The Berlin International Center for the Study of Antisemitism

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Der Krieg der deutschen Bundesregierung gegen die Vernunft

Von Dr. phil. Clemens Heni, 07. September 2022

Seit März 2020 leben wir im Kriegszustand. Ein „Krieg gegen ein Virus“, so der autoritäre französische Präsident Macron, der in Deutschland mit Fake News und schwarzer Pädagogik entfesselt wurde. Jens Spahn sagte absichtlich nicht die Wahrheit über den bevorstehenden Lockdown, den wir jetzt „ersten Lockdown“ bezeichnen. Horst der Seehofer setzte die Bevölkerung absichtlich und mit nackter Gewalt in Panik und liess dazu korrupte „Wissenschaftler“ Sachen schreiben, die nicht der Wahrheit entsprachen. Es sollte gezielt Panik erzeugt werden, damit die Deutschen sich isolieren und alles, wirklich alles und noch nie Dagewesene – in einer „Demokratie“ – tun, was Merkel oder später Scholz befehlen.

Eine Gefahr durch SARS-Cov-2, dieses neuartige und doch nicht unbekannte Corona-Virus – Stichwort T-Zellen Immunität von 81 Prozent der Bevölkerung -, war zu keinem Zeitpunkt eine besondere Gefahr für die ganze Bevölkerung. Die Infektionssterblichkeit liegt zwischen 0,1 und 0,23 Prozent – 1969/70 bei der Grippe lag sie in der alten BRD bei 0,29 Prozent und kein Mensch merkte was davon. Bei Corona liegt die Infektionssterblichkeit der Menschen unter 70 Jahren bei 0,05 Prozent, seit Omikron noch weit darunter.

Das durchschnittliche Todesalter liegt knapp über der durchschnittlichen Lebenserwartung und übersteigt 80 Jahre. Fast alle, die mit einem positiven Test auf Covid-19 starben, wären ohnehin gestorben, an einer Influenza oder den multiplen Vorerkrankungen. So ist das.

Der Krieg gegen die Vernunft geht im September 2022 mit der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes weiter. Die medizinisch irrationale, ja extrem schädliche Maskenpflicht in Flugzeugen soll fallen – man sitzt ja so eng und in großer Zahl und teils viele Stunden in so einem Flugzeug. Bei einem 40-minütigen Aufenthalt in einem Wartezimmer einer Arztpraxis hingegen muss man sich so als ob eine tödliche Seuche herrschen würde, weiter maskieren. Das gilt auch für Reha-Kliniken, Krankenhäuser, Altenheime. Sie sehen den Irrationalismus, den Krieg gegen die Vernunft und der oberste Kriegsherr heißt Olaf Scholz, der Kanzler. Auf dem Oktoberfest in München ab Samstag kommender Woche gilt keine Maskenpflicht, da sitzen ja auch nur Tausende grölend, kreischend, singend, schmatzend und schreiend im Bierzelt, enger beieinander als sogar im Flugzeug. Doch in Zügen, wo viel weniger Menschen in einem Abteil sitzen mit mehr Abstand zueinander, da gilt weiter die totalitäre Maskenpflicht.

Konkret: Markus Söder will ohne Maske aufs Oktoberfest gehen, mein Nachbar Bomber Harris Junior, ein über 80-jähriger cooler Antifa der old-school Sorte, darf nicht ohne Maske mit dem Zug nach Dresden fahren, um dort gegen das nach einem Nazi (wieder) benannte Rudolf-Harbig-Stadion zu demonstrieren. Auf seiner Rückfahrt will er dann unter anderem in der baden-württemberischen Provinz in Heilbronn (kein IC- oder ICE-Anschluss) gegen die Rudolf-Harbig-Straße demonstrieren, die dort im Stadtteil Kirchhausen sich befindet. Dieser Harbig war ein Nazi, NSDAP- und SA-Mitglied, die Sowjets und die Rote Armee haben ihn im Zweiten Weltkrieg in der ukrainischen Sowjetrepublik ausgeschalten.

Die ZeroCovid-Ideologen (m/w/d) der jungle world demonstrieren ja in Merkel-Manier auch nur mit Maske, bis 2020 war das noch anders.

 

Eine der Begründungen ist, dass ja auch alle anderen europäischen Länder die Maskenpflicht im Flugzeug abgeschafft haben. Doch das haben diese Länder – alle anderen europäischen Länder – auch in den Zügen und Bussen getan. Wer von Stuttgart nach Paris mit dem Zug fährt, muss bis zur Grenze die Maske tragen und setzt sie dann in Frankreich ab. Absurder, irrationaler oder totalitärer, willkürlicher geht es nicht. Es ist die Ideologie einer Religionsgemeinschaft, der Zeugen Coronas. Wer Ende Dezember 2021 in Schweden war, um dem ZeroCovid-Faschismus der Deutschen zu entfliehen, sah volle Busse und nicht eine Person hatte eine Maske auf. Schweden hat während der Krise viel weniger Tote – halb so viele, ich wiederhole mich gerne – als Deutschland. Aber die Deutschen lieben ihren Krieg gegen die Vernunft!

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf einen Text von einem meiner beiden Co-Autoren zu Corona (Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik von Mai 2020) als auch zur Ukraine (Nie wieder Krieg ohne uns… Deutschland und die Ukraine, Juli 2022) hinweisen, ein Vortrag auf der anarchistischen Buchmesse 2022 in Mannheim von Gerald Grüneklee. Ein sehr lesenswerter Text, der die religiöse Dimension der Zeugen Coronas analysiert. Solche herrschafts- und staatskritischen Stimmen geben Hoffnung.

Dass Schweden weniger als halb so viel Übersterblichkeit hat – man kann es nicht oft genug betonen – wie die Teutonen, das ist egal, weil es Scholz, Habeck und Klabauterbach nicht um die Rationalität oder Gesundheit der Bevölkerung geht, sondern um ihren Krieg gegen die Vernunft. Der wird unerbittlich weiter geführt. Unerbittlich.

Dieser Krieg ist diesmal ein Krieg gegen Russland und gegen die eigene Bevölkerung, ja gegen ganz Europa. Die Panik, die Inflation, die extrem steigenden Energiekosten, ja der kommende Energienotstand, der in Europa so gut wie jedes Land außer Russland betreffen wird, der hat jetzt schon dazu geführt, dass Firmen in Deutschland pleitegehen (ironischerweise macht den Anfang eine deutsche Klopapierfirma, Hakle aus dem schicken Düsseldorf)

und die Menschen nicht nur wegen der totalitären Corona-Politik, sondern auch wegen dem Krieg der Deutschen gegen Russland Angst bekommen. Deutschland bildet ukrainische Kämpfer aus, liefert der Ukraine Waffen und Munition und ist de facto im Krieg mit Russland. Kein Wunder, dass Russland jetzt gar kein Gas mehr durch Nordstream 1 schicken wird.

Hakle ist ein Opfer von Robert Habeck und der deutschen Bundesregierung. Klar sind das Kapitalisten, die ohnehin nicht zum Wohl der Menschheit agieren, aber diese Wirtschaftskrise, die es so noch nie gab seit 1945, die ist sehenden Auges von Habeck, Baerbock, Scholz und Lindner geplant worden, sie wollten diesen Notstand, weil „wir“ alles tun, was angeblich gut für die Ukraine ist, „egal was meine deutschen Wähler dazu sagen“ (O-Ton Baerbock in Prag). Nun, die Waffen schaden der Ukraine, da die Ukraine niemals den Krieg gegen Russland gewinnen kann. Putin ist unberechenbar und die russische Armee um Welten größer und stärker als die ukrainische. Doch der Westen will gar keinen Frieden, wie wir gleich sehen werden.

Dass ein noch fanatischerer Antikommunist und Hetzer als Scholz, der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson, womöglich den Krieg verlängert und eine frühzeitige Friedenslösung verhindert hat, das berichtet die Zeitung Responsible Statecraft aus den USA. Responsible Statecraft wird vom Quincy Institute for Responsible Statecraft herausgegeben, einem 2019 gegründeten und der politikwissenschaftlichen Schule des „Realismus“ zuzuordnenden ThinkTank, der sich am ehemaligen US-Präsidenten John Quincy Adams, der von 1825-1829 US-Präsident war, orientiert. Das Interessante am Quincy Institute ist nun Folgendes: Sowohl der von vielen antisemitischen Verschwörungsideologen (m/w/d) im Zuge der Corona-Pandemie gehasste und auch vom ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orbán mit antisemitischen Kampagnen beschmutzte und diffamierte George Soros, als auch die weit rechts stehenden Koch-Brüder, vor allem Charles Koch, haben sich 2019 zusammengetan und die Gründung des Quincy Institutes unterstützt. Das Ziel war tatsächlich eine weniger auf Intervention und Krieg, dafür auf Frieden (und wohl auch Diplomatie) ausgerichtete amerikanische Außenpolitik. Das Quincy Institute in Washington, D.C., nimmt keine Gelder von anderen Ländern an.

In einem Artikel auf Responsible Statecraft vom ihrem Reporter Connor Echols

erwähnt Echols

einen Bericht der ukrainischen Prawda, demzufolge es Boris Johnson war, der mit seinem Russenhass und Fanatismus, der in England und UK weit verbreitet ist, wenn man sich zum Beispiel die Hetze in der Daily Mail (=Bild-Zeitung) anschaut, dafür gesorgt haben könnte, dass Anfang April 2022, als Russland und die Ukraine kurz vor einer Einigung standen, eine Friedenslösung und ein Ende des Krieges verhindert wurden.

Wie das? Johnson, der völlig unerwartet in Kiew auftauchte und Selenskyi traf, agitierte den ohnehin fanatischen, aber zu diesem Zeitpunkt offenbar doch für Kompromisse offenen Selenskyi folgendermaßen. Johnson sagte, dass Putin ein „Kriegsverbrecher“ sei und zweitens England, das Johnson als repräsentativ für den ganzen Westen, die USA und die EU darstellte, unter keinen Umständen eine diplomatische Konfliktlösung und keine Kompromisse dulden würde.

Wurde also in London entschieden, was in der Ukraine passiert? Was hat Johnson dagegen, dass der Kompromiss vorsah, dass sich Russland auf seine Position vom 23. Februar 2022 zurückzieht, also alle seit dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs vom 24. Februar 2022 eroberten Gebiete aufgibt, wenn, ja wenn die Ukraine vertraglich festhält, kein NATO-Mitglied zu werden, dafür aber Sicherheitsgarantien erhält? Die Ukrainska Pravda schrieb bereits am 5. Mai 2022:

According Ukrainska Pravda sources close to Zelenskyy, the Prime Minister of the United Kingdom Boris Johnson, who appeared in the capital almost without warning, brought two simple messages.

The first is that Putin is a war criminal, he should be pressured, not negotiated with.

And the second is that even if Ukraine is ready to sign some agreements on guarantees with Putin, they are not.

Johnson’s position was that the collective West, which back in February had suggested Zelenskyy should surrender and flee, now felt that Putin was not really as powerful as they had previously imagined, and that here was a chance to „press him.“

Three days after Johnson left for Britain, Putin went public and said talks with Ukraine „had turned into a dead end“.

Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis ähnliche Dokumente aus den USA auftauchen (Stichwort „Victoria Nuland“), die belegen, dass Amerika überhaupt kein Interesse an einer diplomatischen Lösung des Ukraine-Konflikts hat. Dass dort Menschen sterben, ist Amerika völlig egal – seit wann interessiert sich die US-Außenpolitik für Menschenleben? Oder die deutsche? Oder die britische Außenpolitik? Nein, Amerika will Russland schwächen, Annalena B. will Russland „ruinieren“ und das Werk ihres Großvaters vollenden. Dass darüber hinaus Europa eine unglaubliche ökomomische und soziale Krise erlebt, auch das freut die USA, die ja jetzt Energie nach Europa exportieren will via LNG Flüssiggas.

Solange aber nicht wirklich massiver und vielfältiger Protest in Deutschland diese Bundesregierung und die ihr hörigen Medien in die Ecke drängt, solange wird es groteske und primär der Bevölkerung in der BRD schadende Sanktionen gegen Russland und Militärhilfe für die Ukraine geben und solange wird es die totalitärste Coronapolitik jenseits von China exklusiv nur in der Bundesrepublik Deutschland geben.

 

Ein ächtes Käpsele in Zeiten von Corona: Der Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Harald Staun

Von Dr. phil. Clemens Heni, 03. September 2022

Daddiots und mombies haben oft keinerlei Takt- und Schamgefühl. Sie schämen sich nicht mit ihrer narzisstischen Delegation hausieren zu gehen. Sie merken nicht, dass es völlig deplatziert ist, anderen von ihrem Privatleben zu erzählen, von ihren Kindern, die einen dreiwöchigen Austausch vor sich haben oder denen ein Zahn ausfiel, ein Privatleben also, das doch aus nichts als Geschrei, Kinderbrei, Fäkalien und Tumult besteht, jahrelang. Ein Kinderleben mithin, das jede und jeder, der bis hierher mitgelesen hat, selbst erlebt hat. Der Narzissmus besteht darin, dass viele das anderen auch zumuten wollen und selbstverliebt schauen, ob die Zweijährigen schon schreiben oder wenigstens ein paar Worte Französisch, Englisch und Hochdeutsch (bei den schwäbischen, türkischen, russischen oder bayerischen Eltern) können. Die Forschung nennt es narzisstische Delegation, viele wollen auch, dass die Kinder das nachholen, was sie selbst verpassten, ein eigenständiges Leben, andere verkleben genau ein solches durch Überfürsorglichkeit, die doch nur das mini-me meint.

Narzisstische Eltern sehen in ihren Kindern keine eigenständigen Individuen, sondern lediglich Objekte, die ihrem Idealbild entsprechen müssen. Ihre Kinder werden von ihnen als Erweiterung ihres Selbst angesehen und daher ausschließlich für die eigenen Zwecke instrumentalisiert.

Dass die Welt überbevölkert ist, kommt in diesem Weltbild selbstredend auch nicht vor, und zwar gerade überbevölkert mit den Kindern der wohlhabenden Menschen in Europa, Nordamerika, Japan und den anderen industriegesellschaftlichen Gegenden.

Harald Staun kann zu Kindern, ja überhaupt zu eigentlich fast allem was sagen. Er ist ja auch Journalist. Das ist sein Beruf. Er ist klug, fast ein Neunmalkluger, Schlaumeier, Klugscheißer, einfach ein Käpsele.

2021 kritisierte er das neue Format Bild-TV und den späteren Pro-Ukraine Einpeitscher Paul Ronzheimer, dazu die Protagonist*innen Claus Strunz, Nena Schink und Filipp Piatov. Putin ist ein gefährlicher Mann und der Krieg in der Ukraine muss sofort enden. Putin ist antifeministisch (Pussy riot), lässt schon mal Giftanschläge auf (ebenfalls nationalistisch-russische) Dissidenten passieren und sie danach einsperren (Nawalny), Putin ist reaktionär-großrussisch, antibolschewistisch wie antikommunistisch. Ironischerweise trifft er sich in seiner Panik vor Corona (2G, „langer Tisch“ im Kreml) mit Scholz, Lauterbach oder Joe Biden und Boris Johnson und Macron („Krieg gegen ein Virus“, wobei Frankreich jetzt – September 2022, die Pandemie für beendet erklärt hat!!).

Gerade auf einen so gefährlichen, unberechenbaren Politiker wie Putin, den der Westen seit 20 Jahren immer mehr isolierte und damit fanatisierte, nicht diplomatisch einzugehen, sondern geradezu erpicht darauf gewesen zu sein, dass er einen Krieg anfängt – das zeigen Dokumente aus den USA -, das ist gemeingefährlich und zeigt wie komplex dieser Konflikt ist. Der Antisemitismus gerade von Selenskyi, der den Holocaust trivialisiert und den ganz normalen Krieg Russlands mit der Gründung der auf die Vernichtung der Juden gerichteten NSDAP 1920 gleichsetzte, kam in Israel in der Knesset überhaupt nicht gut an. Die deutschen und amerikanischen Waffen werden noch mehr Menschen in der Ukraine töten. Daher: Schluss mit den Sanktionen, die auch russischen Staatsbürger*innen ihre verdiente Rente und andere Geldzahlungen entreißt, auf mit Nordstream 2 und zwar sofort. Jene, die am meisten unter diesen Sanktionen leiden werden, auch wenn das ein Leiden auf sehr hohem Niveau ist, werden die Menschen in der BRD und Europa sein, Inflation, Panik vor Strom- und Heizungsausfällen zeigen die Absurdität der Politik von Baerbock, Lindner und vorneweg Olaf Scholz.

Sind die Herrscher in Saudi-Arabien menschenfreundlicher als Putin? Ihr Krieg im Jemen hat bislang 200.000 bis 300.000 zivile Opfer gefordert. Keine Sanktionen nirgends, die Saudis sind unsere Freunde, das gleiche gilt von Katar.

Staun jedoch beklagte im März 2022 das angebliche „Zaudern“ der deutschen Politik und fand die ungeheuerlichen 100 Milliarden für die Bundeswehr gar nicht ausreichend, weil die ja doch Deutschland zugutekämen und nicht direkt der Ukraine (evtl. sind Staun und Ronzheimer jetzt doch Freunde, 2022?). Kein Wort der Differenzierung, wie es zum Krieg in der Ukraine kam. Keine Kenntnis von not-one-inch, dem gebrochen Versprechen der USA und der NATO, von James Baker und Helmut Kohl (es gibt die Protokolle davon, nur keinen Vertrag, alles in „Nie wieder Krieg ohne uns… Deutschland und die Ukraine“, das neue Buch von Gerald Grüneklee, Peter Nowak und mir).

Harald Staun kennt sogar den Namen Adorno und weiß detailliert, wie Andrew Breitbart lange vor Trumps Aufstieg als Politiker zu einem rechtsextremen Hetzer in den USA wurde. Er weiß, dass es kein richtiges Wohnen im falschen Leben gibt

und kauft doch gerne bei Amazon ein. Er kennt sich in Film, Kino und Literatur aus und weiß auch, dass es „Die Invasion der Blogger“ gibt, die den Journalismus bedrohen könnte. Er hat 2003 sogar Ivan Illich erwähnt, der eigentlich unter die wichtigsten 50 „Intellektuellen“ hätte kommen müssen – noch besser wäre es gewesen, Staun hätte Illich auch gelesen und verstanden, dann wären ihm katastrophale analytische, medizinische, philosophische, demokratische und menschliche Fehler in der Coronakrise, wie wir noch sehen werden, eventuell erspart geblieben.

Staun schreibt über Fußball und die Arroganz von ARD und ZDF, erzählt 2018 die Geschichte des 2010 gegründeten explizit sozialistischen Magazins Jacobin in den USA, doch 2020 hat Staun natürlich nicht gestaunt, sondern ignoriert, dass gerade in Jacobin der Epidemiologe Professor Martin Kulldorff von der Harvard University am 19. September 2020 in einem Interview mit Nicole Aschoff und der Biologin und Epidemiologin Katherine Yih von der Harvard Medical School, sich gegen die irrationalen und höchst gefährlichen Coronamaßnahmen wie Lockdowns aussprach. Kulldorff hat dann ja Anfang Oktober 2020 zusammen mit der linken Epidemiologin Professorin Sunetra Gupta von der Oxford University in England und dem Professor für Medizin an der Stanford University Jay Bhattacharya die berühmte „Great Barrington Declaration“ verfasst, die sich für den Schutz der Vulnerablen und für ein ganz normales Leben aller anderen Menschen im Zeitalter von Corona ausspricht.

Im Juni 2021 plappert Harald Staun mit dem Historiker Philipp Sarasin über Luhmann (der als Systemtheoretiker gar keinen kategorialen Unterschied zu sehen vermochte zwischen den Nazis und den Befreiern und Amerikanern, wie es sich mal in einem Interview zeigte, was aber natürlich hier nicht vorkommt), Sarasin und Staun reden über Apple Computer, über das ach-so-zentrale und willkürlich herausgegriffene Jahr 1977, das Sarasin zu einem Buch gereichte, über „Identität“ von links und rechts. Dann rubriziert Staun ein post-pubertäres Sexgeschwafel in einem Video von Charlotte Roche, die Roger Willemsen und ein paar andere Viel- oder Dummschwätzer in ihre Privatwohnung eingeladen hatte, ziemlich fasziniert unter „Kindergeburtstag“,

Staun kritisiert aber ein anderes Mal sogar eine reaktionäre Männerbewegung und befasst sich mit Gender, Aphrodite und der „Abschaffung der Geschlechter“, er befasste sich sporadisch und mehr schlecht als recht (also unterm Strich den Jihad verharmlosend) mit dem Thema Islam und Islamismus in Deutschland, zuletzt kritisierte er recht luzide eine vierteilige Filmreihe und den 90-minütigen Abendfilm, der am 5. September 2022 in der ARD zur Primetime zu sehen sein wird, zum palästinensischen Massaker an der israelischen Olympiamannschaft im September 1972, schon 2012 hatte er das Thema aufgegriffen. Staun zeigt, wie perfide dieser Film bzw. die vierteilige Serie 2022 vorgehen:

Fünfzig Jahre lang hat Mohammed Safady nicht nur darüber ge­schwiegen, was er im Jahr 1972 ge­tan hat. Er war auch dermaßen untergetaucht, dass ihn Wikipedia schon für tot hielt, für eines der Opfer der Vergeltungsaktionen des israelischen Geheimdienstes Mossad. Nun taucht er wieder auf, als Zeitzeuge in der ARD-Dokumentation „Tod und Spiele“. (…) Safady war einer der palästinensischen Attentäter der Terrorgruppe „Schwarzer September“, die am 5. September 1972 bei den Olympischen Spielen in München elf israelische Sportler ermordeten. Dass die Filmemacher Lucio Mollica und Bence Máté ihn aufgetrieben und für ein Interview für ihre Dokumentation zum 50. Jahrestag des Anschlags gewonnen haben, kann man als journalistischen Scoop be­zeichnen. Dass sie ihn wie einen Zeitzeugen unter anderen behandeln, ist schwer erträglich. (…) Und es ist höchstens die halbe Wahrheit: So sehr sich Mollica und Maté in ihrer 180 Minuten langen Doku (vier Folgen sind in der ARD-Mediathek, das Erste zeigt am 5. September um 20.15 Uhr eine 90-minütige Fassung) bemühen, den historischen Kontext, politische Hintergründe und die Folgen des Attentats zu be­leuchten, so groß ist eine Lücke, die besonders auffällt: Es kommt kein einziger deutscher Jude zu Wort.

So differenziert und kritisch geht Staun aber keineswegs immer vor, wie wir schon gesehen haben.

Vor allem in der Coronakrise hat er so Typisches wie Unglaubliches verfasst, wie wir noch ausführlich und quellengesättigt sehen werden. Staun hat sogar im Herbst 2017 ein Interview mit dem ARD-Tatort-Regisseur Dietrich Brüggemann über dessen ersten Tatort geführt, es dann aber offenbar verpasst sich weiter mit Brüggemann und dessen scharfer Kritik am Corona-Regime zu befassen, dabei hätte er ja als Bekannter von Brüggemann leicht Zugang gehabt, doch ich fand nichts dazu, auch nicht zu #allesdichtmachen, der fantastischen Kurzclip-Video-Aktion um Volker Bruch, Miriam Stein, Brüggemann und einige der bekanntesten Tatort-Schauspieler*innen wie Jan-Josef Liefers, Wotan Wilke Möhring, Ulrich Tukur oder Felix Klare. Journalisten arbeiten tagesaktuell und nicht systematisch, sie hüpfen von News zu News, kratzen an der Oberfläche und sehen selten, was darunter ist. Doch vor allem zeigt sich eine abgrundtiefe Liebe zum Staat und zum Gehorsam, der pandemic turn wird nicht nur bejaht, sondern gefeiert als historische Chance. Wir kommen darauf zurück.

Wieso aber schreiben Eltern so obsessiv über ihren Nachwuchs, erwähnen in ihrem Lebenslauf, dass sie verheiratet sind oder 2-4+ Kinder haben, stellen sich Bilder ihrer Blutsverwandten – das ist entscheidend, nur adoptierte Kinder zum Beispiel, das zählt gar nicht, es muss das eigene Blut sein – auf den Schreibtisch, hängen sie an die Wand im Treppenhaus oder Wohnzimmer oder haben Familienbilder als Bildschirmschoner auf dem Computer, Tablet oder Handy?

Wieso schreibt ein Autor in einer bundesweiten Tageszeitung über „Wir Eltern“ in Prenzlauer Berg? Gerade deshalb, wegen dem Bekenntniszwang (den hat auch Felix Klare, „Vater von mittlerweile vier Kindern“ in seinem #allesdichtmachen Beitrag), daddiot oder mombie zu sein, werden sie Redakteure und Autorinnen. Sie wollen hinausschreiben, was sie Tolles für das Patriarchat, den Kapitalismus und zumal den deutschen Staat geleistet haben. Zwei oder drei, nicht selten vier Schreihälse kommen dabei heraus, besonders patriarchale und unsoziale Wesen haben sieben davon und hohe Posten in der EU.

Ende Mai 2020 war Harald Staun schon völlig beschwipst von staatlicher Gewalt und ein Zeuge Coronas von Jens Spahn, Angela Merkel, dem RKI und Olaf Scholz geworden, mit einem Monsterbild wird der Tenor unterstrichen:

Womöglich eröffnete genau dieser Bruch die Chance, die Zweifel vor den Zweiflern zu retten: Der Ausnahmezustand hat nicht nur deutlich ökonomische und soziale Schieflagen offengelegt, sondern auch die enormen Kapazitäten politischen Handelns angedeutet. Auf der ganzen Welt haben Staaten gezeigt, dass sie bereit sind, eine globale Wirtschaftskrise hinzunehmen, um zu tun, was sie für moralisch geboten halten.

In einem Interview mit dem Soziologen Benjamin Bratton aus Kalifornien im Juli 2021 zeigt sich der irrationale Maskenwahn, der medizinisch nicht begründbar ist – Schweden hat halb so viel Übersterblichkeit wie Deutschland in den Jahren 2020 und 2021 und das ohne jede Maskenpflicht, nicht in Supermärkten, Kinos, Theatern, U-Bahnen, Bussen, Zügen, Behörden, Schulen, einfach nirgends –, aber den religiösen Zeugen Coronas ein Vorwand bietet, um Dissident*innen so richtig fertig zu machen:

Ich denke, dass Menschen, die Masken demonstrativ ablehnen und sich so dagegen entscheiden, Teil der immunologischen Gemeinschaft zu sein, ein bestimmtes Verständnis von Gesellschaft zum Ausdruck bringen: Sie sehen Gesellschaft als eine Ansammlung von autonomen Akteuren, die freiwillig in einen kulturellen oder sozialen oder wirtschaftlichen Austausch treten. In diesem Fall ist das Risiko individuell und nicht kollektiv: Mein Ausatmen ist eigentlich nie dein Einatmen. Dieses verinnerlichte Gesellschaftsmodell ist aber nicht nur in der Krise falsch; eine Krise macht nur deutlich, wie falsch es grundsätzlich ist. Soziale Beziehungen werden nicht einfach durch eine Ansammlung von Individuen erzeugt.

Wie tödlich Masken für die Gesellschaft sind, auch und gerade für Alte und Kranke, das steht hier nicht und das ist den beiden auch völlig egal. Dass alte Menschen, die ohnehin nur ca. ein Jahr im Altersheim verbringen, lieber Menschen sehen wollten, als eingesperrt und isoliert, zwangsmaskiert und andere Maskierte sehend, zugrundezugehen, das wird in dieser a-sozialen Diktion nicht gesehen, ja der Maskenwahn im Altersheim oder Krankenhaus affirmiert. Fragen Sie mal Helga Witt-Kronshage, die schon im April 2020 nach Hilfe schrie („Alte Menschen wollen in Würde leben und sterben – doch Merkel und die gesamte Politik bevorzugen Isolation und Qual: Wie geht es Helga Witt-Kronshage?“).

Dass Bratton darüber hinaus im anti-israelischen Verlag Verso Press publiziert, passt natürlich. Dort wird auch Jacqueline Rose publiziert, die andernorts eine der unglaublichsten antisemitischen und antizionistischen Lügen verbreitet hat, der zufolge Hitler und Theodor Herzl sich während des gleichen Konzerts mit Wagner Musik in Paris zu ihren jeweiligen Büchern „Mein Kampf“ beziehungsweise „Der Judenstaat“ motiviert und inspiriert hätten haben lassen, also spätestens im Mai 1895, weil da Herzl sein Manuskript abschloss. Hitler kam erstmals mit der Nazi-Wehrmacht 1940 nach Frankreich („Blitzkrieg“). Doch der antizionistische Wahn von Jacqueline Rose ist typisch für England und die Linke in England. Bratton folgt dem Wahn, dass Masken schützen würden.

Der Kern der ganzen Corona-Ideologie und der autoritäre Charakter von Harald Staun wird in einem Text mit seiner Kollegin Novina Göhlsdorf im November 2021 sichtbar: „Kontrolliert uns!“ heißt das achtelgebildete, reaktionär-avantgardistische Elaborat, das ein Plädoyer für den ZeroCovid-Totalitarismus ist.

Ein Text, der ideologisch so in exakt jedem Feuilleton, auf jeder Medienseite jeder stolz- und Corona-deutschen Zeitung stand und zwar jeden Tag seit März 2020. Wer diesen Text gelesen und verstanden hat, weiß alles über die Deutschen und die ZeroCovid-Religion.

Der Text beginnt so:

Ein Freund aus Amsterdam ist zu Besuch in Berlin. Vor der Bar in Neukölln will der Türsteher Impfnachweise sehen. Der Freund hat ein zerknittertes Papier dabei. Doch nur die mit QR-Codes dürfen durch. Der Türsteher ist sehr freundlich und sehr bestimmt. Keine Ausnahmen, leider. Wie ärgerlich – und wie gut –, dass sie so streng sind hier. Wir laufen durch die Weserstraße, sie ist voller Bars, die aber voller Leute sind; es ist Freitagabend. Einige Häuser weiter winkt uns eine Frau in eine Bar, wir quetschen uns ins Gedränge vor dem Tresen. Dreißig unbehagliche Sekunden. Wieso kontrolliert uns keiner? Lieber wieder raus.

Völlig irrational sind die beiden (oder drei etc.), ja total irrational und panisch, ohne jeden Grund. Ihnen fehlt der Lockdown und der Wille zur Gewalt gegen Nicht-alle-Maßnahmen-Befolgende.

Wie gezeigt, weiß Harald Staun alles. Er ist ja ein Käpsele. Er kennt das Wort, nicht den Inhalt, von Totalitarismus, so wie er Adorno vom Namen her kennt, aber wenig vom Inhalt, auch bei Ivan Illich ist das so.

Beim Lesen des Textes „Kontrolliert uns!“ wird einem wahlweise schwindelig oder übel. Es sind ekstatische Pirouetten der Lust am Gehorchen, am Testen, Überprüfen, Mitmachen und Nicht-Denken.

Da wird gejauchzt, dass es Lehrer*innen gab, die von sich aus Masken- und Testwahn, also Gewalt gegen Kinder und Jugendliche wieder eingeführt haben. Dass die zwei, drei Lehrer*innen in diesem Land, die sich kritisch, demokratisch und epidemiologisch versiert gegen die irrationalen und gesundheitsgefährdenden Maßnahmen wandten, mit Disziplinarverfahren, jahrelangen Gehaltskürzungen oder Entlassungen schikaniert und fertig gemacht wurden, das steht da nicht, ja man kann davon ausgehen, dass das von den Frankfurter Allgemeinen beklatscht wird.

Die obsessive Art von Harald Staun, seine Kinder zu instrumentalisieren und als Aufhänger für Texte von ihm in der Frankfurter Allgemeinen herzunehmen – mal ist es die Einweihung eines Spielplatzes in Berlin Prenzlauer Berg, wo die peinlichsten der peinlichen daddiots und mombies Berlins wohnen und nicht alle, aber viele sind Schwaben oder Bayern, weshalb die Rykestraße an Weihnachten ja immer so schön leer war früher („Wir Eltern von Prenzlauer Berg“, der Titel ist kein Witz und nicht in einer Elternpostille erschienen, sondern wirklich in der FAS, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, für die Staun Redakteur für die „Medienseite“ ist),

mal ist es der Bericht eines „Skiurlaubs in Liechtenstein“, der nur 2000€+ pro Woche kostet (1 daddiot, 1 mombie, zwei Schreihälse), den der FAS-Redakteur mit seinen Blutsverwandten dort unternahm und sein kleinbürgerliches Glück, das was mombies und daddiots unter „Glück“ verstehen, hinausposaunt und sich damit narzisstisch selbst lobt und überhebt–,

diese instrumentelle Art ist es, die einen hier erschaudern lässt, wie er denn mit diesen Kindern oder Jugendlichen in der Corona-Krise umgeht und umging. Hat er sie zum Impfen gezwungen oder genudged (hineingedrängt)? Hat er ihnen die Maske umgebunden, 24/7, oder sie auch hier kaum subtil gedrängt, alles, wirklich alles medizinisch Irrationale, was die totalitären Lehrer*innen und Schulleitungen von ihnen verlangten, nicht nur widerspruchslos, sondern euphorisch und dankbar mitzumachen?

Die Elternzeitung Frankfurter Allgemeine ist so schamlos wie es daddiots und mombies sind, sie versteckt ihre AfD-mäßige Befolgung des natalistisch-patriarchalen Imperativs gar nicht, sie feiert ihn. Folgender Satz aus dem FAZ-Elaborat von Göhlsdorf und Staun ist so dermaßen irrational und absurd, dass man glaubt, man sei im Twitter-Account von Karl Lauterbach gelandet:

Es gibt Lehrer, die es hinbekommen, Infektionszahlen niedrig zu halten, weil sie eine mutwillig abgeschaffte Maskenpflicht und Abstandsregeln auf eigene Faust wieder eingeführt haben.

Dieser Plädoyer für mehr Gewalt und Rücksichtslosigkeit, für mehr a-soziales Verhalten von Lehrer*innen – auch wenn da „Lehrer“ steht, sind womöglich auch die nicht weniger fanatischen nicht-männlichen Leerkräfte (ohne „h“) gemeint, es gibt ja an Schulen primär Lehrerinnen –, ist schockierend, schlichtweg. Denn da wird für gesetzeswidriges Verhalten plädiert („auf eigene Faust“). Auf eigene Faust, also am besten mit einem Punch in die Gesichter der ein, zwei Schüler*innen, die selbst denken können und unter einer Maske leiden und wissen, wie unglaublich ungefährlich Covid-19 für sie und ihr Umfeld ist, oder wie ist das gemeint? „Auf eigene Faust“ gesetzes- und verfassungswidrige Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit vornehmen. Und eine Maske ist eine Körperverletzung. Mensch bekommt weniger Sauerstoff, atmet die eigenen Abgase wieder ein, auch Viren und Bakterien, und sieht nur Monster um sich herum und ist selbst eines. Atemnot und Panik entstehen, nicht nur, aber noch verschärft bei Menschen mit Pollenallergien, Asthma oder der Erfahrung sexueller Gewalt, wo ein Täter den Mund zugehalten halt. Von alldem haben die beiden Schreiberlinge der Zeitung für Deutschland nie etwas gehört und schlimmer noch: selbst wenn sie davon gehört haben, es ist ihnen furzscheißegal, um eine Sprache zu verwenden, die auch daddiots und mombies verstehen.

