welt, wo die Hamas gefeiert wird für das schrecklichste Massaker an Juden seit der Shoah.

Eden Golan ist die Heldin unserer Zeit.

Am Samstag Abend werden Hunderte Millionen Menschen den Auftritt von Eden Golan und von Israel live im Fernsehen sehen. Und das kann die antizionistische Grundstimmung der akademischen und kulturellen Eliten sowie von deren Mob auf den Straßen schon etwas erschüttern, weil so eine Öffentlichkeit kriegen sie nicht. Ob es wirklich was ändern wird, wird sich on the long run zeigen. Wir Zionisten sind Träumer, wie Herzl. Aber auch Realisten wie die IDF.

Jedenfalls wird dieser Auftritt von Eden Golan am Samstag auf dem ESC in Malmö in Schweden eine der bedeutendsten zionistischen Aktionen weltweit seit Gründung des Staates Israel sein.

Am Israel Chai.

 

Update, 12. Mai 2024, 22:33 Uhr:

Eden Golan wurde gestern Abend Fünfte (von 25 Teilnehmer*innen) auf dem ESC in Malmö und hat einen unglaublich starken Beitrag geleistet, für den Zionismus gesungen, für die Geiseln der Hamas und für Israel. Während der unerträgliche Moderator der ARD nichts Negatives über die Hamas sagte, aber Israel attackierte und neutral die jihadistischen und antisemitischen Demonstrationen in Malmö erwähnte, wählten die Menschen aus Deutschland, die den ESC anschauten, Eden Golan und gaben ihr die Maximalpunktzahl durch Telefonanrufe. Das zeigt wiederum, dass die kulturelle Elite oder ARD-Moderator*innen teils unendlich weit weg sind von dem, was die Menschen selbst empfinden und denken. Einer der besten Kommentare gegen diesen antisemitischen ESC kommt von der BILD-Zeitung.

Dem Berliner Tagesspiegel sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland Josef Schuster:

Allerdings waren nicht nur die vielen anti-israelischen und anti-jüdischen Proteste auffällig, viel Kritik gab es auch am deutschen Fernsehmoderator, der Israel auf eine Stufe mit Russland und dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine stellte.
Da sieht man, wie weit verbreitet diese Meinung ist. Aber von einem Moderator des Öffentlich-Rechtlichen hätte ich erwartet, dass er das nicht so stehen lässt. Ich sage nicht, dass Israel alles richtig macht, ich bin auch kein Militärexperte, aber man kann bei der Bewertung dessen, was gerade in Gaza geschieht, den 7. Oktober nicht ausklammern. Und erst recht sollte ein Moderator der ARD das nicht tun. Da erwarte ich von den Öffentlich-Rechtlichen mehr Klarheit. Denn es war doch klar, dass dieses Thema zur Sprache kommen würde, wenn Israel auftritt, und da hätte er sich besser vorbereiteten müssen.

Das ist natürlich eine sehr freundliche Umschreibung für den Antizionismus dieses ARD-Mannes, der ganz exakt so dumm daherredete, wie er redete und mit keinem Wort auf die Geiseln der Hamas einging oder auf das genozidale Massaker vom 7. Oktober 2023, ohne das es diesen Song von Eden Golan ja gar nicht geben würde.

Update, 12. Mai 2024, 22:41 Uhr:

Die Jerusalem Post sieht das ganz ähnlich und betont, wie ungemein wichtig es für die Israelis gestern Abend war, dass so viele Menschen in Europa für den israelischen Beitrag votierten. Wenn wir die 50 Prozent, die die Stimmen der Jury ausmachten, weglassen würden, wäre Israel auf Platz zwei gelandet. Und das zeigt, dass sehr viele Menschen nicht nur diesen Song sehr gut finden, sondern auch sehr wohl wissen, worum es hier geht: um Israel und den Überlebenskampf des jüdischen Volkes gegen die Hamas und den Antizionismus. Die elenden Greta Thunbergs und die Tausenden Islamisten kommen mit ihren Visagen und Flaggen und Tüchern auf die Titelseiten der Zeitungen und Nachrichtensendungen, aber Zehntausende von Menschen, die Pro-Israel sind, haben eben telefoniert oder SMS geschrieben.

Update, 13. Mai 2024, 9:03 Uhr:

Sehr treffend schreibt Jan Feddersen in der taz:

Der Wiener Schriftsteller Doron Rabinovici bemerkte während der ESC-Übertragung auf X/Twitter, es sei zum Verzweifeln, dass die Protestierenden nur Ausgrenzung zu fordern wüssten. Warum würde kein hamasloses Palästina gefordert, mit einem öffentlich-rechtlichen Sender, der selbst am ESC teilnimmt – ganz ohne Hass, einfach darauf setzend, mit guter Musik um Sympathien zu werben? Das ist eine gute und wichtige Frage.

Was er natürlich nicht schreibt: es ist auch die taz, die sich heute auf ihrer Startseite, wo der Text von Feddersen viel weiter unten zu finden ist, völlig kritiklos den deutsch-palästinensischen Agitator*innen anschließt und ihnen ein Podium gibt, dort ist kein kritisches Wort zur Hamas oder zum mehrheitlichen palästinensischen Judenhass zu lesen, dafür pure Pro-Palästina-Propaganda mit Leuten, die für antisemitischen Demos wie in Berlin oder das Verkaufen von Palästinensertüchern wie -fahnen, mit verantwortlich sind. In Israel gibt es keine Jubelfeiern, wenn Zivilist*innen im Krieg im Gaza sterben. In Gaza oder von manchen oder vielen Berliner Palästinenser*innen werden Süßigkeiten verteilt und sonstwie gejubelt, wenn jüdische Frauen vergewaltigt und zu Tode massakriert werden. Dass der Krieg heute zu Ende wäre, wenn die Hamas sich ergeben würde, das steht da natürlich nicht. Die taz liebt es, beide Seiten zu bedienen, die Israelfreunde und die Israelfeinde. Trottel nennen das „Meinungsvielfalt“, Kritiker*innen nennen es Heuchelei oder Alibi-Texte gegen Antisemitismus.

„Hitlerjugend mit Palästinensertuch“: Studierende an der Columbia University in New York City zeigen ihren Judenhass ganz offen – und Ihre Professoren klatschen

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Die Professorin Jennifer Wenzel von der Columbia University in New York City ist eine ganz typische Wissenschaftlerin unserer Zeit. Laut ihrem Lebenslauf kümmert sie sich um den Kapitalismus, um Klimapolitik und den Globalen Süden sowie den Postkolonialismus und – na klar! – sie unterstützt antisemitische Studentinnen und Studenten ihrer Universität.

In einem Statement von studentischen Gruppen der Columbia University mit dem Titel „Joint Statement from Palestine Solidarity Groups at Columbia University regarding the recent events in Palestine/Israel: Oppression Breeds Resistance“ wird unumwunden deutlich, dass diese Studentinnen und Studenten Fans der Terrororganisation Hamas sind und tote Juden lieben.

Sie beschuldigen angesichts des größten Massakers an Juden seit dem Holocaust durch Muslime und Palästinenser Israel der Aggression, der „Apartheid“ und „Besatzung“ und sehen darin ein Statement zum Massenvergewaltigen von jüdischen Frauen, dem Ermorden und Entführen von Holocaustüberlenden, dem lebendig Verbrennen von ganzen Familien, dem Köpfen von Babies, dem Handabhacken von Kindern vor den Augen ihrer Eltern, dem Niedermähen von Hunderten Menschen auf einem Musikfestival im Süden Israels – all das passierte am 7. Oktober 2023. Täter waren Muslime, Palästinenser und Terroristen der Hamas, des Islamischen Jihad und ganz normale ‚Zivilist*innen‘ aus Gaza.

Jennifer Wenzel ist eine ganz normale Forscherin an der Columbia Universität, ihr Schwerpunkt ist gar nicht Israel, Antisemitismus, geschweige denn Islamismus, Jihad und die Palästinenser. Ihr Schwerpunkt ist die englische Sprache und die Literaturwissenschaft, Öl und Macht, ihr Lebenslauf zeigt nicht einen Vortrag zum Thema Israel oder Antisemitismus.

Sie hat keine Ahnung von der Kritik am Antisemitismus, aber offenkundig tief sitzenden Ressentiments gegenüber Juden, sonst hätte sie sich nicht mit Kolleginnen und Kollegen ihrer Columbia University hinter diesen Pro-Hamas Brief der Studierenden von Columbia gestellt. Dieser Offene Brief ist nur eine unter vielen Aktionen wie Demonstrationen, Kundgebungen, körperliche Gewalt, Zeltstädte auf Universitätsgeländen oder städtischem Boden, die das Leben von Juden auf amerikanischen Campussen seit dem 7. Oktober 2023 unerträglich machen.

In dem Brief wird das genozidale Massaker an über 1200 Jüdinnen und Juden gar nicht erwähnt, die Hamas wird nicht verurteilt, was bei Nazis, die über Babi Yar reden, aber in Stellungnahmen zum Massenmord an 33.000 Jüdinnen und Juden am 29. und 30. September 1941 unweit von Kiew nur über das Wetter reden und nicht über den Holocaust, als Holocaustleugnung strafrechtlich verfolgt werden würde. So leugnen diese Studierenden auch den Massenmord an über 1200 Jüdinnen und Juden im Süden Israels am 7. Oktober.

Sie reden dafür vom bösen Israel, eine ja täglich überall auffindbare Täter-Opfer Umkehr.

Doch Jennifer Wenzel ist nur eine von vielen Professor*innen, die sich de facto hinter den Antisemitismus der Hamas stellen, indem sie das unerträgliche antisemitische Statement ihrer Student*innen von Columbia vor Kritik in Schutz nimmt.

Neben Jennifer Wenzel haben viele Dutzend andere Professor*innen und Dozent*innen der Columbia University diesen Antisemitismus der Studierenden in Schutz genommen. Darunter ist der britische Ökonom Adam Tooze, der im Herbst 2023 zusammen mit der amerikanischen Philosophin Nancy Fraser oder dem Wiener Poptheoretiker Diedrich Diederichsen und ein paar weiteren irrlichternden oder antizionistisch agitierenden Aktivist*innen in einem antiisraelischen Offenen Brief Jürgen Habermas attackierte, der ihnen zu stark an der Seite des Judenstaats steht und sie selbst bei Israels Abwehrkrieg gegen die Hamas und die Palästinenser „Verbrechen gegen die Menschheit“ befürchten.