Ein schwedischer Bürger (w/m/d) würde nicht glauben, dass so etwas in deutschen Zeitungen stand (oder in französischen, österreichischen, amerikanischen, israelischen etc.), das Feiern irrationaler Maßnahmen und das Beklatschen von übereifrigen ZeroCovid-Faschos wie Lehrerinnen, die ohne „Verordnung“ oder Gesetz die ihnen Untergebenen zwingen (!), sich zu maskieren, zu testen, gehorsam zu sein und nicht zu denken, niemals selbst zu denken!!

Und das folgende „man“ im nächsten Zitat ist eigentlich gar kein abstraktes Heidegger‘sches „man“, es sollte vielmehr ersetzt werden durch „Als Trottel“, „Als Zeuge Coronas“ oder „Als affirmative Existenz“:

Man lässt sich boostern, lange bevor man dazu aufgerufen wird. Ein Mitschüler der Tochter ist infiziert, und man schickt sich in Quarantäne, obwohl das niemand mehr fordert. Und man kultiviert ungewohnte Sehnsüchte. Gebt mir Anweisungen! Kontrolliert mich! Wie immer, wenn Sehnsüchte unerfüllt bleiben, kompensiert man: durch freiwillige Selbstkontrolle und die freiwillig selbstvollzogene Fremdkontrolle. Lasst mich kontrollieren, ob ihr mich kontrolliert – und die anderen.

Auch folgender Satz zeigt nur, wie unreflektiert bei der Zeitung für Deutschland wie in wirklich nahezu allen Zeitungen in Deutschland gearbeitet und geschrieben wird, ohne jede epidemiologische oder medizinische Evidenz und unter gezielter Ignoranz der internationalen Forschung in diesen Bereichen:

Aber angesichts der anhaltenden gesundheitlichen Gefährdung erzeugt nicht mehr die Preisgabe der persönlichen Daten ein schlechtes Gewissen, sondern ihre Verweigerung.

Für Kinder und Jugendliche und Menschen unter 70 bestand zu keinem Zeitpunkt – zu keinem Zeitpunkt seit März 2020 – eine „gesundheitliche Gefährdung“, die über das Risiko hinausgeht, wie wir es von der Influenza und anderen, teils seltenen, aber eben mitunter gefährlichen Infektionskrankheiten auch in diesen Altersgruppen bis 70 Jahren kennen.

Die FAZ plädiert wie fast alle in Germanien für die totale chinesische Kontrolle, technischer Totalitarismus ist für sie die coolste Mode:

Fast schon wie eine Verhöhnung der eigenen Kooperationsbereitschaft fühlt sich der bizarre deutsche Brauch an, maschinenlesbare Zertifikate auf dem Smartphone mit eigenen Augen auszulesen. Dass es längst eine App dafür gibt, die in anderen Ländern selbstverständlich benutzt wird, gehört hier sogar in der Gastronomie noch in den Bereich des Geheimwissens.

Sodann wehren sie die Kritik am „Totalitarismus“ der Überwachungsgesellschaft von der Autorin Sybille Berg zurück und kokettieren lieber mit dem ZeroCovid-Faschismus, der doch „ein Instrument von Gestaltung und Ermöglichung“ sein könne:

Man darf die Gefahr in einer solchen Gewöhnung sicher nicht unterschätzen. Und doch verspielt, wer nach der Pandemie nur schnell zurück zur Normalität einer Überwachungskritik möchte, die Chance, die die Erfahrung dieser Krise bietet. Was man nämlich in der Bewältigung der außergewöhnlichen gesellschaftlichen Aufgabe lernen konnte, ist, dass „Kontrolle“ keine Chiffre für Totalitarismus sein muss. Dass sie nicht nur eine Kraft der Restriktion und der Gängelung ist, sondern ein Instrument von Gestaltung und Ermöglichung sein kann.

Das erinnert an die zynische und häufig grün-deutsche Empowerung der „Happy Sexworker“ und der Prostitution – Frauen werden vorgeblich ermutigt, selbstbestimmt zu Waren zu werden und sich körperlich schänden zu lassen. Deutschland ist ja das Bordell Europas, die Opfer sind primär osteuropäische Mädchen und Frauen, aber auch Männer und Jungen.

Sibylle Berg ist besonders ein Feindbild für Staun, der selbst seit März 2020 im Totalitarismus keinen Totalitarismus mehr sehen will und Biopolitik entgegen jeder Forschungslage nicht auch und zentral als gegen die Einzelnen gerichtet sieht:

Dass Sibylle Bergs wütende Litanei heute so anders klingt als noch vor drei Jahren, liegt aber auch daran, dass zwischen „GRM“ und „RCE“ eine Pandemie die Welt erschütterte, nach der man durchaus Gründe haben kann, anders auf Themen wie Überwachung und digitale Kontrolle zu blicken.

Dass eine tatsächliche Infektion für Kinder und Jugendliche und Menschen unter 70, die nicht eine ganz seltene besonders schwere Krankheit oder Immunschwäche haben, überhaupt nicht dramatisch ist, dass verleugnen sie, weil sie an Medizin, Gesundheit und Verhältnismäßigkeit kein Interesse haben. Schließlich bietet Corona doch die außerhalb Chinas nie dagewesene Chance, den Kontrollwahn nicht nur zu fordern, sondern am besten zu internalisieren, sich zu freuen, nach dem Impfstatus gefragt zu werden, weil man selbst so dermaßen blöd und bescheuert ist und nicht weiß, dass gegen SARS-CoV-2 Geimpfte wenigstens so ansteckend sein können wie der denkende Teil der Bevölkerung, also die Nicht-Geimpften, wie Studien aus den USA im Herbst 2021 und alle Zahlen von „Patient*innen“ zum Beispiel aus dem Vereinigten Königreich und selbst vom Robert Koch-Institut (RKI) eindrücklich zeigen.

Staun scheint gar nicht zu wissen, dass Menschen unter 70 eine Infektionssterblichkeit bei Corona von 0,05 haben, wie die WHO schon im Herbst 2020 schrieb.

In people younger than 70 years, infection fatality rates ranged from 0.00% to 0.31% with crude and corrected medians of 0.05%.

Er ignoriert solche zentralen Fakten einfach, wie es fast alle Journalist*innen, Politiker*innen und die kulturelle Elite in diesem Land und weltweit taten und die meisten bis heute tun, weil sie nicht den Mut haben zuzugeben, dass sie Fake News verbreitet und Pro-Corona-Totalitarismus agitiert haben.

Es ist wirklich faktenfreies Gelalle – wie soll man das sprachlich anders fassen? Sagen Sie es mir! -, wenn die beiden dann von einer Unidozentin berichten, die angeblich kritisch ist und denken kann, die sich nur noch nicht traut, ihre Studierenden auf den 3G-Nachweis etc. zu kontrollieren. Eigentlich wäre das exakt richtig, ja „Fürsorge“. Dass Studierende wie alle Menschen – wie gezeigt – unter 70 überhaupt nicht vulnerabel sind und die wirklich Vulnerablen in den Altenheimen zu Tode isoliert wurden – davon nicht ein Wort in diesem an Zynismus und Affirmation schwer überbietbaren Propagandatext des Zeugen Coronas.

Wie ein ZeroCovid-Fascho aussieht, können solche Autor*innen nur deshalb nicht jeden Morgen gleich sehen, weil die Spiegel in ihren überdimensionierten Altbauwohnungen von den Quälgeistern täglich mit Fingerfarben vollgemalt oder den Teenies vollgesprüht werden, weil es ja besser und sicherer ist, nicht in die Kita oder die Schule zu gehen. Und, ja, es gibt kritische Lehrerinnen und Lehrer, aber das sind maximal eine von 100 („Die Grundschulrektorin Bianca Höltje hat ein Jahr lang die irrsinnigsten Regelungen für Grundschüler*innen an ihrer Schule mitgemacht und umgesetzt. Sie hat das widerwillig getan und kann jetzt nicht mehr. Sie kann nicht weiterhin Kinder schädigen und schlägt Alarm.“)

Und es geht weiter mit den Umdeutungen der Wahrheit, so wenn die beiden Autor*innen der Frankfurter Allgemeinen Michel Foucault gar nicht attestieren, dass es ihm sehr wohl um das Individuum ging, das biopolitisch zugerichtet und im Bentham‘schen Panoptikum 24/7 überwacht wird. Sie fabulieren:

An konkreten Übergriffen auf die Körper einzelner Bürger hat Biopolitik wenig Interesse. Das Impfen zielt nicht auf die Individuen, sondern soll eher die Mobilität der Massen und der Waren ermöglichen.

Nicht nur im pandemischen Ausnahmezustand gibt es keine Politik, die nicht Biopolitik ist, also permanente Optimierung der Bevölkerung. Aber die Bekämpfung eines Virus, der derart unflexibel über Leben und Tod entscheidet, erfordert neben der Kontrolle auch die Disziplinierung. Und eine Politik, die nicht relative Zahlen im Auge hat, sondern sich absolut dem Schutz des Lebens verpflichtet.

Und dieser Satz „Und eine Politik, die nicht relative Zahlen im Auge hat, sondern sich absolut dem Schutz des Lebens verpflichtet“ ist gegen das Grundgesetz gerichtet, das so einen absoluten Schutz nicht kennt. Aber von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hat die Frankfurter Allgemeine so wenige Ahnung wie von der Würde des Menschen, des einzelnen Menschen.

Im November 2021, als dieser Pro-Totalitarismus-Text erschien, umschlich die beiden AutorInnen geradezu Panik, dass die neue Regierung unter Olaf Scholz weniger fanatisch sein könnte als die unter Merkel. Doch es kam doch ganz anders, es kam die Impf-Apartheid, 2G, wie „wir“ alle ahnten und wussten! Und der Maskenwahn von Lauterbach ist der gleiche wie der von Spahn, kein Unterschied nirgends.

Die kapitalistische und staatsfetischistische Geilheit – exakt wie die von den „blättern für deutsche und internationale Politik“, die nur sekundiert was die FAZ oder FAS schreibt und vice versa – zeigt sich schließlich hierin: Sie fragen sich, was für super tolle biopolitische Zumutungen und faschistoide Überwachungsmethoden es nicht alles geben könnte:

Zum Beispiel so: Wie eine App, auf der man mit zwei Klicks einen Impftermin buchen kann. Wie eine Datenbank, die epidemische Verläufe und Verteilungen tagesaktuell und anonym sammelt und auswertet. Wie ein Krisenmanagement, das so gut funktioniert wie ein Einkauf bei Amazon.

Dass kein Mensch unter 70 eine Impfung – in Wirklichkeit eine „Gentherapie“, wie die Firma Bayer bekanntlich ganz offen auf dem World Health Summit im Oktober 2021 in Berlin sagte – gegen SARS-CoV-2 benötigt, weil es keine tödliche Seuche ist, sondern so gefährlich oder ungefährlich wie eine Grippe, das sagt die Frankfurter Allgemeine natürlich nicht. Und ob es für ältere Menschen etwas brachte, ist auch völlig unklar, wenn wir uns die Impfnebenwirkungen anschauen, die präzedenzlos sind in Ausmaß und Qualität (Tod nach Impfung, schwere körperliche Schäden). Auch dass laut britischen Daten bzw. aus dem UK von allen angeblichen Corona-Toten nur 12 Prozent ausschließlich an Covid-19 starben, auch davon haben diese Leute der Zeitung für Deutschland keine Ahnung oder sie wissen es und verleugnen es.

Doch es ist nicht nur ein Realitätsverlust, der hier schockiert. Es ist der Wille zum Wahn, der Wille zum Gehorsam unter den Staat – exakt wie bei den blättern für deutsche und internationale Politik oder dem Suhrkamp Verlag. Denn schließlich ist es wieder das zu häufige Heidegger’sche „man“, das zuschlägt und hinter dem sich der affirmative Fanatismus und die unbedingte Liebe zur Gewalt, zum Irrationalismus, zur Willkür, zur Unverhältnismäßigkeit, zum Buckeln vor dem Chef, der Schulleitung, der Politik, den Bullen und dem Staat und somit die Freude am Treten jener, die nicht mitmachen, also ein zuschlagendes „man“, hinter dem sich Novina Göhlsdorf und Harald Staun verstecken wie das fleischliche Brät in einem Maultäschle, damit Gott nicht sieht, dass Fleisch in Maultaschen steckt:

Man ist bereit, alle Vorgaben zu befolgen.

Nicht „man ist bereit, alle Vorgaben zu befolgen“, sondern medizinisch, antiautoritär und demokratietheoretisch Ungebildete (also fast alle Deutschen) wie Novina Göhlsdorf und Harald Staun sind „bereit, alle Vorgaben zu befolgen“.

Und wie typisch und schrecklich sich ein autoritärer Charakter offenkundig vererbt, gerade in Deutschland, dem Land des autoritären Charakters schlechthin, zeigt der Russenhass von Annalena B., die nur ihrem geliebten Großvater folgt, der selbst mit der Waffe gegen „den Russen“ kämpfte, während sie dieses blutige Geschäft an 19-jährige Ukrainer delegiert, da sie selbst dann doch lieber leben und agitieren als sterben möchte für den Staat, der nach Antisemiten und Holocaustmördern Straßen, Plätze oder Fußballstadien benennt und sich sehendes Auges im Konflikt von USA, EU, NATO und Russland zerreiben lässt.

Und wie typisch und schrecklich sich ein autoritärer Charakter offenkundig vererbt zeigt sich hoffentlich nicht an dem Nachwuchs, den Harald Staun bereits in die Welt gesetzt hat – aber zu befürchten ist es dennoch. Wer je sah, wie hirnlos und gehorsam gerade Teenager im Alter von 13 bis 19 sowie Studierende in der Coronakrise agierten, weiß, dass dieses Land auch in dieser Hinsicht, dem Aufwachsen einer autoritären, staatsgeilen, irrationalen, unaufgeklärten Jugend seiner Vergangenheit wieder eine Zukunft gibt. Eine Vergangenheit, die Typen wie Harald Staun, der als Harald Staun völlig irrelevant ist und hier nur pars pro toto für das kulturelle Establishment steht, vorleben:

Man ist bereit, alle Vorgaben zu befolgen.

Die Zeugen Coronas und die Gewalt von Medizin wurden 2001 in diesem Buch antizipiert beziehungsweise kritisiert, Kritische Theorie gegen den Coronawahn und gegen den patriarchal-natalistischen Imperativ zugleich:

 

Von Corona zum kalten Winter – Trabbi und unbeleuchtete Innenstädte statt Maserati und Lippenstift: Blätter für deutsche und internationale staatsfetischistische Verzichts-Diktatur

Von Dr. phil. Clemens Heni, 01. September 2022

 

Das Monatsblatt der staatsfetischistischen, autoritären Gegenintellektuellen in der Bundesrepublik Deutschland, die „Blätter für deutsche und internationale Politik“, eine breit gelesene Postille des woken Mainstream, plädiert für die Verzichtsdiktatur und feiert den Ukraine-Krieg als historische Chance, endlich abends und nachts ohne jegliche Beleuchtung von Schaufenstern wie im 17. Jahrhundert bei Kerzenlicht zum Robert Koch-Institut (RKI) und dem Gesundheitsminister, ihren beiden Göttern, zu beten, dass Corona bitte, bitte Angst haben soll vor Dunkelheit und sie nachts keine Infektion fürchten müssen, wenn sie im dunklen Haus mit FFP-7 Maske im Gesicht und zwei Ersatzmasken zum Wechseln am linken und rechten Oberarm alleine dasitzen und versuchen, die ungesalzenen Spaghetti zu verdauen, ohne Koliken zu bekommen.

Die politische und kulturelle Elite möchte zurück in die DDR: Trabbi und unbeleuchtete Innenstädte statt Maserati und Lippenstift.

Die Kritische Theorie bekam kurz vor 1933 zu Recht Panik, als sie in einer sozialwissenschaftlich-empirischen Studie erforschte, wie tief das Ressentiment gegen Lippenstift, Individualität und Emanzipation gerade bei Arbeitern, NSDAP- wie SPD- und KPD-Anhängern verbreitet war.[i]

Ich habe bereits über den ZeroCovid-Totalitarismus der „blätter“ und von Jürgen Habermas berichtet, der den Antizionismus dieses Blättchens ergänzt. Jetzt also die Verzichtsdiktatur. Der „blätter“-Redakteur Albrecht von Lucke schreibt in der September 2022 Ausgabe:

Hier entpuppt sich Putins Krieg ironischerweise als eine historische Chance: Aufgrund der Verteuerung der Energie ist plötzlich möglich geworden, was jahrelang unmöglich schien – nämlich enorme Einsparpotenziale freizulegen, die auch ohne den russischen Angriffskrieg längst dringend geboten waren. Und zwar auf gleich drei Ebenen – erstens im öffentlichen Bereich, also bei Städten und Gemeinden, zweitens in Firmen und Betrieben, und drittens im ganz privaten, individuellen Verbrauch. Jeder Bereich ist für sich genommen wichtig, auch wenn speziell die Einsparung im Privaten bereits massivem parteipolitischen wie medialen Protest ausgesetzt ist. Als sich etwa der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann erdreistete, darauf hinzuweisen, dass nicht täglich eine Dusche erforderlich sei, sondern auch der gute alte Waschlappen zum Einsatz kommen könne, erntete er sofort massiven populistischen Protest, von „Bild“ über Wolfgang Kubicki bis hin zu Kevin Kühnert.

Eine bessere Steilvorlage für den Polemiker Wolfgang Pohrt hätte er gar nicht bringen können. Pohrt hätte geantwortet, dass dieses Land noch viel krasser als um 1980 herum in der alten BRD ist, endlich „der Vergangenheit wieder eine Zukunft“ geben möchte. Vom „Kirchentag“ zur protestantischen Verzichtsdiktatur, von Hausbesetzern zu Fridays for Future, vom „Winterhilfswerk“ zu Baerbock und den „blättern für deutschen und internationalen Irrsinn“ ist es nur ein minikleiner Zeitsprung – Wolfgang Pohrt hatte schon Anfang der 1980er Jahre die stolzdeutsche Verzichts-Ideologie von Albrecht von Lucke und vielen anderen im heutigen Mainstream decodiert:

Eine Zukunft für die Vergangenheit

Der Wiederaufbau ist erfolgreich abgeschlossen. Die Bundesrepublik hat ihr Wirtschaftswunder und ihr Fräuleinwunder, die Reisewelle und die Freßwelle gehabt, und nun hat sie auch eine Seele. Man hat nämlich bei der Jugend ein Herz entdeckt, und zwar ein deutsches, denn es ist tief zerrissen von den widerstreitenden Gefühlen Angst und Sehnsucht. Der wunde Ticker wurde zum Taktgeber für eine furiose Verbrüderung. Man braucht der Menge nur eine Gelegenheit zu geben, einen Kirchentag [oder ein Abo der blätter für deutsche und internationale Politik, CH] zum Beispiel, und schon liegen sich, kopflos vor Angst und von Sehnsucht verzehrt, Alt-Linke und Alt-Rechte, Grüne und Braune, Junge und Alte schier schluchzend in den Armen. Die Jugend, so stand es in der taz, sucht Lebensraum, und im Vertrauen darauf, daß sie ihn später woanders erobern wird, verzeiht man ihr vorläufig sogar besetzte Häuser. Man ließ die Instandbesetzer ins Fernsehprogramm, denn durch die barrikadenkämpferische Fassade dieser aufbauwütigen, zum Arbeitsdienst tendierenden Rebellion hindurch erkannte man eine gerade zur Heroine des deutschen Feminismus aufgestiegene Gestalt. Den Häuserkampf sah man als Winterhilfswerk mit anderen Mitteln, und in seinen Protagonisten witterte man, mit feiner Nase für den Stallgeruch, die Trümmerfrau. (…) Die alten Neulinken haben unterdessen ihre patriotischen Gefühle entdeckt (…) Volkslied und Mundart haben Konjunktur, man spricht viel von der Heimat, in der Frauenbewegung breitet sich Gebärfreude aus. Das Land hat also wieder eine Zukunft – eine Zukunft für seine Vergangenheit.

Wolfgang Pohrt (1945–2018), 1982, Endstation. Über die Wiedergeburt der Nation, S. 51

Die Deutschen haben auch heute Angst vor „dem Russen“ und zugleich Sehnsucht nach völkischer Geborgenheit bei Kerzenschein und den Radio- oder Videoansprachen des grün-braunen Verzichts-Vizekanzlers, auch wenn nur noch wenige den VE 301 besitzen, dafür aber ein Tablet, Smartphone oder einen Laptop mit externem Großbildschirm über HDMI.[ii]

Jetzt sollen wir weniger duschen und uns an unseren Urgroßmüttern und -vätern orientieren, frieren und die Russen hassen, was können die Deutschen besser? Völkische Subsistenz statt amerikanischer oder kommunistischer Verschwendung, frieren statt leben, stinken statt duften, Öko-Wollschlüpfer statt Erotik, Tempolimit statt Maserati, Waffen für die Ukraine statt Diplomatie, es geht um das kreischende Goutieren von Straßen, Plätzen und Fußballstadien in der Ukraine, die nach Antisemiten, Nazikollaborateuren und Holocausttätern benannt sind, dazu sind wir dunkel und tief statt hell und intellektuell, kapitalistisch und staatlich statt sozialistisch und individualistisch und vielfältig, patriarchal, kleinbürgerlich und familienideologisch statt feministisch, selbst denkend und kinderfrei, tosender Lärm im engen Mietshaus bei stockdunkler Stadt statt Villen für alle und Enteignung der Kapitalisten (m/w/d), eine Volksgemeinschaft der Verzichtenden unter Beibehaltung der Klassengesellschaft, also ein Paradies für den alten autoritären K-Grüppler Kretschmann und die „blätter für die Verzichts-Öko-Diktatur sowie deutschen und völkisch-autarkistisch-militaristischen Nationalismus“.

Der ziemlich harmlose Krieg in der Ukraine verursacht relativ gesehen sehr wenige Tote. Durch die deutschen und amerikanischen Waffen werden es aber täglich mehr. Hätte der Westen Putin eine diplomatische Chance gegeben, hätte es mit sehr großer Wahrscheinlichkeit viel weniger Tote gegeben. Und am Ende wird Russland im Gegensatz zu den USA in Vietnam den Krieg in der Ukraine nicht verlieren, da sind sich Militärexperten einig, dafür ist Russland Atommacht und viel zu stark.

Erinnern wir uns, wie ein wirklich schlimmer Krieg nach 1945 aussieht: Durch Massaker auf beiden Seiten, amerikanische Massenbombardements, dem größten Giftgaseinsatz im Krieg in der Geschichte durch die Amerikaner gegen die kommunistischen Kämpfer der NFL (Nationale Front für die Befreiung Südvietnams) bzw. des Vietcongs sind bis zu vier Millionen Zivilist*innen und über eine Millionen Soldat*innen getötet worden. Das sind Kriegsopfer, die primär die Amerikaner im Vietnamkrieg produziert haben. Der heutige Krieg im Jemen forderte schon bis zu 200.000 bis 300.000 Tote, davon die Hälfte Zivilisten – keine Sanktionen gegen Saudi-Barbarien nirgends, das sind unsere Freunde. Katar wiederum unterstützt die Huthi-Rebellen und heizt den Krieg weiter an.

In Katar soll im November/Dezember 2022 die FIFA Fußball-WM der Männer stattfinden, Katar ist ein islamistisch-reaktionäres Traumland des DFB und von Deutschland. Der Sohn des Nazi-Kriegsverbrechers Albert Speer, der schamlos seinen Namen nicht änderte und Albert Speer Junior hieß (1934–2017), entwickelte mit seinem Architekturbüro Albert Speer & Partner in Frankfurt am Main den Masterplan für die Architektur der Stadien der islamistischen und antisemitischen Fußball-WM 2022 in Katar. Mindestens 15.000 Arbeiter starben qualvoll unter den Arbeitsbedingungen für die WM. Wer dort als Fußballer, Moderator oder Fan auftritt, macht sich mitschuldig, an diesen Fußballschuhen, Mikrofonen und Jacketts klebt Blut.[iii]

Durch den amerikanischen Einsatz von Giftgas und seinen Spätfolgen – „Agent Orange“ – starben nach dem Krieg in Vietnam von 1975 bis 2009 weitere 400.000 Menschen. Im Ukraine-Krieg starben laut den Vereinten Nationen vom 24. Februar 2022 bis zum 8. August 2002 nur 5401 Zivilist*innen. Das ist schrecklich genug. Doch dieser sehr geringen Zahl an Opfern steht eine vollkommen fanatische deutsche Bundesregierung gegenüber, die geradezu plant, dass im Winter 2022/23 buchstäblich alle Lichter ausgehen und es für einen Großteil der Bevölkerung nicht ausreichend Energie geben wird, um ihr normales Leben fortzuführen, das zivilisierter aussieht und besser riecht als der Haushalt des baden-württembergischen Ministerpräsidenten und seiner Fans bei den „blättern für deutschen und internationalen Verzichts-Irrationalismus“.

In den 1960er Jahren standen die Deutschen, der Alt-Nazi Kiesinger und der Emigrant Willy Brandt wie das ganze politische Establishment Hand in Hand hinter den USA und dem genozidalen, imperialistischen und antikommunistischen Krieg in Vietnam.

Nun also feixen die Staatsfetischisten (m/w/d) und danken Putin für diese geniale Gelegenheit, nach dem Corona-Totalitarismus ohne Pause den Verzichts-Totalitarismus der Bevölkerung mit aller Gewalt aufzudrücken.

Dieser Verzichts-Wahn ist in Mode, wir leben in Deutschland, dem Land der großen Traditionen. Im Zweiten Weltkrieg, während des Holocaust, wurde auch die „Kochkiste“ erfunden oder reaktiviert, um Energie zu sparen, was die Tageszeitung Die Welt am 27.1.2005 einfach so einordnete und analogisierte, dieses nazistische Heimatfront-Köcheln, mit der Befreiung von Auschwitz, die am gleichen Tag 1945 stattfand, als eine Berliner Zeitung einen Bericht über die „Kochkiste“ publizierte, wie die WELT 60 Jahre später kichernd erinnerte.

Heute ist also wieder Verzicht angesagt. Diesmal nicht wegen der Niederlage gegen die Sowjets, sondern wegen der obsessiven Hoffnung von Baerbock, Scholz, Habeck, Lindner & Co., Russland „zu ruinieren“. Endlich das Werk des Russen bekämpfenden Wehrmacht-Großvaters von Baerbock vollenden, das ist das Ziel. Dafür sollen „wir“ frieren, stinken, asketisch werden und vor allem dem Staat gehorchen.

Das ist auch der Tenor eines weiteren grün-braunen Zeitgeist-Textes in den „blättern für deutsche und internationale Politik“ des Politologen an der Freien Universität Berlin Philipp Lepenies, der staatstrunken deliriert und aggressiv fordert:

Wie also weiter? Es bedarf eines grundsätzlich neuen gemeinsamen Verständnisses hinsichtlich unseres Bildes vom Staat. Wir dürfen nicht länger im Staat einen Gegner sehen, sondern wir müssen uns, wie im Kompositbild des Leviathan, selbst im Staat erkennen – als Bürgerinnen und Bürger, die durch ein Verantwortungsgefühl für andere und die Umwelt motiviert werden und sich miteinander verbunden fühlen. Dazu gehört auch die Maßgabe, unseren Extremindividualismus zu kontrollieren. Zur Not, in der wir uns gegenwärtig angesichts der Kumulation der Krisen ganz offensichtlich befinden, auch durch Verbot und Verzicht. Und ganz sicher nicht länger durch eine Politik des Unterlassens.

Seine ökodiktatorischen Fantasien konnte Lepenies auch bei Suhrkamp publizieren.

Auf die gefährliche und antidemokratische Ideologie von Lepenies weist der Journalist Rüdiger Suchsland auf Telepolis hin:

In den Blättern für deutsche und internationale Politik wärmt jetzt der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies diesen Evergreen wieder auf: „Verzicht als erste Bürgerpflicht“ heißt sein Text, eine Art Kurzfassung seines bei Suhrkamp im März erschienenen Buches Verbot und Verzicht, in dem Lepenies für eine „große Transformation“ plädiert.

Suchsland stellt kritische Fragen und weist die anmaßende, anthropozentrische, sich selbst überhöhende und sich selbst viel zu ernst nehmende Position des FU-Politologen zurück:

Er fordert, dass die Menschen „ein Stück ihrer persönlichen Freiheit aufgeben“ sollten und sich „aus freien Stücken einer Regierungsform unterwerfen, um dem Chaos des Naturzustandes zu entgehen“, es schließlich müsse der Fortbestand der Menschheit auf dem Planeten gesichert werden.

„Warum eigentlich?“, ist hier so eine der ketzerischen Gegenfragen, die zu stellen schnell mit dem Fegefeuer öffentlicher Ausgrenzung bedroht wird. Warum soll der Fortbestand der Menschheit eigentlich gesichert werden? Und wie groß ist „die Menschheit“? Acht Milliarden? Zwölf? Oder nur eine?

Wäre die Welt nicht womöglich ein besserer Ort ohne Verzichtsapostel wie Lepenies und Konsorten? Wäre die Welt nicht ein besserer Ort ohne die Deutschen? Ja würde es der Welt nicht besser gehen, wenn es das Untier[iv] nicht mehr gäbe oder jedenfalls viel weniger von diesem schändlichen Exemplar? Wer will das ernsthaft bezweifeln? Egomanen und Narzissten, sicher, Deutsche vorneweg, die schon mal die Welt vor dem Untergang (dem „internationalen Judentum“) „retten“ wollten und dafür die größten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit verbrochen haben, die Generation der Großväter von Annalena B.

Rüdiger Suchsland trifft den Kern der neu-deutschen Ideologie:

Dagegen stehen Philipp Lepenies und seine Argumentation für ein neues Bündnis zwischen klassischen Konservativen und jenen Neokonservativen, die inzwischen das Lager der Grünen dominieren und auf lange Sicht eine schwarz-grüne Regierungsoption gegenüber rot-grün oder eine Ampel bevorzugen. Es geht um Befreiung durch Unterjochung.

Jene, die Verzicht predigen, sind die gleichen, die 100 Milliarden der Ampelkoalition für die Mordmaschinerie der Bundeswehr und schwere Waffen für die Ukraine affirmieren. Es geht ja gegen „den Russen“! Und für Deutschland. Wer also soviel Naturzerstörung, CO2-Emissionen und Mord, wie er von Waffen der Bundeswehr ausgeht, mag, heuchelt, wenn er oder sie von „Verzicht“ gleichsam faselt.

Es geht wie immer in der Geschichte der BRD um die Rettung des Kapitalismus. Es geht zudem um die Umschreibung der Geschichte via inflationärem Gebrauch des Wortes „Vernichtungskrieg“.

Der Staatsfetischismus ist brandgefährlich. Darauf geht auch die Professorin für Rechtswissenschaft an der Universität Köln Frauke Rostalski in einem Text auf dem Verfassungsblog ein. Sie kritisiert das Urteil des Bundesverfassungsgericht zur Masernimpfpflicht. Sie sieht damit das Tor zu biopolitischen Übergriffen aller (!) Art weit geöffnet:

Es ist nicht die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, einen irgendwie gearteten Zeitgeist bzw. gewandelte gesellschaftliche Wertvorstellungen „unvermittelt und ungefiltert in die Rechtsfortbildung“ zu übernehmen. „[N]eue soziale Einstellungen müssen vielmehr im Bereich des Rechts kritisch untersucht werden.“5) „Bei aller Einsicht in den bestimmenden Einfluß des Zeitgeistes auf die Rechtsordnung gilt gleichwohl: Auch wenn im gesellschaftlichen Bereich weitgehender Konsens über neue Wert- und Gerechtigkeitspostulate besteht, vermag dies nicht immer einer bestimmten Rechtsfortbildung volle Legitimität zu verschaffen.“6) Vollzieht die Gesellschaft also eine biopolitische Wende, läge es in der Verantwortung nicht zuletzt des Bundesverfassungsgerichts, Zurückhaltung und Bedacht anzumahnen, sodass nicht vorschnell Tatsachen geschaffen werden, die sich nur schwer oder gar nicht revidieren lassen. Wer bloß die Vertretbarkeit gesetzgeberischer Entscheidungen überprüft, ist hiervon meilenweit entfernt.

Rostalski schreibt weiter:

Eine Gesellschaft kann sich vor diesem Hintergrund durchaus fragen, welche Pflichten sie den Einzelnen abverlangt, um das System insgesamt weniger zu belasten. Dies dient Leib und Leben und damit, wie das Bundesverfassungsgericht es formuliert, „überragend wichtige[n] Gemeinwohlbelangen“ (Rn. 107). Danach gefragt, würden sicherlich die meisten Mediziner von fettigem Essen, Rauchen und mangelnder Bewegung abraten. Ergibt sich hieraus zugleich ein Überwiegen staatlicher Schutzpflichten, die etwa durch Preiserhöhungen, Ver- und Gebote umgesetzt werden könnten? Genügt der bloße Umstand, dass eine Maßnahme Gesundheit schützen und damit Leben retten kann, um sie verfassungsrechtlich zu rechtfertigen?

Solange der Lebensschutz nicht absolut gilt, muss die Antwort klar „Nein“ lauten. Und er kann nicht absolut gelten, solange wir vom Ideal einer freiheitlichen Gesellschaft nicht abrücken wollen. Was wir gleichwohl erleben, ist eine grundlegende Neubewertung, die in Bezug auf Gesundheitsrisiken individueller Freiheit und Selbstverantwortung zunehmend das Wasser abgräbt. Der Zeitgeist ist auf Risikoaversion gepolt – die Gründe hierfür dürften vielschichtig sein.

Hier trifft die Juristin einen zentralen Aspekt der aktuellen Panik, Heuchelei und dem Ruf nach der wahlweise Corona- oder Öko-Diktatur sowie dem Ukraine-Fetischismus: „Risikoaversion“. Es soll angeblich das Risiko minimiert werden, an xyz zu sterben. Doch darum ging es Merkel, Seehofer, Scholz, Habeck, Baerbock, Wieler, dem RKI, Drosten oder Lauterbach keine Sekunde. Es ging und geht um die totale Herrschaft im Mantel der Demokratie. Die Gefahr von Covid-19 bzw. SARS-CoV-2 für Menschen unter 70 Jahren war von Anfang an so klein wie die Gefahr, auf dem Weg zur Arbeit tödlich zu verunglücken. Das sagen die WHO und der weltweit führende Epidemiologe John P.A. Ioannidis. Es ging um Panikmache, wie das „Panikpapier“ von Horst Seehofer und der Bundesregierung eindeutig beweist.

Und jetzt? Jetzt werden Waffen geliefert, damit Menschen sterben, möglichst viele Russen. Es wird die Gefahr eines Übergreifens des Krieges auf andere Gebiete gezielt in Kauf genommen. Die USA lechzen nur darauf, Russland zu einem Atomschlag zu provozieren und dann die Welt wirklich an den Rand der totalen Selbstzerstörung zu bringen. Jene Wahnsinnigen und Irrationalisten (m/w/d), die von einer NATO-Flugverbotszone in der Ukraine reden, nehmen einen Atomkrieg billigend in Kauf. Also von wegen „Risikoaversion“ – die gesamte Ukrainepolitik ist Risiko-, Panik- und Todesliebe der Deutschen, der Amerikaner und des Westens. Die Ukrainepolitik zeigt auch die Wahrheit über die Coronapolitik: es geht um staatliche Herrschaft, unbegrenzte staatliche Herrschaft und die Unterdrückung von selbstbestimmter Individualität.

Suchsland schreibt:

Diese Milieus des urbanen wohlhabenden, besserverdienenden oberen Drittels der Gesellschaft begrüßten zuletzt die Corona-Maßnahmen als „notwendigen“ Schutz „der Vulnerablen“, ohne Zeit an den Gedanken zu verschwenden, dass sich ein Lockdown im 200qm-Loft mit Balkon besser ertragen lässt als in der 30qm Wohnung.

Staatlich verordnete Hygieneregeln wurden damals von manchen als legitimer Eingriff in die autonomen Handlungsentscheidungen der Bürger gewünscht, so wie man sich jetzt über die Duschverhaltensregeln grüner Politiker freut.

Das Wort „Freiheit“ wird – wo Freiheit „fatal“ ist – in diesen Gruppen, der vor allem grün und Union wählenden bürgerlichen Wohlstandsmilieus, nicht länger verstanden als ein Vertrauensvorschuss an das mündige Subjekt, als selbstverständliche Wahlmöglichkeit und Grundlage von Selbstbestimmung (Immanuel Kant), sondern als Freibrief für Egoisten, um mit dem Porsche per 250 Stundenkilometer über die Autobahn brettern zu dürfen. Jeder, der das mal praktisch versucht hat, weiß, dass es schon deswegen gar nicht geht, weil dort viel zu viele E-Autos mit 79,5km/h Energiesparen üben.

100 Milliarden für die Bundeswehr, den Kapitalismus stärken und vom Verzicht daherreden: das ist deutsche Ideologie 2.0. Die Deutschen lieben den Ausnahmezustand, alle haben sie ihren Carl Schmitt unterm Kreuz mit Balkensepp oder der neuesten Ausgabe der „blätter“ im Regal stehen. Corona zeigte, was man mit 83 Millionen machen kann, wie man sie in Panik versetzen, einsperren, zu Tode fürchten, isolieren, de facto zwangsimpfen (-spritzen) und via Impf-Apartheid selektieren kann und dazu die ganze Zeit mit einer Windel vor Nase und Mund zu Zombies mutieren lässt.

Die staatliche Aggression, Menschen zu zwingen, sich vor sich selbst zu schützen, ist unerträglich. Und natürlich inkonsequent. Denn was die Menschen wirklich kaputt macht – nicht zuletzt Jugendliche und Kinder, die unter Corona litten wie keine andere Bevölkerungsgruppe, vom sehr kleinen selbst denkenden Teil der Erwachsenen abgesehen –, das sind seit März 2020 der Twitter-Account von Karl Lauterbach, die Stellungnahmen von Merkel, Spahn, Wieler (RKI) und jetzt die 100 Milliarden für die Bundeswehr (wegen der Ukraine und der Zukunft deutscher Aggressionen) von Olaf Scholz und die pro-ukrainische und rassistische anti-russische Stimmung im ganzen Land, gepusht von den Strack-Zimmermanns.

Das Plädoyer für Verzicht und Gehorsam in den „blättern für deutsche und internationale Politik“ zeigt, dass dieses Land wieder eine Zukunft hat für seine Vergangenheit. Nichts Neues also und doch eine verschärfte Krise nicht geahnten Ausmaßes.

Um was es geht? Nord Stream 2 sofort freigeben, Diplomatie statt Waffen, die Ukraine wie Russland politisch überzeugen, dass es ohne Kompromisse nicht gehen wird. Den von Deutschland so unendlich sehnsüchtig erhofften Sieg über die Russen, den wird es nicht geben. Doch die Deutschen verzichten lieber auf ein schönes und rationales Leben. Sie haben die Gesichtswindel mit ihrem eigenen Rotz mitten in der Fresse lieben gelernt wie kein anderes Volk auf diesem Planeten und sie werden auch gegen die Russen kämpfen bis zur letzten Kernseife. Anstatt den Kampf gegen den irrationalen, immer zu Krisen und Krieg hinstürmenden Kapitalismus aufzunehmen, wird der militärisch-industrielle Komplex so stark ausgebaut wie nie seit dem Ende des Nationalsozialismus. Deutschland hat wieder eine Zukunft – eine Zukunft für die Vergangenheit.

 

 

 

[i] „In seinen Vorlesungen im “Club Voltaire” 1980/81 sprach der damals vom Dienst an der Universität Hannover suspendierte Professor und führende linxradikale Intellektuelle der 1968er Bewegung Peter Brückner über die legendäre Studie von Erich Fromm über “Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reiches, eine sozialpsychologische Untersuchung”, die Fromm 1929/30 begonnen und Anfang 1931 unter Kollegen bekannt gemacht hatte. Brückner geht auf einige ausgewählte Aspekte ein, die anzeigen, wie weit verbreitet konservative bis reaktionäre Vorstellungen gerade unter Arbeitern und Angestellten aus dem Milieu von SPD und KPD waren. Auf die Frage: Gefällt Ihnen die Verwendung von Puder, Parfum und Lippenstift bei einer Frau? antworteten 8 % der SPDler, 11 % der KPDler und 14 % der Nazis (NSDAP) mit “Ja”, 86 % der SPDler sagten “Nein”, 82 % der KPDler und 84 % der Nazis“, https://www.clemensheni.net/moegen-maskenfetischisten-keine-lippen-und-keinen-lippenstift/ (21. März 2021).

[ii] Siehe dazu meinen Band „Der Komplex Antisemitismus“ von 2018, S. 599:

In einem anderen Band von 1934 – „Nürnberg und Bückeberg 1933“ (Nürnberg und Bückeberg [1933]/(1934): Der 1. Reichsparteitag d. geeinten deutschen Volkes. Der grosse Erntedanktag auf d. Bückeberg bei Hameln, Dresden: Völkischer Verlag M.O. Groh) – wird der Reichsparteitag in Nürnberg zusammen mit dem „Großen Erntedank auf dem Bückeberg“ gepriesen. Hitler sagte in seiner Rede auf dem Bückeberg am 1. Oktober 1933:

„Seit im vergangenen Jahre die Ernte eingeführt wurde, hat sich in Deutschland ein Wandel von geschichtlichem Ausmaß vollzogen. Ein Parteistaat ist gefallen, ein Volksstaat ist entstanden.“ (Ebd., S. 78.)

Die NS-Ideologie wird unumwunden deutlich:

„Denn der Nationalsozialismus hat weder im Individuum noch in der Men­sch­heit den Ausgangspunkt seiner Betrachtungen. Er rückt bewußt in den Mittel­punkt seines ganzen Denkens das Volk. Dieses Volk ist für ihn eine blut­mäßig bedingte Erscheinung, in der er einen von Gott gewollten Baustein der men­schlichen Gesellschaft sieht. Das einzelne Individuum ist vergänglich, das Volk ist bleibend.“ (ebd.)

Diese völkische Ideologie, die Entmenschung des Einzelnen, war also 1933 jedem vor Augen. Die Rede Hitlers wurde live im Radio übertragen, viele hatten vielleicht schon einen VE 301, den beliebten „Volks­empfänger“, wobei 301 für den 30. Januar 1933 stand, wie der Designtheoretiker Chup Friemert analysierte. (Chup Friemert (1996): Radiowelten. Zur Ästhetik der drahtlosen Telegrafie, Stuttgart: Cantz Verlag, S. 78 f.) Der VE 301 kostete 76 Reichsmark und ab dem 25. Mai 1933 wurde in 28 Radiofabriken und 59 Zuliefererbetrieben mit der Produktion begonnen, bis November 1933 waren bis zu 500.000 Exemplare produziert. Deutschland als radiophone Volksgemeinschaft, aber natürlich genauso als berauschte, handgreifliche Masse.

[iii] „Das WM-Jahr beginnt und Katar lässt weiterhin Migranten unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten. Die Lage im Emirat wird sogar immer schlimmer, mindestens 15.000 tote Gastarbeiter werden seit der WM-Vergabe gezählt. Wer an der WM teilnimmt, wird Teil des Leids“, https://www.n-tv.de/sport/fussball/Wer-zur-WM-faehrt-wird-Teil-des-Missbrauchs-article23054112.html.

Nochmal: 5401 Tote Zivilisten in der Ukraine seit Kriegsbeginn und unser ganzes Leben, das auf Energie basiert, wird in Frage gestellt. Vergleichen wir das mit den 15.000+ toten Arbeitern, die in Katar Fußballstadien und Infrastruktur bauten, damit sich die ganze Welt dem größten TV-Spektakel des Jahres im Herbst/Winter 2022 hingeben kann. Für Sport und Spaß ist der Sommer in dieser nahöstlichen Hölle zu heiß – zum Sterben auf den Baustellen war der Sommer und das ganze Jahr gut genug. Die Verkommenheit dieser WM ist schwer in Worte zu fassen, der Zynismus extrem. 15.000+ Tote, die alle vermeidbar gewesen wären, würde es dieses Land mit seinen Herrschern und diese Zusage zu dieser WM nicht geben, verglichen mit den 5401 toten Zivilisten in der Ukraine, die vermutlich auch hätten vermieden werden können, wären Amerika und der Westen auf Putin zugegangen und hätten über einen ohnehin kommenden neutralen Status der Ukraine verhandelt. Auch die Krim ist russisch, das will offenkundig die Bevölkerung so, und im Donbass sieht es ähnlich aus etc. pp. Dass die Deutschen Katar lieben zeigt die Politik von Wirtschaftsminister Habeck, der vor den Islamisten sich verbeugt und den muslimischen Diktatoren zeigt, dass er sie beneidet, nicht nur wegen den vielen Rohstoffen, sondern auch wegen der uneingeschränkten Herrschaft. Selbst dem Spiegel war das suspsekt: „Katar hui, Kanada pfui – kurz hatte ich mich gefragt, ob womöglich eine Verwechslung vorliegt, immerhin fängt beides mit K an. Deshalb hier noch mal die Unterschiede: Katar belegt beim weltweiten Demokratieindex Platz 114 hinter Burkina Faso. Kanada belegt Platz zwölf vor Deutschland. Katar hat einen CO₂-Ausstoß von 37 Tonnen pro Kopf und Jahr. Kanada hat 14 Tonnen. Katar: Zwangsarbeit, Scharia, Muslimbrüder. Kanada: Platz eins im »Gay Travel Index«. So viel zum Thema Umwelt- und Sozialstandards.“

[iv] „Die Apokalypse steht ins Haus. Wir Untiere wissen es längst, und wir wissen es alle. Hinter dem Parteiengezänk, den Auf- und Abrüstungsdebatten, den Militärparaden und anti-Kriegsmärschen, hinter der Fassade des Friedenswillens und der endlosen Waffenstillstände gibt es eine heimliche Übereinkunft, ein unausgesprochenes großes Einverständnis: daß wir ein Ende machen  müssen mit uns und unseresgleichen, so bald und so gründlich wie möglich – ohne Pardon, ohne Skrupel und ohne Überlebende.

Was sonst trüge das, was das Untier ‘Weltgeschichte’ nennt, wenn nicht die Hoffnung auf die Katastrophe, den Untergang, das Auslöschen der Spuren. Wer könnte eine sich Jahrtausend und Jahrtausend fortsetzende Litanei des Hauens, Stechens, Spießens, Hackens, die Monotonie des Schlachtens und Schädelspaltens, das Om mani padmehum der Greuel ertragen, ja seinerseits nach Kräften befördern, der nicht zugleich in der Heimlichkeit seiner Vernunft gewiß wäre, daß diese rastlosen Übungen ihm und seine Gattung Gemetzel um Gemetzel, Schlacht um Schlacht, Feldzug um Feldzug, Weltkrieg um Weltkrieg unaufhaltsam jenem letzten Massaker, jenem globalen Harmageddon näherbringen, mit dem das Untier seinen Schlußstrich setzt unter die atemlose Aufrechnung sich fort- und fortzeugenden Leids“, Ulrich Horstmann, Das Untier, 1983, zitiert nach https://www.clemensheni.net/was-taugt-die-broschuere-der-erreger-texte-gegen-die-sterilisierung-des-lebens/ (25. Juli 2021).

Ukraine, Holocaust trivialization, transphobia and tolerating the “American Nazi Party” in the pro-Israel scene?

The Berlin International Center for the
Study of Antisemitism (BICSA)

BICSA Working Paper Series, No. 5, August 2022

 

Ukraine, Holocaust trivialization, transphobia and tolerating the “American Nazi Party” in the pro-Israel scene?

 

A new research center on contemporary antisemitism in London, Fathom Magazine, Kathleen Hayes and the anti-intellectual „Intellectual Dark Web“ …

 

By Clemens Heni, Ph.D.

 

Published in August 2022

Series Editor: Dr. Clemens Heni, Director, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

www.bicsa.org

c/o Edition Critic

Sophie-Charlotten-Str. 9-10

14059 Berlin

Germany

Mail: bicsa[at]bicsa.org

Read the PDF version of this working paper.

 

Table of Contents

 

Ukraine. 3

The London Conference on Antisemitism in September 2022. 10

The British Magazine Fathom.. 14

Quillette, the „Intellectual Dark Web“, the New Right and the American Nazi Party. 17

The case of Kathleen Hayes. 20

Hope: Gad Granach’s Zionism.. 24

Endnotes. 28

Ukraine

The new “London Center for the Study of Contemporary Antisemitism” led by the sociologist David Hirsh has announced a conference on antisemitism for September 2022. It is important and very timely to engage critically with the various facets of antisemitism in the 21st century.

It is important to commemorate 9/11, which is part of the conference. In 2011, I published a big study about 9/11, Islamism and antisemitism, I know about the relevance to deal with jihad, Islam, Islamism, anti-Americanism and 9/11.[1] Professor Robert S. Wistrich invited me to speak at Hebrew University on December 18, 2002, about contemporary German anti-Zionism after 9/11.[2]

My talk included remarks about Holocaust distortion and the accusation by the West, that Serbia was organizing a “new Auschwitz” against Kosovo. That was a lie, of course, a grotesque Holocaust distortion. It was common, though, in Germany in 1999 in order to affirm the NATO War against former Yugoslavia. This kind of Holocaust distortion is now in full swing when it comes to Ukraine in 2022.

Therefore, it is striking that at the event in London in September 2022 the talk is almost exclusively about anti-Zionist antisemitism in many different forms – postcolonial, Islamist/Muslim, left, right, etc. Topics such as rejection of Holocaust memory in Ukraine by naming streets, squares or football stadiums after antisemites and Nazi collaborators – you won’t find at that London event.

One of the most blatant forms of antisemitism in the 21st century is naming squares and streets after the perpetrators of the Holocaust. One could also extend this to the downplaying of the Holocaust via the red-equals-brown ideology in Latvia, Estonia, Lithuania, Poland, the Czech Republic, Hungary or Western countries, such as to the supporters of the Prague Declaration of 2008 – like the last President of Czechoslovakia from 1989–1992 Vaclav Havel or former German President Joachim Gauck.[3]

When five Eastern European states recently called on the European Union to preserve “historical memory” and wrote that the aim should be to promote the “European platform for memory and conscience” based on the 2008 “Prague Declaration”, then the Holocaust historian Efraim Zuroff from Israel could only laugh bitterly. He writes in the Times of Israel, which praises his blog as particularly worth reading:

Several days ago, I was shocked to learn that five heads of state from Lithuania, Romania, Estonia, Latvia, and Poland, all post-Communist Eastern European countries, had recently beseeched the leaders of the European Union to step up efforts to “preserve historical memory.” It was addressed to the European Council president, European Commission president, and the Czech prime minister, whose country currently holds the rotating EU presidency.

For the past three decades since their transition to democracy, these countries have excelled in grossly distorting their own respective histories of the Holocaust. Yet the quintet of leaders now maintains that the Kremlin “is seeking to rewrite history and use it to justify its aggression against sovereign states.” Thus, they urge the bodies of the EU to take a leadership role in “preserving historical memory and preventing the Russian regime from manipulating historical facts.” They contend that this concern “is particularly relevant in light of Russia’s intensive use of history for propaganda purposes in the context of the war in Ukraine.”

These heads of state know how to deal with this problem of rewriting history.[4]

The governments of these countries know how to rewrite history – Lithuania, Poland, Romania, Estonia, Latvia. For years they have been playing down the Holocaust by whitewashing or even celebrating their own antisemitism and by glorifying their own Nazi perpetrators and, in a second step, by equating the unprecedented crimes of the Shoah with the crimes of Stalinism, referred to here as „crimes of communism“ and would continue to this day. It is no less antisemitic when Ukrainian President Zelenskyi compares the start of the current war in Ukraine to the day the NSDAP was founded in 1920 and babbles about a “final solution” in Ukraine. This antisemitism didn’t go down well in Israel in the Knesset, where he delivered via internet one of his foul propaganda speeches.[5]

In 2010, I wrote about the “Memorial to the Victims of Communism” in Washington, D.C. Their new homepage and opening is now linked from this site Zuroff criticizes in his Times of Israel piece, which purports to keep European memory and conscience alive.[6] On March 15, 2010, I spoke at an international conference in Riga, Latvia, on Eastern European and Western antisemitism and the rewriting of history:

Look at www.victimsofcommunism.org memorial site in the US: they are saying that Communism was the “deadliest ideology in human history”: this is an antisemitic obfuscation of the Shoah![7]

The site „victimsofcommunism“ honestly pushed its ideology at the time, writing on its site that „In October 1917, the Bolshevik Revolution gave birth to the deadliest ideology in human history – Communism.“ This is blatantly an antisemitic denial of what truly was the deadliest ideology in human history: Nazi eliminationist antisemitism. The homepage no longer has this antisemitic sentence on its page, but the intention of the creators is the same as before.[8]

Zuroff stresses that countries that are themselves rewriting history in antisemitic ways should be the last to accuse Russia of antisemitism. Of course, Russia is also lying when it talks about a “genocide” in the Donbass, when there is no genocide in the Donbass. And there is also not at all a Russian “war of annihilation” in Ukraine. In particular, in Germany, the country of the perpetrators of the Shoah, the Second World war and the “War of Annihilation” (“Unternehmen Barbarossa”, “Vernichtungskrieg”) against the Soviet Union from June 22, 1941 until 1944, one has to be reluctant to use the phrase “War of Annihilation”. Why then did the somewhat left leaning political scientist Lars Rensmann, who is now teaching at the University of Passau in Bavaria and who is associated with Hirsh’s new institute in London, invite his colleague Herfried Münkler of all people to an event on the war in Ukraine in mid-July (the event was then cancelled, but there will probably be an „alternative date“ as the University of Passau happily announces on its homepage)?[9]

After all, Münkler is notorious for applying the term “war of annihilation” to the Russian war in Ukraine, thus playing down the Holocaust.[10] There is no „war of annihilation“ in Ukraine, anyone who claims otherwise is simply lying or wants to clear the Germans of their guilt, because of course it is very convenient for the Germans to accuse one of the victims of World War II, Russians and Soviets, of crimes of the same magnitude as those committed by the fathers and grandfathers of the Münklers of this world.[11]

This is what research calls “secondary antisemitism”, a term Rensmann is familiar with, as he dealt a lot with that post-Auschwitz ideology in Germany.[12] Why then did he invite Münkler, who is invoking that kind of secondary antisemitism when applying the term “War of Annihilation” to the very typical war Russia is waging in Ukraine? Compare the Russian war in Ukraine to the Iraq War 2003, to the US led War in Afghanistan, the Vietnam War or the ongoing and compared to the War in Ukraine much more murderous War in Yemen by Saudi-Arabia and other Islamist warmongers and you find that the Russian War in Ukraine is a typical war. A typical war is horrible enough. But the war in Ukraine is not at all comparable to the unprecedented War of Annihilation by the German Nazi Army Wehrmacht against the Soviet Union and the Jews.

Is it possible that Münkler and Rensmann, who has a Ukrainian flag with the slogan #StandwithUkraine as a header on his Facebook account, have much in common when dealing with the current war and situation in Ukraine?[13]

This speaks for little political science differentiation. Is he also behind the streets in Ukraine that have been named after Holocaust perpetrators and antisemites in recent years? A left anti-militarist position would never post #StandwithUkraine or #StandwithRussia, but would oppose arms deliveries to both sides, it would decode NATO’s clear complicity in Putin’s process of fanaticism – keywords #notoneinch, Putin’s idea many years ago that Russia should be admitted to NATO which was greeted with laughter and most recently the peace plan of Putin and the Russian Federation of December 17, 2021, which was ignored by the US.

On the other hand, the US Congress was already planning war on Russia by Ukraine on January 3, 2022 and passed a billion-dollar program for military and other support a few weeks later in February, even before Russia’s illegal invasion of Ukraine on February 24.[14] BEFORE the war began, the US was already financing Ukraine and sending support and weapons.

On the other hand, it is typical of the time and scene for the conference in London in September 2022 that several lectures on

Soviet anti-Zionism and antisemitism are announced there,

but not one lecture on today’s antisemitism in Ukraine, which is evident there through honors, monuments, stamps, football stadiums, streets, avenues, etc., which were named after Nazi collaborators, antisemitic agitators or murderers of Jews such as Roman Shukhevych, Yaroslav Stetsko or Stepan Bandera in recent years. Or take the antisemitism of the neo-Nazi Azov Brigades, which were part of the Ukrainian army before they were militarily defeated in Mariupol – no lecture on that either.

A campaign is currently underway against David Hirsh at the University of London, where he teaches sociology at Goldsmiths College. He had criticized post-colonial and apparently pro-BDS tweets and actions by students and activists and was then aggressively defamed as a „white supremacist“.[15]

Hirsh deserves support in his fight against this kind of antisemitism in the UK.

But sometimes Hirsh also writes some very strange things about antisemitism. A quick look at David Hirsh’s Twitter account shows how unscientific and vulgar behavior is sometimes being used there, which seems to be typical of this anti-social medium and not a personal quirk of Hirsh’s. As a personal description, Hirsh writes about himself (as of August 07, 2022):

Russian warship go fuck yourself

Founder LCSCA @centre_as

Arsenal, women and men.

ADHD http://EngageOnline.org.uk http://gold.ac.uk/sociology/staf

In other words, in vulgar terms, he opposes the Russian war against Ukraine. In a tweet dated August 7, 2022 at 6:28 p.m., he then writes the following:[16]

Listen carefully to what antisemites say. They’re not telling you about Jews, but they’re telling you about themselves. They’re telling you what, in their imagination, evil and cunning people would do in a particular situation: their own fantasies, their own intentions.

Who does David Hirsh mean by “antisemites”? He means the Russian mission in Geneva, from which he posts a message under his tweet that that embassy-like mission had posted on Twitter. What is this Russian tweet about? The Russian tweet refers to mainstream media, which could not help but state that Ukraine often hides and positions weapons and artillery in schools or hospitals and Russian attacks would then appear as attacks on civilian targets. Then, the world attacks Russia for “war crimes”. Attacking civilians in such a way would indeed be a war crime. But what if Ukraine intentionally uses civilian infrastructure for their own soldiers and weapons to provoke Russia to attack theses civilian facilities?

Firstly, what could be antisemitic about the statement by the war party Russia? Why does David Hirsh, the sociologist and antisemitism expert from England, write that you should listen carefully to what the antisemites are saying and underneath is this tweet that reflects the current Russian line? What’s antisemitic about that?

Because that is exactly what is happening, as a report by Amnesty International, quoted by the Austrian daily Der Standard on August 5, 2022, shows:[17]

Amnesty International accuses Ukraine for breach of international law.

According to this, the Ukrainians are cynically and inhumanely positioning weapons and artillery in residential areas, and when the Russian side bombs them, it looks like a targeted attack on civilians, a war crime. The Ukrainians deliberately put their own population in this danger. Incidentally, a tactic that the pro-Israel scene or David Hirsh should know, as it has been used by the Islamist Hamas, Islamic Jihad and others in the Gaza Strip for years to discredit Israel.[18]

At the beginning of July 2022, the German Second TV Channel ZDF also quoted a UN report that Ukraine was deliberately using civilian locations such as a nursing home to station soldiers there. Survivors of a Russian attack spoke of the Ukrainian soldiers in the nursing home.[19]

According to Hirsh’s logic, the United Nations and the Second German Television (ZDF) also argue antisemitic. Is he serious?

However, there is current antisemitism in Russia. For example, when the Russian Foreign Minister Lavrov recently perfidiously accused Hitler of “Jewish blood”, for which Putin unofficially apologized to Bennett in Israel, as the BBC reported from England.[20]

The UN report on civilians as human shields, though, emphasizes that both sides, the Ukrainians and the Russians, use this perfidious tactic of civilian shields and the instrumentalization of civilians.[21]

The reports from Amnesty International and international media coincide with the UN report and the tweet from the Russian mission in Geneva. But what David Hirsh fantasizes here as antisemitism, using the example of an empirically verified tweet from the Russian mission in Geneva, is not antisemitism.

When he builds his new institute – with dozens of experts on the Advisory Board, as you can see on the homepage – for the analysis and criticism of current antisemitism in the 21st century on such Twitter delusions – and there is a lot to be said for it, because he also for his new center has set up a Twitter account[22] –, then he can immediately stop the undertaking. Because this tweet from the Russian Mission in Geneva is not antisemitic and has nothing remotely to do with Jews or antisemitism. It is perfidious that, according to the UN, both sides are using this inhuman tactic, Russians and Ukrainians alike. Of course, the Russian mission in Geneva makes no mention of its own similar tactics. But that’s not antisemitic, and Hirsh doesn’t seem at all aware of the facts that Ukraine is using these cynical military tactics.

Russia’s war is a criminal war of aggression that violates international law and must end immediately. But more weapons for Ukraine will prolong this war and cause many more deaths in Ukraine. And the US and Germany want more people to die and the war to continue, otherwise they would not continue to supply Ukraine with weapons and ammunition. What about complicity in the war through NATO’s decades of aggression? This includes NATO’s eastward expansion, although US Secretary of State James Baker promised Gorbachev and the Soviets in February 1990 that NATO would itself in the event of a possible reunification Germany not expand “one inch eastward”.[23]

NATO maneuvers in Ukraine in recent years have been an intolerable provocation, as every reasonably trained political scientist and conflict researcher (m(ale)/f(emale)/d(iverse)) will confirm. But how does David Hirsh come to the conclusion that the obviously factual position of the Russian mission in Geneva that Ukraine is using civilian shields is antisemitic? This is an inflationary use of the accusation of antisemitism where it is not recognizable at all.

Are these good prerequisites for a new center for antisemitism research when the founding director David Hirsh introduces himself so vulgarly in the anti-social Twitter world and then posts tweets that have nothing to do with reality? What does he mean by antisemitism when the Russians only repeat what the daily Standard in Austria or Amnesty International, the UN and the German Second TV Channel (ZDF) also report? Are they all antisemites when they show empirically that Ukraine sometimes deliberately accommodates its own army, soldiers, weapons, ammunition and artillery in residential areas, schools, old people’s homes or hospitals?

In addition, are there good prerequisites for a new center for antisemitism research if Hirsh and his team right from the start equate the eliminatory antisemitism of National Socialism with Stalinist antisemitism, which was in no way comparable to German antisemitism?

It is not accidental that antisemitism was associated with both National Socialist and Stalinist totalitarianisms.[24]

Why is he not mentioning that the Red Army liberated Auschwitz? Soviet antisemitism was bad enough, but not at all comparable to the Shoah and German or Nazi antisemitism. To equate Nazi and Soviet antisemitism rather sounds a lot like the 1997 French “Black Book of Communism,” and historian Jeffrey Herf is also a supporter of this Holocaust-belittling black book,[25] and he will be part of the September 2022 conference in London as well as a Board Member of Hirsh’s new center.[26]

Maybe the above quoted phrase from Hirsh’s new center is just an unfortunate formulation that insinuates an analogy, but the obsessive Russian hatred that Hirsh shows on Twitter could point to deeper ideologemes. In addition, as quoted, he seems to ignore the categorial difference between Auschwitz and Stalinist antisemitism. This fear is there.

The London Conference on Antisemitism in September 2022

In addition to the usual speakers and very important and current topics such as anti-Zionism, 9/11, hostility to Israel, e.g. among leftists in Norway, the Palestinian-Israeli conflict, Muslim antisemitism, there are also obscure but very trendy topics such as Holocaust trivialization by critics of the medically irrational mask mandates. The mask mandates are probably not seen as medically irrational and democratically disastrous. This is not negating the disgusting Holocaust comparisons; some critics of the mask mandate might occasionally use them – even if I am not yet aware of such a comparison of masks and the Holocaust. There are indeed too many other antisemitic tropes in the scene critical of Corona politics, about which I reported in detail in a working paper of the Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) in January 2021.[27]

Be that as it may, the announcement of Czech researcher Zbyněk Tarant’s presentation about „Holocaust Appropriation in Anti-Mask Protests – A New Challenge to IHRA Definition?“ at the London conference in September 2022 reads as follows:

To our misfortune, antisemitism develops more quickly than our legal and scholarly definitions of it. Its fluidity was again aptly demonstrated during the anti-mask and anti-vaccination protests across Europe. Along with the antisemitic conspiracy myths, such as ‘plandemic’, or the belief that vaccines are meant to sterilize the world population, there were cases of abuse of Holocaust-related symbolism and iconography by the protesters, such as wearing yellow Stars of David, comparing epidemiological measures to Nuremberg laws and comparing vaccine mandate to the Nazi genocidal program. My presentation will explore the ideological and quasi-religious background of these myths, many of which have roots in the scene of Western Esotericism. As my presentation will argue, these incidents stretch our current definitions of antisemitism and some are not even covered by them. For example, the IHRA definition has no provision that would recognize such cases of Holocaust Appropriation in anti-vaxxer discourse as antisemitic, despite their harmful impact on Jewish life and tendency to banalize the horrors of the Shoah. Is it time to update the IHRA definition?[28]

It is significant that problematic tendencies in the anti-vaccination scene are discussed and probably presented far beyond their relevance, but the author does not say a word about the anti-democratic character of the entire vaccination discourse. He does not mention in his announcement the international Corona regime and the totalitarian arrogance of countries like Australia, New Zealand or the US to this day not allowing people to enter the country if they are not vaccinated against SARS-CoV-2 or have undergone gene therapy. Gene therapy? Yes, since it is well known that a representative of the pharmaceutical industry from BAYER said at the Global Health Summit in October 2021 in Berlin, beaming with joy and perfidiously, with a mischievous laugh, that the „vaccination“ was a „gene therapy“ and that Corona was a huge stroke of luck for the pharmaceutical industry and the acceptance of genetic engineering, since by the end of 2019 some 95 percent of the population, at least in Germany, had been clearly opposed to genetic engineering. That’s exactly what Stefan Oelrich from BAYER said, you can watch the video of the Berlin event.[29]

THIS is the scandal of our time, Holocaust comparisons by marginal, extremist, esoteric and other groups critical of the Corona regime are bad and antisemitic, but just: marginal compared to the totalitarian vaccination policy of many (leading) countries in the world and the WHO.

There are enough examples of esoteric clumsy nonsense, comparisons of the Corona pandemic that play down the Holocaust and other problematic ideologemes, such as the case with the lawyer Füllmich, about whom and his Corona investigation committee and other problematic protagonists of the anti-Corona policy scene in the international context I have reported.[30] But addressing masks and antisemitism and thus covering the whole topic of Corona seems intentionally obscure and it is not to be expected that a differentiated criticism of the catastrophic and totalitarian Corona policy in the Czech Republic, Germany, Israel, US, UK etc. will occur at this talk.

Furthermore, I fear that many important features of the Corona regime are negated at all like mask mandates, lockdowns, vaccination apartheid,[31] social isolation and economic catastrophes around the world because of a completely irrational and intentional anti-democratic panic policy. I also fear that there will be no mention of the intentional use of panic by politicians around the world – see for example the so-called “panic paper” by Horst Seehofer, then German minister of the Interior, by then chancellor Merkel, vice-chancellor and today chancellor Olaf Scholz and the German government from March 2020.[32]

Criticism of the mask fetish should be a central topic today – and not a core topic for an antisemitism conference. That seems grotesque and may at best serve to defame any criticism of the mask mania. This is intended to present individual obscure mask mandate critics, presumably as an example for the whole ’scene‘ of critics of the epidemiologically, medically and democratically highly questionable Corona policies.

But what will the conference say about the many Jewish and Israeli medical professionals who have vehemently opposed Western and Israeli anti-democratic Corona policies, like Dr. Tomer Cooks of the Department of Microbiology, Immunology and Genetics at the University of Ben-Gurion School of Medicine in the Negev? Like the professors Udi Qimron, Ariel Munitz, and Motti Gerlic and almost 150 other doctors and researchers in Israel, as early as December 2020 he was a signatory to a „Common Sense Model“ that campaigned against lockdowns and for a rational Corona policy.[33]

In October 2020, a number of Jewish and Israeli epidemiologists and medical professionals were the first to sign the legendary Great Barrington Declaration, which is committed to protecting vulnerable groups. That Declaration wanted to prevent the millions of dead people in the countries of the Global South who have been subject to the lockdown policy since March 2020 and to this day caused. Or at least from October 2020, when the declaration was written and published, they wanted to minimize this „collateral damage“ of the Corona policy of Merkel, Boris Johnson, Trump, Biden & Co. in the future. Among the signatories were the following people, most of whom signed both the Great Barrington Declaration of October 2020 and the specifically Israeli Common Sense Model of December 2020:

Dr. Ariel Munitz, professor of clinical microbiology and immunology, Tel Aviv University, Israel, Dr. Eitan Friedman, professor of medicine, Tel-Aviv University, Israel, Dr. Motti Gerlic, professor of clinical microbiology and immunology, Tel Aviv University, Israel, Dr. Uri Gavish, biomedical consultant, Israel, Dr. Udi Qimron, professor of clinical microbiology and immunology, Tel Aviv University, Israel.[34]

How antisemitic and anti-Israel will a Corona policy-critical scene staffed by leading Israeli researchers in the field of medicine be? It is therefore to be feared that the criticism of the Corona policy at this conference in London will only appear as part of today’s antisemitism, which would be a deliberate distortion of the facts if that were to happen.