Die Presse aus Österreich hat diesen Offenen Brief von Tooze, Diederichsen, Fraser & Co. kritisiert („Ein offener Brief, der den Philosophen Jürgen Habermas ins Visier nimmt, offenbart die Judenfeindlichkeit in akademischen Zirkeln“):

Wider besseres Wissen rückt der offene Brief Israels Abwehrkampf letztlich in die Nähe eines Genozids, was eine zynische Gleichsetzung der systematischen und industriellen Massenvernichtung der Juden durch die Nazis mit dem Kampf Israels gegen den Terrorismus der Hamas darstellt. Damit werden der in seiner Tendenz, die Opfer zu Tätern zu machen, beschämende offene Brief und die vorgebliche Besorgnis über die Haltung von Habermas zu einem weiteren traurigen Beweis für die antisemitische Vergiftung des akademischen intellektuellen Betriebs.

Die bittere Pointe ist: gerade das Umfeld von Jürgen Habermas ist es doch, dass immer und überall „Muslimfeindlichkeit“ imaginiert und das hört sich dann bezüglich einer Konferenz zu diesem Thema an der FU Berlin im April 2024 mit dem unvermeidlichen Meron Mendel so an:

Saba-Nur Cheema erläuterte daran anknüpfend, welche Form die beiden Narrative in den vergangenen vier Monaten angenommen haben: Auf der einen Seite Kritik daran, dass offenbar für manche das Leben von Jüdinnen und Juden nicht zähle – „Jewish lives don’t matter“ –, etwa wenn das blutige Massaker der Hamas von einigen bejubelt oder von anderen beschwiegen wird. Das gegenläufige Narrativ umschrieb Cheema als Vorwurf des „Silencing von palästinensischen Stimmen“, wenn also Schriftsteller*innen oder Künstler*innen ausgeladen werden oder Schulen das Zeigen von palästinensischen Symbolen oder Fahnen verbieten.

Der Habermas-Zirkel „normative orders“, der sich irgendwie schon hinter Israel stellt, hatte selbst das Thema „Muslimfeindlichkeit“ Mitte November 2023 – absurder geht es nun wirklich nicht! – auf die Agenda gestellt – also gerade nach dem 7. Oktober 2023.

Wer nämlich nicht verstanden hat, dass das Zeigen eines Palästinenserschals oder anderer palästinensischer Symbole wie ihrer Fahne nach dem 7. Oktober 2023 eindeutig indiziert, dass sie oder er einverstanden sind mit dem Abschlachten von 1200 Jüdinnen und Juden und dem Entführen von über 250 weiteren Juden und Jüdinnen, der oder dem ist nicht zu helfen. Es ist ein bewusstes Nicht-Sehen-Wollen. Das sieht man auch darin, dass diese Palästinenser-Symbole-Tragenden das seit dem 7. Oktober 2023 machen, als es noch gar keinen Verteidigungskrieg Israels gegen die Hamas gab. Sie machen das aus Freude ob des Abschlachtens von Jüdinnen und Juden und nicht aus ‚Sorge‘ um Gaza.

Der massive Boykott von jüdischen und israelischen Forscher*innen ist doch der Skandal unserer Zeit und nicht die „Muslimfeindlichkeit“ – kürzlich hat die israelische Tageszeitung Haaretz von Dutzenden Fällen von Ausladungen von jüdischen und israelischen Forscher*innen berichtet – und nicht das Nicht-Einladen von antisemitischen Pro-Palästina-Stimmen, die ja den Massenmord vom 7.10 als Grund für einen eigenen Staat hernehmen.

Neben Wenzel sind natürlich der Antizionist Rashid Khalidi, Edward-Said-Professor in Columbia, und selbstredend der Antisemit Joseph Massad, der Israel seit Jahrzehnten das Existenzrecht abspricht, mit dabei als Unterstützer dieses Solidaritätsbriefes von Professor*innen und Dozent*innen für ihre antisemitischen Studentinnen und Studenten in New York City an der Columbia University.

In seinem Artikel „The Persistence of the Palestinian Question“ von 2004, der in dem Band „Empire & Terror: Nationalism/Postnationalism in the New Millennium“ erschien, schreibt Massad völlig ernsthaft und mit tiefster Überzeugung:

If anything, as the following will demonstrate, Israeli Jewish soldiers today are willing disciples of all anti-Semites, including the Nazis.

Juden seien also Antisemiten, wenn sie Zionisten sind, und Nachfahren der Nazis. Das ist eine besonders durchgeknallte, realitätsgestörte und perfide Form des heutigen Judenhasses. Unzählige Aktivist*innen weltweit vergleichen ja Israel mit den Nazis, de facto sind die Anti-Israel Aktivist*innen natürlich viel eher die Nachfahren der Nazis, weil auch sie den Tod von Juden wünschen wie mit der Zerstörung des jüdischen und der Errichtung eines „binationalen“ Staates.

Im März 2002 hatte Joseph Massad in einem Artikel geschrieben, dass „The Jews are not a Nation“ und „Israel“ haben kein Recht zu existieren, wie der Film „Columbia unbecoming“ von 2004 dokumentiert und kritisiert.

Ein rassebiologisch denkender weiterer Professor an der Columbia University ist George Saliba, der – so zeigt es der Film Columbia Unbecoming anhand von Aussagen einer Zeugin – einer Studentin in die Augen schaute und meinte:

You have green eyes, you are not a Semite, I have brown eyes, I am a Semite.

Da lachen vielleicht Nazis und andere Anhänger der Rassenbiologie, aber das passierte im 21. Jahrhundert in New York City und der Hetzer meint das ernst. Anhand der Augenfarbe meint dieser ‚Rassenkundler‘ die Nationalität eines Menschen feststellen zu können.

Abgesehen davon, dass „Semit“ gar keine Nationalität ist, sondern es gibt nur semitische Sprachen. Bis Anfang der 1960er Jahre gab es bekanntlich gar keine „Palästinenser“,  beziehungsweise bis 1948 waren auch Juden Palästinenser, wenn sie Bewohner*innen des Mandatsgebiets Palästina der Briten waren beziehungsweise wurden.

In einem enthusiastischen Text für die antisemitische Seite Electronic Intifada schreibt der Columbia Professor Joseph Massad am 8. Oktober 2023:

No less awesome were the scenes witnessed by millions of jubilant Arabs who spent the day watching the news, of Palestinian fighters from Gaza breaking through Israel’s prison fence or gliding over it by air.

„No less awesome“ – „nicht weniger großartig“, so beschreibt dieser Judenhasser das Ermorden von über 1200 Jüdinnen und Juden durch Muslime und Palästinenser. Das ist kriminell und gehört bestraft, weil es eine Zustimmung zu einem Massenmord bedeutet.

Wenn ein deutscher Neonazi so etwas schreiben würde, ist das zwar genauso widerwärtig, aber es ist wirkungsmächtig noch mal etwas ganz anderes, wenn ein Professor an einer der angesehensten Universitäten der ganzen Welt so einen antisemitischen Dreck publiziert und ein genozidales Massaker an Juden feiert.

Mittlerweile fordern knapp 79.000 Unterzeichnende in einer Resolution die sofortige Entlassung von Massad, ohne Erfolg.

Das ist der Hintergrund, vor dem der amerikanisch-jüdische Professor an der Columbia University Shai Davidai die antiisraelischen und antisemitischen Aktivitäten auf dem Campus der Uni analysiert. Ihm selbst wurde unter Betonung, er sei Jude und somit gefährdet, der Zugang zu seinem Arbeitsplatz verwehrt.

Die studentischen und aktivistischen Gruppen nennt er eine neue Form der „Hitlerjugend“ und wer Slogans wie „Death to the Jews“ oder „Palestine from the River to the Sea“ hört, weiß, dass er damit richtig liegt.

Die Times of Israel berichtet über einen „judenreinen“ Campus:

“There are students wearing yellow vests with their keffiyehs, and if they see someone engaging with someone outside the encampment, they pull them away and say, ‘You’re not allowed to talk to them.’ They say things like, ‘Kill all the Jews,’ and, ‘We want one Arab state,’” Sabrina said.

“What people don’t realize is the campus has become a hotbed for radical antisemitism,” said Sabrina. “It’s like the Hitler Youth. They say things like, ‘A Zionist has entered the camp.’ They view us as an entity that can be eradicated. I feel a lot more scared now than I was after October 7.”

Aufgrund des unfassbaren Antisemitismus der Student*innen, der Professor*innen und dem Versagen der Universitätsverwaltung, diese Antisemiten in ihre Schranken zu weisen und von der Uni zu werfen, wird der Multimilliardär Robert Kraft seine finanzielle Unterstützung der Columbia University beenden. Er schreibt in der New York Post:

Over the last several years, starting with the Charlottesville march in 2017, I started to feel a dangerous shift in the country as more and more instances of hate began to rise.

Now we have rampant Jewish hate on college campuses that has been permitted to go largely unchecked.

I started the Foundation to Combat Antisemitism (FCAS) in 2019 for precisely these reasons — to educate young people and appeal to the empathy that I believe all humans are born with.

I felt that it was imperative that we do something to ensure that our country did not start to look like the Germany of the 1940s.

Never could I have imagined that in America, in 2024, that Jewish students would be told by campus administrators to flee their college campus for their own safety.

Würde Israel seine Waffen niederlegen, würden 7 Millionen Juden und Jüdinnen von den Palästinensern abgeschlachtet.

Würden die Palästinenser ihre Waffen niederlegen und Israel als jüdischen Staat anerkennen, würde es Frieden geben.

Bis es soweit ist, müssten erstmal Tausende antisemitische Student*innen in den USA und weltweit exmatrikuliert werden.

Bis es soweit ist, müssten erstmal alle islamistischen Gelder aus arabischen und muslimischen Staaten wie aus Katar für westliche Universitäten gestoppt werden.

Bis es soweit ist, müssten erstmal deutsche und andere Nahost- und Islamwissenchaftler*innen aufhören, antizionistische Antisemiten wie zum Beispiel Rashid Khalidi und viele andere als respektable Kollegen zu zitieren und salonfähig zu machen – ich habe bereits 2011 in meiner Studie „Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11“ Beispiele dafür zitiert. 2013 habe ich dann in meiner Studie „Antisemitism: A Specific Phenomenon“ weitere Antizionisten wie Hamid Dabashi, auch Columbia und auch Unterstützer des zitierten Briefes der Columbia Professor*innen zur Unterstützung ihrer antisemitischen Student*innen, faktenbasiert und ideologiekritisch zerpflückt.

Bis es soweit ist, müsste die deutsche Bundesregierung jeglichen Kontakt zur islamistischen Republik Iran einstellen und so weiter und so fort.

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Aber sie wird sterben.

Sie ist schon gestorben.

Palästinenser aller Geschlechter, Terroristen und ‚Zivilist*innen‘, haben sie am 7. Oktober 2023 auf unsagbare Weise ermordet.

 

 

Traumatischer Stillstand – in Israel ist immer noch der 7. Oktober: Ein Vortrag in München vom Israeli Oliver Vrankovic

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Letzten Donnerstag hielt der israelische Publizist und politische Aktivist Oliver Vrankovic, der wie ich rein zufällig aus Esslingen am Neckar kommt, einen Vortrag in München beim Linken Bündnis gegen Antisemitismus München.

In seinem 85-minütigen Vortrag geht Oliver auf die aktuelle Situation in Israel ein. Er ist 44 Jahre alt, arbeitet als Rezeptionist in einem Altersheim im Süden Israels und wohnt seit 17 Jahren in Israel, er ist Israeli geworden.

Das ist sicher einer der besten Vorträge, die man über das heutige Israel in deutscher Sprache hören kann.

Hier spricht ein Linkszionist über die größte Katastrophe im Judenstaat seit 1948.

Bis zum 6. Oktober war Oliver, wie er betont, scharf im Gegensatz zur rechtsextremen Regierung Netanyahu und der geplanten „Justizreform“. Am Ende betont er dann, wie unglaublich absurd es ist, wie Bibi agiert und viele sehr wichtige Entscheidungen einfach nicht trifft, wie es in Gaza jetzt weitergehen soll, wer in Israel die Verantwortung für das unfassbare Versagen am 7.10 übernimmt und so weiter.

Am 7. Oktober waren viele der führenden Wortführer der Anti-Regierungs-Proteste an allervorderster Front mit dabei, mit der Waffe in der Hand oder mit Autos und Bussen – es war Schabbat und die Regierung hat viel zu spät gemerkt, dass jetzt Züge und Bussen fahren müssen, um Soldaten in den Süden zu transportieren und Menschen zu retten – Menschen vor den heranstürmenden Muslim-Faschisten aus Gaza zu beschützen, zu retten und gegen die Hamas und die anderen Terroristen zu kämpfen.

Oliver geht auf die Linkszionist*innen im Süden ein, die jahrzehntelang den Palästinenser*innen Mut zusprachen und Unterstützung boten, ja künstlerische Mosaike kreierten auf ihren Anwesen, die auf Hebräisch Schalom und auf Arabisch Salam (Frieden) schrieben und ganz konkret den Menschen im Gazastreifen bei der Arbeit, bei Besuchen in Krankenhäusern und so weiter geholfen haben.

Und diese Menschen aus Gaza haben sich als Bestien erwiesen, diese Palästinenser haben sich als Mörder, Vergewaltiger und als „Zivilisten“ geoutet, die zu Tausenden beim Abschlachten, Vergewaltigen, lebendig Verbrennen der Juden und Jüdinnen geholfen, gejauchzt, gelacht und gekichert sowie geplündert haben.

Palästinensische Kinder fuhren dann das Fahrrad der jüdisch-israelischen kids, die entweder fliehen konnten, oder aber ermordet worden waren.

All das berichtet Oliver Vrankovic aus einer ungemein authentischen Perspektive, er hat es selbst alles erlebt, er war am 7. Oktober 2023 in Israel und konnte nicht fassen, was passiert.

Ohne eine „Denazifizierung“ der Palästinenser wird es niemals Frieden geben, das betont er völlig zurecht. Und Oliver betont auch, dass es in israelischen Schulbüchern eben keine Aufrufe zur Entmenschlichung oder Dämonisierung von Arabern und Palästinensern gibt, das weiß er von den Schulbüchern seiner 12-jährigen Tochter.

Doch in Gaza gibt es einen unfassbaren Antisemitismus, gerade auch in Schulbüchern, die IDF haben viele Beweise dafür aus dem Gazastreifen gefunden und gesichert, vieles war ja auch schon zuvor bekannt.

Einzig seine Kritik an der anfänglichen Zurückhaltung Israels bei der Unterstützung der Ukraine ist nicht überzeugend, auch wenn selbstredend die Achse Teheran-Moskau gekappt gehört. Aber gerade der ehemalige israelische Ministerpräsident Naftali Bennett war es doch, der in höchster Not sogar seinen Schabbat nicht einhielt und mit dem Flugzeug nach Moskau flog im Frühjahr 2022, um mit Putin über einen Waffenstillstand oder gar Frieden zu verhandeln.

Erst vor wenigen Tagen publizierte die renommierte Zeitschrift Foreign Affairs einen ausführlichen Artikel, der auch entgegen der Intention der beiden Autoren (!) belegt, dass im März 2022 (!) eine Lösung des Konflikts möglich war. Die Ukraine hätte Sicherheitsgarantien von mehreren Ländern, darunter die USA, Israel, Deutschland, bekommen, aber vertraglich erklärt, niemals ein Staat mit Atomwaffen zu werden und nicht in die NATO, allerdings durchaus in die EU aufgenommen zu werden, was Putin noch Jahre zuvor strikt abgelehnt hatte. Jetzt hätte er es so unterschrieben, so Foreign Affairs. Aber insbesondere der Fanatismus von Boris Johnson aus England verhinderte eine Friedenslösung, seitdem gilt die Direktive „Sieg für die Ukraine und Niederlage für Russland“. Johnsons und des Westens, auch Deutschlands Verweigerung diesem Kompromiss zuzustimmen, kostete über Hunderttausend Menschen das Leben, in der Ukraine und auf Seiten der russischen Armee.

Es ging darum,  dass Selenskyi und die Ukraine offenbar sehr wohl einverstanden gewesen wären, Russland zu versichern, nicht in die NATO aufgenommen werden zu wollen und ggf. territoriale Unabhängigkeit für sehr stark von pro-russischen Menschen bewohnte Teile im Süden der Ukraine wie den Regionen Donezk und Luhansk sowie der Krim zu machen, wenn sich Russland militärisch aus allen seit dem 24. Februar 2022 eroberten Gebieten zurückziehen würde.

Das Schrecklich ist, dass es nun, mehr als zwei Jahre später, genau darauf hinauslaufen wird, allerdings mit der wahnsinnigen Idee, die Ukraine in die NATO aufzunehmen, aber die genannten Gebiete und noch mehr wird die Ukraine verlieren – mit mehreren Hunderttausend Toten auf beiden Seiten. Das alles wischt Oliver etwas zu forsch vom Tisch, was angesichts der äußerst gefährlichen Kooperation vom autokratischen Regime in Moskau mit den Muslim-Faschisten aus Teheran auch verständlich ist. Aber eine Denazifizierung der Ukraine wie der Asow-Brigaden ist eben auch mehr als angesagt, ein Land mithin, dessen Mainstream antisemitisch ist, was sich in Fußballstadien zeigt, die nach Holocausttätern oder Nazi-Kollaborateuren in den letzten Jahrzehnten benannt wurden, was vor 2022 auch international als skandalös betrachtet wurde und seitdem aber mit Dutzenden Milliarden goutiert wird.

Diese Bemerkungen zu Russland kommen zwar erst gegen Ende des so eminent wichtigen Vortrags von Oliver, aber sie sind leider zu wichtig, als sie ignorieren zu können. Gerade in der Pro-Israel-Szene ist der teils regelrechte Hass auf Russland zu weit verbreitet und hat mit einer soliden Kritik an der Achse Moskau-Teheran nichts zu tun.

Man kann Anti-Putin, antifaschistisch und Pro-Frieden sein, gegen Waffen für die Ukraine und für Diplomatie. Das war auch der Ansatz des Israeli Naftali Bennett, der sicher kein Freund der Achse Moskau-Teheran ist, aber der realistisch (!) sah, was politisch auf dem Spiel steht und dafür sogar – was sehr außergewöhnlich war für einen religiösen Juden wie Bennett – seine Schabbatruhe brach. Doch leider ist gerade in der Pro-Israel Szene die Ignoranz gegenüber Naftali Bennetts diplomatischen Aktivitäten und die Vorliebe für eine bedingungslose Unterstützung des Regimes in Kiew vorherrschend.

Seit wann ist es weniger antisemitisch, Straßen nach Holocausttätern und Nazi-Kollaborateuren zu benennen (Ukraine), als mit einem Holocaust leugnenden Staat zu kooperieren (Moskau-Iran)? Beides sollte man als Intellektueller und zumal als Linker kritisieren. Doch in Deutschland, dem Westen und der Pro-Israel Szene wird wie ein Mantra die Solidarität mit der Ukraine beschworen, dabei sind Waffen für die Ukraine nicht solidarisch, sondern selbstmörderisch, Russland ist immer stärker, wer das nicht verstanden hat, hat ganz wenig verstanden von Krieg, Militär und dem Atomzeitalter. Doch der anti-diplomatische Reflex ist extrem weit verbreitet, wenn es um die Ukraine geht.

Das muss sich ändern, doch ich sehe da wenig Potential, da selbst seriöse Publikationen wie Foreign Affairs ja meist ignoriert werden und selbst die israelische Initiative von Bennett nie wirklich diskutiert wurde, auch nicht unter Pro-Israelis. Als ob Bennett ein Kumpel mit Antisemiten wäre, weil die mit dem Iran kooperieren wie Russland. Das ist ja lachhaft und grotesk. Doch die weltweite Isolation Russlands trägt dazu bei, dass sich Russland richtig üble Parnter sucht, auch militärisch. Was wäre passiert, wenn der arrogante Bill Clinton Putin nicht ausgelacht hätte, vor über 20 Jahren, als dieser fragte, ob nicht auch Russland in die NATO aufgenommen werden könnte?