In any case, what stands out extremely strangely at the announcement of the September 2022 London conference on contemporary antisemitism is the following lecture by an author who has hardly appeared in the public eye:

Kathleen Hayes “Punch a TERF’ and ‘Smash the Zionists’: Misogyny and Antisemitism“.

The author thus suggests that transphobic radical feminists are victims like Zionists. As an enlightened critical antisemitism, right-wing extremism and democracy researcher, one becomes skeptical. TERFs are known to be “Trans Exclusionary Radical Feminists”. Now you have to know that in 2021 more trans people were murdered worldwide than ever before since these acts of violence have been registered.

In 2021, 375 transsexuals were murdered worldwide, 70 percent of them in South America, 30 percent in Brazil alone. When I see Syrian or Iraqi refugees in Germany, for example, downtown, who stare at and threaten transsexuals, then I know how close these migrants and the New Right are, but also some traditional left and liberal feminists on issues of religion, family and gender.

In many countries there is increasingly anti-gender legislation and rhetoric, as in Poland, Hungary or even in the oh-so-western, enlightened Brexit Great Britain, as Forbes Magazine reports:

Meanwhile, a global recession in trans rights continues, with countries from Hungary, Poland and even the U.K. seeing rising transphobia, anti-LGBTQ policies and rhetoric.

Vice Magazines writes:

In the U.K., transphobic hate crime reports have quadrupled over the last six years.

This is the backdrop against which Hayes will speak in London in September 2022.

The British Magazine Fathom

In July 2022, Kathleen Hayes published an article in the British journal Fathom. Fathom is edited by Alan Johnson.[35] Her piece is called:

Fathoming the Intellectual Revolution of our Time (1) | ‘Punch a Terf’ and ‘Smash the Zionists’: Misogyny and Antisemitism in the Contemporary Western Left.[36]

That sounds very grand. So the „intellectual revolution of our time“ should be „explored“: „Let’s box a TERF and hit the Zionists: misogyny and antisemitism in the present left in the West“. For Fathom’s editor Alan Johnson, the article is part of an „intellectual revolution of our time“. Hayes presents poststructuralism in an extremely abbreviated manner and without any deeper knowledge:

A few decades back, without a vote being taken, a handful of intellectuals decided to roll back the Enlightenment. Holding hands and chanting ‘Down with grand narratives,’ they dismissed as hubris the paradigmatic Western belief that it was possible to know anything approximating truth. Equating the Enlightenment with slavery, colonialism and women’s subjugation, they declared positivism the greatest sin and announced they were post everything.

All of the groundbreaking critique of prison rule, of surveillance, of the prison-style clinic by thinkers like Michel Foucault—who was also pro-Israel—is swept away with the silly stroke of a pen by a no-name author. In the following, Hayes does not discuss that positivism is in fact a dangerous ideology of domination, even today. The mere description and rubrication is a core element not only of capitalism and patriarchy, but also of Corona politics, for example. A dialectic view, Marxist, Adornite, even critical-theoretical and post-structuralist, would proceed differently.

It would analyze the connections between the capitalist world market, the breaking away of supply chains and the jobs of hundreds of millions of day laborers especially in Asia, Africa and Latin America, and the irrational panic of a virus that can primarily attack very old and sick people.[37] Based on data from the Office of National Statistics (ONS) in the UK, Dr. John Campbell has shown that only 12 per cent of the official Covid deaths in the UK died only from Covid-19.[38]

To attack Foucault, as Hayes does here without naming him, as a typical postmodernist (she does not mention that he was a gay man) who would have pitted the particular against the universal, is remarkably reductionist and shows surprisingly little knowledge of the history of post-structuralism or postmodernism. But to Hayes‘ credit, she was active in an antisemitic cult from 1987 to 2016 and didn’t read much.

Foucault, Derrida, Deleuze, Guattari and whatever their names are, post-structuralism as a whole was against the enlightenment and that’s how Judith Butler came to her pro-Hamas position, Hayes insinuates. One can criticize a lot and substantively in post-structuralist ideology, but Hayes wants to exorcise spirits here, since she herself exorcised the antisemitic spirit in herself in 2016 or thinks she has exorcised it. This has nothing to do with a serious scientific analysis of post-structuralism, despite all the Heideggerian and highly problematic tendencies in post-structuralism. Michel Foucault’s criticism of power – especially of the police, prisons, surveillance, punishment, clinic and medicine – is outstanding and of the greatest importance for our time.

Much like Florida Gov. Ron DeSantis (Republicans), Hayes opposes gender education in children:

In the US, for instance, many bills aim to prevent ‘transwomen’ from participating in women’s sport (while allowing them in other categories); some seek to end the teaching of gender woo to young children in public schools. These are legitimate goals although the devil, as always, is in the details.

So that’s not in a brochure by the right-wing extremist Germany party in the Bundestag, the Alternative for Germany (AfD), no. This is a quote from Hayes article in Fathom Magazine. Certainly there are antisemitic tendencies in the areas of feminism, intersectionality, multiculturalism and anti-racism.

But as Hayes argues here, the starting point of Judith Butler’s gender studies today is the problem, i.e. the emphasis on social gender – and not just her anti-Zionist drive which became public since the early 2000s. That the post-Auschwitz Marxist tradition did not engage with left-wing antisemitism, as Hayes claims,[39] is utterly grotesque when one looks at the scholarly literature of the last few decades.

The work „Revolutionary Jews from Marx to Trotsky“ by Robert S. Wistrich from 1976 alone is an example. Ever since[40] and even before that there is a wide range of research on the Left and Jews as well as on left antisemitism and also from the Left, i.e. not only from anti-communists who only want to see their own prejudices confirmed. Immediately after the Six-Day War in June 1967, for example, in the leading intellectual weekly Die Zeit, the left-wing writer Wolfgang Hildesheimer wrote about the new left-wing anti-Zionist antisemitism and criticized his colleague Peter Weiss.[41]

In 1976, Jean Améry published an influential article criticizing left-wing and “respectable” antisemitism.[42] In 1980, the journalist Henry M. Broder published a reckoning with the left-wing antisemitism of his former friends and comrades. In 1986 he wrote a bestseller – “The Eternal Antisemite” – which dealt with all possible green and left-wing facets of antisemitism.[43] As is well known, Broder later became a conservative publicist with the “axis of the good” (an online Homepage called “Achgut”), which is open to the far right and gives the AfD a boost, for which he also spoke in the Bundestag.

In January 2001, i.e. before 9/11 and before the beginning of what we have been calling a remarkable, audible and activist pro-Israel scene since 2002 not only in Germany but internationally, as part of a radical left-wing autonomous group I myself wrote a brochure criticizing the left-wing anti-Zionism published by the Revolutionary Cells.[44] In 2010, the British jurist, lawyer and literary scholar Anthony Julius published a standard work on the history of antisemitism in England, which also deals with left-wing antisemitism today.[45] Of course, Kathleen Hayes missed all of that, since she was antisemitic herself until 2016.

Finally, Hayes also opens up a relationship between critical theory and postmodernism such as transsexualism, which would no longer know any truth; in a completely abstruse way, she constructs a mini-small group of transsexuals to be the actual gatekeepers and rulers of discourse. For them there is a direct relationship between antisemitism and transsexualism, neither is committed to the truth:

And yes, I’m aware the Frankfurt School played its own role, however ambivalently, in indicting the Enlightenment itself as leading inexorably to Auschwitz: a deeply pessimistic conclusion that paved the way for postmodernism, with its extreme scepticism towards material reality and truth. In a sense, reality and truth are ‘all’ that’s at issue here: the ability to recognise—and the right to say—that two plus two make four; the Earth is not flat; and a man is not a woman, no matter how artful his eyeliner.

In the last paragraph of her Fathom pamphlet, Kathleen Hayes then opens up a monstrous analogy that downplays the Holocaust and writes:

Once truth is up for grabs, all truths are up for grabs. A mind persuaded to reject the reality of biological sex is one unlikely to recognise basic facts about the Holocaust, or about living Jews.

So anyone who rejects their biological gender and does not see themselves as male or female tends to be a Holocaust denier. And with this essentialist doctrinal talk, Kathleen Hayes also feels like a trendsetter, being published both in the ‚liberal‘ Fathom Magazine and elsewhere, as we shall see, all in 2022, when Fathom is starting its two-year „Intellectual Revolution,“ as Alan Johnson, a dude of David Hirsh, writes.

Kathleen Hayes was an antisemitic activist in a Trotskyist party from 1987 to 2016, which she reports on in another 2021 Fathom article. She was a left-wing fanatic and has been a renegade for a few years, that is, an anti-left activist.

Quillette, the „Intellectual Dark Web“, the New Right and the American Nazi Party

Claire Lehmann, on the other hand, was never a leftist. She is an assimilated, middle-class woman from Australia, whose first text as an author in 2013 praised the marriage and dull childbearing penned by the then pregnant women. Like family ideologists from the AfD or other right-wing extremists, she lamented that criticism of the petty-bourgeois family idyll would cause serious damage to society. In 2015 she founded the new-right or far-right platform Quillette, which is considered a central medium of the „Intellectual Dark Web“. The inventor of the term „Intellectual Dark Web“, the equivalent of the „Dark Web“, which oscillates between gun sales, prostitution, terrorism and violence, is Eric Weinstein, who is a central figure in Quillette.

Of course, this is a purely linguistic misunderstanding, because right-wingers, conservatives, anti-feminists, patriots and nationalists, anti-gender ideologues and anti-political correctness rabble-rousers are anything but intellectual. We should remember what makes an intellectual. I wrote about this in 2006 in my dissertation on the critique of the welcoming into the salon of the New Right at the University of Innsbruck:[46]

Since the 1970s, German conservatives and nationalists have increasingly tried to rehabilitate German history and in no way assumed a pre-modern epoch, but did not deny the Nazi past, but rather looked for and found connection points. The social philosopher Hauke ​​Brunkhorst commented on this in a 1987 study.[47]

‘Mandarins, a term commonly used in Europe for the high Chinese officials of the Imperial Era, defined the German scientific scene from the mid-19th century until well into the 20th century with a deeply anti-intellectual resentment. However: ‚The classic role of philosophers, priests and prophets, mandarins and shamans is over.‘ ‘[48]

Then: ‚The Mandarin stands above the parties: ‚If we do not succeed in putting the cause of the nation back above the cause of the party, then we are lost.‘ [Eduard Spranger, C. H.]‘.[49]

A German Mandarin does not have anything that characterizes an intellectual:

‚Intellectuals should not allow themselves to be seduced into compromises with supposedly deep-seated metaphysical needs. ‚Without a model‘ (Adorno), without higher legitimation, they should insist on the ‚unrestricted use of their intellect‘, and that means nothing other than the power of the negative and the right to negative, destructive criticism. This claim, which ‚is against innate and‘, as Kracauer expressly emphasizes, ‚acquired nature‘, cannot be given to intellectuals: ‚to at least tentatively override nature as far as possible. The intellect is nothing other than the instrument for the destruction of all mythical stocks in and around us.‘ [50]

In this respect, of course, there are family ideologues, anti-gender agitators, nationalists and new right-wing protagonists who see white supremacy as endangered. They indulge in racism or promote antisemitic conspiracy ideologues like Alex Jones and the whole Trump environment, Trumpism. These people like the authors at Quillette are not intellectuals. Their intention is not, as Kracauer defined the very term intellectual, “the destruction of all mythical stocks in and around us”. On the contrary, they embrace myths, like patriotism, nationalism, or traditional family values and a binary world, based on men and women, black and white, good and evil. They are counter-intellectuals or anti-intellectuals like Claire Lehmann, the Dark Intellectual Web and Quillette.

They are all defenders of bourgeois rule, who do not shy away from classifying neo-Nazis as mere „conservatives“ such as those of the American Nazi Party and thus making them socially acceptable, as we will see shortly.

In May 2019, the Swiss daily Neue Zürcher Zeitung (NZZ) published a hymn of praise for the anti-intellectual „Intellectual Dark Web“ by right-wing publicist Milosz Matuschek.[51] He could have known what was circulating on the „Intellectual Dark Web“: Because in February 2019, the post-doc at Columbia University Richard Hanania wrote a very typical text for these counter-intellectuals of the „Intellectual Dark Web“ on Quillette:

It Isn’t Your Imagination: Twitter Treats Conservatives More Harshly Than Liberals.

This is the usual whining from the Far Right that the mainstream would dismiss them. However, this text shows much more, namely the abysses of the talk of “free speech”. The Quillette article is about Twitter users who have been blocked due to hate speech or other reasons, i.e. whose Twitter accounts have been permanently or temporarily blocked.[52] The thesis is that Twitter reacts much less harshly to leftists compared to „conservatives“.

In the article, Quillette author Hanania linked an Excel spreadsheet that he worked on with a team. In doing so, they listed prominent cases of “conservatives” that mainstream media have reported being blocked by Twitter. There are 43 people or organizations. What Quillette now understands by „conservatives“ knocks the bottom out of every barrel.

The 43 people and groups include British far-right, convicted thug Tommy Robinson, Gavin McInnes, founder of the neo-Nazi terrorist group Proud Boys, who were also banned from Twitter, and who later played a leading role in the attempted Capitol coup in Washington, D.C. on January 6, 2021 and are notorious for beating up Antifas and other leftists. There are also the conspiracy mythologist Alex Jones and his site Infowars, the neo-Nazi and founder of the term „Alt Right“ Richard Spencer, the racist and Holocaust denier David Duke, former Grand Wizard of the Ku Klux Klan (KKK). Finally, and most shockingly, Quillette also lists the „American Nazi Party“ as part of those „conservatives“ whose Twitter account was suspended.

Also in May 2019, the extreme right-wing publicist and at times a lecturer at the University of Augsburg as well as a speaker at an event of the German conservative Konrad-Adenauer-Foundation, Eoin Lenihan, published an anti-Antifa article. In it, he described “networks” of journalists on Twitter working on Antifa and right-wing extremism, and their alleged or actual relationship with Antifa activists examined in a study. Some of these journalists were named and defamed. He announced his „study“ on May 15, 2019 on Twitter, on May 29 it was published on Quillette.[53]

One of the journalists who was attacked later reported how a few weeks later neo-Nazis, such as those from “Stormfront”, uploaded videos to YouTube with images of mass shootings, where the faces of journalists repeatedly appear in the middle, including pictures of herself, all people which Lenihan had denounced in his anti-Antifa article on Quillette.[54]

In July 2019, Quillette published another article opposing the blocking of antisemites, neo-Nazis, New Rightists, misogynists, transphobes, sexists, etc. pp. The author takes the antisemitic conspiracy mythologist Alex Jones as an example, who was included in the list of „conservatives“ who were blocked by Twitter in February 2019. His ban on Twitter, YouTube, Facebook, Spotify and other a-social media would only have increased his popularity. What these bourgeois anti-bourgeois „Free Speech“ protagonists ignore and thereby affirm is the violence emanating from guys like Alex Jones.

Until recently, he denied the Connecticut shooting at Sandy Hook Elementary School in 2012. He fantasized like a madman that the parents of the children killed were actors. The parents of one of the murdered children have now won a lawsuit against Jones in Austin, Texas. The court sees it as proven that Jones‘ conspiracy myths generate a huge fortune – up to 300 million US dollars a year. The parents suffer from particularly severe post-traumatic stress disorders, similar to those of war victims or soldiers. The Austin court fined Alex Jones $49.3 million to pay these parents. There will also be further trials in Texas and Connecticut. The lawyers had previously called for a particularly high penalty to be imposed so that it would have a deterrent effect.

One of the new-right agitators of the anti-intellectual Dark Web is Dave Rubin. He, the „comedian,“ neuroscientist Sam Harris, and mathematician Eric Weinstein, met with anti-left, pro-New Right activist at The New York Times, Bari Weiss, who wrote about it in May 2018 in the New York Times. Weiss is no longer with the New York Times, but her agitation for more traditional values ​​and more conservatism went viral. She found it somehow super exciting that Rubin also invited the antisemite and conspiracy mythologist Alex Jones to his show. Jones runs the “Infowars” site and has already spoken to Trump there. Weiss can write any number of books against antisemitism and is a super-star in the pro-Israel camp, but with texts like those in the NYTimes she has massively encouraged hatred of Jews and support for the New Right, since irrationalism and delusions of conspiracies are essential ingredients for antisemitism. Dave Rubin, like Weiss, is Jewish, so that doesn’t mean anything – irrationalism and obsessive hatred of leftists has nothing to do with it. Criticism of sexism and conventional family models, and specifically criticism of natalism, are concepts of the enemy of the New Right. Quillette is the flagship of the anti-intellectual “Intellectual Dark Web”. Bari Weiss opened them up to the mainstream via the New York Times.

Why am I going into such detail about Quillette, about those super exciting, oh so cosmopolitan New Right people and the „intellectual dark web“, i.e. a playground for authors who follow the thugs of the Proud Boys and provide intellectual legitimacy?

The case of Kathleen Hayes

Well, on Quillette, a page, it cannot be stressed enough, where the American Nazi Party is portrayed as poor “conservatives” who have been banned from Twitter, on May 19, 2022, the same Fathom author Kathleen Hayes writes an anti-gender piece. The same Hayes who will now appear in London in mid-September 2022 at the new antisemitism research think tank around the „leftist“ David Hirsh and who was published in July 2022 by the liberal, left-wing or left-liberal magazine Fathom with the same anti-gender tropes.

In May 2022, Hayes publishes her article “Gender Ideology’s True Believers. I spent 25 years in a cultish political sect. Trans activists are giving me déjà vu“ with the new-right magazine Quillette.

Only after that, in July 2022, will her similar, longer article appear on Fathom, so Fathom knew that she wrote for the far-right journal Quillette just a few months prior. In her May 2022 Quillette text, she links to another text of hers in the July 2021 Fathom Journal, where she reckoned with her left-wing antisemitic Trotskyist past, which lasted from 1987 to 2016.

In her autobiographical text in Fathom 2021, Hayes emphasizes that two groups were particularly hated in her Trotskyist splinter party: feminists and Zionists. She has easily carried her hatred of gender theories into the present day. The problem that Kathleen Hayes – like many right-wing extremists, new rightists and family ideologists worldwide – has with Judith Butler is not primarily her anti-Zionism, but rather her gender theories. That there is indeed a biological gender and a social gender, as Butler analyzed in her seminal 1990 book “Gender Trouble”, is denied or ridiculed here. Accordingly, we are not born as girls or boys, but are made into such primarily through socialization, without necessarily denying our biological gender. With this, Butler leaned on Simone de Beauvoir, as German broadcaster Deutschlandfunk recalled:

The American philosopher Judith Butler has prominently demonstrated that this supposedly natural order is neither as natural nor as orderly as claimed: her book Gender Trouble has become a classic in gender research. Exactly 30 years ago it was published in the US, just a year later in German under the title ‚The Unease of the Sexes‘.

In it, Butler deals with Simone de Beauvoir’s work ‚The Second Sex‘, above all with a famous thesis: ‚One is not born a woman, one becomes one.‘

The fact that since then, especially after the second Intifada since autumn 2000, after September 11, 2001 and the founding of the anti-Israeli boycott movement BDS in 2005, Judith Butler has taken a terrible Jewish anti-Zionist position based on Hannah Arendt is another matter.[55]

Butler’s criticism of sexist attributions and patriarchal patterns was and is groundbreaking. Not so for Kathleen Hayes, who, in addition to a few greasy lip-services that trans people are somehow also human beings, describes the trans movement primarily as a „cult“. This reminds her of her own authoritarian cult past as an antisemitic and anti-feminist Trotskyist. Hayes does not mention what kind of anti-gender ideology she herself is invoking at Quillette and beyond. She mentions billionaire Harry Potter novelist J.K. Rowling, who has also come out as TERF and is part of the UK’s Gender Critical Feminists.[56] She has received death threats for her anti-trans positions. Such threats and acts of violence are terrible.

But what Hayes doesn’t say is who very often actually gets murdered because of their gender. In addition to women who are murdered by their husbands or lovers, transsexuals were murdered more often in 2021 than ever before since this has been recorded statistically. But Hayes writes just like the AfD in Germany or the New Right in the UK, the US or Australia when she formulates in Quillette:

Gender ideology is drilled into children from a young age at school; media, charities, and public institutions echo the line; critics are hounded and dismissed.

If that’s the ideology of David Hirsh and his super awesome new London Center for the Study of Contemporary Antisemitism, since Kathleen Hayes, who published this new-right rubbish, is supposed to speak at his inaugural conference in mid-September 2022, then there isn’t one difference to organized right-wing extremism and the New Right.

Hayes is no longer concerned with specific problems that men who define themselves as transsexuals and women can very well emanate from using women’s toilets to agitation in anti-social networks or on the street may well be fueled by pro and anti-trans people. No, Hayes is concerned here with “gender ideology” as such.

Her language is from the New Right. She fantasizes that children are indoctrinated with „gender ideology“ from a young age. This is Far Right ideology, in the US it is intoned by Trumpism and in England by the corresponding anti-left and anti-gender circles, which apparently also includes the pro-Israel magazine Fathom.

Current academic texts criticizing the New Right and its relationship to capitalism and neoliberalism deal with the ideology of the „Intellectual Dark Web“ and its wide circles of YouTubers with hundreds of thousands or millions of followers and New Right networks of all kinds. The British Political scientist Alan Finlayson criticizes the New Right, the Intellectual Dark Web and analyses:

A range of ideological currents – conservatism, nationalism, ethnonationalism, libertarianism – share a critique of the liberal state which gives to it a cultural and intellectual rather than economic class character. That critique emphasises the linguistic and discursive power of ‘new class’ intellectuals, exercised through institutions of culture, communication and legal regulation, oppressing or victimising those with contrary cultural, political and ethical orientations.

Today this analysis is the basis of a broad-based systematic challenge to the technocratic politics of third-way neoliberalism and globalisation. The new class is the common enemy, under a variety of names: ‘the establishment’, ‘the swamp’, ‘the blob’, ‘the cathedral’.

Because followers can characterise members of these groups variously as bureaucrats, intellectuals, civil servants, climate scientists, gender theorists, feminists, public sector workers, journalists, screenwriters, specific ethnic groups and so on, this antagonism sustains an otherwise unlikely alliance of Trump supporters, online ‘Men Going Their Own Way’, Christian Identity militias, radical libertarians, ethno-nationalists, anti-feminists, American paleoconservatives, ‘race realists’, anti-Muslims, anti-communists.[57]

Accordingly, the New Right agitates against a „new class“ that is dominated by the „cultural Marxists“. This is reminiscent of the propaganda from the Springer group in Germany and their daily Die Welt and its agitator Don Alphonso.[58] Finlayson writes:

That class is figured as the ‘Cultural Marxist’. This label for a range of perspectives in social and political theory predates the internet. Its origins lie in paleo-conservative writing from where it has developed into a conspiracy theory, holding that acolytes of the Frankfurt School are enacting a plan to undermine America by promoting feminism and anti-racism (Jamin, 2014). Online the idea has taken on new life (Richardson, 2015; Manavis, 2019), becoming shorthand for the argument that claims to racial or gender equality are a spurious invention of those with a sinister hidden ‘agenda’ (Peterson, 2017; Murray, 2019).

The Cultural Marxist is a jargonising guru mesmerising impressionable students, exploiting them financially while covertly and calculatedly destroying Western culture by encouraging immigration. The idea has been taken up by Members of Parliament and circulated in magazines such as The Spectator (Walker, 2019). (…) [T]he figure is central to a political rhetoric which has emerged from the fusion of offline and online reactionary spaces, the inhabitants of which see themselves as involved in a war for hearts and minds, teaching others to see the invisible left-hand behind events, and to learn how to protect themselves by becoming part of the cultural, intellectual and moral resistance.

Jordan Peterson, for instance, advises school students to leave their classes if teachers begin discussing diversity, inclusivity or equity, to video it and post it to YouTube (Peterson, 2018). Such awareness and resistance are most powerfully conveyed through the rhetoric of ‘the red pill’.[59]

Finlayson aptly addresses Foucault’s critique of the „entrepreneurial subject,“ which fits squarely with the rule of neoliberalism and the New Right. I would add, against more typical Guardian writers like Finlayson, that the Corona pandemic showed how the atomized people were being made into their ostensible saviors: panic-induced self-masking, isolating, and „segregating“ (“Absonderung”, a Nazi word, executive directives read exactly as they did in 1933 or 1938).

The state is no longer responsible for a functioning health system, which has been systematically underfinanced for decades due to capitalism, the greed for profit of politicians, health insurance companies and hospital companies, but the individual is responsible for not getting sick! In an infectious disease where no human – no human! – can know where to get infected and how.

So either everyone is locked up (2020) or the vaccination apartheid is executed (2021/22) and since April 2020 all people have been forced to mask themselves – in public local and long-distance transport in Europe this regulation has only applied in Germany since spring 2022. The disastrous effects of the medically irrational masking in hospitals and retirement homes cannot be estimated – tens of thousands of inmates or patients will have died earlier or died at all, because as a human being you cannot live without empathy, i.e. without seeing other people and to feel. But these collateral deaths were readily produced by politicians, the media and society.

In any case, the bottom line is that in 2020 and 2021, without any lockdown and without any mask mandates, Sweden had less than half as much excess mortality than Germany, according to a study by the World Health Organization (WHO).[60] Another text criticizing the New Right deals exclusively with the Intellectual Dark Web flagship Quillette:

In its political and socioeconomic dimensions, Quillette might therefore be said to further destabilize contemporary and long-held dichotomies between liberal democracy and far-right politics, variously engaging both with tenets of liberalism and exhibiting far-right and neo-fascist elements.

Some Quillette writers’ various embrace of neoliberalism, along with their excuse or promotion of racism, radical traditionalism, and affirmation of pseudo-scientific hierarchies, demonstrate Landa’s observation that, far from representing liberalism’s primary antagonist, fascism can variously serve to reinforce the supremacist, elitist, and exclusivist premises of the (neo)liberal order. Liberal democracies, as demonstrated so dramatically in the 2020 US presidential election, can also provide for the emergence of far-right violence.[61]

Hope: Gad Granach’s Zionism

The pro-Israel scene, on the other hand, has been dominated for many years by conservatives and the New Right. One example is the neoconservative English bestselling author and anti-immigration activist Douglas Murray, whose books, such as one on “The Strange Death of Europe. Immigration, Identity and Islam” was liked to be read by far-right Hungarian President Victor Orbán, who posted a picture of himself while reading the Hungarian edition of Murray’s book on Facebook.[62]

On her new Twitter account, on July 20, 2022, Kathleen Hayes promotes and is very enthusiastic about Douglas Murray. On July 28, 2022, she is touting the London Conference on Antisemitism in September 2022, where, as shown, she is not only a participant, but will be a speaker, as she euphorically emphasizes.[63]

Using the example of Daniel Pipes of the Middle East Forum in Philadelphia, pro-Israel activist and former Donald Trump administration official and representative of the US pro-Israel camp, Kenneth S. Marcus, and publicist Henryk M. Broder, I have criticized these new-right tendencies in the pro-Israel scene in recent years.[64] I also experienced this myself when, because of my left-wing criticism of Trump’s right-wing extremism and sexism, the board of directors of the (NGO) Scholars for Peace in the Middle East, which I had co-founded in 2007 in Berlin, unanimously dismissed me in 2017, which is an honor. I don’t want anything to do with people like that anymore.

Israel deserves better than support from the New Right and from people who until a few years ago were antisemitic themselves for decades – like Kathleen Hayes – and today agitate against gender theories and publish on sites like Quillette that considers the American Nazi Party as  „Conservatives“ who were blocked by Twitter. Resocialization matters, also for former “cult” followers such as Hayes – but as hateful as Kathleen Hayes agitates against the „gender ideology“, she should perhaps think about it for a few years before posing as a pro-Israel activist and author, who primarily harbors resentment against transsexuals. On the other hand, she is of course right, she finds similar agitators ideologically friendly to the New Right or the transphobic Left and feminist circles in the self-proclaimed pro-Israel scene.

Of course, the conference by Hirsh and his allies will have a few lectures about the danger deriving from the Right like in the US. But as along as someone like Kathleen Hayes, who writes for the New Right journal Quillette, appears at the conference, this is nothing but a farce.

What kind of world is this? What kind of pro-Israel scene is meeting in London in September 2022? Doesn’t it fit today’s Israel, where a right-wing extremist, religious fanatic and anti-Palestinian agitator like Itamar Ben Gvir might get up to 13 seats, which would mean the third-largest faction in the next Knesset elections with the party „Religious Zionism“ at the beginning of November? A Ben Gvir who, as a 19-year-old, agitated against Prime Minister Rabin in 1995, damaged his state car and warned that Rabin would soon be attacked personally – and a few weeks later Rabin was murdered? The Times of Israel reports on this in a long critical feature on Ben Gvir. Ben Gvir was also one of the organizers of anti-LGBTQ rallies:

Additionally, the far-right Religious Zionism party, which now controls six seats in the Knesset, has three members openly hostile to LGBT rights: Avi Maoz, leader of the Noam faction, and Itamar Ben Gvir and leader MK Bezalel Smotrich, organizers of the 2006 “beast march” in Jerusalem, in which religious opponents of the Pride March walked with donkeys.

There is more anti-gender and transphobic activism in Israel, analyzed by the site Pinknews from the UK and illustrated with an LGBTQ-flag, including a star of David, used by Zionist protesters in Israel:

Bezalel Smotrich, leader of the Religious Zionist Party and self-described “proud homophobe”, helped to organise the 2006 anti-LGBT+ “beast parade” when World Pride came to Jerusalem.

The “beast parade” saw right-wing activists trace the Pride parade route with donkeys and goats, claiming the animals were above LGBT+ people because they hadn’t “sinned”. Other Knesset members under the Religious Zionism alliance umbrella include Itamar Ben-Gvir, who leads the Otzma Yehudit party, and Avi Maoz, founder of the anti-LGBT+ party Noam.  Ben-Gvir has celebrated the killing of Palestinians, has previously been convicted of inciting violence and supporting a terror group, and believes the “Arab enemy” must be “expelled” from Israel. Maoz’s Noam party has compared those who fight for LGBT+ rights to Nazis and suicide bombers, and was founded solely to oppose LGBT+ rights.

Unfortunately, Quillette’s, Fathom’s and Kathleen Hayes anti-gender rabble-rousing fits with such agitators as Ben Gvir.

What wonderful times those were when Zionists like Gad Granach (1915–2011) wrote about their life in Israel:

In any case, I am of the opinion that these so-called ’settlers‘ should be left to dry out, simply ignored, neither supported nor protected. (…)

That would be a short process if the ’settlers‘ on the West Bank were simply left to their own devices (…). Incidentally, what does ’settlers‘ even mean? Have they ever done anything for the land they ’settle‘ on?

They haven’t planted a single bush yet. The day before yesterday they were still in Brooklyn, today they want to explain to me what Zionism is. In 1936 I settled on Arab soil that we bought from the Arabs, but we worked it and we actually built. Avodah Yehudi, Jewish work, was very important at the time, and rightly so. No Arab built our houses, as is customary today. There’s the story of the Israeli who strolls through the streets of Shabbes with his son. He says: ‚You see, that house over there, I built that. And here’s the road, I built that too when I was young. And I laid the water pipes over there‘. Then the little son says to his father in astonishment. ‚When you were young, were you an Arab?‘[65]

The new London Center for the Study of Contemporary Antisemitism around David Hirsh certainly has the very important intention of fighting today’s anti-Zionist antisemitism. But with his inflationary talk of antisemitism regarding Russian tweets, which only reflect – based on mainstream media reports – how inhumane Ukraine is also using civilians as protective shields in this war, Hirsh completely discredits himself as an antisemitism researcher.

Notably by inviting Kathleen Hayes to speak at this conference, who publishes with the “Intellectual Dark Web” magazine Quillette, which presents the American Nazi Party as “conservatives” blocked by evil Twitter, Hirsh loses credibility as a critical researcher.

Finally, Hayes‘ announced talk, based on her two articles on Quillette and Fathom, reflects an increasingly transphobic climate in the UK. Her perfidious statement that people who would not take biological sex for granted would also be open to denying the truth about the Holocaust is egregious and transphobic. This is also an inflationary use of the accusation of antisemitism. Such individuals are invited by the London Center for the Study of Contemporary Antisemitism, but not a word is heard about the very real Ukrainian antisemitism and street naming after perpetrators of the Holocaust and antisemitic ideologues, who paved the way of the Shoah in Ukraine. And that speaks volumes.

Criticism of antisemitism in London will be left-wing and anti-fascist, or it will not be.[66]

 

Endnotes

 

[1] In the following endnotes original German quotes (like from newspapers or other sources) are translated by the author. Titles of articles and books are quoted in the original with a translation following in brackets. Clemens Heni (2011): Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11 [Schadenfreude. Islamic Studies and Antisemitism in Germany after 9/11], Berlin: Edition Critic.

[2] Clemens Heni (2002): German Political Culture: The Relationship to Anti-Zionism and Jihad before and after 11 September 2001, published online with the page hagalil on December 17, 2003, https://www.clemensheni.net/german-political-culture-the-relationship-to-anti-zionism-and-jihad-before-and-after-11-september-2001/. I also criticized Heidegger and Foucault in my talk, by the way. The German Embassy, a co-sponsor of the event, run riot after my talk. The audience and the host, Wistrich’s Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA), though, were very supportive. As a doctoral candidate, I became a Felix Posen Fellow at SICSA in 2003 and 2004.

[3] Clemens Heni/Thomas Weidauer (Ed.) (2012): Ein Super-GAUck. Politische Kultur im neuen Deutschland [A Super-GAUck. Political Culture in the new Germany], Berlin: Edition Critic, darin Clemens Heni (2012a): Die Abwehr der Erinnerung an den Holocaust und die komparatistische Obsession [Rejecting Holocaust Memory and the Comparative Obsession], ibid., pp. 7–42. One of the contributors to this anthology is the Holocaust historian, publicist and professor of Yiddish Dovid Katz from Vilnius in Lithuania. He has been a critic of Putin and Putinism for many years. In March 2022 he wrote, among other things, about the war in Ukraine:

„What is the upshot? That just as elsewhere in pro-Western Eastern Europe, a small but disproportionately powerful coterie of far-right pseudo-patriotic history rewriters, among them highly educated and sophisticated historians, politicians and state apparatchiks, all Holocaust revisionists in their passion to have as national heroes Hitler collaborators, have done so much harm to their own countries. It’s enough to peruse Defending History’s sections on Croatia, EstoniaHungary, Latvia, Lithuania, Ukraine, and more (see Countries). Incidentally, the motivation of these small, overly influential elites is (mis)guided by two forms of racism: inability to concede their nations’ leaders acted wrongfully during the Holocaust (what country’s history has no dark spots?), and the demented desire for a (supposedly) ethnically pure country (in other words, quiet satisfaction with the results of accomplished ethnic purification).

Each time a ‘Bandera Street’ is inaugurated in Ukraine, glorifying the World War II fascist, whose hordes murdered hundreds of thousands of Jews and Poles of all ages and both genders on an ethnic basis (i.e. genocide), Ukraine and its prestige are dealt an unfair and undeserved blow”, Dovid Katz (2022): Ottawa Citizen & N.Y. Times Break Media Silence on Self-Damage of Eastern NATO/EU Democracies by Public-Space Adoration of Holocaust Collaborators, March 20, 2022, https://defendinghistory.com/ottawa-citizen-n-y-times-break-media-silence-on-self-damage-of-eastern-nato-eu-democracies-by-public-space-adoration-of-holocaust-collaboratorsce-on-self-damage-of-eastern-nato-eu-democracies-by-pu/109618.

[4] Efraim Zuroff (2022): 5 EU countries that shouldn’t be throwing stones. Accusing Russia of rewriting the Holocaust for its current propaganda is fair – but not when you’ve always whitewashed the Holocaust for your own purposes, 27. Juli 2022, The Times of Israel (Blogs), https://blogs.timesofisrael.com/5-eu-countries-that-shouldnt-be-throwing-stones/.

[5] „Israeli lawmakers outraged after Zelensky compares Ukraine war to Holocaust“, March 20, 2022, https://www.ynetnews.com/article/hjn3nxbf5; „Zelensky compares Kremlin’s actions to Nazi ‘final solution’ in Knesset speech“, March 21, 2022, https://www.jewishnews.co.uk/zelensky-compares-kremlins-actions-to-nazi-final-solution-in-knesset-speech/: „Ukrainian President Volodymyr Zelensky has been criticised by some Israeli politicians after delivering a speech to the Knesset in which he compared the actions of the Kremlin with the Nazi ‘final solution’. In a 12 minute-long speech, in which he referenced the ‘people of Israel’ several times, Zelensky also drew flack after saying: ‘Ukrainians made their choice 80 years ago, we saved Jews, and there are among us righteous gentiles.’ After Sunday’s speech – the latest in a series of pleas made by Zelensky to politicians across the globe including the UK’s parliament – one Likud MK Yuval Steinitz said the president’s message ‘borders on Holocaust denial.’”

[6] https://www.memoryandconscience.eu/; https://www.memoryandconscience.eu/2022/06/11/opening-of-the-new-museum-of-the-victims-of-communism-in-washington-dc/.

[7] Clemens Heni (2010): Against the equation of National Socialism and Communism – Fight the Prague Declaration, conference presentation on March 15, 2010, article online March 21, 2010, https://www.clemensheni.net/against-the-equation-of-national-socialism-and-communism-fight-the-prague-declaration/. The original post read: „In October 1917, the Bolshevik Revolution gave birth to the deadliest ideology in human history – Communism.“ That is Holocaust denial, anti-Communist style. On Dec. 8, 2009, this was on their site, as the wayback machine documents, https://web.archive.org/web/20091208161141/http://www.victimsofcommunism.org/history_communism.php.

[8] https://victimsofcommunism.org/.

[9] https://www.uni-passau.de/internationales/ukrainehilfe/vortragsreihe/.

[10] „Judith Heitkamp: A definition of the term war of annihilation says that in such a war ‚all physical and psychological limitations are lifted‚. If one follows the news about the Russian warfare, does one have to speak of a war of annihilation by Russia against Ukraine?

Herfried Münkler: I do believe that it can be done. In any case, it is not recognizable that the usual restrictions and limitations of international warfare law, which were developed in the late 19th and over the course of the 20th century, have a relevant position in this war. In principle, it is a question of independent military action in which assumed military requirements dominate and the restrictions of wartime law take a back seat,“ „Herfried Münkler über Kriegsführung in der Ukraine. Warum Russland einen Vernichtungskrieg führt“, 14.04.2022, https://www.br.de/kultur/gesellschaft/interview-herfried-muenkler-ukraine-russland-vernichtungskrieg-mariupol-kriegsverbrechen-100.html.

Well: In the Second World War from September 1, 1939 and in the German and Wehrmacht war of annihilation from 1941 to 1944, six million Jews and 27 million Soviets were murdered, thousands of villages were completely wiped out and Jews and Soviet commissars were deliberately murdered, Hannes Heer/Klaus Naumann (1995): Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944, Hamburg: Hamburger Edition. Nothing even remotely comparable has happened in Ukraine since February 24, 2022. Even the neo-Nazis of the Azov Brigades, who had holed up in a steelworks in Mariupol for weeks, were not murdered with carpet bombing, but ultimately surrendered to the Russian army and the pro-Russian units on the ground. No war of annihilation anywhere. War is terrible enough! The word „war of annihilation“ has an exclusively propaganda and NS-trivializing function.

The historian Hubert Brieden said about Münkler in a program for Radio Flora from Hanover: „Münkler, mass media and politicians claim that Russia’s war against Ukraine is a war of annihilation. The leader of the Greens, Ricarda Lang, justified the German arms deliveries to the Ukrainian government a few days after the start of the Russian attack on Ukraine with a „war of annihilation“ allegedly planned by the Russian government. At that time, the Ukrainian government reported 352 civilians killed.

In Germany’s war of annihilation, at least 27,000,000 people died in the Soviet Union, 14,000,000 of them civilians. An integral part of this war of annihilation was the systematic murder of the Jewish population. In the further course of Russia’s war against Ukraine, there were no indications that Russia wanted to systematically exterminate the Ukrainian population or parts of it for racist reasons. It is a war with bombing and rocket attacks, street and house fighting and consequent destruction and deaths – that’s bad enough – a war like in Iraq, Yemen, Afghanistan, Syria etc. but it is not a war of annihilation. The association with the Nazi genocide program serves to justify supplying arms to a war zone and an armament program unprecedented since 1945.

This type of war propaganda works on the same pattern as Josef Fischer’s Auschwitz lie in the war against Yugoslavia. Andriy Melnyk, the Ukrainian ambassador who has since been recalled, never tired of talking about Russia’s war of annihilation. At the same time, he downplayed the involvement of Ukrainian nationalists led by Stepan Bandera in the Holocaust. About 1.6 million Jews were murdered by the Germans and their local allies in what is now Ukraine. Shortly after taking office, Melnyk, who has been Ukrainian ambassador to Germany since January 2015, laid flowers at the grave of one of the main people responsible for the mass murder of Jews and Poles in Ukraine.

His belittling of Bandera led to protests by the Israeli and Polish embassies in 2022 and ultimately to his dismissal,“ Hubert Brieden (2022): “ … wow, wir stehen nicht nur auf den Schultern von Joschka Fischer, sondern auch auf denen unserer Großväter.“ Deutsche Kriegspropaganda: Verharmlosung des NS-Vernichtungskrieges und des Holocaust, Radio Flora, 18.07.2022, https://radioflora.de/wow-wir-stehen-nicht-nur-auf-den-schultern-von-joschka-fischer-sondern-auch-auf-denen-unserer-grossvaeter-deutsche-kriegspropaganda-verharmlosung-des-ns-vernichtungskrieges-und-des-holo/.

[11] The network „Remembrance + Future in Hanover e.V.“ shows the inflationary talk of „genocide“ in a very exemplary way when it wrote in a newsletter at the end of March 2022:

„Here with us, many are disturbed and stunned by the fact that the Russian ruler has now followed up the numerous announcements and actions of recent years that he wants to restore the former Russian-Soviet great power with further aggressive military actions. Stunned that a mafia-like, power-obsessed nomenklatura led by a Chekist who rules with murder, manslaughter and genocide is destroying years of self-suggestion.” Putin is an autocratic, anti-liberal and brutal ruler, but he has not committed genocide. What are these networkers in Hanover talking about? Which genocide?

[12] Lars Rensmann (2004): Demokratie und Judenbild [Democracy and the perception of Jews in Germany], Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

[13] https://de-de.facebook.com/lars.rensmann (as of August 8, 2022). Some ex-authors of the only left popular monthly magazine in this country – Konkret – are particularly insidious – such as Lars Quadfasel, Tom Uhlig, Alex Feuerherdt, Ramona Ambs, Elke Wittich, Olaf Kistenmacher, Marit Hofmann, Leo Fischer, Jan Süselbeck, Elke Wittich, Lothar Galow-Bergemann and others –

https://kontrast-mittel.org/2022/06/30/warum-wir-nicht-mehr-fur-konkret-schreiben/ –, who now no longer want to write for Konkret because Konkret does not want to become a member of NATO and the ‚Western community of values‘ – the pseudo-left agitators* put right-wing extremist journals like Compact with Konkret on the same level in relation to the Russian Ukraine war:

“For us, the authors of Konkret, a red line has been crossed with the editorial course on the Russian war of aggression against Ukraine. We don’t want to and can’t continue to publish in a magazine that is close to the AfD, the volkish wing of the Party of the Left or with Jürgen Elsässer’s [right-wing extremist] Compact Magazine, Henry Kissinger, Klaus von Dohnanyi or the lobby groups of German industry on this issue.“

German industry, by the way, rejoices at the 100 billion that Scholz & Co. want to spend on the Bundeswehr in view of the historical possibility of finally being able to kill Russians again, albeit indirectly via Ukrainian soldiers, but with German tanks, howitzers and other things should use murderous tools instead of politics employing diplomacy and skill.

Just as perfidious is an online Journal called „Kritiknetz“ by the former lecturer at Bielefeld University of Applied Sciences Heinz Gess, who also puts Compact Magazine and Konkret Magazine in the same line; Heinz Gess (2022): Stinkender Misthaufen? Zur Querfront in Putins Krieg [Stinking dung heap? To the transverse front (Querfront) in Putin’s war], in: Kritiknetz – Zeitschrift für Kritische Theorie der Gesellschaft, https://www.kritiknetz.de/images/stories/texte/Gess_Misthaufen.pdf. The editorial staff of Konkret had already taken a clear stance against Putin and the war on February 24, the day Russia’s illegal war of aggression against Ukraine began

„We do have no concrete understanding of Moscow’s power-political ambitions and the Russian push to smash the ‚Vladimir-Iljitsch-Lenin-Ukraine‘ (Vladimir Putin), nor is a commitment to the free-democratic world order of the West to be expected from this magazine, a Western world which always discovered his great love for peace when the West itself had not just started a war of aggression.” A “long version” of a statement (which came as a short version in issue 8/22) on the Konkret homepage also says:

“The discussion will be continued in the next issue – including an article on the development of Russian foreign policy over the past 20 years and on the question of how and when Vladimir Putin, who was trying to get closer to the West, became a chauvinist warlord. (…) 3. But why did the authors of the call for a boycott, although they were invited, not take part (anymore) in the discussion? They give two answers to this question – one untrue and one childish. The untrue:

‚In his (Lars Quadfasels) view, there has been less and less room for controversy and exchange lately. For the March issue, Quadfasel wrote a critical article on the subject. After that it shouldn’t have been possible anymore‘, he said on the Twitter page of the NDR media magazine ‚Zapp‘ in the context of an interview that ‚Zapp‘ had conducted there with Quadfasel. Konkret has obtained a cease-and-desist declaration against the NDR because of this obvious untruth (up to and including the May issue, Quadfasel published articles on the Ukraine war in Konkret); the broadcaster has removed the passage from the network. (…) Finally, one more thing: The Konkret boycotters have put the motto on the homepage on which they published their ‘declaration’ (contrast-medium.org): ‘Contrast medication are medicines that are not intended to cure or alleviate serve illnesses, but help to identify them.’ The metaphorical use of the term ‚illness‘ to label unpopular (political) opinions, and thus the pathologization of the political opponent, is fascist idiom“, Editorial Heft 8/22, Langfassung, https://www.konkret-magazin.de/727-editorial-heft-8-22-langfassung.

[14] For all these topics see the book by Gerald Grüneklee/Clemens Heni/Peter Nowak (2022): Nie wieder Krieg ohne uns… Deutschland und die Ukraine, Berlin: Edition Critic [Never again War without us… Germany and Ukraine], which was published in late July 2022.

[15] „Goldsmiths asks student union to begin antisemitism probe over Jewish lecturer slurs“, 19. Mai 2022, https://www.jewishnews.co.uk/university-opens-anitisemitism-probe-as-jewish-academic-called-far-right-supremacist/.

[16] https://mobile.twitter.com/DavidHirsh.

[17] „Amnesty International wirft Ukraine Völkerrechtsbruch vor. Die Unterbringung von Truppen in Wohngebieten habe die Zivilbevölkerung gefährdet, heißt es. Russische Medien instrumentalisieren den Bericht ihrerseits“ [“Amnesty International accuses Ukraine of violating international law. The accommodation of troops in residential areas has endangered the civilian population, it is said. Russian media exploit the report for their part”], August 5, 2022, https://www.derstandard.de/story/2000138043310/amnesty-international-wirft-ukraine-voelkerrechtsbruch-vor.

[18] „Hamas‘ use of human shields is a war crime“, May 13, 2021, https://torontosun.com/opinion/columnists/teich-hamas-use-of-human-shields-is-a-war-crime.

[19] „Bericht zu Pflegeheim-Angriff : Tote Zivilisten: UN machen Ukraine Vorwürfe“ [Nursing home attack report: Dead civilians: UN blames Ukraine], July 9, 2022, https://www.zdf.de/nachrichten/politik/kriegsverbrechen-zivilisten-un-bericht-ukraine-krieg-russland-100.html.

[20] „Putin sorry for Lavrov’s claim Hitler was part Jewish – Israel PM“, May 5, 2022, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-61339749.

[21] „OHCHR is concerned that in the course of hostilities, both Russian armed forces and affiliated armed groups as well as Ukrainian armed forces took up positions either in residential areas or near civilian objects, from where they launched military operations without taking measures for the protection of civilians present, as required under IHL.16 OHCHR is further concerned by reports of the use of human shields, which involves seeking to use the presence or movement of the civilian population or individual civilians to render certain points or areas immune from military operations. The use of human shields is specifically prohibited by article 28 of Geneva Convention IV and article 51(7) of additional protocol I”, June 29, 2022, https://www.ohchr.org/sites/default/files/documents/countries/ua/2022-06-29/2022-06-UkraineArmedAttack-EN.pdf.

[22] https://mobile.twitter.com/centre_as.

[23] I dealt with documents about the “not one inch” offer by James Baker, the Americans and Germany, Clemens Heni (2022): “Not one Inch”, Ukraine und NATO-Osterweiterung im Kontext oder: Amerika plante 1959 91 Atombomben auf Ost-Berlin zu werfen” … und die UdSSR wurde im Februar 1990 von Baker, Bush sen. und Kohl “ausgetrickst” [„Not one inch“, Ukraine and NATO eastward expansion in context or: America planned to drop 91 atomic bombs on East Berlin in 1959 … and in February 1990 the USSR was tricked out by Baker, Bush sen. and German chancellor Kohl], February 13, 2022, https://www.clemensheni.net/not-one-inch-ukraine-und-nato/; Jonathan Guyer (2022): “How America’s NATO expansion obsession plays into the Ukraine crisis. The post-Cold War debates shaping the current standoff with Russia“, January 27, 2022, https://www.vox.com/22900113/nato-ukraine-russia-crisis-clinton-expansion; Svetlana Savranskaya/Tom Blanton (2017): Declassified documents show security assurances against NATO expansion to Soviet leaders from Baker, Bush, Genscher, Kohl, Gates, Mitterrand, Thatcher, Hurd, Major, and Woerner. Slavic Studies Panel Addresses “Who Promised What to Whom on NATO Expansion?”, December 12, 2017, https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early; Mary Elise Sarotte (2010): Not One Inch Eastward? Bush, Baker, Kohl, Genscher, Gorbachev, and the Origin of Russian Resentment toward NATO Enlargement in February 1990. Diplomatic History, 34(1), pp. 119–140, http://www.jstor.org/stable/24916036; Mary Elise Sarotte (2021): Not One Inch. America, Russia, and the Making of Post-Cold War Stalemate, New Haven, CT: Yale University Press.

[24] https://londonantisemitism.com/about/.

[25] „‘The authors of The Black Book of Communism are part of a welcome change in the moral-philosophical landscape in Paris, and one hopes elsewhere, as a result of which liberal and left-of-center intellectuals, scholars and politicians judge the crimes of communist regimes with the same severity they’ve applied to those of Nazism and fascism.’—Jeffrey Herf, The Washington Post Book World”, reads the blurb by Herf for the book on the homepage of the publisher, Harvard University Press, https://www.hup.harvard.edu/catalog.php?content=reviews&isbn=9780674076082. For criticism of the Holocaust distorting Black Book of Communism see Jens Mecklenburg/Wolfgang Wippermann (Hg.) (1998): Roter Holocaust? Kritik des Schwarzbuch des Kommunismus [Red Holocaust? Criticism of the Black book of Communism], Hamburg: Konkret Literatur Verlag.

[26] It is very common to ignore Holocaust distortion via the Red equals Brown ideology, I dealt with it in the first issue of the Journal of Contemporary Antisemitism: Clemens Heni (2017): Antisemitism in the Twenty-First Century, Journal of Contemporary Antisemitism, Vol. 1, No. 1, pp. 1–9, here p. 3. DOI: 10.26613/jca/1.1.1, https://www.degruyter.com/document/doi/10.26613/jca/1.1.1/html?lang=en.

[27] Clemens Heni (2021): Antisemitismus im Zeitalter von Corona (BICSA Working Paper, Januar 2021 – Jubiläum, 10 Jahre BICSA) [Antisemitism in the Age of Corona], January 31, 2021, https://www.bicsa.org/allgemein/antisemitismus-im-zeitalter-von-corona-bicsa-working-paper-januar-2021-jubilaeum-10-jahre-bicsa/.

[28] https://londonantisemitism.com/conference-21st-century-antisemitism/.

[29] „KEY 01 – Opening Ceremony – World Health Summit 2021“, https://www.youtube.com/watch?v=OJFKBritLlc. See the discussion about that video and Corona gene therapy in Clemens Heni (2021a): Corona-Panikorchester in großen Nöten: ARD-Faktenfinder – “Gentherapie” – Ivermectin – Spotify – Onchozerkose [Corona panic orchestra in great need: ARD fact finder – „gene therapy“ – Ivermectin – Spotify – onchocerciasis], 02. Februar 2022, https://www.clemensheni.net/corona-panikorchester-in-grossen-noeten-ard-faktenfinder-gentherapie-ivermectin-spotify-onchozerkose/.

[30] Clemens Heni (2021b): Jenseits der Agitation im Tagesspiegel: Antisemitismus als einigendes Band? #allesdichtmachen, die CDU (Maaßen) und die “Schwarmintelligenz” der BASIS [Beyond the agitation in the daily Der Tagesspiegel: Is antisemitism common ground for critics of  Corona policies, like #allesdichtmachen, including remarks about Far Right politician Maaßen and the new party Die BASIS], 12. Mai 2021, https://www.clemensheni.net/jenseits-der-agitation-im-tagesspiegel-antisemitismus-als-einigendes-band-die-cdu-maassen/.

[31] Since 2021 we know that vaccinated people against SARS-CoV-2 are exactly as long and as intense contagious as not vaccinated people, as a major study of the Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in the US and the US Ministry of Justice have shown: “Transmission potential of vaccinated and unvaccinated persons infected with the SARS-CoV-2 Delta variant in a federal prison, July—August 2021“, November 19, 2021, https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.11.12.21265796v1.full-text. Every single differentiation between vaccinated and not vaccinated people is an Apartheid rule and has to end immediately. Since 2021 most people who died with or from Covid-19 were vaccinated.

[32] „Schwerer Vorwurf an Horst Seehofer (CSU): Politische Vereinnahmung von Forscher:innen in Geheimdokument?“[„Serious accusation against Horst Seehofer (CSU): Political appropriation of researchers in a secret document?“], 09. Februar 2021, https://www.fr.de/wissen/schwerer-vorwurf-an-horst-seehofer-csu-politische-vereinnahmung-von-forscherinnen-in-geheimdokument-90197291.html; „Wie bekommen wir Corona in den Griff?“ Internes Papier aus Innenministerium empfahl, den Deutschen Corona-Angst zu machen“ [„How do we get Corona under control?“ Internal paper from the Ministry of the Interior recommended making Germans afraid of Corona“], 11. April 2020, https://www.focus.de/politik/deutschland/aus-dem-innenministerium-wie-sag-ichs-den-leuten-internes-papier-empfiehlt-den-deutschen-angst-zu-machen_id_11851227.html.

[33] „Lockdown policy ‚madness:‘ Israeli scientist tells i24NEWS“, 31. Dezember 2020, https://www.i24news.tv/en/news/coronavirus/1609424065-lockdown-policy-madness-israeli-scientist-tells-i24news; Clemens Heni (2021c): Hope is in the air: the Israeli ‘Common Sense Model’ for Corona in context, 02. Januar 2021, The Times of Israel (Blogs), https://blogs.timesofisrael.com/hope-is-in-the-air-the-israeli-common-sense-model-for-corona-in-context/.

[34] Clemens Heni (2020): Yes, we can: Celebrate the End of Trump, November 8, 2020, The Times of Israel (Blogs), https://blogs.timesofisrael.com/yes-we-can-celebrate-the-end-of-trump/.

[35] https://fathomjournal.org/about-us/.

[36] https://fathomjournal.org/fathoming-the-intellectual-revolution-of-our-time-1-punch-a-terf-and-smash-the-zionists-misogyny-and-antisemitism-in-the-contemporary-western-left/.

[37] As early as May 2020, world leading epidemiologist Professor John P.A. Ioannidis from Stanford University in California, estimated the Infection Fatality Rate (IFR) of Covid-19 at 0.23 per cent. His study was submitted on May 13, 2000, a revised version resubmitted on September 13, 2000 and the paper was then accepted on September 15, 2020. The study was published as a WHO Bulletin on October 14, 2020, John P.A. Ioannidis (2020): Infection fatality rate of COVID-19 inferred from seroprevalence data, https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/340124/PMC7947934.pdf?sequence=1&isAllowed=y. Compare this to the IFR of the Influenza epidemic in the Federal Republic of Germany in 1969/70, which was at 0.29 per cent, see a study by co-workers at the now infamous Robert Koch-Institute (RKI) in Berlin, Udo Buchholz et al. (2016): Todesfälle durch Influenzapandemien in Deutschland 1918 bis 2009 [Deaths by Influenza pandemics in Germany 1918 through 2009]. Bundesgesundheitsblatt 59, pp. 523–536 (2016). https://doi.org/10.1007/s00103-016-2324-9. Not one of the useless and antidemocratic measures such as lockdowns, mask mandates, vaccination apartheid, isolation, quarantine, stop of international supply chains etc. were used and enforced in 1969/70. In August 2022, in Germany the Case Fatality Rate is 0.13 per cent, which is two to ten times higher than the epidemiologically important Infection Fatality Rate, as most people do not realize that they have Covid-19, do not see a doctor and have not really a serious problem with their cough, sniff or sore throat. The average age of death from (or with) Covid-19 from the beginning was 80+ years, it was even 82,5 years in 2021 in the UK, which is above life expectancy. A huge amount of official Covid deaths did not die because of the virus, but only with a positive test, while there were other reasons for the death, comorbidities for example.

[38] John Campbell (2022): Freedom of information discussion, January 20, 2022, https://www.youtube.com/watch?v=9UHvwWWcjYw; ONS Report (2022): COVID-19 deaths and autopsies Feb 2020 to Dec 2021, January 17, 2022, https://www.ons.gov.uk/aboutus/transparencyandgovernance/freedomofinformationfoi/covid19deathsandautopsiesfeb2020todec2021.  

[39] In Fathom she writes: „The admonition for Jews to reject Zionism, remain in Europe and fight for socialist revolution ended in horrific ‘special Jewish sorrows’. That the Marxist movement’s dogmatic universalism left a terrible legacy has never been acknowledged by subsequent generations of leftists—and has left a deep reservoir of unexamined guilt“ (emphasis by the author).

[40] In addition to articles and book chapters, historian Robert S. Wistrich (1945–2015) published the following books on the topic of the Left and antisemitism, including the relationship of universalism and particularism: Revolutionary Jews from Marx to Trotsky (1976); Trotsky: Fate of a Revolutionary (1979); Socialism and the Jews: The Dilemmas of Assimilation in Germany and Austria-Hungary (1982, on Marx and antisemitism ibid., pp. 25–26); From Ambivalence to Betrayal. The Left, the Jews and Israel (2012). See also Julius Carlebach (1978): Karl Marx and the Radical Critique of Judaism, London, Henley and Boston: Routledge & Kegan Paul; Edmund Silberner (1949): “Was Marx an Anti-Semite?,” Historica Judaica, 11 (April 1949); Robert Misrahi (1972): Marx et la question juive, Paris: Gallimard; for a discussion of Marx, antisemitism and the Left see in addition Clemens Heni (2013): Antisemitism: A Specific Phenomenon. Holocaust Trivialization – Islamism – Post-colonial and Cosmopolitan anti-Zionism, Berlin: Edition Critic, pp. 89–92, including a take on Marx and Bruno Bauer.

[41] Wolfgang Hildesheimer (1967): Denken auf eigene Gefahr. Ein Offener Brief an Peter Weiss über den Nahost-Konflikt [Think at your own risk. An open letter to Peter Weiss about the Middle East conflict], Die Zeit, July 28, 1967, http://www.zeit.de/1967/30/denken-auf-eigene-gefahr; Wolfgang Hildesheimer (1999): Briefe [Letters]. Herausgegeben von Silvia Hildesheimer und Dietmar Pleyer, Frankfurt am Main: Suhrkamp. On Hildesheimer’s criticism of Peter Weiss‘ Anti-Zionism see Clemens Heni (2018): Der Komplex Antisemitismus. Dumpf und gebildet, christlich, muslimisch, lechts, rinks, postkolonial, romantisch, patriotisch: deutsch [Complex antisemitism: dumb and educated, Christian, Muslim, left, right, post-colonial, romantic, patriotic: German], Berlin: Edition Critic, pp. 649–658. There I also quoted postcards that Adorno and Hildesheimer wrote to each other in August 1967, the first came from Adorno, where the critical theorist warmly thanked Hildesheimer for his criticism of Peter Weiss’s anti-Zionism in Die ZEIT, ibid., p. 654.

[42] Jean Améry (1976): Der neue Antisemitismus [The new antisemitism], Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums, Vol. 15., No. 59, pp. 7010–7014.

[43] Henryk M. Broder (1980): Danke schön. Bis hierher und nicht weiter [Thank you very much. Up to here and no further]. Mit Beiträgen von Detlef Hartmann, Ulrich Klug, Uwe Maeffert, Ulrich Vultejus, Hamburg: Konkret Literatur Verlag; Henryk M. Broder [1980]/(1982): Zur Demokratie angetreten – ein Volk macht Dienst nach Vorschrift [Stand still for democracy. A people embraces it’s call of duty], in: Lea Fleischmann (1982), Dies ist nicht mein Land. Eine Jüdin verläßt die Bundesrepublik. Mit einem Nachwort von Henryk M. Broder [This is not my country. A Jew leaves the Federal Republic. With an afterword by Henryk M. Broder] , 4. edition, Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag, pp. 251–272; Henryk M. Broder (1986): Der Ewige Antisemit. Über Sinn und Funktion eines beständigen Gefühls [The eternal antisemite. On the meaning and function of a constant feeling], Frankfurt am Main: Fischer.

[44] „We don’t like your love-song. Kritik des Antizionismus der Revolutionären Zellen – und anderer Linker heute“, January 2001, a scan of the brochure can be found here: https://clemensheni.net/wp-content/uploads/We-don-t-like-your-love-song-linker-Antisemitismus.pdf.

[45] Anthony Julius (2010): Trials of the Diaspora. A History of Antisemitism in England, Oxford/New York: Oxford University Press.

[46] Clemens Heni (2007): Salonfähigkeit der Neuen Rechten. ‚Nationale Identität‘, Antisemitismus und Antiamerikanismus in der politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland 1970–2005: Henning Eichberg als Exempel [Welcoming the New Right into the Salon. ‚National Identity‘, antisemitism and anti-Americanism in the political culture of the Federal Republic of Germany, 1970–2005: Henning Eichberg as an example], Marburg: Tectum, pp. 87–88. [doctoral dissertation, University of Innsbruck, Austria, July 2006].

[47] Hauke Brunkhorst (1987): Der Intellektuelle im Land der Mandarine, Frankfurt a. M. (Suhrkamp; edition suhrkamp)[Intellectuals in the Land of the Mandarin]. Meanwhile, Brunkhorst has mutated into an irrational ZeroCovid-Professor, he supports the fanatic ZeroCovid movement: Clemens Heni (2021d): Das Untier wird politisch – “zwei Epidemien”: “Corona und Coronarr”. Ulrich Horstmann attackiert den Coronawahnsinn [The beast becomes political – “two epidemics”: “Corona and Corona maniac”. Ulrich Horstmann attacks the Corona madness], 23. Juli 2021, https://www.clemensheni.net/das-untier-wird-politisch-zwei-epidemien-corona-und-coronarr-ulrich-horstmann-attackiert-den-coronawahnsinn/.

[48] Brunkhorst 1987, p. 2.

[49] Ibid., p. 77.

[50] Ibid., p. 10.

[51] Milosz Matuschek (2019): Voltaires Erben 2.0 oder Warum das Intellectual Dark Web so sehr fasziniert. Intellektuelle Nonkonformisten um Dave Rubin und Joe Rogan haben eine alte Tugend neu entdeckt: Endlosgespräche mit furchtlosen Zeitgenossen über kontroverse Themen, Thesen und Trends zu führen. Live und ungeschnitten, also unverfälscht. Das neue Format kommt an [Voltaire’s Legacy 2.0 or why the Intellectual Dark Web is so fascinating. Intellectual non-conformists around Dave Rubin and Joe Rogan have rediscovered an old virtue: having endless conversations with fearless contemporaries about controversial topics, theses and trends. Live and uncut, so unadulterated. The new format is cool], NZZ, 16.52019, https://www.nzz.ch/feuilleton/intellectual-dark-web-wieso-voltaires-erben-faszinieren-ld.1481641. The openness towards the New Right or left-wing conspiracy myths is typical of an appeal by Matuschek and his colleague, the YouTuber (WHAT a word and what a business model) Gunnar Kaiser, „Appeal for free debate spaces“, to which dozens of people then signed, which often appear in the mainstream media, on television or radio and at events, among the first signatories are also conspiracy ideologues on 9/11 such as Mathias Bröckers, https://idw-europe.org/; https://idw-europe.org/liste-der-unterzeichner/. For criticism of Bröckers see Ivo Bozic (2011): Mossad, wer sonst? Verschwörungstheorien zu den Anschlägen finden immer größeren Zulauf. Je absurder, desto beliebter [Mossad, who else? Conspiracy theories about the attacks are becoming increasingly popular. The more absurd, the more popular], 05. September 2011, Jüdische Allgemeine, https://www.juedische-allgemeine.de/politik/der-mossad-wer-sonst/:

“The conspiracy theorists are not only dependent on obscure esoteric publishers, such as Kopp-Verlag, which is particularly ambitious on the subject of September 11th, they also publish their books in well-known houses such as Piper, Westend and Knaur. And they always make it onto the bestseller lists, also because the book by Mathias Bröckers is hyped up in the German arts pages and by television magazines such as ‚Titel, Thesen, Temperamente‘ (ARD). Conspiracy theories about 9/11 are not only a phenomenon of left and right enemies of America and antisemites, but have firmly established themselves in the middle of society. They are all the more dangerous.”

[52] See also interesting information about Quillette here: https://rationalwiki.org/wiki/Quillette. The German Mainstream online cultural magazine „Perlentaucher“ (Pearl diver) obviously finds the New Right style agitation of Quillette rather thrilling, and the magazine reported several times enthusiastically about Quillette and quoted the New Right platform, https://www.perlentaucher.de/9punkt/2018-11-13.html?highlight=Quillette#a69378, like on November 13, 2018: „Ideas. Amelia Lester tells politico.com what the ‚Intellectual Dark Web‘ (IDW) is all about, a loose association of intellectuals and Silicon Valley entrepreneurs who oppose left-wing identity politics and claim values to advocate for enlightenment. Her favorite magazine is Quillette (from which The Pearl Diver has quoted several times), run by editor Claire Lehmann: This magazine ‚has at times received a massive repercussion on social media. Its authors have been thrown at everything from ‚clown‘ to ‚crypto-fascist‘. But fans of the site include pop psychologist Jordan Peterson, evolutionary biologist Richard Dawkins, Harvard psychology professors Steven Pinker and New York University’s Jonathan Haidt, and columnists such as David Brooks, Meghan Daum and Andrew Sullivan.“

[53] Eoin Lenihan (2019): It’s Not Your Imagination: The Journalists Writing About Antifa Are Often Their Cheerleaders, May 29, 2019, https://web.archive.org/web/20190529172934/https://quillette.com/2019/05/29/its-not-your-imagination-the-journalists-writing-about-antifa-are-often-their-cheerleaders/. Lenihan posted a video about an anti-Corona policy rally in the city of Ulm in the south-west of Germany in February 2022 on YouTube – „Spaziergang/Demonstration Ulm”, Germany – 25.2.22“, https://www.youtube.com/watch?v=ZopHQQXuKqs; as long as this scene does not distance itself from right-wing extremists or the New Right of any kind, something like this happens again and again, although of course people can always be present at a public demonstration or rally who, if they are not exactly as well-known as Jürgen Elsässer from the right-wing extremist Compact Magazine or convicted Holocaust denier Horst Mahler etc., run along unnoticed and then take over the action for themselves.

[54] „The day after it was published, the article made its way to notorious white supremacist forum Stormfront, and I soon found out what was meant by ‘further study.’ A few weeks after Lenihan had his big day out at Quillette, I got a message from a friend warning me about a weird video that had just popped up on YouTube. As the Columbia Journalism Review describes, the video showed ‘imagery of mass shooters intercut with images of the reporters mentioned by Lenihan under the heading ‘Sunset the Media.’ ’ My face was there, next to those of a dozen other writers, activists, and friends”, Kim Kelly (2019): Quillette’s “Antifa Journalists” List Could’ve Gotten Me Killed. What a harassment campaign reveals about a darling journal of the intellectual dark web, June 14, 2019, https://newrepublic.com/article/154205/quillettes-antifa-journalists-list-couldve-gotten-killed; Jared Holt (2019: Right-wing publications launder an anti-journalist smear campaign, June 12, 2019, https://www.cjr.org/analysis/quillette-antifa-journalist-smear-campaign.php. A supposedly equidistantly but de facto supportive article by Cathy Young about the New Right, Quillette and Lenihan’s baiting, Cathy Young (2019): Antifa, Quillette, and Media Bias. Who got smeared?, July 3, 2019, https://medium.com/arc-digital/antifa-quillette-and-media-bias-a6fa7652d38a shows the embarrassing journalism of our time. A week later Young had to admit that she had played down the right-wing role of Lenihan, but her focus was on the „extremism of Antifa“.