***

Der Kern aber des Vortrags von Oliver Vrankovic ist die Kritik am palästinensischen Antisemitismus. Ohne dessen Ende wird es niemals eine Zweistaatenlösung geben. Er selbst war wie Millionen von Israelis von der Option einer Zweistaatenlösung bis zum 6. Oktober 2023 überzeugt. Doch das war eine katastrophale Fehleinschätzung.

Also: schaut euch diesen Vortrag an, hört ihn auch an, um zu merken, dass in Israel bis heute der 7. Oktober 2023 alles bestimmt, die Uhr drehte sich nicht weiter. Das zentrale Versprechen Israels, ein sicherer Hafen für alle Juden zu sein, wurde dementiert. Und doch betont Oliver, dass er weiß, dass für seine Tochter Israel der sicherste Ort der Welt ist, wenn er sich anschaut, was in Schulen in Deutschland so abgeht an Judenhass …

Hier ist das Video:

Ich weißt nicht, ob Paulaner Spezi offizieller Sponsor des Münchener Vortrags war, vermutlich eher nicht. Gleichwohl stand eine Flasche Paulaner Spezi womöglich eher zufällig prominent während des gesamten Vortrags vor Oliver, was den kultischen Status von Spezi, wenn es um Zionismus und Kritik an allen Formen des Antisemitismus geht, sicher noch steigern dürfte.

Diesen 85-Minuten-Vortrag sollte man wirklich gehört haben, wenn man sich weiterhin zu Israel äußern möchte.

Five for Fighting – OK – Piano and Solidarity for Israel

 

Die ehemalige kanadische Botschafterin Vivian Bercovici ist eine politische Kommentatorin zur aktuellen Situation in Israel und lebt im State of Tel Aviv, wie auch ihr publizistisches Projekt und ihr Podcast heißen.

Ihre Podcasts haben schon jetzt legendären Charakter, ihr sonntägliches Diskutieren mit dem Journalisten Yaakov Katz gehört sicher zum Interessantesten, was man zur aktuellen Situation in Israel hören kann, von den Podcasts der Times of Israel und vor allem den Texten in der Times of Israel nicht zu schweigen – die im Gegensatz zu allen anderen Zeitungen alle online frei lesbar sind und das bei allerhöchster journalistischer Qualität.

Heute bringt Vivian ein Gespräch mit dem Musiker John Ondrasik, der unter dem Namen Five for Fighting bekannt ist. Kurz vor 9/11 schrieb er den Song Superman (it’s not easy), der nach 9/11 zu einem Hit wurde, weil er den Überlebenden Kraft gab, es geht um Ich-Identität und die Schwere des Lebens und um Supermann, der es gerade nicht leicht hat – vor 9/11 und dann nach 9/11.

 

Sodann berichtet Vivian Bercovici von einem Konzert, das Five for Fighting letzten Samstag Abend in Tel Aviv live auf dem Hostage Square gab.

Wenige Stunden vor dem präzedenzlosen Angriff der Islam-Faschisten aus Teheran, die mit über 300 Drohnen, ballistischen Raketen und Cruise Missiles Israel angriffen (99 Prozent wurden von Jordanien, den USA, UK, Frankreich und Israel unschädlich gemacht, ein siebenjähriges Mädchen wurden von herabfallenden Raketenteilen getroffen und ist jetzt gestorben ist auf dem Weg der Besserung, Update, 20.04.2024).

Er zeigte seine Solidarität mit den Angehörigen der Geiseln der Hamas, ja seine Solidarität mit Israel in der schwierigsten und härtesten Zeit für den einzigen Judenstaat seit seiner (Wieder) Gründung am 14. Mai 1948. Das war der erste Besuch von Five for Fighting in Israel.

Vivian Bercovici betont, wie unglaublich wichtig es für Israelis ist, diese Solidarität zu sehen und zwar live in Israel.

 

We’re gonna give you four wordsWe are not alright, we are not alrightWhen we see young girls pulled from their homeAnd dragged to the streetsWhen we see grandmothers being pulled awayAnd children shot in front of their family’sWe are not alright when right here in the city of New YorkYou have those who celebrate, at the same timeWhen the devastation is taking place
This is a time for choosingThis is a time to mournThe moral man is losingForbidden, lost for long
I don’t understand, I don’t understandHow you can look yourself in the mirrorI don’t understand, I don’t understandHow did that blood flood your eyes
We, we are, we are notWe, we are, we are notOK, hey, hey, yeahOK, hey, hey, yeah
Yeah, hide behind your babiesYeah, hide behind your kidThe Harvard hands has rabiesThey’d hold acost again
I don’t understand, I don’t understandHow you can look yourself in the mirrorI don’t understand, I don’t understandHow did that blood spill from your eyes
We, we are, we are notWe, we are, we are notOK, hey, hey, yeahOK, hey, hey, yeah
Evils on the march, evils on the marchTime to face the test, yeah, hey, ohEvils on the march, evils on the marchNeed every good woman, every good man
We, we are, we are notWe, we are, we are notOK (we), OK (we are), OK (we are not), OKOK (we), OK (we are), OK (we are not), OKOK, OK, OK, OK
OK

Iran greift Israel mit 300 Raketen und Drohnen an – doch Joe Biden ist Supermann und ein Zionist, unendlich stärker als der Mullah-Faschismus

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Bei einem gut einschätzbaren und behandelbaren Virus drehte das Fernsehen total durch und brachte regelmäßig Sondersendungen und setzte die Bevölkerung in die größte Massenpanik seit 1945. Sie erinnern sich mit Grauen.

Wenn aber ein islamistisches Regime wie das Mullah-faschistische aus Teheran mehr als 300 ballistische Raketen, Drohnen und Cruise Missiles in das über 1700km entfernte Israel abfeuert, ist das keine Sondersendung wert. Es geht auch nur um Juden. Das ist keine Polemik, das ist nur eine deskriptive Darstellung.

Israel hat letzte Nacht zusammen mit Jordanien, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und natürlich den USA 99 Prozent dieser Raketen und Drohnen abgeschossen. Doch ca. 3 bis 5 Geschosse trafen Israel, ein siebenjähriges Mädchen wurde lebensgefährlich verletzt (durch Trümmer einer abgeschossenen Rakete). Es wurde aber tatsächlich eine Militärbasis direkt von einer Rakete getroffen, auch wenn der Schaden gering ist, es hätte anders ausgehen können. 100 Prozent von 300+ Raketen kann auch das beste Abwehrsystem nicht abfangen. Und darin liegt eine existentielle Gefahr. Weil im Fall der Fälle könnte eine einzige von 1000+ Raketen reichen, um Zerstörung extremen Ausmaßes anzurichten.

Raketen flogen auch über der Al-Aksa Moschee und Jerusalem. Israel hat alle abgeschossen, was, wenn die Al-Aksa Moschee durch ein iranisches Geschoss zerstört worden wäre?

Und was wäre passiert, wenn auch nur eines dieser 300+ Geschosse atomar oder mit einer schmutzigen biologischen Bombe ausgestattet gewesen wäre?

Nicht auszudenken.

Es muss jetzt endlich, 40 Jahre zu spät, um die komplette diplomatische Isolation Irans gehen, also von Seiten des Westens. Die Revolutionsgarden gehören auf die Terrorliste, ein Vorgang, den die Bundesaußenministerin bislang ablehnte.

Es darf keine Botschaft des Iran in Deutschland mehr geben.

Es darf nach diesem nie dagewesenen iranischen Angriff auf Israel keine Handelsbeziehungen mit diesem islamfaschistischen Terrorstaat mehr geben.

Es hätte schon angesichts der islamistischen Ideologie und Praxis wie der Frauenverachtung und dem Schleierzwang im Iran seit den 1980er Jahren keinerlei diplomatischen und ökonomischen oder sonstigen Beziehungen zu diesen Verbrechern geben dürfen. Aber viele deutsche Politiker*innen und Kapitalisten aller Geschlechter lieben den Iran.

Es ist bezeichnend genug, dass ein Treffen von Nazis mit Nazis zurecht Massenproteste in diesem Land auslöste, aber es ist noch viel bezeichnender, dass 300+ Raketen und Drohnen, die vom Iran auf Israel abgefeuert werden, keine solchen Massendemonstrationen auslösen, weil es nicht nur dem tumben Mainstream, sondern auch den linken oder links-liberalen Aktivist*innen nicht skandalös genug ist oder sie sogar offen oder klammheimlich kichern ob dieses präzedenzlosen Angriffs der Mullahs auf den Judenstaat.

Der bekannte iranische Professor für Rechtswissenschaft Afshin Ellian, der in Holland lehrt, sagte angesichts der Angriffe Irans, dass die Bevölkerung gegen das islamistische Regime sei, wie die Times of Israel berichtet.

Der iranische Journalist Pouria Zeraati, der in Großbritannien lebt und am 29. März 2024 in Wimbledon vermutlich von staatlichen Schergen der Mullahs bei einem Messerangriff in London schwer verletzt wurde, sagte, die Revolutionsgarden seien „Terroristen“ angesichts der Angriffe auf Israel.

Schließlich ist auch der Kronprinz Reza Pahlavi gegen die Angriffe und unterstreicht, dass die Bevölkerung nicht hinter dem islamistischen Terrorregime stehen würde, so wiederum die Times of Israel.

Joe Biden jedoch ist in Israel weiterhin, trotz oder gerade wegen seiner scharfen Kritik an Netanyahu, aber vor allem wegen seiner ungebrochenen Unterstützung für den einzigen Judenstaat, ein Superstar, wie dieses Graffito zeigt:

Ob Israel jetzt militärisch reagiert oder erstmal diplomatisch eine Koalition gegen den Iran aufbaut beziehungsweise verstärkt, wird sich zeigen. Das Momentum liegt auf der Seite Israels. Der massive Angriff aus Teheran war militärisch ein Desaster für die Islamisten, aber für Israel auch extrem teuer, 1,3 Milliarden Dollar dürfte der Abschuss der Hunderten Drohnen und Raketen gekostet haben, so Schätzungen von Experten.

Und bei allem Mainstream-Irrationalismus oder -Fanatismus am Beispiel der Ukraine-Politik der USA seit 1990 und von Joe Biden sowie dem Mainstream-Irrationalismus oder -Fanatismus, den auch die Antilopen während Corona zeigten, ist in der Frage Solidarität mit Israel Joe Biden doch ganz der Rock-Star in Israel, so wie die Antilopen Gang die fast einzige zionistische nicht-jüdische Band in diesem elenden Schland zu sein scheint.

 

 

 

Die Kritische Theorie von Horkheimer, Adorno, Löwenthal und Marcuse bedankt sich bei der Universität Köln, die anti-israelische Aktivistin Nancy Fraser nicht mit einer Gastprofessur zu ehren

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Die Politikwissenschaftlerin Nancy Fraser hat am 1. November 2023 mit Hunderten weiteren Kolleginnen und Kollegen eine antisemitische Erklärung mit dem Titel „Philosophy for Palestine“ unterschrieben, deren zentraler Satz wie folgt lautet:

The blockade of Gaza has lasted 16 years; the occupation of the West Bank and Gaza has lasted 56 years; the dispossession of Palestinians of their lands and homes across historic Palestine has lasted three-quarters of a century, since the 1948 establishment of Israel as an ethno-supremacist state.  It is not without reason that observers—including both international and Israeli human rights groups—now characterize Israel’s control over the land from the Jordan River to the Mediterranean Sea as a system of apartheid.

Damit wird Israel selbst die Schuld gegeben am schrecklichsten genozidalen Massaker an Juden seit der Shoah. Denn der Satz zuvor lautet:

Yet to act as though the history of violence began with Hamas’s attacks on October 7, 2023 is to display a reckless indifference to history as well as to both Palestinian and Israeli lives. In order for  violence to stop, the conditions that produce violence must stop.

Die „Bedingungen“, die Gewalt „produzieren“ würden, seien also eine 16-jähriger Blockade des Gazastreifens, eine 56-jährige Besatzung des Westjordanlandes, die „Enteignung“ von palästinensischem Land seit 1948 und die Gründung Israels am 14. Mai 1948 sei ohnehin die Gründung eines „ethnisch-rassistischen Staates“ gewesen.

Damit leugnen diese Hunderten Forscher*innen die islamistische und muslimisch-antisemitische Dimension des Massakers vom 7. Oktober und geben den Opfern die Schuld.

Die „Bedingung“ für die genozidale Gewalt vom 7. Oktober 2023 ist islamistischer Antisemitismus und die seit 1947 andauernde palästinensische Verweigerung, einen jüdischen Staat Seite an Seite mit einem damals von den Vereinten Nationan avisierten arabischen Staat zu akzeptieren.

Die genozidale Ideologie der Muslimbruderschaft, deren Ableger Hamas seit 2007 den Gazastreifen regiert, ist der Grund für den 7. Oktober 2023.

Die Erklärung „Philosophy for Palestine“ hingegen ist eine ganz typische antisemitische Täter-Opfer Umkehr. Es ist die antizionistische Version der Holocaustleugnung.

Das Vergewaltigen und Abschlachten von jüdischen Frauen, das Händeabhacken von Kindern, das Ausstechen von Augen von Vätern vor den Augen der Kinder, das Herausschneiden von Föten von schwangeren Frauen, das Köpfen von Babies, das lebendige Verbrennen ganzer Familien, das in den Rücken stechen mit einem Messer, wenn eine jüdische Frau bei der Vergewaltigung durch palästinensisch-muslimische Mörder zurückzuckt, all das kommt hier nicht vor – drei Wochen nach dem 7. Oktober 2023. Diese Derealisierung ist der eigentliche Schock. Das Pamphlet redet von zivilen Opfern auf beiden Seiten, was die Sache noch schlimmer macht, weil sie eine militärische Reaktion Israels mit einem genozidalen Massaker auf eine Stufe stellt.

Umgehend nach dem Massaker, ja gleichzeitig wurden Süßigkeiten verteilt von den arabischen, palästinensischen, muslimischen und linken Freunden des Judenmordes, wie auf der Sonnenallee in Berlin-Neukölln.

Wo waren da die Stimmen der heutigen Kritischen Theoretiker*innen?

Dass darüber hinaus in einem Krieg wie im Gazakrieg Menschen sterben, ist traurig, aber nicht zu verhindern. Ja die Hamas tut alles dafür, dass möglichst viele Zivilist*innen sterben, während sie in den Tunneln sicher versteckt ihre Führungselite und Tausende Terroristen Kämpfer versteckt.

Das heißt nicht, dass Israel nicht auch Fehler begeht in diesem Krieg, militärische, strategische, taktische.

Erstmal hätten z.B. die Militärführung und die politische Führung umgehend nach dem 7. Oktober zurücktreten müssen, weil deren Verhalten vor dem 7. Oktober ja maßgeblich dazu beigetragen hatte, dass die Grenze zum Gazastreifen weniger gut geschützt war. Die Verlagerung von Truppen ins Westjordanland, um die von Netanyahu gehätschelten Siedler zu unterstützen, hatte dramatische Folgen. Das politische Klima in Israel war wegen der rechtsextremen Regierung unter Netanyhu und der geplanten und letztlich von den Hunderttausenden Demonstrant*innen und vom Obersten Gericht gestoppten Justizreform extrem aufgeladen, die Gesellschaft gespalten.

Der Kern des 7. Oktober 2023 aber ist ein anderer: Ohne den islamistischen und arabischen Judenhass der Hamas wäre es gar nicht zu dem Massaker gekommen. Dieser islamistische und in Teilen auch säkulare palästinensische Judenhass ist das Zentrum der Ideologie des palästinensischen Antizionismus. Nicht alle Palästinenser*innen sind antizionistisch und islamistisch, aber laut Umfragen doch die absolute Mehrheit:

Eine repräsentative Umfrage unter Palästinensern zeigt uns wie weit verbreitet der Antisemitismus unter den Palästinensern im Westjordanland wie im Gazastreifen ist: 75 Prozent begrüßen das schrecklichste Massaker seit dem Ende des Holocaust, das ihre islamistischen Schlächter am 07. Oktober 2023 im Süden Israels veranstalteten. Ebenfalls 75 Prozent stehen hinter der antisemitischen und antijüdischen Parole “from the river to the sea”, der die Auslöschung des jüdischen und demokratischen Staates Israel meint.

Diese Umfrage wurde am 14. November 2023 publiziert und hat mehr Realitätsbezug als die Agitation der „Philosophie für Palästina“.

Neben der antizionistischen Agitation fällt auch auf, dass die Autor*innen und Unterzeichner*innen wirklich einen vollkommenen Realitätsverlust haben, wenn sie behaupten, der ‚Westen‘ würde nur Israel unterstützen:

Most importantly, we are all too aware that the countries in which we live and work and to which we pay taxes is funding and abetting one party and one party only in this deeply asymmetric conflict. That party is not the oppressed, but the oppressor.

Das in seiner Struktur und Aufgabe ohnehin absurde palästinensische Flüchtlingshilfswerk UNRWA, das die Rückkehr der 1948 Vertriebenen fordert und damit nicht ’nur‘ die tatsächlich Vertriebenen meint (von denen ein paar Zehntausend noch leben), sondern Millionen von Nachkommen – so wie wenn Neonazis und Vertriebenenverbände bis heute fordern fordern würden, dass Millionen Deutsche ein Recht auf Rückkehr nach Polen oder Tschechien etc. hätten -, bekam allein im Jahr 2022 über eine Milliarde US-Dollar an Geldern von den USA, Europa und weiteren Ländern, wobei fast die Hälfte aus Europa kam, wovon wiederum Deutschland der Hauptgeldgeber ist:

In 2022, 44.3 per cent of the Agency’s total pledges of US$ 1.17 billion came from EU member states, who contributed US$ 520.3 million, including through the European Commission. The United States, Germany, the EU, and Sweden were the largest individual donors, contributing a cumulative 61.4 per cent of the Agency’s overall funding.

Dabei sind Tausende UNRWA Mitarbeiter*innen mit dem Islamismus, Antisemitismus und der Hamas eng verbunden, ja Teil des Terrornetzwerks und einige waren beim Abschlachten der Juden aktiv mit dabei, wie der Tagesspiegel und viele weiter Medien berichteten:

Das Verleugnen oder Affirmieren des Islamismus und palästinensischen Antisemitismus sind Kennzeichen dieses Antisemitismus der Erklärung „Philosophy for Palestine“.

Dass das Zentrum des arabisch-israelischen Konflikts die antisemitisch motivierte Weigerung der Araber war, im November 1947 dem UN-Teilungsplan für das britische Mandatsgebiet Palästina zuzustimmen, wird hier nicht erwähnt.

Selbstredend ist der Konflikt noch komplizierter, speziell die Besatzung des Westjordanlandes seit 1967 ist in Israel heftig umstritten – wobei die Besatzung durch Jordanien von 1948 bis 1967 keine internationale Kritik auslöste! -, aber wenn wir sehen, zu was die Palästinenser fähig sind und was ihre Motiviation ist – ein Genozid an den Juden – wird deutlich, dass Israel niemals eine Art Militär der Palästinenser im Westjordanland oder im Gazastreifen wird dulden können.

Antipalästinensischer wie antiarabischer Rassismus in Israel sind ein Problem, auf das viele Israelis seit Jahrzehnten hinweisen. Und doch haben die Araber in Israel gleiche Rechte wie das Wahlrecht.

Israel begeht keinen Genozid im Gazastreifen. Diese perfiden Vorwürfe von antisemitischen Regimen wie aus Südafrika oder Nicaragua sind nur wiederum beredter Ausdruck der Täter-Opfer Umkehr, einer Entwirklichung des tatsächlichen genozidalen Massakers, das die Hamas, der Islamische Jihad und die Palästinenser am 7. Oktober 2023 im Süden Israels begangen haben.

Dass die Araber 1967 versuchten, den jüdischen Staat ein weiteres Mal nach 1948 zu zerstören, und scheiterten, wird in „Philosophy for Palestine“ natürlich nicht erwähnt.

Die blutige Pointe ist, dass gerade jene pro-palästinensischen Jüdinnen und Juden im Süden Israels von der Hamas und den ganz normalen Palästinensern bestialisch abgeschlachtet wurden.

Eine Freundin erzählte mir von einer Verwandten aus Israel, die mit anderen Israelis immer im Herbst Palästinensern aus dem Gazastreifen bei der Olivenernte halfen, sie waren herzlich miteinander und freundschaftlich. Und jetzt wurde bekannt, dass einige dieser ganz normalen Palästinenser dabei eines der Kibbutzim, das jetzt am 7. Oktober angegriffen wurde, ausgespäht hatten.