[55] I wrote a book about the pro-Israel stance of the original Marxist Critical Theory, Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse, Leo Löwenthal, and the anti-Zionist Erich Fromm, including chapters on Judith Butler’s anti-Zionism, Clemens Heni (2014): Kritische Theorie und Israel. Max Horkheimer und Judith Butler im Kontext von Judentum, Binationalismus und Zionismus [Critical Theory and Israel. Max Horkheimer, Judith Butler, Jewry, Bi-Nationalism and Zionism], Berlin: Edition Critic.

[56] For a scientific analysis and criticism of Rowling and the current transphobic discourse among left and liberal feminists, see a master’s thesis at the FU Berlin in sociology from December 2021: Braedyn Ezra Simon (2021): IT ISN’T HATE TO SPEAK THE TRUTH”: ANTI-TRANS (GENDER) POLITICS IN THE UK AND THE DEVELOPMENT OF THE GENDER CRITICAL FEMINIST MOVEMENT. A critical look into the colonial remnants of gender discourse, December 2, 2021, https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/32780.

[57] Alan Finlayson (2021): Neoliberalism, the Alt-Right and the Intellectual Dark Web, Theory Culture Society, Special Issue „Post-Neoliberalism?“, pp. 1–24, here p. 11.

[58] Clemens Heni (2020a): Die geistigen Brüder des Neonazis in Hanau: AfD, Merkelhasser, Don Alphonsos Agitation gegen „Kulturmarxismus“ [The spiritual brothers of neo-Nazis in Hanau: AfD, Merkel haters, Don Alphonso’s agitation against „cultural Marxism“], 20. Februar 2020, https://www.clemensheni.net/die-geistigen-brueder-des-neonazis-in-hanau-afd-merkelhasser-don-alphonsos-agitation-gegen-kulturmarxismus/.

[59] Finlayson 2021, p. 12.

[60] WHO (2022): „Global excess deaths associated with COVID-19 (modelled estimates)“, May 5, 2022 (Update), https://www.who.int/data/sets/global-excess-deaths-associated-with-covid-19-modelled-estimates.

[61] Imogen Richards/Callum Jones (2022): Quillette, Classical Liberalism, and the International New Right, in: A. James McAdams/Alejandro Castrillon (Hg.), Contemporary Far-Right Thinkers and the Future of Liberal Democracy, London/New York: Routledge, pp. 121–148, here p. 145. In the text, the two authors characterize Nietzsche in a typically vulgar Marxist tradition and contrary to empiricism as anti-enlightenment and right-wing. In fact, Nietzsche was an anti-German and friend of the Jews. Imogen Richards has also written a scientifically questionable text on neoliberalism and the Corona pandemic that is just as little empirical as his false characterization of Nietzsche, where he factually misrepresents Sweden and speaks badly about the rational response in that Scandinavian country, Imogen Richards (2022a): Neoliberalism, COVID-19 and conspiracy: pandemic management strategies and the far-right social turn, Justice, Power and Resistance • vol 5 • no 1-2 • pp. 109–126, here p. 114. The fact that Sweden has less than half as much excess mortality as Germany, a heartland of the ZeroCovid madness, precisely because of its more liberal, epidemiologically more sensible policy, is of course not mentioned in this text.

[62] Murtaza Hussain (2018): The Far Right Is Obsessed with a Book About Muslims Destroying Europe. Here’s What It Gets Wrong. Rather than declaring the continent “dead,” it might be worth considering that every generation faces unique challenges, 25. Dezember 2018, https://theintercept.com/2018/12/25/strange-death-of-europe-douglas-murray-review/.

[63] https://mobile.twitter.com/renegade_kathy.

[64] Clemens Heni (2017): Jews should stop supporting the Alt-Right and the enemies of the Jewish people, The Times of Israel (Blogs), November 18, 2017, https://blogs.timesofisrael.com/jews-should-stop-supporting-the-alt-right-and-the-enemies-of-the-jewish-people/; Clemens Heni (2018): Kenneth L. Marcus’ Oxymoron: Trump and Civil Rights, March 12, 2018, The Times of Israel (Blogs), https://blogs.timesofisrael.com/kenneth-l-marcus-oxymoron-trump-and-civil-rights/; Clemens Heni (2019): Why is Germany’s Best Known Jewish Journalist Giving Speeches to Its Holocaust-Downplaying, Far-Right Party? February 4, 2019, Tablet Magazine, https://www.tabletmag.com/sections/news/articles/jewish-journalist-defending-german-far-right. Clemens Heni (2019a): “Please give me some latkes before you kill me”: Jews and neo-Nazis in Germany, February 11, 2019, https://www.clemensheni.net/please-give-me-some-latkes-before-you-kill-me-jews-and-neo-nazis-in-germany/: “Our climate is in trouble. Both the climate and climate change as well as the political climate, the political cultures of our societies. My piece about journalist Henryk M. Broder on Tablet Magazine on Monday, February 4, has created some noise among the Far Right. That is no surprise and indicates the importance of the article.“

[65] Gad Granach (1997)/19985: Heimat los ! Aus dem Leben eines jüdischen Emigranten. [Without homeland. The life of a Jewish emigrant], recorded by Hilde Recher, Augsburg: Ölbaum Verlag, pp. 147–149.

[66] In times of the Corona pandemic and the pandemic turn, the Antifa movement in Germany has proven to be particularly aggressive, irrational and totalitarian – slogans like „we vaccinate you all“ testify to their willingness to use violence. Whether the Antifa movement acted similarly irrationally internationally, in Australia, the US, UK, France etc. would be worth a closer examination; Clemens Heni (2021e): “Wir impfen euch alle!” – Berliner Antifa zeigt ihr wahres Gesicht – ECHTE Antifas sind entsetzt [“We vaccinate you all!” – Berlin Antifa shows their true colors – real Antifa people are appalled], March 14, 2021, https://www.clemensheni.net/wir-impfen-euch-alle-berliner-antifa-zeigt-ihr-wahres-gesicht-echte-antifas-sind-entsetzt/.

 

Nie wieder Krieg ohne uns … Deutschland und die Ukraine

Juli 2022

Gerald Grüneklee | Clemens Heni | Peter Nowak

Nie wieder Krieg ohne uns

Deutschland und die Ukraine

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)/
Studien zum Rechtsextremismus und zur Neuen Rechten, Band 3

Softcover | 174 S. | 17 x 24 cm | ISBN 978-3-946193-38-8 | 20€ | Buchklappen

Inhaltsverzeichnis

Leseprobe

Antisemitismus im Jahr 2022: Vier Beispiele (BICSA Working Paper, Mai 2022)

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Das folgende Working Paper versucht an vier aktuellen Beispielen zentrale Erscheinungsformen des heutigen Antisemitismus zu analysieren. Hier werden der sehr akute, gegen Israel gerichtete Antizionismus gleichermaßen wie eher unterbelichtete Formen der Erinnerungsabwehr, des sekundären Antisemitismus, sowie der weit verbreitete Antijudaismus herangezogen. Zudem werden der Ukraine-Krieg sowie die Coronapolitik dazu in Beziehung gesetzt und mit Facetten der politik- und sozialwissenschaftlichen wie historischen, kulturwissenschaftlichen und philosophischen Antisemitismusforschung analysiert. Das Ziel ist, komplexe Sachverhalte auf verständliche Weise darzustellen und zu kritisieren, ohne gleichwohl einem allzu gerne gefrönten Ressentiment gegen den Elfenbeinturm Vorschub zu geben.

1. Ukraine, Holocaustverharmlosung, „Vernichtungskrieg“ und „Zivilisationsbruch“

Einer der stellvertretenden CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag, Johann Wadephul aus Schleswig-Holstein, sprach am 22.04.2022 im ZDF-Morgenmagazin über einen Antrag der CDU/CSU im Bundestag für die Lieferung von schweren Waffen für die Ukraine (wer wirklich gute Nerven hat, kann sich das in der Mediathek anschauen). Am 28.04.2022 beschloss der Bundestag mit großer Mehrheit die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine. Damit ist Deutschland seit 1945 das erste Mal wieder im Krieg gegen Russland. Die Ukraine hat schon angekündigt, auch Ziele in Russland anzugreifen, damit wäre Deutschland Teil eines Angriffskrieges auf das Territorium Russlands.

In diesem knapp fünfminütigen Gespräch im ZDF, das pars pro toto für die aktuelle deutsche Ideologie steht, verharmlost dieser CDU-Politiker den Holocaust auf bemerkenswerte Weise. Er verwendet erstens das Wort „Vernichtungskrieg“, um den ganz normalen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der sich um gar nichts vom Angriffskrieg auf Jugoslawien von der NATO und Deutschland 1999 oder von den USA und ihren Verbündeten 2003 im Irak, von Saudi-Arabien bis heute im Yemen und von unzähligen weiteren Kriegen seit 1945 unterscheidet, zu dämonisieren. Es würde was ganz besonders Schreckliches in der Ukraine passieren. Und dann verwendet dieser zwar sicher nicht sonderlich gebildete, aber doch immerhin mit einer enormen Machtfülle ausgestattete CDU-Politiker gar das Wort „Zivilisationsbruch“, der von Russland und Putin in der Ukraine verbrochen werden würde:

Es ist nicht nur ein rechtswidriger Angriffskrieg, sondern ein Zivilisationsbruch sondergleichen.

Weiter fabuliert der CDU-Großagitator unwidersprochen vom ZDF-Moderator:

Die Freiheit Deutschlands und Europas wird zur Zeit in der Ukraine verteidigt.

Das ist natürlich pure faktenfreie Propaganda. In der Ukraine wird überhaupt nichts verteidigt, außer eben der Ukraine. Wenn jemand eine Gefahr für Europa darstellt, dann ist es die Ukraine mit ihren Tausenden Neonazis, die schwer bewaffnet und politisch gut vernetzt sind. Sollte die Ukraine in die EU aufgenommen werden, hätte die EU nicht nur einen extrem korrupten Oligarchenstaat an der Backe, sondern auch diese brutalen Extremisten.

In dem Vortrag „Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute“ von 1962, den der Soziologe und Philosoph Theodor W. Adorno vor dem Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit hielt, geht es um „Krypto-Antisemitismus“.[1] Es geht um das Gerücht, das Tuscheln, aber es geht auch um die Erinnerungsabwehr, daher der von Adornos Mitarbeiter Peter Schönbach kreierte Begriff „sekundärer Antisemitismus“.[2] Was damals „Dresden“ war ist heute „die Ukraine“:

Beispiel: das beliebte Schema des Aufrechnens; daß es zwar wahr sei, soundso viele Juden wären umgebracht worden; ‚Krieg‘ – so wird einem dann bedeutet – ‚sei Krieg, dabei flögen eben Späne, aber Dresden wäre doch auch entsetzlich gewesen‘. Kein Vernünftiger wird das bestreiten, wohl aber das ganze Schema des Denkens, die Vergleichbarkeit von Kriegshandlungen mit der planmäßigen Ausrottung ganzer Gruppen der Bevölkerung.“[3]

Ja, mehr noch: Von der Kollaboration ukrainischer Antisemiten und Judenmörder ist von dem CDU-Typen nichts zu hören. Dabei stehen in Dutzenden Städten in der Ukraine Büsten, Statuen oder Denkmäler zu Ehren solcher Antisemiten. Viele Straßen und Plätze sind nach ihnen benannt. Nehmen wir Yaroslav Stetsko als Beispiel. Zu seinen Ehren steht in der Großstadt Ternopil, ca. 130 km südöstlich von Lwiw („Lemberg“, früher Galizien), eine Büste. Wer war Stetsko? Ich komme gleich auf ihn zurück.

Verharren wir erst einmal kurz bei dem CDU-Politiker. Was motiviert ihn, den Vernichtungskrieg der Deutschen mit dem ganz normalen Krieg gerade Russlands zu analogisieren? Es liegt nahe, unterbewusst genau jene antisemitische Denkweise zu erahnen, die eben aufrechnet und damit erstens den Holocaust verharmlost und in die ganz normale Geschichte von Kriegen einbettet und zweitens somit eine stabilere deutsche nationale Identität zulässt – wenn doch andere überhaupt nicht besser sind als die Nazis damals.

All das fällt niemand mehr auf, der Mainstream stoppt solche Agitation nicht nur nicht, sondern befördert sie tagtäglich mit solchen Sendungen, den die Demokratie täglich mehr zerbröselnden, so einseitigen wie unwissenschaftlichen Talkshows, und den a-sozialen Medien vorneweg.

In diesem Fall hat die CDU mit solchen Statements Scholz und die SPD vor sich hergetrieben und am heutigen Donnerstag, 28.04., weilt der Kanzler in Japan, während der Bundestag das erste Mal in seiner Geschichte de facto einen Krieg an Russland erklärt. Was für ein historisches Versagen von Olaf Scholz und fast aller Deutschen. Scholz ist für diese seit 1945 nie dagewesene Kriegsbegeisterung, dafür waren die Deutschen ja zuvor schon berüchtigt, dankbar, wie für nichts in seinem Leben, wie es scheint:

Das Treffen der NATO auf dem US-Stützpunkt Ramstein vor wenigen Tagen unterstreicht, dass sich Deutschland, Amerika und fast der ganze Westen als Kriegstreiber verstehen. Die restliche Welt – also die übergroße Mehrzahl der Weltbevölkerung! – allerdings überhaupt nicht. Der Großteil der Weltgemeinschaft, China, Indien, Brasilien, Mexiko, Nigeria, ja ganz Mittel- und Südamerika, ganz Afrika, ganz Nahost (Israel ist gespalten, aber nicht so aggressiv gegen Russland wie Europa oder die USA) und ganz Asien (außer Japan) machen bei der Dämonisierung Russlands nicht mit, ohne den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands zu verharmlosen.

Die fünf Milliarden Euro, die der Westen, vor allem die USA, an Kriegsmaterial für die Ukraine bereitstellen, sind ein Freudenfest für die Rüstungsindustrie und werden noch mehr Menschen in der Ukraine töten. Diplomatisch wird der Krieg beendet, mit Waffenlieferungen wird er verlängert und Deutschland wie die USA und alle anderen – außer der Schweiz, die jetzt nicht mitmacht und keine Munition liefert für die deutschen Panzer – kokettieren auch ganz perfide und gezielt mit Provokationen und einem Atomkrieg oder dritten Weltkrieg.

Dabei ist der Angriff Russlands auf die Ukraine zwar klar völkerrechtswidrig, aber das war der Irak-Krieg auch und das ist der aktuelle und viel mörderischere Krieg im Jemen (u.a. von Saudi-Arabien) auch, ohne jeden Aufschrei in Europa, die Opfer sind aber auch keine weißen blonden Frauen. Und entscheidend ist nun mal, wer stirbt und wer dafür verantwortlich ist. Wenn dunkelhäutige, jedenfalls nicht europäische (Australien, Neuseeland, Amerika und Kanada zählen als Ableger von Europa) Menschen in Nahost oder Afrika in Kriegen getötet werden, dann ist das keinen Aufschrei wert, Saudi-Arabien ist ja ohnehin schon ein extremer Waffenimporteur und zahlt auch gut, vor allem aber sind die Opfer weit weg und es sind keine Weißen.

Also ist der Krieg im Jemen kein Skandal, sicher gibt es auf Arte mal eine Doku zum Thema, aber keine Brennpunkte, keine Treffen in Ramstein oder Washington, D.C. Es geht um den Kapitalismus in der Ukraine, der muss mit aller Gewalt fest in westlicher Hand bleiben, Korruption hin oder her, und es geht um eine Umschreibung der Geschichte. Endlich kann das einzige Land, das wirklich mit unfassbarer Kraft und unbeschreiblichen Verlusten gegen Nazi-Deutschland kämpfte, selbst mit den Nazis in eine Linie gesetzt und ein neues Nürnberger Tribunal (heute z.B. in Den Haag) geplant werden.

Russland ist das größte Land Europas. Jetzt wird massiv daran gearbeitet, Russland und alle außerhalb Russlands lebenden Russinnen und Russen zu diffamieren und ökonomisch, sozial, kulturell auszuschließen. Es werden Konzerte mit Musik von Tschaikowsky abgesagt und Dirigenten entlassen, wenn sie nicht den Kopf von Putin gefordert haben. Diese antirussische Hetze muss umgehend aufhören.

Es muss auf diplomatischem Wege verhandelt werden. Die Ukraine muss über den Status der Ostukraine verhandeln und erklären, dass ihr militärischer Kampf gegen offenkundig Abtrünnige, der seit 2014 über 14.000 Menschenleben gekostet hat, verloren ist und es um eine Autonomie von Luhansk und Donezk gehen muss. Die Krim hat sich bereits vor Jahren in einem Referendum zu Russland bekannt, was nicht weiter verwundert, wenn man historisch argumentiert und daran erinnert, dass die Krim der Sowjetrepublik Ukraine 1954 „geschenkt“ wurde, also willkürlich Teil des Staatsgebietes wurde, nachdem es zuvor 170 Jahre russisch war und heute wieder russisch sein möchte.

Der Kern aber des Konflikts ist die Aggression durch NATO Manöver in der Ukraine seit Jahren. Der Putsch von 2014, der von den USA massiv unterstützt wurde, brachte die Ukraine endgültig auf einen ethnonationalistischen Kurs. Das heißt nicht, dass Putin und Russland nicht ebenso Ethnonationalismus betrieben und mit Dugin einen Heidegger affinen rechtsextremen Vordenker haben, der ideologisch den Kreml befeuert. Doch in Deutschland wie den USA und Europa wird der Konflikt völlig einseitig dargestellt, ein Schwarz-Weiß-Denken wie zu Zeiten des Kalten Krieges reaktiviert. Ukraine=gut, Russland=böse. Und so einfach ist die Welt nicht. Wer von dem Versprechen der USA und von Helmut Kohl, die NATO würde sich „keinen inch“ ostwärts ausbreiten nach 1990, nicht reden will, soll vom Ukrainekrieg schweigen.

Es muss um einen sofortigen Waffenstillstand gehen. Verhandlungen sind das Gebot der Stunde. Was aber macht der Westen? Er torpediert jede Verhandlung, indem er sich vollständig (sofort oder bis 2027) von russischem Öl oder Gas unabhängig machen will. Damit soll Russland tatsächlich komplett von Europa entfernt werden, so wie die offenbar in Kategorien von Sippenhaft denkenden Verantwortlichen des Tennisturniers in Wimbledon, die alle russischen und weißrussischen (!) Sportler*innen ausgeschlossen haben. Auch die UEFA und FIFA haben Russland ausgeschlossen, ja fast alle Sportverbände haben die Russen ausgeschlossen. So beendet man den Krieg in der Ukraine keine Sekunde eher, doch damit wird Vertrauen zerstört und regelrechter Hass auf alle Russen und alles Russische in einem seit 1945, selbst zu Zeiten des Kalten Krieges nicht dagewesenen Maß geschürt.

Die Ukraine muss unmissverständlich klar machen, dass sie sich von Holocausttätern, für die Denkmäler gebaut wurden, distanziert, dass sie nie in die NATO aufgenommen werden möchte und als Brückenland zwischen Russland und dem westlichen Europa fungieren könnte. Dafür gibt es Sicherheitsgarantien von Russland, die international abgesichert werden.

Auch der Angriffskrieg Deutschlands und der NATO gegen Serbien 1999 war ein Verbrechen. Es war ein doppeltes Verbrechen, erstens an der Bevölkerung in Serbien und zweitens an der Erinnerung an Auschwitz, das auf widerwärtige Weise vom damaligen (wie heute: grünen) Außenminister instrumentalisiert, ja in seinem Kern geleugnet wurde.

Diese Leute im Gefolge des US-Außenministers Austin wollen nicht etwa das Ende des Krieges in der Ukraine, sondern – völlig wahnsinnig – einen Sieg der Ukraine. Jeder Panzer, jedes Maschinengewehr und jede Flugabwehrrakete wird mehr Menschen in der Ukraine töten. Also will die deutsche Bundesregierung, dass noch mehr Menschen in der Ukraine sterben. Und natürlich will sie Russen töten, das ist eh klar. Deutschland will wieder Russen töten, das muss man sich klar machen, 77 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus. Die Rote Armee kämpfte gegen die ukrainischen Nationalisten und Antisemiten, die Teil von SS-Divisionen waren und der Wehrmacht halfen, Juden und Polen zu massakrieren. Die deutschen Waffen sollen auch helfen, die Denkmäler, die es in der ganzen Ukraine zu Ehren dieser Antisemiten und Holocaustbeteiligten gibt, zu schützen, denn das ist eine Konsequenz der militärischen Unterstützung dieses Landes.

Die jüdische Zeitung Forward hat eine umfangreiche Forschung des Journalisten Lev Golinkin publiziert, wo er das Gedenken an Antisemiten, Nazikollaborateure und Judenmörder weltweit dokumentiert. Die Ukraine hat ein besonders langes Kapitel. So heißt es über Stetsko:

Ternopil — A bust of the genocidal Yaroslav Stetsko (1912–1986), who led Ukraine’s 1941 Nazi-collaborationist government which welcomed the Germans and declared allegiance to Hitler. A rabid antisemite, Stetsko had written “I insist on the extermination of the Jews and the need to adapt German methods of exterminating Jews in Ukraine.” Five days prior to the Nazi invasion, Stetsko assured OUN-B leader Stepan Bandera: “We will organize a Ukrainian militia that will help us to remove the Jews.”

Das war die Ideologie des Vernichtungskrieges. Da mordeten die Wehrmacht, andere Nazi-Einheiten wie die SS oder die Einsatzgruppen Hand in Hand mit ukrainischen Nationalisten um Bandera (Organisation ukrainischer Nationalisten, OUN-B) oder Melnyk (OUN-M). Auch solche Denkmäler sollen jetzt mit deutschen Panzern und Geschützen verteidigt werden.

Es ist falsch, wenn Putin oder Russland von einem „Genozid“ im Donbass reden, genauso falsch wie die Rede von einem Genozid an den Ukrainern. Es ist aber für die politische Kultur der Ukraine schockierend, dass dort nach Antisemiten und Mördern, die nachweislich am Holocaust beteiligt waren, Denkmäler in der heutigen Ukraine errichtet wurden – fast alle seit Anfang der 1990er Jahre, als die heutige Ukraine entstand.

Aktuell im Kampf um Mariupol hat Putin die russische Armee und ihre Verbündeten angewiesen, das von ukrainischen Kämpfern gehaltene Stahlwerk nicht zu stürmen, sondern den Bewaffneten wie einigen dort verschanzten Zivilisten die Möglichkeit zu geben, sich zu ergeben. Das ist kein Vernichtungskrieg.

Im ZDF aber darf der CDU-Politiker eine direkte Linie vom Holocaust zum heutigen, alles nur nicht auf die Vernichtung der Bevölkerung gerichteten Krieg Russlands ziehen:

Auf dem Gebiet der Ukraine ist der Angriffskrieg von Hitler-Deutschland gegen die Sowjetunion mit besonderer Brutalität und Härte geführt worden.

Es ist exakt dieses oben analysierte Aufrechnen, das der CDU-Politiker hier betreibt. Das ist sekundärer Antisemitismus nach Adorno.

Da redet der Nicht-Historiker von der CDU von einem „Angriffskrieg“, doch das war tatsächlich der Vernichtungskrieg. Und bei diesem Vernichtungskrieg und im Holocaust waren gerade die Ukrainer aktiv beteiligt und enge Nazi-Kollaborateure. Nach einigen dieser Massenmörder sind heute in der Ukraine Straßen und Plätze benannt, nicht nur nach Stepan Bandera, dem bekanntesten Nazi-Kollaborateur und Antisemiten, sondern auch nach Roman Shukhevych, ukrainischer Nationalist und Massenmörder bei der Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA), Roman Rudiy, Mitglied der SS-Division Galizien, Yaroslav Stetsko, Kopf der ukrainischen Regierung, die mit der Wehrmacht und den Nazis zusammenarbeitete.

Im März 2021 wurde ein Fußballstadion in der Stadt Ternopil nach Roman Shukhevych benannt, was zu einem Protest des Simon Wiesenthal Centers bei der FIFA und zu einem Aussetzen der städtepartnerschaftlichen Kooperation mit der polnischen Stadt Zamość führte. Heute: alles vergessen, Waffen für die Ukraine!

Der Historiker Per A. Rudling hat den Antisemitismus, die völkische Purifikationsideologie („Ukraine den Ukrainern“) und die Pro-Nazi-Ideologie in einem wissenschaftlichen Aufsatz analysiert:

[The OUN periodical] Visnyk subscribed to a conspiratorial worldview. It perceived Bolshevism as a tool of Jewish dominance. The United States, as well as the Soviet Union, were controlled by Jewry, nationalist ideologues argued, and Jewish interests were setting Britain, France, and the United States against Nazi Germany. Referring to the United States, Visnyk spoke of “120 million Aryans over the ocean, under the yoke of Israel.” When Mussolini introduced anti-Semitic legislation in 1938, Visnyk approvingly cited the “practical realization” of the “Jewish question” in Fascist Italy. Nationalist intellectuals like Dontsov and Martynets presented the OUN with a racial theory.

Their repeated rejection of assimilation suggests that the OUN had internalized and “wholeheartedly accepted” a full- fledged, racial, anti-Semitic discourse by the late 1930s.36 The OUN described the 1918–1919 pogroms during the civil war in Ukraine as part of a “social liberation struggle.” Radicalized over the 1930s, anti-Semitism became particularly prominent between 1939 and 1943, reaching a high point in 1941–1942.

Leading members of the Bandera wing wanted Ukrainian Jews killed or removed, and offered to participate in the process. 39 In April 1941, the OUN(b) declared that they “combat Jews as supporters of the Muscovite-Bolshevik regime.” Its propaganda directives in the following month demanded the destruction of the Jews: “Ukraine for the Ukrainians! . . . Death to the Muscovite-Jewish commune! Beat the commune, save Ukraine!”

Soviel zu Stepan Bandera, seinem und der OUNs Antisemitismus. Warum der ukrainische Botschafter Melnyk, der am Grab von Bandera in München Blumen niederlegte und die Neo-Nazi Militärs der Asow-Einheiten feiert, ja sich Kritik verbittet und zugleich ein großer Fan des Antisemiten Bandera ist, weiterhin Botschafter in diesem Land sein darf, ist ein Rätsel. Zu normalen Zeiten wäre ein solcher Pöbler längst ausgewiesen worden. Aber die Politik von Scholz entspricht ja der Agitation des ukrainischen Botschafters, auch wenn der am liebsten Atomraketen hätte oder wenigstens das Verbot der russischen Sprache auf deutschen Schulhöfen etc.

Der Forward betont, dass auch in Deutschland weiterhin Krankenhäuser, Seenotrettungsschiffe, Straßen, Plätze oder Universitäten nach NS-Kriegsverbrechern und Antisemiten benannt sind wie nach Alfried Krupp von Bohlen und Halbach. Das war der letzte Krupp als Leiter des Krupp Konzern. Wegen Sklavenarbeit bei den Krupp-Werken, wo er ab 1943 alleiniger Chef war, wurde er in den Kriegsverbrecherprozessen 1947 zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt, aber 1951 von den Amerikanern begnadigt.

Seit 1931 war Alfried Krupp (1907-1967) ein eifriger Nazi und Förderer der Schutzstaffel (SS), seit 1938 Mitglied der NSDAP. Als er im Februar 1951 vorzeitig entlassen wurde, gab es Jubelstürme in Essen und er konnte zurück in die Villa Hügel fahren, wo er aufgewachsen war. Dass diese Villa eines Hauptkriegsverbrechers nicht enteignet und den Opfern der Politik der Krupp-Familie übergeben wurde, das ist symptomatisch für das Beschweigen und tatkräftige Beklatschen von Nazis in der frühen Bundesrepublik Deutschland, die ein post-nationalsozialistischer Staat war, der seine eigenen Verbrechen beschwieg und affirmierte.

Heute heißen zum Beispiel folgende Einrichtungen nach Alfried Krupp von Bohlen und Halbach:

Das Alfried-Krupp-Wissenschaftskolleg Greifswald, das Alfried Krupp Krankenhaus in Essen, der Seenotrettungskreuzer Alfried Krupp, ein Lehrstuhl für Unternehmens- und Kapitalmarktrecht der Bucerius Law School sowie das Alfried Krupp College auf dem Campus der Jacobs University Bremen sind nach ihm benannt.

Der Forward-Artikel erwähnt noch weitere Nazis, nach denen Straßen oder Plätze etc. in Deutschland benannt sind, bis heute:

The country is strewn with streets honoring Wernher von Braun, who built rockets used to kill civilians in Allied nations; more than 10,000 concentration camp prisoners died constructing these weapons.

There are also streets named for Friedrich Flick, whose steel empire was built on the expropriation of Jewish businesses; Max Ilgner, an executive for IG Farben which produced the Zyklon B gas for the Auschwitz gas chambers; Albert Reinmann Jr., whose plants abused prisoners to the point where even the local Nazi Party office had to step in; and Ferdinand Sauerbruch, who headed the medicine branch of the Third Reich office responsible for authorizing horrific experiments on concentration camp inmates.

Oder denken wir an den Nazi, SS-Mann und Ariseur Hans Martin Schleyer, nach dem in Stuttgart eine Halle und in Esslingen am Neckar eine Brücke benannt sind.

Von all dem spricht der CDU-Politiker natürlich nicht. Er verharmlost aber Auschwitz und den Holocaust wie in Babi Yar unweit von Kiew, wenn er heute bei einem ganz normalen, schrecklichen, aber eben typischen Krieg wie im Blutdurst von einem „Zivilisationsbruch“ daherredet. Wadephul ist ganz stolz auf die deutsche Rüstungsindustrie, die sofort Panzer und schwere Waffen in die Ukraine liefern könnte – wäre Olaf Scholz bislang nicht so zögerlich in dieser Hinsicht.

Es ist ähnlich schockierend, dass da ein ZDF-Journalist bei der antisemitischen Rede vom „Zivilisationsbruch“, der hier und heute in der Ukraine geschehe, nicht abbricht oder die Frage stellt, ob dieser CDU-Mann überhaupt weiß, was der Zivilisationsbruch war. Denn das weiß dieser CDU-Politiker aus Schleswig-Holstein offenkundig nicht. Sonst wüsste er ob der Differenz von industriellem Massenmord an einem Volk, dem Töten um des Töten Willens in der Shoah, dem sechs Millionen Juden den Deutschen und ihren willigen Helfern wie in der Ukraine zum Opfer fielen, und einem ganz typischen Krieg.

Wer angesichts dieses ganz normalen Krieges, der nicht anders abläuft – eher harmloser – denn der Vietnam-Krieg oder der Irak-Krieg der Amerikaner oder ganz aktuell der äußerst blutige Krieg im Jemen, der schon bis zu 300.000 Tote gefordert hat, völlig durchdreht und von „Zivilisationsbruch“ daherredet, ist eine Gefahr für die Demokratie und die Holocausterinnerung.

Im Krieg herrscht Gewalt, aber vor allem geht es um Interessen. Es geht um Expansion, um Macht und Herrschaft.

Im Holocaust ging es weder um Interessen, noch um Expansion, Macht oder Herrschaft. Es ging um die Vernichtung der europäischen Juden. Jegliches Vertrauen in die Rationalität eines Kriegsteilnehmers wurde dort dementiert. Entgegen jeder Kriegslogik wurden die Juden vernichtet. Nichts auch nur im kleinsten Ansatz Vergleichbares passiert aktuell in der Ukraine oder im Jemen etc.

Es ist obszön, infam, unerträglich wie hier dieser CDU-Politiker Auschwitz verharmlost und das ZDF sendet es ohne Widerspruch, dem ZDF-Moderator ist es nur etwas zu vorschnell, dass die Deutschen ausgerechnet „Panzer“ liefern wollen, was doch nicht mal die Amerikaner, Franzosen oder Briten täten. Aber mit den Worten „Vernichtungskrieg“ und „Zivilisationsbruch“ hat der ZDF-Mann kein Problem, sonst hätte er da nachgehakt oder – wäre er konsequent – wegen antisemitischer Verharmlosung von Auschwitz dem CDU-Mann den Saft abgedreht.

Was unterscheidet Auschwitz, Sobibor, Treblinka und den Holocaust von allen anderen Verbrechen in der Geschichte der Menschheit? Dass sie mit jeglicher zivilisatorischen Gewissheit gebrochen haben. Sklaven wussten, dass sie am Leben bleiben, wenn sie sich so oder so verhalten, Kriegsteilnehmer konnten damit rechnen, gefangen genommen zu werden. Auch die auf geradezu widerwärtige Weise instrumentalisierten „Vergewaltigungen“, die dieser CDU/CSU-Vize hier erwähnt, sind bekanntlich in jedem Krieg Teil der Gewalt. Das ist kein Zivilisationsbruch.

Was war der Zivilisationsbruch? In diesem Band von 1988 steht:

Und indem Menschen der bloßen Vernichtung wegen vernichtet werden konnten, wurden auch im Bewußtsein verankerte Grundfesten unserer Zivilisation tiefgreifend erschüttert – ja gleichsam dementiert.

Weiter heißt es im Vorwort des Herausgebers Dan Diner:

Nicht die wirklichkeitsgetreue Rekonstruktion des Menschheitsverbrechens, sondern anhand des eingetretenen Dementis von auf Selbsterhaltung und Überleben gerichteten Denk- und Handlungsformen wird der Bruch offenbar, den Auschwitz zivilisatorisch tatsächlich bedeutet.

Die Journalistin Claudia Mäder sieht in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) die Inflation der maximalen verbalen Verdammung sehr kritisch. Treffend und ziemlich fassungslos geht sie auf ein Video der deutschen Bundesregierung von November 2020 zu Zeiten der Corona-Krise ein, wo ein alter Mann rückblickend diese Zeit des Rumlümmelns auf dem Sofa – dem totalitären Lockdown! – wie als Erinnerung an den „Krieg“ gegen Corona beschreibt. Und da als erster wohl der französische Präsident Macron vom „Krieg gegen ein Virus“ schwadronierte, ist es jetzt angeblich zu wenig, das, was Russland aktuell macht, einfach nur „Krieg“ zu nennen. Dabei war bis März 2020 Krieg eigentlich schon schlimm genug.

Und, ja, die russische Polizei kontrolliert sehr wohl, was die Leute so chatten oder welche Kanäle und Seiten sie in der Chronik haben etc. Auf der anderen Seite hat der andere Vladimir (Selenskyi) Oppositionsparteien verboten und Medien gleichgeschalten. Welche deutschen Medien und welche Politiker*innen der Regierung berichten von Kriegsdienstverweigerern in der Ukraine, die zum Militär- und Kriegsdienst gezwungen werden? Was für eine „Demokratie“ soll die Ukraine sein, die 18-60-jährigen Männern die Ausreise, also Flucht verweigert?

Wer heute Waffen an die Ukraine liefert, möchte unweigerlich, dass noch mehr Menschen in der Ukraine sterben. Sicher ist die unterbewusste Hauptmotivation dieser Waffenlieferungen das Töten von Russen, sehr wohl als Revanche für 1945 und den Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland. Wenn doch Putin irgendwie mit Hitler in einem Atemzug genannt werden kann, ja wenn beide jeweils einen „Zivilisationsbruch“ zu verantworten haben, dann sind wir endgültig quitt.