Was soll man mit solchen Bestien aus Gaza in den nächsten Jahrzehnten tun?

Doch die Nancy Frasers dieser Welt sind eiskalte Israelfeinde. Das lebendige Verbrennen von Juden, das Massenvergewaltigen jüdischer Frauen oder das Entführen von Holocaustüberlebenden nach Gaza macht ihnen nichts aus, sonst hätten sie alle diese antisemitische Erklärung niemals geschrieben oder unterzeichnet.

Und deshalb ist es eine große Leistung, dass die Universität Köln diese Hetzerin Nancy Fraser nicht mit einer Gastprofessur ehren wird.

Am Rande gesagt, hat eine 76-jähriger Person das ohnehin nicht verdient, sie sollte Rentnerin sein und nicht jungen Forscher*innen die Jobs wegnehmen, aber das nur ganz am Rande.

Doch diese Eiseskälte dieser antisemitischen Hetzerinnen und Hetzer ist kennzeichnend für die Forscherin Nancy Fraser. Die Frankfurter Rundschau gibt Fraser reichlich Platz, um zu zeigen, dass sie überhaupt nicht verstanden hat, um was es geht: sie fordert einerseits in dem Offenen Brief der antisemitischen Philosophen (m/w/d) vom 1. November 2023 den Boykott aller wissenschaftlichen und ökonomischen etc. Beziehungen zu Israel, und andererseite leugnet sie mit diesem Brief die islamistische und muslimisch-antisemitische Motivation für das Abschlachten von 1200 Jüdinnen und Juden sowie das Entführen von über 250 Geiseln, von denen weiterhin ca. 100 im Gazastreifen gehalten werden.

Es sind Tausende Menschen im Gazastreifen im Krieg Israels gegen die Hamas ums Leben gekommen, aber nicht eine einzige Person wurde auf genozidale Weise massakriert oder zur Schau gestellt wie das mit den Opfern der palästinensische-muslimischen Mörder der Fall war, exemplarisch kann man das am Töten und Zurschaustellen von Shani Louk zeigen.

Die Palästinenser hatten seit dem Abzug Israels im Jahr 2005 die Möglichkeit, ein prosperierendes Palästina am Mittelmeer aufzubauen. Doch das wollten sie nicht, sie haben Hunderte Tunnel gegraben mit einer Länge von über 500 Kilometern, Waffen gehortet und seit Jahren Tausende Raketen auf Israel abgefeuert.

Das liegt daran, dass die Hamas und die sie unterstützende übergroße Mehrheit der Palästinenser*innen Antisemiten sind. Sie indoktrinieren die Kinder von kleinauf, Juden zu hassen. An einem Aufbau einer Zivilgesellschaft hatte die Hamas überhaupt kein Interesse. Anstatt Tunnel zu graben für ihre verkommenen Taten, hätten sie wirtschaftlich was aufbauen können, Landwirtschaft und Industrie plus Tourismus wären Ideen gewesen.

Aber religiöser Fanatismus lag dann doch näher – und das ist die lange Geschichte des palästinensischen Antisemitismus, der früher nicht palästinensisch hieß, weil zum Beispiel der Großmufti von Jerusalem und Nazi-Kollaborateur Haj Amin al-Husseini ein gewöhnlicher Araber und Antisemit war, doch zu seiner Zeit hießen auch die Juden „Palästinenser“, wie die Araber, die im Mandatsgebiet Palästina lebten. Erst seit den 1960er Jahren werden die Palästinenser „Palästinenser“ genannt.

Dass nun Dutzende Forscher*innen, von Hartmut Rosa über Seyla Benhabib, Axel Honneth, Rahel Jaeggi, Oliver Nachtwey, Sabine Hark, Andrea Maihofer, Hauke Brunkhorst, Alex Demirovic etc. pp., Nancy Fraser unterstützen – „Stellungnahme zur Ausladung von Nancy Fraser von der Albertus Magnus Professur an der Universität zu Köln, 5. April 2024“ -, wundert überhaupt nicht.

Auch Omri Boehm ist mit dabei bei den Nancy-Fraser-Fans, Boehm ist ein universalistischer antizionistscher Autor, wie die Jüdische Allgemeine schon 2015 festhielt, darum ist er wohl in Deutschland oder beim Schriftsteller Daniel Kehlmann, mit dem er jüngst zwei Tage lang über Kant plauderte, besonders beliebt:

Ohne es gewollt zu haben, gelingt Omri Boehm in seiner wütenden Philippika gegen Leute, die den jüdischen Staat nicht verurteilen möchten, doch noch ein bedeutendes Argument gegen Antisemitismus: Es gibt auch dumme jüdische Philosophen.

Gerade Leute, die vorgeben, sich mit der Kritischen Theorie auszukennen, wären eigentlich prädestiniert dafür, Israel zu unterstützen. Aber das Gegenteil ist der Fall.

Das liegt daran, dass kaum jemand die Quellen liest oder kennt, wenn es um die Kritische Theorie von Horkheimer und Adorno und deren Verhältnis zu Israel geht.

Die Kritische Theorie war pro-israelisch, das zeigen die Quellen, die ich in meiner Studie „Kritische Theorie und Israel“ ausgebreitet habe.

Doch diese Grundlagenforschung wird von den üblichen Verdächtigen und Suhrkamp-Autor*innen logisch ignoriert, weil das nicht ins Bild passt, links und pro-israelisch. Auch die Konservativen oder Liberalen machen sich diese Mühe nicht, sie sehen ihr Vorurteil bestätigt, dass links gleich antisemitisch ist.

Für die Universität Köln jedoch ist folgender Boykottaufruf gegen den jüdischen Staat der zentrale Punkt, warum Nancy Fraser ganz sicher nicht mit einer Gastprofessur geehrt werden wird:

We invite our fellow philosophers to join us in solidarity with Palestine and the struggle against apartheid and occupation.In particular, join us in supporting the academic and cultural boycott of Israeli institutions—distinct from individuals—as outlined by the Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel (PACBI).  We urge all individuals to speak out openly and fearlessly, and work to advance the cause of Palestinian liberation and justice for all.

Die Aggressivität, mit der jetzt die akademische Elite sich hinter diesen Antisemitismus und Nancy Fraser stellt, ist bezeichnend, nicht überraschend, aber typisch. Schon bei der skandalösen Verleihung des Adorno-Preises an die antisemitische Agitatorin Judith Butler im Jahr 2012 zeigte sich, dass die wissenschaftliche Elite Israelhass ehrt. Damals schon wurde das am Beispiel des damaligen Leiters des Instituts für Sozialforschung Axel Honneth deutlich. Er ist auch jetzt wieder dabei und unterstützt Fraser, ohne mit einem Wort den genozidalen Judenhass der Hamas zu verurteilen in dem offenen Brief, den er mit Dutzenden Gleichgesinnten publiziert hat.

Mit dabei ist auch einer der besonders aggressiven Verteidiger der irrationalen, medizinisch nicht evidenzbasierten und antidemokratischen Coronapolitik, Oliver Nachtwey aus Basel in der Schweiz. Nachtwey hat Antisemitismus in der Szene der Kritiker*innen der Coronapolitik gesehen (dazu gibt es ein ganzes Kapitel in dem Band Pandemic Turn) – als Beispiel würde ich anführen, dass Judensterne mit der Inschrift „ungeimpft“ widerliche Formen des Antisemitismus und der Holocaustverharmlosung sind -, aber unterstützt jetzt die Israelfeindin Nancy Fraser. Es gab zudem auf Anti-Coronapolitik-Demos auch Israelfahnen wie in Berlin oder Kassel.

Wer hat jetzt eine „relative Neigung zum Antisemitismus„, wie Nachtwey noch angesichts der Coronapolitik-Protestbewegung schrieb, aber jetzt selbst Antizionismus nicht sehen will oder kann oder unterstützt?

Der Fall Nancy Fraser ist ein Lehrstück über akademischen Antisemitismus. Antizionismus ist in diesen Kreisen ein Glaubensbekenntnis, mal offener, mal gewundener, aber immer mit der gleichen Intention: den jüdischen Staat zu schwächen, zu diffamieren und seine Feinde zu tätscheln oder deren genozidales Morden zu derealisieren.

Adorno, Horkheimer, Löwentahl und Marcuse, die Israelfreunde, die angesichts der genozidalen Drohungen der Araber 1947/48, in den 1950er Jahren oder 1967 und in den 1970er Jahren sich hinter den Judenstaat stellten, wären fassungslos, wenn sie wüssten, was im Namen der Kritischen Theorie heute alles möglich ist.

Denn aus der pro-israelischen und antisemitismuskritischen ursprünglichen Kritischen Theorie ist eine Ansammlung von Agitator*innen geworden, deren vorderstes Ziel es zu sein scheint, Juden zu zeigen, wie vollkommen egal es ihnen ist, dass die Hamas alle Juden – alle! – vernichten will, und 1200 von ihnen schon massakriert hat, und ca. 100 noch in der Folter-Geiselhaft sich befinden.

Schon 2014 habe ich in meiner Studie „Kritische Theorie und Israel“ typische Autoren und Autorinnen aus dem heutigen Spektrum der Kritischen Theorie kritisch unter die Lupe genommen:

Gerhard Vinnai schreibt in der Zeitschrift für kritische Theorie[1] über die gegenwärtige amerikanische Gesellschaft und „vielfältige narzisstische Kränk­­ungen“[2] – die „narzisstische Kränkung“ ist eine typische Begriff­lich­keit der Kritischen Theorie und zeugt von der Verbindung von Marxismus und Psychoanalyse. Er setzt Kapitalismus und Gewalt allerdings gerade nach dem 11. September 2001 in Beziehung. Vom Jihad schweigt er. Angesichts des islamistisch, antisemitisch und antiamerikanisch motivierten Massen­mords vom „sozialen Tod in der Konkurrenzgesellschaft“[3] zu reden, zeigt das De­reali­sier­ungs­potential von nicht geringen Teilen heutiger Kritischer Theorie, die sich dem spezifischen Problem des Islam­ismus, Antisemitismus und Antiamerikanismus bzw. der antiwestlichen Ideo­logie oft verschließt und lieber selbst alten antiamerikanischen Ressen­timents frönt.

[1] Gerhard Vinnai (2006): Der Drang zur Gewalt – Zur Sozialpsychologie von Kriegsbereitschaft und Terrorismus, Zeitschrift für kritische Theorie, Heft 22–23/
2006, 7–27.

[2] Vinnai 2006, 26.

[3] Vinnai 2006, 26.

Weiter:

Heutzutage stellt sich eine Kompanie Kritischer Theoretiker hinter die Israel­gegnerin Judith Butler, als diese sich Kritik an der Vergabe des Adorno-Preises im Jahr 2012 gegenübersah, wie vom Zentralrat der Juden in Deutschland.[1] Unter den An­hängern Butlers sind Nancy Fraser, Diedrich Diederichsen, Micha Brumlik, Hauke Brunkhorst, Alex Demirović, Albrecht Wellmer, Seyla Benhabib und Idith Zertal.[2] Axel Honneth war, wie bereits erwähnt, als Leiter des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt gar Teil des Gremiums, welches Butler zur Preisträgerin kürte.[3]

[1] Stephan J. Kramer (2012): So werden Israels Todfeinde legitimiert. Warum Professorin Judith Butler keinen Adorno-Preis verdient. Eine Antwort auf Judith Butlers Aufsatz, Frankfurter Rundschau, 6. September 2012, http://www.zentralratdjuden.de/de/article/3798.so-werden-israels-todfeinde-legitimiert.html (eingesehen am 11. März 2014).

[2] „Zum Adorno-Preis an Judith Butler – Unterstützungserklärung,“ 3. September 2012, http://www2.gender.hu-berlin.de/ztg-blog/2012/09/adorno-preis-fur-judith-butler-unterstutzungserklarung/ (eingesehen am 6. Januar 2014).

[3] http://www.kulturpreise.de/web/preise_info.php?preisd_id=495 (eingesehen am 9. März 2014).

Weiterhin analysiere ich zum Beispiel einen der frühen und international bedeutenden Chronisten und Geschichtsschreiber der Kritischen Theorie, Martin Jay:

2010 war Jay im akademischen Komitee, welches die Doktor­arbeit von Asaf Kedar annahm, worin es um die deut­sche Ideologie eines „nationalen Sozialis­mus“ vor dem Natio­nal­sozialismus, zur Zeit des Kaiser­reichs geht, Natio­nal Socia­lism Before Nazism: Fried­rich Nau­mann and Theodor Fritsch, 1890–1914.[1] Kedar setzt den frühen Zionismus mit national-sozia­list­isch­en Ideo­logie­­­frag­menten in eins und er­wähnt auf der gleichen Seite Hitler, um auf herbei fanta­sierte Konti­nui­täts­linien von prä-nazistischem deutschem nationalem Sozialis­mus und prä-israelischem nationalem Sozialismus in Israel abzuheben.[2] Kedar arbeitet für eine antiisraelische NGO in Israel, Zochrot.[3] Diese NGO erhielt schon Gelder aus Deutschland.[4] Der Name Asaf Kedars findet sich schließlich auf einer Unterschriftenliste der BDS-Kampagne zum Boykott Israels.[5]

Mehr noch: Martin Jay geht in einem Text in der Zeitschrift Salmagundi im Jahr 2003 so weit, Juden bzw. Israeli wie Ariel Scharon (1928–2014) für das Wiedererstarken des Antisemitismus seit der Zweiten Intifada im September 2000 verantwortlich zu machen.[6] Er behauptet, jeder Ansatz, „der Antisemitismus untersuche und nicht in Betracht ziehe, dass die Opfer ihren Anteil daran haben“, könne „historisch nicht überzeugend sein“.[7] Damit stellt Jay die Antisemitismusforschung auf den Kopf. Es wäre interessant von dem Kritischen Theoretiker zu erfahren, zu welchen Teilen Juden mitverantwortlich für Antisemitismus gemacht werden können, hinsichtlich folgender Beispiele: Weltverschwörung, Beherrschung von Medien, Banken und Kultur, mittelalterliche und heute gerade in muslimischen Länden wieder belebte Blutbeschuldigung oder Brunnenvergiftung bzw. Vergiftung von Süßigkeiten durch Israeli.

[1] Asaf Kedar (2010): National Socialism Before Nazism: Friedrich Naumann and Theodor Fritsch, 1890-1914, online publizierte Dissertation, http://www.escholars
hip.org/uc/item/7bt808vx (eingesehen am 6. Januar 2014). Der Doktorvater an der University of California, Berkeley, war Mark Bevir, neben Jay saß Wendy Brown im Komitee.

[2] „Another case of national socialism underpinning a nation-building project, that of the pre-state Zionist labor party, was animated by a similar exclusionary drive, directed primarily against the indigenous Palestinian population as well as against transnational class consc­iousness. See Sternhell, The Founding Myths of Israel“, Kedar 2010, 171, Anm. 75.

[3] Zochrot wurde vom Politikwissenschaftler Gerald Steinberg und von NGO Monitor kriti­siert, http://www.ngo-monitor.org/article/zochrot (eingesehen am 27.01.
2014).

[4] http://www.medico.de/themen/menschenrechte/nahost/dokumente/zochrot/
93/ (ein­­­ge­sehen am 27.01.2014).

[5] http://www.ijsn.net/petition/signatures/bds_not_antisemitic/657 (eingesehen am 27.01.2014).

[6] Martin Jay (2003): Ariel Sharon and the Rise of the New Anti-Semitism, Salmagundi, Winter 2003, Nr. 137/138, 12–29.

[7] Jay 2003, 17, Übersetzung d.V.

Hierbei geht es auch um den zumal in Deutschland zu Lebzeiten sehr beliebten Historiker Tony Judt:

2006 unterzeichnete Jay zusammen mit Judith Butler, Steven Beller, Neve Gordon und einer großen Zahl weiterer Kolleginnen und Kollegen eine Solidaritätserklärung für den antizionistischen Historiker Tony Judt sowie für die Politologen Stephen Walt und John J. Mearsheimer.[1] Judt wird als Kritiker des „eth­nischen Nationalismus“ Israels vorgestellt. Judt (1948–2010) war in der Tat eine der lautesten Stimmen gegen Israel und ein Vertreter der binationalen Idee.[2] [Der berühmte Historiker und zu Lebzeiten führende Antisemitismusforscher unserer Zeit, Prof. Robert] Wistrich wirft ihm 2010 zu Recht die „Rationalisierung von Terrorismus, die Trivialisierung des Antisemitismus und die Dämonisierung Israels“ vor.[3]

[1] „A Statement in Support of Open and Free Discussion about U.S. and Israeli Foreign Policy and Against Suppression of Speech“, ohne Datum (wohl Oktober 2006), http://www.archipelago.org/vol10-12/freespeech.htm (eingesehen am 4. Februar 2014).

[2] Tony Judt (2003): Israel: The Alternative, 23. Oktober 2003, http://www.nybooks
.com/articles/archives/2003/oct/23/israel-the-alternative/ (eingesehen am 4. Fe­bruar 2014).

[3] Robert S. Wistrich (2010): A Lethal Obsession. Antisemitism from Antiquity to the Global Jihad, New York: Random House, 541. Weitere Kritik an Tony Judt bei Anthony Julius (2010): Trials of the Diaspora. A History of Anti-Semitism in England, Oxford/New York: Oxford University Press, 557, Alvin Rosenfeld (2006): Progressive Jewish Thought and the New Antisemitism, New York: American Jewish Committee (AJC), http://www.ajc.org/atf/cf/%7B42D75369-D582-4380-8395-D25925B85EAF%7D/PROGRESSIVE_JEWISH_THOUGHT.PDF (eingesehen am 29.01.2014)2006, 15–16, Manfred Gerstenfeld (2005): Jews against Israel, Nativ, 8. Jg., Oktober 2005, http://www.acpr.org.il/English-Nativ/08-issue/gerstenfeld-8.htm (eingesehen am 23. Mai 2012), Clemens Heni (2013):  Antisemitism: A Specific Phenomenon. Holocaust Trivialization – Islamism – Post-colonial and Cosmopolitan anti-Zionism, Berlin: Edition Critic, 256–260.

Speziell das Großthema Islamismus und Jihad ist für die meisten selbst ernannten heutigen Kritischen Theoretiker*innen kein Thema, wie ich 2014 feststellte:

Dieselbe Zeitschrift für kritische Theorie publizierte noch weitere Texte gegen den amerikanischen War on Terror unter dem US-Präsidenten George W. Bush, wie einen Artikel des Kritischen Theoretikers und Mit-Heraus­gebers der Gesammelten Schriften von Max Horkheimer, Gunzelin Schmid Noerr.[1] Texte, die sich aus kritisch-theoretischer Perspektive mit Islamismus, Jihad oder linkem Antizionismus befassen, findet man dagegen in der Zeitschrift für kritische Theorie nicht, dafür Texte des Nichtzionisten Moshe Zuckermann.[2]

[1] Gunzelin Schmid Noerr (2009): Zur Funktion politisch bekundeter Moral. Ethische und psychoanalytische Studien zu Person und Wirkung George W. Bushs, Zeitschrift für kritische Theorie, Heft 28–29/2009, 218–232.

[2] Moshe Zuckermann (2009): Die Persistenz von Ideologie. Anmerkungen zu Wagner, Israel und den Wonnen der Ignoranz, Zeitschrift für kritische Theorie, Heft 28–29/2009, 117–128.

Hingegen waren die Kritischen Theoretiker schon in den 1950er Jahren hellwach, namentlich der erste jüdische Rektor einer Universität in der BRD, Max Horkheimer, Leiter des Instituts für Sozialforschung:

„Die negativen, negativistischen Geister, die nur sehen und sagen, was das Grauen ist, was nicht sein soll, die Gott zu nennen sich scheuen, was wollen sie? – Daß es gut wird. Die Positiven handeln in seinem Namen, sie bejahen die Welt und ihren Schöpfer. Sie einigen sich – sind nicht gegen die heiligen Güter. Sie führen sie im Mund. So einigte Hitler die Deutschen, indem er die Juden als Opfer designierte, Nasser die Araber, indem er Israel als Opfer designiert.“[1]

Horkheimer hat somit Mitte der 1950er Jahre den arabischen Antisemitismus am Beispiel Ägyptens und Nassers klar erkannt und stellte sich schon damals hinter den Judenstaat. Nur wenige Jahre nach der Shoah sah Horkheimer das Fortleben des auf Vernichtung der Juden gerichteten Antisemitismus.