Wer jedoch heute von einem „Zivilisationsbruch“ faselt, möchte die Verbrechen der Deutschen im Holocaust diminuieren, ja diese Universalisierung leugnet das Nie Dagewesene und auch seither nie wieder Stattgefundene von Auschwitz, Sobibor, Babi Yar und Treblinka.

Wobei diesen Gedanken der Gleichsetzung von Rot und Braun oder von Moderne und NS, Landwirtschaft und Gaskammer schon kurz nach 1945 der einflussreichste deutsche Denker und Philosoph des 20. Jahrhunderts – dem eine gewisse Rolle auch bei den Coronapolitik-Kritiker*innen attestiert werden kann – formuliert hat, wie Teil 2 zeigen wird.

2. Heideggers Antisemitismus im Gewand der Coronapolitik-Kritik: Auschwitz als Pendant zu „motorisierter Ernährungsindustrie“

Das Jahr 1889 war in vielerlei Hinsicht ein schlechtes Jahr. In diesem Jahr wurde der Fußballclub Jahn Regensburg gegründet und er gab sich ausgerechnet den Namen des antisemitischen „Turnvaters“ Friedrich Ludwig Jahn, ja die Elf wird auch noch „Jahnelf“ genannt und keiner der heutigen so allseits informierten Fußballmoderatoren (m/w/d) geht auf die Judenfeindschaft und das völkische Geraune in „Deutsches Volkstum“ von 1810 ein.

In meiner Dissertation von 2006 (Universität Innsbruck) über die Neue Rechte, die politische Kultur in der Bundesrepublik Deutschland von 1970-2005 und den einflussreichsten Protagonisten der ‚nationalrevolutionären‘ Neuen Rechten – Henning Eichberg (1942-2017) –, habe ich mich auch eingehend mit der Sportwissenschaft beschäftigt. Jahn war für Eichberg ein absolut zentraler Topos. In meiner Dissertation bzw. der fast identischen Druckausgabe von 2007 (Tectum Verlag Marburg) heißt es:

Im Oktober 1978 referierte Eichberg auf einem internationalen Symposium aus Anlass des 200. Geburtstags von F. L. Jahn in Westberlin. Sein Text Rekonstruktion eines Chaoten. Die Veränderung des Jahnbildes und die Veränderung der Gesellschaft[4] wird bis heute rezipiert[5] und lässt seine Verbindung von Sportwissenschaft und Politik hervortreten. Er sieht in Jahn – zum wiederholten Male – einen ›Nationalrevolutionär‹, der sich gegen Dynastie und Obrigkeit ›gewehrt‹ habe. Die »›Deutschtümelei‹ Friedrich Ludwig Jahns, Ernst Moritz Arndts« wird als »revolutionäre Massentendenz« eines »›Erwachens der Völker‹« gepriesen und als »Versuch, ›von unten her‹ die Politik selbst in die Hand zu nehmen« für die nationalrevolutionäre Bewegung der 1970er Jahre beschworen.[6] Das wird deutlich, wenn Eichberg Jahn für die ›Alternativen‹ wie die ›Nationalrevolutionäre‹ gleichermaßen zu reklamieren versucht:

»Die alternative Körperkultur war nur ein Teil dieses alternativen ›ganzen Lebens‹, das die nationalrevolutionären ›Chaoten‹ um Friedrich Ludwig Jahn verbreiteten.«[7]

Was kennzeichnete Jahn neben seiner Begründung des Turnens? Eichberg streicht das nationale Moment deutlich hervor:

»Zur altdeutschen Tracht als ›Uniform einer aggressiven Minderheit‹ kam die Jahnsche Sprachreform, die zum grobianischen Jargon und Unterscheidungsmerkmal einer jugendspezifischen Subkultur wurde. Man wollte nicht sein wie die feinen Bürger, also redete man auch anders. Feste mit Höhenfeuern – darunter die Bücherverbrennung auf der Wartburg 1817 – und ein Fahnengebrauch, der die deutsche Trikolore Schwarzrotgold einführte, festigten den Zusammenhalt und die Selbstdarstellung gegenüber den außenstehenden Bürgern ebenso wie die Entwicklung eines aggressiven eigenen Liedguts, das brüderliche Du und die Praxis des Wanderns, das zum politischen Aufmarsch wurde.«[8]

Eichberg lobt damit nicht nur ganz euphorisch – »Feste mit Höhenfeuern«, die den »Zusammenhalt« »festigten« – die öffentliche, auch antisemitische Bücherverbrennung auf der Wartburg 1817, sondern schmiegt sich an Jahns Judenfeindschaft, die sich hier unter dem Euphemismus »die Entwicklung eines aggressiven eigenen Liedguts« verbirgt, an.

Die Kritik an Jahn und dem Wartburgfest 1817 hat Eleonore Sterling Mitte der 1950er Jahre auf den Punkt gebracht:

»Von den Jahnschen Turnvereinen sind Juden streng ausgeschlossen. Sie werden als Nicht-Deutsche und ›Unchristen‹ diffamiert. Polen, Franzosen, Pfaffen, Junker und Juden, behauptet Turnvater Jahn, seien Deutschlands Unglück. Ebenso antijüdisch sind die Burschenschaften, namentlich die Gießener Verbindungen der ›Schwarzen‹ und die Jenaer ›Unbedingten‹, die ihre ›Christlichkeit‹ aus der germanischen Volkstümlichkeit herleiten, die das Gegenprinzip des ›Jüdischen‹ sein soll. (…)

Vor allem [Jakob] Fries fordert seine Studenten auf, ihren Individualismus und die Humanitätsideale der Aufklärung aufzugeben und sich zum ›deutschen Volkstum‹ zu bekehren. Er verlangt von seinen Heidelberger und Jenaer Schülern, die jüdischen Studenten als ›Feinde unserer Volkstümlichkeit‹ von den Burschenschaften auszuschließen. Gegen die Bücherverbrennung anläßlich des Wartburgfestes 1817, dem er als einziger Professor beiwohnt, hat er nichts einzuwenden. Bei dieser Bücherverbrennung werden nicht nur der ›preußische Ulanenzopf‹ und der Codex der preußischen Polizei als Symbole der Reaktion den Flammen übergeben, sondern auch Werke über den Konstitutionalismus. Auch die Schrift eines Juden wird als Zeichen der Französelei und des Kosmopolitismus und als ›Judenschrift‹ per se unter wilden Schreien in die Flammen geworfen.«[9]

Und dann sind 1889 auch noch zwei Personen geboren worden, die für die schlimmsten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit verantwortlich sind beziehungsweise sie philosophisch legitimiert oder beschönigt haben: Hitler und Heidegger.

Der Politikwissenschaftler und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) Hans-Martin Schönherr-Mann hat in Dutzenden Online-Vorlesungen für eine Leipziger philosophische Gruppe – Halkyonische Assoziation für radikale Philosophie – eine Kritik der Corona-Politik unternommen. Im Februar 2022 sind daraus zwei Hefte mit komprimierten Kapiteln publiziert worden, zusammen 128 Seiten im Format Din A 5.

Schönherr-Mann taucht auf vielfältige Weise in die Philosophiegeschichte ein, von Platon bis Kant und Nietzsche. Es liest sich recht flüssig – und fühlt sich weniger langatmig als die 90-minütigen Vorlesungen, von denen ich aber nur ein paar wenige gesehen habe –, und der Autor lässt politisch sehr aktuell seine eigene Position gerade nicht außen vor. Schönherr-Mann macht eine klare Ansage:

Ich jedenfalls kaufe erst wieder Bekleidung und gehe erst zum Frisör, wenn die Masken gefallen sind. Ich unterstütze das Corona-Regime nicht und hintertreibe dessen Maßnahmen, wo ich nur kann. (S. 9)

Seine Kritik am Lockdown ist ebenso herausragend – zumal für einen Professor an einer führenden deutschen Universität:

Eine autoritäre Gesellschaft, die ihre Mitglieder eher als Kinder denn als mündig behandelt, hat wenig Interesse daran, dass zwischen diesen ein reger Austausch stattfindet, schon gar keiner, bei dem sich die Bürgerinnen und Bürger intensiv über die sozialen, politischen oder medizinischen Zustände austauschen, so dass eventuell kritische Gedanken entstehen und sich womöglich oppositionelle Strömungen entwickeln. (S. 10)

Insbesondere die Maske wird als das Symbol der Corona-Politik von Schönherr-Mann ethisch, ästhetisch und politisch decodiert und scharf kritisiert:

Ich habe im November 2020 einen Vortrag in der evangelischen Bildungsstätte Hospitalhof in Stuttgart vor ca. 50 Maskierten gehalten. Das war ein sehr unerfreuliches Erlebnis: Man sieht keine Reaktion in den verdeckten Gesichtern. Im Rahmen der Ulmer Denktage an der Universität Ulm nahm ich als Vortragender an einer Veranstaltung teil. Außer auf dem Podium herrschte Maskenzwang. Da ich die Leute nicht kannte, weiß ich nicht, mit wem ich redete und würde die Leute schon gar nicht wiedererkennen. Der Sinn solcher Veranstaltungen ist aber die zwischenmenschliche Kommunikation, so dass man sich unter diesen Bedingungen quasi gleichgeschaltet fühlt. Niemand hat ein Gesicht. Die Individualität ist massiv beeinträchtigt. Denn ohne Gesicht ist man niemand. Das ist das Ergebnis des Maskenzwangs. Mit der Maske verleugnet man sich selbst und andere, die keine Anderen mehr sind, sondern gleichgeschaltete. (S. 11)

In genau diesem „Hospitalhof“ in Stuttgart wohnte ich offenkundig am 2. Oktober 1989 einer politischen Veranstaltung bei, weder Referent*in noch Thema sind mir erinnerlich. Ich hatte Schönherr-Manns Buch „Von der Schwierigkeit Natur zu verstehen“ (Fischer Verlag) dabei und wollte es womöglich dem nicht ganz so säkularen oder religionskritischen Referenten oder der Referentin schenken, da ich vorne in das Buch ohne Anrede eine Widmung hineinschrieb, aber das Buch dann besser doch selbst behielt. In dem Band geht es um eine Kritik der instrumentellen Vernunft, der modernen Naturwissenschaft, auch wenn schon damals (wie in seinem dickeren Band zur Technik und der Schwäche 1989) Heidegger eine Rolle spielte.

Was wir aktuell erleben, ist ziemlich einmalig. In so gut wie jedem Land in Europa (und weltweit) gibt es keine Maskenpflicht mehr, in Demokratien wie in Schweden gab es sie nie. Doch in Deutschland tragen die Menschen großteils weiter Masken. Sie sind gehirngewaschen, irrational, fanatisch. Manche Verkäufer*innen in Bäckereien und Läden haben sogar weiter, entgegen der Gesetzeslage und ohne Anwendung des „Hausrechts“, sondern aus ‚freien‘ Stücken, die Maske auf, doch in Supermärkten sind fast alle Mitarbeiter*innen mit nacktem Gesicht anzutreffen und das auch fröhlich (vom Alltagsstress eines schlecht bezahlten Jobs abgesehen). Da die Medien weiterhin nicht berichten, wie unglaublich harmlos Corona ist – die Infektionssterblichkeit liegt noch weit unter der Fallsterblichkeit von aktuell 0,10 Prozent, da ja, logisch (!), niemals alle Infektionen erkannt werden, da viele überhaupt nicht krank werden oder nur schwache Symptome haben, mit denen sie auch bislang niemals zum Arzt gegangen wären.

Glaubt auch nur ein Mensch ernsthaft, dass die „Inzidenz“ gleich bliebe, wenn wir statt 1,5 Millionen Tests plötzlich 10 Millionen Tests pro Woche machen würden? Was aber exakt gleich bliebe, egal ob 1,5 Mio., 10 Mio oder gar keine (!) Tests gemacht würden: die Zahl der Kranken und die Zahl derjenigen, die ins Krankenhaus eingeliefert werden, entweder auf die Normal- oder die Intensivstation. Dass bei sehr vielen Patient*innen Corona gar nicht der Grund für die Einweisung ist, aber im Laufe des Krankenhausaufenthalts ein positiver Test auf das Virus hinzukommt, das haben viele auch weiterhin noch nicht verstanden.

Schließlich gilt weiterhin die Befürchtung der britischen bzw. UK-Statistikbehörde, dass nur ca. 12 Prozent oder weniger der als Corona-Tote Aufgelisteten tatsächlich nur an Covid-19 starben, die anderen hatten eine Vielzahl von Krankheiten, wovon Corona nur eine war und ohne die anderen Vorerkrankungen wäre bei diesen ca. 88 Prozent Patient*innen der Verlauf womöglich oder wahrscheinlich nicht tödlich verlaufen. Also die offiziellen Corona-Todeszahlen in Deutschland sind ganz sicher nicht korrekt, das ist der wissenschaftliche Stand.

Seit August 2020 hat Schweden weniger Patient*innen wegen oder mit Covid-19 auf den Intensivstationen liegen als Deutschland – und zwar durchgehend deutlich weniger.

Schon das ein Hinweis, wie vollkommen medizinisch sinnlos Masken sind, die in Schweden nie angeordnet wurden und freiwillig war kaum jemand so irrational, unwissenschaftlich oder fanatisch und hat sie getragen. Ende Dezember 2021 fiel mir selbst in Bussen, die voll besetzt waren, in Malmö nicht eine Person mit Maske auf, von Supermärkten ganz zu schweigen. In England fiel die Maske im Juli 2021 und wurde nur kurz und irrational im Winter wieder befohlen, in Holland gab es in weiten Teilen der Jahre 2020 und 2021 ebenfalls keine Maskenmandate – und Holland hat weniger Tote an oder mit Corona als Deutschland.

Es ist wirklich bemerkenswert, wie hierzulande noch Ende April 2022 das links-liberale journalistische Establishment diese medizinischen Erkenntnisse in den Wind schlägt und weiter für die Maske plädiert. So agitiert die Journalistin der Frankfurter Rundschau Katja Thorwarth gegen die FDP, die es verhindert habe, dass wir weiterhin in Supermärkten Masken tragen müssen. Das sei doch nur ein Akt der Solidarität zumal den Beschäftigten gegenüber. Nun, diese Beschäftigen mag es in besonders krassen Vierteln in Frankfurt am Main vielleicht geben, in den vielen Supermärkten, in denen ich seit Anfang April wieder bin, habe ich so gut wie keine maskierten Angestellen gesehen. In einem Kaufland begrüßte mich eine Verkäuferin mit breitem Lachen und betonte, wie unglaublich schön es sei, endlich wieder Menschen zu sehen, von der wegfallenden Belastung für sie selbst – die Frau ist so Anfang 50 – ganz zu schweigen.

Oder nehmen wir das höchstrichterliche Urteil aus den USA, das Maskenmandate in Flugzeugen, Zügen und allen anderen öffentlichen Transportmitteln verbietet. Das war Mitte April 2022. Nun dürfte selbst einer Journalistin der Frankfurter Rundschau womöglich ersichtlich sein, dass Menschen in Flugzeugen deutlich engeren Kontakt zu anderen Passagier*innen haben, denn Einkäufer*innen in einem Supermarkt zu anderen Einkäufer*innen. Die meisten Flüge dauern auch länger als ein Supermarkteinkauf und kurz mal frische Luft schnappen ist im Flugzeug auch eher kompliziert. Während sich umgehend die 14 führenden Fluggesellschaften in den USA darauf einstellten und die amerikanische Bundesregierung unter Joe Biden noch nicht mal in Berufung geht, weil sie offenbar erkennt, dass sie juristisch und medizinisch keinerlei Argument hat, möchte sich die Frankfurter Rundschau am liebsten nicht an diesen aktuellen Stand der Rechtslage und der medizinischen Forschung halten.

Merkel, Scholz und die ganze politische Klasse, in konzertierter Aktion mit den Medien und der kulturellen Elite haben die Menschen so dermaßen in Todesangst versetzt, dass einem das Grauen kommt. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit für Menschen unter 65 Jahren, wirklich „an“ – und nicht nur mit – Corona zu sterben, so gering wie die Wahrscheinlichkeit auf dem Weg zur Arbeit tödlich zu verunglücken, so der weltweit bekannteste Epidemiologe John Ioannidis mit einem Team schon im September 2020:

The COVID-19 mortality rate in people <65 years old during the period of fatalities from the epidemic was equivalent to the mortality rate from driving between 4 and 82 miles per day for 13 countries and 5 states, and was higher (equivalent to the mortality rate from driving 106–483 miles per day) for 8 other states and the UK. People <65 years old without underlying predisposing conditions accounted for only 0.7–3.6% of all COVID-19 deaths in France, Italy, Netherlands, Sweden, Georgia, and New York City and 17.7% in Mexico.

Mit Omikron hat sich die Situation noch mal dramatisch verharmlost. Aber all das ist in Deutschland absichtlich, vorsätzlich nie kommuniziert worden. Karl Lauterbach und vor ihm Jens Spahn und die jeweilige Bundesregierung wollten und wollen intentional die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen, Stichwort Panikpapier von Horst Seehofer. Hätte sich Thorwarth im Frühjahr 2020 mit diesem Panikpapier beschäftigt, wüsste sie, woher ihre Panik und irrationale Berichterstattung zu Corona herrühren könnte. Mittlerweile wird ja auch die Kompetenz des Virologen Christian Drosten von der Charité in Berlin von einer Vielzahl von Mediziner*innen angezweifelt, zuletzt von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, die sich hinter eine ausführliche und luzide Kritik an Drosten im Hessischen Ärzteblatt von Professorin Ursel Heudorf stellt, ehemalige stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamtes in Frankfurt am Main. Dabei ging es um Drostens wissenschaftlich fragwürdige Begründung für Schulschließungen und die „Bundesnotbremse“, die vom Bundesverfassungsgericht durchgewunken wurde, aber wissenschaftlich ist der Mainstream in Deutschland – wie das Hessische Ärzteblatt – anderer Meinung.

Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene stellt fest:

Juristisch haben wir die Entscheidung des BVerfG in dieser Frage selbstverständlich als solche zu akzeptieren und es ist nicht unser Anliegen, die besondere Bedeutung des überparteilichen und unabhängigen BVerfG für den Erhalt der Rechtsstaatlichkeit in Deutschland zu relativieren.

Trotzdem stimmen wir mit Frau Prof. Heudorf überein: die Entscheidung des BVerfG zur Verhältnismäßigkeit der Bundesnotbremse im Hinblick auf Kinder und Schulen ist aus medizinischer (v.a. pädiatrischer) und wissenschaftlicher Sicht fragwürdig u.a., weil sie sich auf ein unzureichendes Gutachten der Charité stützt. Wichtige Aspekte der anderen Gutachten und Mängel der Stellungnahme des Instituts für Virologie der Charité wurden nicht gewürdigt, obwohl das Gericht auf diese Widersprüche und Fehler hingewiesen wurde. Wir sehen, wie Frau Prof. Heudorf, die Gefahr, dass auch in Zukunft Kinder und Jugendliche in ihren Lebenschancen u.a. in ihrem Recht auf Bildung und uneingeschränkte altersentsprechende soziale Teilhabe aufgrund dieser Entscheidung stärker eingeschränkt werden, als es durch die Studienlage und auch durch die Erfahrungen in anderen Ländern geboten wäre.

Dabei sind weder Heudorf und das Hessische Ärzteblatt oder die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene scharfe Kritiker aller Maßnahmen oder wenigstens der Maske. Aber selbst immanent zeigt sich, wie unwissenschaftlich und politisch autoritär, ohne Kontakt zu Mediziner*innen der Chef-Virologe von der Charité vor sich hindümpelt. Drosten ist isoliert, das sollte so langsam auch mal bei Gerichten sich herumsprechen, wenn denn deutsche Gerichte Interesse haben sollten an einer evidenzbasierten Medizin und nicht einer autoritären Virologie, die vom Leben der Menschen so viel Ahnung hat wie Helge Braun oder Ricarda Lang von ausgewogener Ernährung und sportlicher Betätigung.

Die allerfanatischsten Menschen, die wir aktuell noch haben in Deutschland, sind neben Journalist*innen und Politiker*innen (wie der Immer-noch-Gesundheitsminister) die Beamten, Lehrer*innen und auch fast alle Schüler*innen, die großteils fanatisiert wurden und selbst nicht in der Lage sind, sich ein eigenes rationales Bild der Nicht-Gefahr durch Corona zu machen.

In vielen Klassen sind weiterhin, ohne jeden direkten Zwang, 100 Prozent maskiert. Dabei war seit März 2020 klar, dass Kinder und Jugendliche, Teenager überhaupt nicht von dem Virus SARS-CoV-2 und der von ihm resultierenden Krankheit Covid-19 betroffen sind. Es ist ein Virus, das so gut wie ausschließlich sehr alte und sehr kranke Menschen trifft. Aktuell bei Covid-19 liegt die Sterblichkeit bei wirklich läppischen 0,10 Prozent (Fallsterblichkeit, wobei die Infektionssterblichkeit noch deutlich darunter liegt). Das durchschnittliche Todesalter liegt von Anfang an bei über 80 Jahren. Es wäre also von Anfang an sehr wichtig gewesen, dass sich alle Kinder und Jugendlichen anstecken, die meisten haben keine, manche leichte oder mittlere, kurzfristige Symptome und das war es. So lief es in Schweden, wo kein Kindergarten und keine Schule je geschlossen wurde und niemals Maskenpflicht herrschte.

Dass heutzutage, wo seit Anfang April in keiner Schule mehr Maskenzwang herrscht, aufgrund der menschenfeindlichen – das ist es – Politik und den Empfehlungen sowohl von Klabauterbach wie so gut wie jedem einzelnen Schuldirektor (m/w/d) weiterhin alle, wirklich so gut wie alle Leerkörper (ohne „h“) und Schüler*innen sich weiter maskieren, während die Jugendlichen am Wochenende ohne jeden Abstand und ohne Maske in der Disko feiern und wochentags ohne jede Maske einkaufen gehen können oder Freund*innen treffen – die gleichen, mit denen sie völlig hirnverbrannt (das ist es wirklich!) maskiert im Unterrichtsraum saßen, das ist Resultat der schlimmsten Gehirnwäsche in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Und diese Teenager sind keineswegs nur Opfer ihrer fanatischen Eltern und Lehrer*innen sowie der Politik. Sie könnten ja streiken, was beim KlimaStreik auch geht. Nein, gerade die jungen Leute zwischen 14 und 19, und dann die noch krasseren Irrationalisten (m/w/d) von 20-30 sind extrem autoritär, unwissenschaftlich, irrational und menschlich desolat. Von Solidarität mit Minderheiten wie Kritiker*innen, Behinderten, Masken-Befreiten oder gar den  Menschen im Globalen Süden, die extrem unter der Panik des kapitalistischen Westens leiden, eines Westens, der einfach so den von ihm selbst diesen Ländern seit 1492 schrittweise aufgezwungenen Weltmarkt im März 2020 aussetzte – was sind schon 130 bis 270 Millionen Hungernde mehr? -, haben diese geistigen und menschlichen veganen wie fleischlichen Würstchen – wie soll man die anders bezeichnen, haben Sie eine Idee? – keine Ahnung. Was hier gerade für eine Generation heranwächst spottet jeder Beschreibung – für eine Demokratie eine tödliche Generation, die der Generation der Totengräber der Demokratie, also ihren Eltern folgt und noch rücksichtsloser, a-sozialer sein wird. Wenn diese Leute mal Pfleger/in werden sollten und wir dann Pech haben und in so einer hierarchisch-autoritären Anstalt liegen sollten, dann Gnade uns – wer? Es rettet uns kein höheres Wesen …

Wer sieht mit welcher Freude Verkäufer*innen in allen Supermärkten jetzt wieder lächeln, merkt, dass dort der Wahn gebrochen ist. Aber Beamte und deren Abhängige, die sind für die Demokratie auf unabsehbare Zeit verloren, das gilt auch für vollkommen durchgeknallte Polizeibeamte, die maskenfrei im Auto sitzen und sie dann aufziehen, wenn sie aussteigen (hab ich selbst in Städten gesehen).

Exakt diese Autoritätshörigkeit ist zutiefst deutsch. Die Internalisierung irrationaler Imperative gehört dazu. Schönherr-Mann schreibt:

Die christliche Ethik wie moderne säkulare Ethiken, die mit der Moral das Individuum der Gemeinschaft unterordnen wollen, haben damit kaum ein Problem. Für sie soll sich der einzelne Mensch den vorgegebenen moralischen Regeln unterwerfen. Das passt zum Corona-Regime – Regime im Sinne einer Ordnungsstruktur, wie man im 19. Jahrhundert vom Ehe-Regime spricht. Der Staat erlässt diverse Maßnahmen und setzt mit polizeilicher Gewalt die Befolgung derselben durch. (S. 14)

Sehr interessant ist nun der Bezug zu Max Weber und dem deutschen Beamtentum:

Dabei werden die Menschen freilich entmündigt und zum Gehorsam gezwungen wie in den militarisierten Gesellschaften des 19. Jahrhunderts. Für den Zeitgenossen im Corona-Regime gilt, was Weber 1919 über den Beamten sagt:

‚Ehre des Beamten ist die Fähigkeit, wenn – trotz seiner Vorstellungen – die ihm vorgesetzte Behörde auf einem ihm falsch erscheinenden Befehl beharrt, ihn auf Verantwortung des Befehlenden gewissenhaft und genau so auszuführen, als ob er seiner eigenen Überzeugung entspräche: ohne diese im höchsten Sinn sittliche Disziplin und Selbstverleugnung zerfiele der ganze Apparat.‘ (S. 14f.)

Schönherr-Mann kommentiert diese Apologie staatlicher Gewalt des Beamtentums durch Max Weber:

Anders funktionieren die Corona-Maßnahmen nicht, die gar nicht erklärt werden können und an die daher geglaubt werden muss. (S. 15)

Nach dem litauischen Philosophen Emmanuel Levinas ist die „Zwischenmenschlichkeit“ Resultat einer „sozialen Beziehung“ von Menschen. (S. 16) Die Maske zerstört die Ethik und jede Zwischenmenschlichkeit. Warum aber trugen dann alle Maske und warum tragen die besonders Fanatischen sie weiterhin? Weil sie von den irrationalen und unwissenschaftlichen Virologen agitiert wurden oder weil sie hässlich sind, innen wie außen:

Die Maske wird von den Virologen gepredigt wie von den Hässlichen. Und nach Nietzsche hat sich die Moral der Hässlichen und Unerotischen durchgesetzt, die medizinisch wie religiös gepredigt wird. (S. 20)

Auch die Hinweise auf Ivan Illich und Michel Foucault, die Analyse von „Hospitalisierung als polizeiliche Hygienisierung“ (S. 54) sind erhellend.

Doch viele dieser kritischen Erkenntnisse Schönherr-Manns werden durch problematische Referenzen getrübt. Seine Bezüge zu Giorgio Agamben oder Gianni Vattimo, beide promoten auf ihre Weise antisemitische Tropen wie die Analogie heutiger rassistischer Flüchtlingspolitik mit der Shoah oder in der vulgäreren Variante bei Vattimo im Hass auf Israel. Wenn Schönherr-Mann sich vom „Wächterrat wie im Iran“ distanziert und eine durchaus nachvollziehbare Analogie dieses „Wächterrats“ zu den Zeugen Coronas sieht (S. 114), so verpasst er die pro-iranische, pro-islamistische Ideologie des schwulen, kommunistischen Katholiken Vattimo.

2014 schrieb ich in der Times of Israel (Blogs):

Gianni Vattimo (born 1936) is a Member of European Parliament for the Liberal Democratic alliance (ALDE). He is a renowned Italian philosopher, a follower of both Martin Heidegger and Karl Marx. He is a self-declared gay-communist Catholic. He could be a minority rights activist, right? Europe has plenty of homophobic tendencies, and Iran hangs gay men on a regular basis.

Early in 2014, Vattimo co-edited a book on “Deconstructing Zionism. A Critique of Political Metaphysics,” published by Bloomsbury (New York, London, New Delhi, Sydney). The book is dedicated to leading French philosopher Jacques Derrida, known for his anti-American agenda alongside with his friend Jürgen Habermas in 2003. They were the philosophical supporters of German-French anti-Bush-agitation at the time.

In his contribution to the book, Vattimo admits that his piece is a kind of autobiography: “How to become an anti-Zionist”. He writes about his generation, born around the Second World War, and raised with the idea that Jews deserved a state due to the Holocaust. For him the “myth” of “antifascist resistance” (against the Germans/Nazis) was accompanied and promoted by “American films” about Jews and Israel, which argued in favor of a Jewish state.

Vattimo starts his article with reference to anti-Israeli Ilan Pappé and the encounter with what both call “Nakba” or Palestinian history. Around 1968 Vattimo was a socialist fan of Israeli kibbutzim, ignoring “Nakba” as he recalls. Following conspiracy theories, Vattimo writes about the “unbelievable official version” of the US Government of 9/11. Several thousand of potentially lethal missiles from Hamas launched into southern Israel are called “totally harmless missiles.” For him, Holocaust denier and propagandist of a “world without Zionism,” Mahmoud Ahmadinejad, was and is a hero, who dared to attack Israel, the Jews, and American power.

Vattimo writes:

“Better still: the entire Gaza affair contributed in a decisive way, more than any other aspect of Israeli politics, to the idea (I believe with great likelihood) that against the risk of a return of refugees, which would entail the end of the ‘Jewishness’ of the State of Israel, this situation might see no other solution than the progressive extermination of Palestinian Arabs.”

Gianni Vattimo is a loudspeaker for former Iranian President Ahmadinejad and says:

“As to the idea of making the state of Israel ‘disappear’ from the map – one of the usual themes of the Iranian ‘threat’ – its sense may not be completely unreasonable: it could, and ought, according to us, mean that the State of Israel becomes a secular, democratic, non-racist state, without walls and without discrimination among its citizens.”

Vattimo concludes:“When Ahmadinejad invokes the end of the State of Israel, he merely expresses a demand that should be more explicitly shared by the democratic countries that instead consider him an enemy.”

For Vattimo, “memory of the Holocaust” “is imposed like a penalty”. He then takes aim at “Nazi hunters” (!) like French philosopher and critique of Heideggerian antisemitism, Emmanuel Faye. Vattimo attacks “Anglo-Saxon” “mainstream thinking of the Atlantic, North American” region and is upset about Chilean philosopher Victor Farias, another critic of Heidegger, for his linking – for good reason – of “Heideggerianism and Iranian Islamic thought”.

Schon 1989 bezog sich Schönherr-Mann auf Vattimo, der sogar ein Vorwort zum im gleichen Jahr erschienenen Band „Die Technik und die Schwäche. Ökologie nach Nietzsche, Heidegger und dem ‚schwachen‘ Denken“ schrieb.

Das Problem lag schon damals darin, dass Vattimo, wie es viele bis heute bei allen möglichen Typen tun, Heidegger als „vollkommener Bastard“ dem „übergroßen Denker“ aus Meßkirch gegenüberstellt. Und das ist ein kategorialer Denkfehler. Heidegger war gerade als Denker ein Nazi, nicht nur als zahlendes Mitglied der NSDAP. Somit sind Schönherr-Manns Bezüge auf Heidegger und dessen Text „Das Gestell“ (eigentlich „Ge-stell“) von 1949 fragwürdig. Heidegger wird als angeblicher Kritiker der Technik und Technisierung vorgestellt, was kaum falscher sein könnte. Schönherr-Mann schreibt 2022 in „Medizin als göttliche Gewalt“:

Da die Medizin durch und durch technisiert ist, trifft auf sie Heideggers Wort vom Gestell zu, wenn er 1949 schreibt: ‚Gestell heißt das Versammelnde jenes Stellens, das den Menschen stellt, d.h. herausfordert, das Wirkliche in der Weise des Bestellens als Bestand zu entbergen.‘ Das Gestell ist nach Heidegger das Wesen der Technik, das nichts Technisches ist, sondern etwas Hermeneutisches, das die Welt zu verstehen gibt: In der technischen Welt versteht man Natur und Mensch technisch, in der medizinischen medizinisch: Man kann gar nicht mehr anders denken. Freilich ist das für Heidegger nicht Denken, sondern bloßes Rechnen, was aber den Zeitgeist noch besser auf den Begriff bringt. (S. 114f.)

Dieses Zitat bei Hans-Martin Schönherr-Mann präsentiert den zitierten Text „Das Ge-stell“ beschönigend und philosophisch problematisch. Ein kleiner Exkurs in das ‚Denken‘ Heideggers und zumal in diese Schrift Das Ge-stell ist daher angebracht.

Am 28. August 1947 schrieb der Kritische Theoretiker Herbert Marcuse einen Brief an seinen ‚Lehrer‘ Martin Heidegger:

Ein Philosoph kann sich im Politischen täuschen – dann wird er seinen Irrtum offen darlegen. Aber er kann sich nicht täuschen über ein Regime, das Millionen Juden umgebracht hat – bloß weil sie Juden waren, das den Terror zum Normalzustand gemacht hat und alles, was je wirklich mit dem Begriff Geist und Freiheit und Wahrheit verbunden war, in sein blutiges Gegenteil verkehrt hat.[10]

Am 20. Januar 1948 antwortet ihm Heidegger und sendet sechs durchnummerierte Aspekte. Beim letzten dieser Punkte meint er, Marcuse könne „Juden“ durch „Ostdeutsche“ ersetzen.[11] Damit war in der Tat der Historikerstreit des Jahres 1986, als der Revisionist Ernst Nolte meinte, Stalin habe schon vor Hitler gemordet und also sei der Zweite Weltkrieg und der Holocaust nur eine Reaktion gewesen, vorweggenommen.

Mehr noch. 1949 hielt Heidegger seine berüchtigten Bremer Vorträge (Das Ding, Das Ge-stell, Die Gefahr, Die Kehre). Was Schönherr-Mann nämlich nicht zitiert ist folgende Stelle aus „Das Ge-stell“, die den ganzen Revisionismus von Heidegger auf den Punkt bringt:

Ackerbau ist jetzt motorisierte Ernährungsindustrie, im Wesen das Selbe wie die Fabrikation von Leichen in Gaskammern und Vernichtungslagern, das Selbe wie die Blockade und Aushungerung von Ländern, das Selbe wie die Fabrikation von Wasserstoffbomben.[12]

2008 habe ich diese Passage und ihren erinnerungsabwehrenden Antisemitismus in einem fachwissenschaftlichen Artikel kritisiert.