[1] Max Horkheimer (1991): Gesammelte Schriften, Band 6: ‚Zur Kritik der instrumentellen Vernunft‘ und ‚Notizen 1949 – 1969‘. Herausgegeben von Alfred Schmidt, Frankfurt am Main: S. Fischer, 240.

Am 5. Dezember 1967 schreibt Theodor W. Adorno in einem Geburtstagsgruß an Gershom Scholem:

„Scholems würdig ist die Paradoxie seiner Wirkung: heute, da er siebzig Jahre als wird, hat der Ordinarius der Universität Jerusalem bei allen Menschen, denen nicht nur am Geist des Judentums sondern am Überleben der Juden selbst etwas gelegen ist, die Autorität des Weisen gewonnen. Großartig widerspricht sie dem antiautoritären Zug seines Lebens und des von ihm Interpretierten. Seine Nüchternheit gewinnt heilsame Kraft, nicht nur gegen ideologisches Pathos sondern auch in einer Realität, in der nach wie vor die Juden, unter den schmählichsten Vorwänden, mit Vernichtung bedroht werden. Am Ende ist es Scholems Gewalt, daß er nicht apologetisch die Kräfte der Vernichtung, drinnen und draußen, verleugnete, sondern daß er ihnen seine Erkenntnis vorbehaltlos öffnete, mit einem Mut, den nur die Allerstärksten aufbringen. Wie kein Zweiter hat er die Würde der Idee des mystischen Nihilismus herge­stellt.“[1]

[1] Theodor W. Adorno (1998a): Gruß an Gershom G. Scholem. Zum 70. Geburtstag: 5. Dezember 1967, in: Ders., Gesammelte Schriften, Band 20/2, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 478-486, 486.

Sehr bedeutend und aufschlussreich ist ein Gespräch mit dem Kritischen Theoretiker Leo Löwenthal aus dem Jahr 1985, wo er sagt:

„Es ist verständlich, daß die Israelis weder faktisch noch erlebnismäßig eine Wiederholung von dem dulden können, was sich damals abgespielt hat. Als 1948/49[1], also in der Zeit der Emanzipationskämpfe gegen die englische Mandatsregierung, von jüdischer Seite aus Terroranschläge unternommen und Terrororganisationen gebildet wurden und das Problem aufkam, ob diese Organisationen mit Waffen beliefert werden sollen, war ich selber in New York in zornige Gespräche mit gewissen Kreisen um das ‚American Jewish Committee‘ verwickelt, die auf keinen Fall das Verschicken von Waffen oder die Bereitstellung von Mitteln zum Waffenkauf befürworteten. Ich war anderer Meinung – und ich glaube, daß ich da mit meinen Kollegen vom Institut für Sozialforschung einig war. Ich war der Meinung, daß eines der wesentlichen Bestandteile des modernen Antisemitismus die Imago der Juden als der eines tönernen Kolosses war, der bei dem leisesten Fußtritt zerschlagen werden kann; und daß das Bild dessen, was der Jude ist, sich radikal ändern könnte, wenn sich herausstellt: Die können auch Gewalt ausüben, die können sogar Verbrecher sein, die können Morde verüben, die können sprengen, die können eine Armee aufstellen – die sind also genauso wie andere Völker. Das hat etwas Tragisches an sich. Aber in der Situation, in der man sich damals befand und in der man sich befindet, glaube ich, daß das ein außerordentlich wichtiges Element gewesen ist, das Image von Juden als eines schwachen, nur mit Worten hantierenden, sozusagen manipulierenden Stammes zu verändern. Sie sehen das auch jetzt wieder in den neuen antisemitischen Strömungen, die sich auch in der Bundesrepublik ausbreiten, wie man auf dieses Phänomen des im Grunde schwachen, aber ‚trickreichen‘ Juden wieder zurückkommt, auf den manipulationsmächtigen Juden, aber letzten Endes eben ohnmächtigen und darum zerschlagenden Juden.“[2]

[1] Vermutlich meint Löwenthal die Jahre 1947 und 1948.

[2] Leo Löwenthal (1985): „Ich will den Traum von der Utopie nicht aufgeben“. Gespräch mit Hajo Funke, in: Hajo Funke (1989), Die andere Erinnerung. Gespräche mit jüdischen Wissenschaftlern im Exil, Frankfurt am Main: Fischer, 168–185, 172–173.

Schließlich ist für die Kritische Theorie absolut zentral, was Herbert Marcuse 1977 sagte:

„4. Sind Sie Zionist? Warum oder warum nicht?

Sofern der Zionismus religiös begründet ist, teile ich ihn nicht; ich glaube auch nicht, daß die Bibel eine heilige Schrift ist. Ich unterstütze aber aus ethischen und humanen Gründen die Gründung eines jüdischen Staates, der die Wiederholung eines Holocaust verhindern kann.“[1]

[1] Herbert Marcuse (2004): Nachgelassene Schriften, Band 4: Die Studentenbewegung und ihre Folgen. Herausgegeben und mit einem Vorwort versehen von Peter-Erwin Jansen. Ein­leit­ung von Wolfgang Kraushaar. Aus dem Amerikanischen von Thomas Laugstien, Springe: zu Klampen, 153.

Daran gilt es heute anzuknüpfen. Nie waren Israel und die Juden so bedroht wie am 7. Oktober 2023. Nie hat sich seit dem Holocaust der Antisemitismus weltweit dermaßen unmaskiert gezeigt, wie seit dem 7. Oktober 2023.

Von daher ist es gut und im Sinne der Kritischen Theorie von Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Leo Löwenthal oder Herbert Marcuse, dass die Universität Köln Nancy Fraser nicht mit einer Gastprofessur ehren wird.

All jene widerwärtigen Schwätzer aller Geschlechter, die von „nie wieder ist jetzt“ reden, ja faseln, und damit nahezu ausschließlich nur die AfD meinen und nicht auch die antisemitischen Schläger migrantischer und deutscher Provenienz (links wie rechts und der breiten Mitte), die auf solchen Demos mitlatschen (oder Brandsätze werfen wie auf die Synagoge in Oldenburg), die haben nie verstanden, was die Shoah war. Die Shoah war nicht ein Resultat dessen, was Menschen anderen Menschen in Kriegen oder sonst antun. Sie war die versuchte Auslöschung des ganzen jüdischen Volkes. Ein Vorgang, den es nie zuvor gegeben hat, die industriell von Deutschen geplante Vernichtung eines ganzen Volkes.

Und das exakt gleiche Volk der Juden ist auch heute, 2023 und 2024 und weiterhin das einzige Volk auf Erden, das mit Vernichtung bedroht ist. Kein anderes Land der Welt, und sei es noch so verbrecherisch, imperialistisch oder völkermordend, ist mit Vernichtung bedroht. Kein einziges. Nur Israel. Und das geht seit 1948 so.

Was diese ganzen elenden Gestalten der heutigen „Kritischen Theorie“ nicht zu sehen vermögen, ist Folgendes aus der Feder des israelischen Schriftstellers David Grossmann, einem Friedenskämpfer und Gesellschaftskritiker, der den Schock des 7. Oktober in Ansätzen zu beschreiben versucht („Schwarzer Schabbat“, in „Frieden ist die einzige Option“, München: Hanser Verlag, S. 41-47, hier S. 41):

Ich schaue in die Gesichter meiner Mitmenschen. Schock, Dumpfheit. Die Herzen schwer vor ständiger seelischer Belastung. Immer wieder versichern wir einander: ein Albtraum, ein beispielloser Albtraum. Ihn zu beschreiben, fehlen die Worte. Worte vermögen ihn überhaupt nicht zu fassen.

Weiter (S. 43f.):

Doch dürfen wir uns bei aller Wut auf Netanyahu, seine Leute und sein Vorgehen keiner Täuschung hingeben: Die Gräueltaten dieser Tage sind nicht Israel zuzuschreiben. Sie gehen aufs Konto der Hamas. Wohl ist die Besatzung ein Verbrechen, aber Hunderte von Zivilisten zu überwältigen, Kinder, Eltern, Alte und Kranke, und dann von einem zum anderen zu gehen und sie kaltblütig zu erschießen – das ist ein viel schwereres Verbrechen. Auch in der Hierarchie des Bösen gibt es eine Rangordnung, gibt es vom gesunden Menschenverstand und vom natürlichen Gefühl zu unterscheidende Schweregrade. Wenn man das Schlachtfeld sieht, dort, wo ein Rave in der Natur gefeiert wurde, wenn man die Hamas-Terroristen auf Motorrädern sieht, wie sie junge Leute, von deinen einige noch ahnungslos tanzen, einkreisen, um sie dann unter Jubelgeschrei wie Wild zu jagen und zu erlegen – ob man sie Bestien nennen sollte, weiß ich nicht, ihr menschliches Antlitz aber haben sie zweifelsohne verloren.

Das sind Gedanken, die die meisten heutigen und selbst ernannten „Kritischen Theoretiker“ nicht anzustellen in der Lage sind, ja David Grossmann steht viel mehr in der Tradition der Kritischen Theorie und der Sehnsucht nach einem sicheren Hafen und Land für die Judenheit, so wie Leo Löwenthal, Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Herbert Marcuse für einen solchen sicheren Ort für alle Juden sich einsetzten.

David Grossmann resümiert (S. 46f.):

Sind wir fähig, die üblichen Formeln abzuschütteln? Begreifen wir, dass das Geschehen zu groß und zu grausam ist, um nach veralteten Paradigmen beurteilt zu werden? Was sich in den letzten Tagen offenbart hat, lässt sich mit Israels Vorgehen und Vergehen in den besetzten Gebieten seit 1967 weder relativieren noch rechtfertigen.

Ich spreche von der Tiefe des Israelhasses, von der schmerzhaften Einsicht, dass wir Israelis nun wohl auf ewig unter höchster Anspannung und in ständiger Kriegsbereitschaft leben müssen. Ununterbrochen bemüht, Athen und Sparta gleichzeitig zu sein. Immerzu fragend, ob uns jemals ein normales, von Angst und äußerer Bedrohung freies Leben vergönnt sein wird. Ein dauerhaft geborgenes Dasein. In einem behüteten Heim.

 

Seite 2 von 22

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén

Cookie Consent mit Real Cookie Banner