Faye analysiert diese Passage wie folgt:

Indem Heidegger einen solchen Satz ausspricht, schließt er sich selbst aus der Philosophie aus und zeigt, dass er allen menschlichen Verstand verloren hat. Nachdem er in seinen Vorlesungen die Motorisierung der Wehrmacht als ‚metaphysischen Akt‘ gefeiert hatte – und man weiß, dass die ersten Vergasungen in Lastwagen durchgeführt worden sind – bedient er sich nun des globalen Charakters moderner Technik, um die nicht verallgemeinerbare Besonderheit des nationalsozialistischen Völkermords zu negieren und ihn mit einer der alltäglichsten Erscheinungsformen der modernen Technisierung des Daseins, der Verwandlung der Landwirtschaft in eine motorisierte Agrarindustrie zu vergleichen.[13]

Der Philosoph Hassan Givsan hat das „Ge-stell“ ebenfalls analysiert.[14]

In ‚Seminar in Le Thor 1969’ sagt Heidegger: ‚Ein ausgezeichneter Weg zur Annäherung an das Ereignis wäre, bis in das Wesen des Ge-stells zu blicken, insofern es ein Durchgang von der Metaphysik zum anderen Denken ist‘. Bedeutsam an diesem Satz ist, daß Heidegger hier das Ge-stell als den Durchgang von der Metaphysik zum anderen Denken, d.i. zum Heideggerschen Denken, ansieht. (…) An dieser Stelle muß ich eine Zwischenfrage aufnehmen. Es geht um die Frage, wie Heidegger zum Ge-stell steht. Es gehört zum Grundinventar der Heidegger-Literatur zum Thema ‚Ge-stell‘, daß Heidegger als ‚Kritiker‘ desselben dargestellt wird. Ich muß dem grundsätzlich widersprechen. Denn ich frage mich, wie kann Heidegger überhaupt etwas gegen das Ge-stell haben, wenn das Ge-stell die gegenwärtige Wesung des Seins ist.[15]

Den Holocaust trivialisierenden, universalisierenden, ja in seinem Kern leugnenden Satz vom „Ackerbau“, der „motorisierten Ernährungsindustrie“, die „im Wesen das Selbe wie die Fabrikation von Leichen in Gaskammern“ sei, zerlegt Givsan in seine Einzelteile und attackiert die Heidegger-Forschung frontal:

Sätze dieser Art gibt es mehrere in dem genannten Vortrag und in den anderen Vorträgen von 1949. (…) Nur eines sei gesagt: Der Satz wird als ‚Kritik‘ am Ge-stell aufgefaßt, weil man stillschweigend die Annahme macht, daß Heidegger, wenn er von ‚Fabrikation von Leichen‘ spricht, dies niemals ‚gutheißen‘ könne. (…) [Das] Grundfalsche daran besteht in der Frageebene der Annahme selber, nämlich ob ‚gutheißen‘ oder ‚nicht gutheißen‘. Denn das eine wie sein Gegenteil gehört zum ‚Denken in Werten‘, von dem Heidegger (1946) sagt, daß es ‚die größte Blasphemie (ist), die sich dem Sein gegenüber denken läßt‘. Also: Heidegger geht es nicht darum und kann es nicht darum gehen, ob etwas ‚gut‘ oder ‚nicht gut‘ ist. Das heißt: Die Rede von ‚Kritik‘ ist, da ‚Kritik‘ hier und in solchen Zusammenhängen allein ein ‚wertendes Ablehnen‘ meinen kann, schlicht falsch.[16]

Heidegger denkt das „Sein“ („Seyn“), aber gerade nicht das Seiende, nicht das Was-hafte. Die gesamte Philosophie von Martin Heidegger ist eine „schlechthinnige Entmenschung des Menschen als Menschen“.[17]

Sich nach der Publikation der „Schwarzen Hefte“ weiterhin nicht mit dem Antisemitismus von Heidegger zu befassen, oder ihn als Schrulle abzutun, ohne ihn in der gesamten anti-metaphysischen Seinsphilosophie zu finden, ist schon bemerkenswert.

Manchmal ist Schönherr-Manns Text auch ein arges eklektizistisches Rumgehüpfe zwischen philosophischen Texten aus Jahrtausenden, ohne viel Erkenntnisgewinn. Andere Stellen mögen Anregung sein zu mehr Forschung wie die Kritik am Ende der Gewaltenteilung im Corona-Regime, Machiavelli oder Hobbes und seine Kritik am NS-Juristen Carl Schmitt. Sein unbedarftes Heranziehen von Israelfeinden wie Judith Butler[18] in einer seiner Vorlesungen (Video) oder sein permanentes Zitieren von Hannah Arendt, ohne auch nur einmal den internationalen Forschungsstand zu ihren skandalösen Texten „Zionism Reconsidered“ sowie „Eichmann in Jerusalem“ zu erwähnen, ist wissenschaftlich und politisch schwach.[19] Sein Bezug auf Butler ist besonders faktenfrei, da sich Butler entgegen der Hoffnung von Schönherr-Mann oder seiner instrumentellen Aneignung anderer Texte von Butler, exakt im Rahmen des Corona-Regimes verhalten hat. Ende April 2020 fabulierte Butler, dass alle Menschen gleich vulnerabel seien, was empirisch schon damals völlig falsch war.[20]

Es ist ärgerlich oder bezeichnend (?), dass Schönherr-Mann auch mit den nach ganz rechts offenen Protagonisten der Coronapolitik-Kritik wie Gunnar Kaiser sprach. In der Tageszeitung Die Welt hat der Journalist Mladen Gladic Ende Januar 2021 eine Kritik an Kaiser publiziert, die gleichermaßen Impffanatiker und Menschenfeinde kritisiert, aber bei Kaiser eine „rote Linie“ überschritten sieht.

Insgesamt allerdings sind die Einwürfe von Schönherr-Mann interessante Hinweise auf philosophische Anknüpfungspunkte zur Kritik der irrationalen Coronapolitik und häufig pointierte und fundierte Widersprüche gegen das herrschende Corona-Regime. Die beiden letzten Sätze in „Medizin als göttliche Gewalt“ bringen die Kritik wunderbar auf den Punkt:

Die Medizin ist an die Stelle der Religion getreten und ihre Anhänger erscheinen als untertänige Gläubige. Man lernt langsam den Sinn von Nietzsches großer Verachtung. (S. 121)

Nach dieser Analyse von erinnerungsabwehrendem Antisemitismus geht es in Teil 3 um heutige, ganz offene Formen von Juden- und Israelhass.

3. Antizionistischer Antisemitismus

Dieses Working Paper des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) untersucht vier aktuelle Beispiele von Antisemitismus, genauer gesagt sind es vier unterschiedliche Kategorien: Sekundärer Antisemitismus und Universalisierung („Ukraine“, „Zivilisationsbruch“…), Sekundärer Antisemitismus und Derealisierung („Heidegger, Auschwitz, motorisierte Ernährungsindustrie“), Antizionismus und viertens Antijudaismus. Mehrere dieser Kategorien sind aber miteinander verwoben, es handelt sich um einen „Komplex Antisemitismus“.

In diesem Teil drei geht es um Antizionismus, der aber in die aktuelle politische Situation eingebettet wird. Die ausführlichere Analyse der Coronapolitik in Teil 1 und 2 wird hier kursorisch fortgeschrieben, da die moralische Überheblichkeit vieler irrationalen Verfechter*innen der Corona-Maßnahmen, die jedwede substantielle Kritik am Corona-Regime als mehr oder weniger antisemitisch diffamieren, so weit verbreitet ist, gerade unter den Jüngeren und an Universitäten, dass selbst die wichtige Kritik am Antizionismus darunter leidet. Es ist jedoch kein gänzlich neues Phänomen, dass sich Menschen gegen die eine Form von Unterdrückung oder Herrschaft wenden, aber zu anderen Formen schweigen. So ist eine bürgerliche Kritik am Antisemitismus häufig verkürzt, wenn sie nicht typische Abspaltungsprozesse in den Blick nimmt wie die Lobpreisung ‚konkreter Arbeit‘ und die Ablehnung virtueller Prozesse wie Geld, Börse, Spekulation. Als ob das eine von dem anderen zu trennen wäre. Hingegen hat die linke Kritik am Kapitalismus seit langer Zeit keinen Blick für die antisemitischen Tendenzen ihrer Ablehnung der Geldwirtschaft, was bis auf Marx zurückgeht, der allerdings seine eigene verkürzte Kapitalismusmuskritik in späteren Jahren zurücknahm.

Viele wollen aktuell die Panik bezüglich der Ukraine noch weiter aufrechterhalten oder gar massiv erhöhen. Dabei hat die russische Kriegspartei sich bereits aus der gesamten Region Kiew zurückgezogen und befindet sich nur noch im ohnehin seit acht Jahren im Krieg befindlichen Donbass sowie den südlichen Regionen bis hin zur Krim, die sich seit Jahren eindeutig pro-russisch positioniert hat. Die deutsche Bundesregierung möchte offenbar Russland als Teil Europas beerdigen, sich von Russland ökonomisch, kulturell, sozial vollständig abkoppeln. Dieser Rassismus ist ein ungeheuerlicher Vorgang und wird nicht ohne Konsequenzen für die BRD bleiben. Dabei gibt es seit Jahren viel not-wendige Kritik am Putinismus, an den autoritären Tendenzen in Russland, doch es gab auch bis Anfang 2022 scharfe Kritik an der Oligarchenherrschaft, der Korruption und den Neonazi-Banden in der Ukraine.

Wir leben in der politisch gefährlichsten Zeit seit 1945. Ein Atomkrieg zwischen Russland, der Ukraine und dem Westen ist im Bereich des Möglichen. Damit auch die Selbstauslöschung der ganzen Menschheit. Auch die USA sollten sich gewahr sein, dass Russland Hunderte, ja Tausende Atom-Raketen hat, die auch das Festland der USA treffen und alles Leben auslöschen können. Die Provokationen der USA und des Westens mit NATO-Manövern in der Ukraine vor allem seit 2014 sind ein zentraler Faktor im aktuellen völkerrechtswidrigen Krieg Russlands und dieser Gefahr eines alles Leben vernichtenden Atomkriegs.

Dazu kommen ungeheuerliche antisemitische Äußerungen. Zuerst verglich der ukrainische Präsident Selenskyi in einer Ansprache an das israelische Parlament, der Knesset, den Angriff Russlands mit dem Holocaust, ja das Datum des Einmarsches der Russen in der Ukraine, 24. Februar, mit der Gründung der NSDAP. Das ist hochgradig verschwörungswahnsinnig – als ob Putin dieses Datum gewählt habe, um eine Kontinuität zu den Nazis herzustellen! – und antisemitisch.[21] Die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem hat auch umgehend Selenskyi der Trivialisierung des Holocaust beschuldigt. Einige Wochen später fantasiert, deliriert und hetzt der russische Außenminister Lawrow, dass Hitler „jüdisches Blut“ in sich gehabt habe und „Juden seien selbst die größten Antisemiten“. Dieser Antisemitismus des russischen Außenministers ist genauso wahnhaft wie die Fantasien von Selenskyi. [Update: für diesen Antisemitismus hat sich Putin persönlich bei Bennett entschuldigt, Times of Israel, 05. Mai 2022]

Es läuft ein Wettbewerb des Sich-Hochschaukelns mit den absurdesten Vorwürfen, wozu ja auch wie in Teil 1 dieses Working Paper gezeigt die in Deutschland von führenden Politikern benutzte Rede vom „Zivilisationsbruch“ gehört.

Olaf Scholz hat nach seinem Scheitern mit der irrationalen und demokratiefeindlichen Impfpflicht jetzt noch deutlicher als Politiker versagt, indem er als Reaktion auf die Aggression Russlands die Bundeswehr in nie dagewesener Weise aufrüstet – 100 Milliarden Sondervermögen, jährlich mehr Geld für das Kriegsministerium („Verteidigungsministerium“). Jetzt liefert er sogar schwere Waffen an die Ukraine und – das ist noch heftiger – bildet ukrainische Soldaten (vielleicht auch Neonazis der Asow-Bataillone) in Deutschland an diesen schweren Waffen aus, was laut des wissenschaftlichen Dienstes im Deutschen Bundestag juristisch einem Kriegseintritt gleichkommt.

Waffenstillstand statt Waffenlieferung – das ist die Parole der Stunde, auch wenn für Argumente nicht mehr zugängliche Agitatoren wie Scholz, von den noch viel brutaleren HetzerInnen wie von der FDP, den Grünen und der CDU/CSU ganz zu schweigen, das zu old-school diplomatisch und reflektiert, weitblickend ist. Mehr Waffen haben seit 1945 noch nirgendwo zu weniger Krieg geführt. Mehr Waffen führen zu mehr Toten, hier: in der Ukraine.

Der gegen Israel gerichtete Antisemitismus, der antizionistische Antisemitismus, ist der sichtbarste Ausdruck von Judenfeindschaft. Bevor wir näher auf aktuelle Fälle in Berlin und den USA eingehen, muss das Thema Corona noch einmal kurz gestreift werden.

Die 2015 gegründete und vom Berliner Senat und anderen Einrichtungen wie der Amadeu Antonio Stiftung finanzierte „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS)“ schreibt Ende Januar 2022 in einem Bericht über „Antisemitische Vorfälle und Erscheinungsformen im Kontext der aktuellen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen in Deutschland“ Folgendes:

Der aktuell unvermindert starke Zulauf bei den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen geht mit einer vermehrten Sichtbarkeit von antisemitischen Inhalten auf diesen Versammlungen einher. Als Reaktion auf die angekündigte Impfpflicht und die Einführung der 2G- und 3G-Regeln häufen sich die Analogien zur Schoa und insbesondere zur antisemitischen Markierungspraxis im Nationalsozialismus.

Was hier auffällt ist ein ungeheuerliche Bias, eine Vorurteilsstruktur gegen jedwede Kritik an den „Corona-Maßnahmen“. Es gibt in der Tat vielfältige antisemitische Verharmlosungen des Holocaust und des Nationalsozialismus, wenn Menschen sich Armbinden mit einem Judenstern und dem Wort „Jude“ oder „ungeimpft“ darin umbinden, wenn sie Plakate tragen, auf denen Kontaktverbote als „sozialer Holocaust“ bezeichnet werden, wenn „Rothschilds“, „Soros“ und „Bill Gates“ als eine Art Verschwörergruppe imaginiert werden, wenn die antisemitische Verschwörungsideologie von QAnon intoniert oder wenn Israel beschuldigt wird – wie von Neonazis in den USA oder vom Iran oder arabischen Antisemiten – an Corona schuld zu sein. Das alles gibt es und das ist sehr gefährlich und problematisch. Es ist ebenso sehr gefährlich, wenn organisierte Rechtsextremisten in einigen Fällen bei der Organisation der „Montagsspaziergänge“ zur Kritik der Coronapolitik federführend aktiv waren wie die Gruppe „Patriotic Opposition Europe“ in Berlin-Mitte, wie die NZZ berichtete.

Es ist erstmal faktisch falsch, wenn RIAS behauptet, ab dem „13. Dezember 2021“ hätte es solche Montagsspaziergänge gegeben, schon am 22. November 2021 berichtete die Presse von einem solchen gegen die Coronapolitik gerichteten Montagsspaziergang in der sächsischen Stadt Freiberg.

Diese harmlose Ungenauigkeit mag aber Ausdruck einer Ignoranz gegenüber dieser sozialen Bewegung sein, die nur aus Gründen der Abwehr überhaupt in den Fokus von RIAS gerät. Es ist ebenso faktenfrei, wenn RIAS behauptet, es würde nur eine „breite bundesweite Mobilisierung zu suggerieren“ (Herv. CH) versucht von den Protagonist*innen der Coronapolitik kritischen Montagsspaziergängen. Bei bis zu 1500 oder mehr zeitgleich an Montagen stattfindenden Demonstrationen bzw. Montagsspaziergängen bundesweit und bis zu 300.000 Teilnehmer*innen – wöchentlich! – muss man schon empirisch, faktenbasiert von einer tatsächlichen Massenmobilisierung sprechen. Vermutlich waren die Montagsspaziergänge zur Kritik der Coronapolitik die größte soziale Bewegung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, das wird die sozialwissenschaftliche Protest- und Bewegungsforschung weiter erforschen.

Und es ist ganz sicher nicht übertrieben, wenn man sagt, dass eine einzige Demonstration von einigen Hundert BDS-Anhänger*innen in Berlin eine weit größere Gefahr für Juden darstellt, als diese im Winter 2021/22 bis zu 1500 oder mehr gleichzeitig am Abend stattfindenden Montagsdemonstrationen (allein in Baden-Württemberg, dem bundesweiten Spitzenreiter, waren es mitunter knapp 300 Demonstrationen bzw. Spaziergänge), die nicht in aggressiven Sprechchören „Palestine from the river to the sea“ brüllten.

Es gab es in der der Bundesrepublik noch nicht, dass gleichzeitig zum selben Thema 1500 Demonstrationen stattfanden, und das ohne zentrale Organisation, mit einem breiten Spektrum an Teilnehmenden. Darunter waren sicher auch üble Personen, Antisemiten oder Rechte, Sexisten, SUV-Fahrer*innen etc. pp., aber ob z.B. Rechte mehr als zwei, fünf oder 10 Prozent ausmachten, wurde bislang noch nicht erforscht.

Viele der Spaziergänge hatten keine Parolen, keine Fahnen oder Plakate, mitunter Trillerpfeifen und Musik. Wer schaute früher bei linken Demonstrationen, wer für Mao ist? Dabei war Mao ein größerer Verbrecher als heutige Coronapolitik-Kritiker*innen. Holocaustleugner und Nazis müssen von jeder Demonstration ausgeschlossen werden. Doch unter diesem strafrechtlich relevanten Bereich gibt es eine Vielzahl von Positionen, die man höchst abstoßend finden kann und politisch bekämpfen sollte, aber tolerieren muss, wenn man in einer Demokratie leben will und nicht einem totalitären Staat wie in ZeroCovid-China.

Damit wird der von einigen Coronapolitik kritischen Demonstrant*innen vertretene strukturelle, erinnerungsabwehrende oder auf Verschwörungsmythen basierende Antisemitismus nicht weniger schlimm – aber man muss wissenschaftlich ganz genau differenzieren und kann nicht wie RIAS wenigstens vom Duktus her so tun, als ob so gut wie jede Kritik an den Coronamaßnahmen irgendwie mit Antisemitismus in Verbindung stünde. Das ist schlicht falsch und schadet dem so wichtigen Kampf gegen den Antisemitismus.

Es ist ebenso problematisch, wenn RIAS ohne jeden analytischen Bezug zur wissenschaftlichen Kritik an der irrationalen Coronapolitik von Merkel oder Scholz, Spahn oder Lauterbach einen eindeutigen Konnex von „Protesten gegen die Corona-Maßnahmen“ und einer angeblichen oder tatsächlichen Häufung von Antisemitismus herzustellen.

RIAS konzediert zwar der Form halber, dass die Coronapolitik-Kritiker*innen-Szene irgendwie „divers“ sei, aber von der Wissenschaftsfeindlichkeit von RIAS, das hier wie auch sonst primär seinen Unterstützern wie dem Berliner Senat Folge zu leisten scheint, wird nicht gesprochen. Denn folgender Satz von RIAS widerspricht der virologischen und epidemiologischen internationalen Forschung bzw. möchte mit dem Wörtchen „konsequenter“ offenkundig andeuten, dass die „2G- und 3G-Regel“ exakt richtig gewesen wären:

Ab Anfang Dezember 2021 wurden die Auflagen für Versammlungen aufgrund der hohen Inzidenz regional verschärft und die 2G- und 3G-Regel konsequenter umgesetzt.

Am 19. November 2021 publizierte ein großes Forschungsteam der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) und dem amerikanischen Justizministerium eine Studie, die empirisch zeigt, dass gegen SARS-CoV-2 geimpfte Personen exakt so lange und intensiv ansteckend sein können wie nicht geimpfte Personen. Ich habe darüber am 9. Dezember 2021 berichtet. Das macht jede Unterscheidung von geimpft versus ungeimpft zu einem antidemokratischen, medizinischen Willkürakt. Und im Gegensatz zu den Vorstellungen von RIAS ist ein Großteil der Demonstrant*innen gegen die Coronapolitik wissenschaftlich ziemlich gut informiert, jedenfalls besser als der überwiegende Teil der Gesellschaft, der sich mit solchen Studien oder der internationalen Forschung kaum beschäftigt und nur die der Regierung hörigen – so muss man das leider sagen – Mainstreammedien konsumieren. Dass wiederum nicht wenige Teilnehmende an der Coronapolitik-Kritik so wie viele andere Deutsche Verschwörungsmythen zum Beispiel zum 11. September 2001, der ein „inside job“ gewesen sein soll, anhängen, ist dramatisch und ob da noch Aufklärung hilft, über 20 Jahre nachdem wir die Fakten kennen, ist unwahrscheinlich. Doch das betrifft auch sehr viele ganz normale Coronapolitik-Anhänger*innen.

Dass die „2G“-Regel tatsächlich eine Apartheid bedeutet, das wird soweit ich sehe, von RIAS und seinem Leiter in Berlin Benjamin Steinitz nicht einmal diskutiert, sondern jede Kritik von vornherein – a priori – tendenziell ins antisemitische Lager gepackt oder eingerahmt, also geframt, wie das neudeutsch heißt.

Es wäre seriös und wissenschaftlich gewesen, wenn RIAS zum Beispiel sinngemäß geschrieben hätte, dass die 2G- und 3G-Regeln epidemiologisch, demokratietheoretisch und auch virologisch gar keinen Sinn machen und bloße Willkür sind. RIAS hätte auch dazu sagen können, dass Politiker mitunter ganz ehrlich waren im Herbst 2021 und betonten, dass es epidemiologisch völlig sinnlos ist, 2G oder 3G einzuführen, aber die Menschen zum Impfen gedrängt werden sollen, was dann durch eine Impfpflicht in Deutschland mit nie dagewesenem Zwang verbunden gewesen wäre. Nun ist vor wenigen Wochen die Impfpflicht krachend im Deutschen Bundestag gescheitert.

Soweit ich sehe, ging RIAS auch mit keinem Wort auf die Israelfahnen ein, die auf einer der bekanntesten Anti-Coronapolitik-Demonstrationen geschwungen wurden, und zwar am 20. März 2021 in Kassel.

Wie antisemitisch ist eine politische Szene, die Israelfahnen mit sich führt? Bei allen Widersprüchen und allen klar erkennbaren antisemitischen und Holocaust verharmlosenden Tendenzen im Lager der Coronapolitik-Kritik muss doch eine Dokumentationsstelle Antisemitismus wie RIAS hellhörig werden, wenn da immer wieder positive Bezüge zu Israel auftauchen, was bei BDS-Demonstrationen oder islamistischen und muslimischen Anti-Israel-Aktionen niemals passieren würde, genausowenig wie bei Neonazi-Demonstrationen. Selbst bei den Anti-Coronapolitik-Demos in Berlin im August 2020, wo nachweislich Rechtsextremisten mit dabei waren, flatterten mitunter, man konnte das in Livestreams am Computer verfolgen, Reichskriegsflaggen unweit von einer Israelfahne, die offenkundig erstere überdecken wollte, wobei die größte Fahne auf einer dieser Großdemonstrationen eine riesige Deutschlandfahne war, was ja zeigt, wie deutschnational die ganze Szene ist – aber eben in Teilen auch klar pro-israelisch.

RIAS versagt auch insofern, als man in seinen Berichten nicht entdecken kann, dass die Befürchtung vieler Kritiker*innen seit 2020, es würde auf eine Impfpflicht hinauslaufen, was von Merkel bis Scholz, Lindner und Habeck bis September 2021 geleugnet wurde – Bundestagswahl! – richtig war. Ja, das war offenkundig keine Verschwörungsideologie, sondern entsprach den Tatsachen. Das ist noch viel interessanter und demokratietheoretisch von höchster Bedeutung zu eruieren, warum gerade in den Ex-Nazi- bzw. ehemals faschistischen Staaten Deutschland, Österreich und in Teilen in Italien (nicht aber z.B. in Spanien, Rumänien, Griechenland oder Argentinien, auch ehemals faschistische Länder bzw. Ex-Militärdiktaturen) eine Impfpflichtdebatte geführt und eine Impfpflicht in Teilen eingeführt (und in Österreich aktuell wieder ausgesetzt) wurde. Warum in diesen drei Ländern und sonst weltweit so gut wie nirgends? Was sagt das über die politische Kultur des Autoritarismus, der Willkür oder der Bedeutung von staatlichem Zwang aus? Selbst in Israel gab es keine wirkliche Debatte über eine Impfpflicht, obwohl unter Netanyahu und später unter Bennett eine sehr aggressive Coronapolitik – unter anderem mit Maskenzwang im Freien! – exekutiert wurde.

Diese Befürchtung nach dem Ruf einer Impfpflicht in Deutschland hatte sich seit November 2021 bewahrheitet, plötzlich waren Scholz, Habeck und Lindner für die Impfpflicht. Exakt das Gleiche war schon ganz zu Beginn der Pandemie passiert, als Mitte März 2020 der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn es als Fake News diffamierte, dass einige Leute befürchteten, dass gravierende „Maßnahmen“ zur Einschränkung des Lebens angesichts von Corona bevorstünden. Wenige Stunden bzw. Tage später wurde der erste Lockdown beschlossen. Wer Fake News, also Unwahrheiten verbreitet hatte, waren Spahn und die Bundesregierung.

Ich habe mich zum Beispiel in einem Working Paper des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) im Januar 2021 ausführlich mit antisemitischen Tendenzen in der Coronapolitik-Kritiker*innen beschäftigt und diese Kritik in Dutzenden Texten ergänzt und untermauert – „Antisemitismus im Zeitalter von Corona“.

Aber das war eben immer eingebettet in eine wissenschaftliche Analyse der Fehler der Coronapolitik und des Irrationalismus sowie der Willkürlichkeit und verfassungsmäßigen Fragwürdigkeit der Coronapolitik der Bundesregierung und der 16 Landesregierungen.

Es ist dramatisch, dass gerade Antisemitismusforscher*innen weltweit die antidemokratische, unwissenschaftliche, irrationale, medizinisch nicht evidenzbasierte, juristisch häufig verfassungsfeindliche, rein auf die Exekutive und nicht auf Diskussion und Kompromiss basierende Coronapolitik nicht nur durchgewunken haben, sondern sogar Kritiker*innen fast komplett in die Kategorie „rechts“, „Verschwörungsideologe“ oder „Schwurbler“ gesteckt haben. Es wirkt selbstbeweihräuchernd und eben unwissenschaftlich, wenn nicht zuletzt Nachwuchsforscher*innen immer nur von der Gefahr der Querdenken-Bewegung sprechen ohne auch nur einmal ein Referat über den Irrationalismus von Merkel, Scholz, Spahn oder Lauterbach zu halten oder wenigstens juristisch die Unhaltbarkeit einer Unzahl von Maßnahmen zu thematisieren. Wer vom Irrationalismus, der Unwissenschaftlichkeit und der Impf-Apartheid wie von 2G nicht reden will, soll vom Rechtsextremismus von Teilen der Coronapolitik-Kritik schweigen.[22]

Schauen wir uns nun den antizionistischen Antisemitismus, der im Vergleich zu den Anti-Coronapolitik-Demonstrationen ein viel höheres Gewaltpotential hat, etwas näher an. Die problematische Position der Leitung des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, von Stefanie Schüler-Springorum und vielen ihrer Kolleg*innen im Bereich Jüdische Studien, Geschichte und Sozialwissenschaften, bezüglich Israel und der BDS-Bewegung habe ich im Januar 2021 in einem Working Paper näher untersucht („Initiative GG 5.3 Weltoffenheit„). Schon damals ging es wie auch wenig später in der „Jerusalem Decoaration“ um eine Verharmlosung der antisemitischen Parole „Palestine from the River to the Sea“.[23]

Am Samstag, den 23. April 2022 gab es eine Demonstration gegen Israel in Berlin-Neukölln. Angesichts von mörderischen Anschlägen in Israel durch Palästinenser, von Polizei- und Militäreinsätzen auf dem Tempelberg, in den palästinensischen Gebieten und in Israel, demonstrierten ca. 500 Personen gegen Israel – und gegen Juden. Dabei wurden antisemitische Parolen geschriene wie „dreckiger Jude“, „Kindermörder Israel“, „Frauenmörder Israel“.

Organisiert worden war die Hetzveranstaltung von einer Gruppe mit dem Namen „Palästina spricht“. Schockierend war auch das Verhalten der Polizei, für das der Berliner Senat verantwortlich ist, der aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2021 es ermöglicht, dass willkürlich Pressevertreter*innen von Demonstrationen ausgeschlossen werden können:

Journalisten-Gewerkschafter Jörg Reichel von der Deutschen Journalisten-Union hat das Geschehen beobachtet. Er schildert WELT den Vorfall so: Der Veranstalter und Teilnehmer hätten die Pressevertreter auf unterschiedliche Weise als „zionistische, rassistische, jüdische Presse“ markiert. Dann seien Ordner gekommen und hätten gedrückt und geschoben. „Teilnehmer haben aus diesem Pulk heraus zugeschlagen. Dann wurde die Polizei vom Veranstalter zugezogen und ein Ausschluss gefordert.“ Im Vorgehen der Polizei sieht Reichel eine „presserechtliche Katastrophe“.

(Die Welt, 26.04.2022, S. 6)

Auf der „Revolutionären 1. Mai“-Demonstration der linksradikalen Szene Berlin liefen am 1. Mai 2022 auch viele BDS-Anhänger*innen und Palästinenser*innen mit Fahnen mit. Wie am 22.4. wurde auch da wieder „Palestine from the river to the sea“ geschrien, also die Auslöschung des jüdischen Staates Israel gefordert.

Der antizionistische, auf Israel bezogene Antisemitismus spricht Juden das Recht ab, in einem eigenen Staat zu leben. Dabei ist Israel bereits ein sehr multikultureller Staat mit ca. 20 Prozent Arabern – welche europäische Demokratie würde eine so riesige nationale Minderheit ertragen, ohne zu einem antidemokratischen Regime zu mutieren (einmal abgesehen davon, dass ganz Europa bis auf Schweden während der Corona-Krise nicht mehr rechtsstaatlich und demokratisch war, sondern irrational, antidemokratisch und nur auf die Exekutive sowie ein einziges Virus fokussiert, ohne gesundheitliche Schäden, massive, für die ganze Bevölkerung durch Lockdown, Quarantäne, Masken usw. zu berücksichtigen, von den „Kollateraltoten“ im Globalen Süden nicht zu schweigen, die nach Millionen zählen).

Also: Israel ist ein jüdischer und demokratischer Staat. Das heißt nicht, und da ist die Pro-Israel-Szene zumal in Deutschland und Österreich häufig blind, dass Israel nicht auch Fehler macht. Es gibt Rassismus gegen Araber, Muslime und Palästinenser in Israel bzw. den palästinensischen Gebieten. Es gibt auch gezielte Provokationen von jüdischen Extremisten, die z.B. den Tempelberg zum Beten nutzen wollen, was eben nun mal für Muslime eine extreme Provokation darstellt. Daher hat auch jüngst der stellvertretende Ministerpräsident und Außenminister Lapid betont, dass es keinerlei Erlaubnis geben wird für nicht-muslimische Menschen, auf dem Tempelberg zu beten. Die Räumung bzw. Enteignung von palästinensischen Wohngebieten ist ebenso heftig umstritten. Es gibt in Israel viele zionistische Stimmen, die sich gegen den Nationalismus Israels wenden und die weiterhin eine Zweistaatenlösung anstreben.

Antisemiten, die so wie in Berlin krakeelen und Juden bedrohen, Journalist*innen angreifen und ausschließen von der Berichterstattung, die sind völlig verloren für eine rationale Diskussion. Da muss man mit aller Härte durchgreifen und antisemitische Gewalttäter zur Rechenschaft ziehen.

Das heißt aber nicht, dass man politisch die Situation in Israel näher betrachten muss. Darauf weist die Politologin an der Hebräischen Universität, Stadträtin in Jerusalem seit vielen Jahren für die linke Partei Meretz und Publizistin Dr. Laura Wharton hin. In einem Text vom 19. Februar 2022 erläutert sie die Situation in Jerusalem und vor allem in Ost-Jerusalem. Die Enteignungen, die dort im Viertel Sheik Jarrah stattfinden, hält sie für höchst problematisch. Jüdische Siedler und andere melden plötzlich Anspruch auf Eigentum an, weil sie 1948 im Krieg vertrieben worden seien. Wharton betont, dass dies doch genauso andersherum passieren könne, Palästinenser, die aus West-Jerusalem oder jedem anderen heutigen Ort in Israel vertrieben wurden. So wie Israel zu Recht gegen jedes Recht auf Rückkehr sich ausspricht, weil dies das Ende des jüdischen Staates bedeutete, so sollten auch jüdische Israelis solche Enteignungen von Palästinensern in Ost-Jerusalem sofort stoppen. Dabei ist es ohnehin zynisch, da die jüdischen Ex-Eigentümer dieser Häuser oder Wohnungen bereits vor Jahrzehnten entschädigt wurden, wie Wharton betont:

1. Many of the Palestinians now living in East Jerusalem were refugees in 1948 from what is today Israel proper. They were settled in their current homes by the Jordanian government and the U.N., in return for which they waived their rights as refugees. To evict them would make them refugees twice over, an unthinkable prospect from a humanitarian perspective.

2. Jewish families who lived in parts of Jerusalem that were taken over by Jordan in 1948 were compensated and given abandoned property by the Israeli government. This offering them title to the property they left constitutes double compensation, as Adv. Michael Ben-Yair (ex-Attorney General), who was born in Sheikh Jarrah, explains in his eponymous book on the subject.

Es ist also eine Sache, sich gegen den rabiaten, handgreiflichen und zu Gewalt anstachelnden Antisemitismus wie letzten Samstag in Berlin zu wenden. Es ist eine komplementäre Sache, sich konkret mit der Situation in Israel im Sinne des Projekts Zionismus und jüdischer und demokratischer Staat Israel sich mit dem Rassismus gegen Araber und Palästinenser sowie der rechtsextremen Siedlerpolitik kritisch zu befassen.

Wie weit verbreitet mittlerweile die BDS-Bewegung ist, zeigt ein sehr besorgniserregendes Beispiel aus den USA, das uns auch gleich zurückführt auf Jerusalem und den Stadtteil „Sheikh Jarrah“. Am 29. April 2022 publizierte die Redaktion der ältesten kontinuierlich erscheinenden Studentenzeitung in den USA, The Harvard Crimson von der Eliteuniversität der Ivy League Harvard, ein Editorial, das sich hinter die antisemitische BDS-Bewegung stellt:

In dem Artikel beziehen sie sich unter anderem auf den ehemaligen CNN Kommentator Marc Lamont Hill, der den sowohl islamistischen wie säkular-antisemitischen Slogan „From the River to the Sea“ für den arabisch-israelischen Konflikt benutzt.

Der Harvard Crimson ist eine sehr einflussreiche Studierendenzeitung und hat fast 90 Mitglieder in der Redaktion, wozu auch eine eigene Druckerei gehört. Viele einflussreiche Politiker*innen und Prominente waren früher als Studierende Teil von Crimson. Die Texte des Herausgebergremiums bzw. der Redaktion (Editorial Board) werden mit Mehrheitsbeschluss gefasst. Bislang hatte sich Crimson gegen die BDS-Bewegung ausgesprochen. Solche Elitestudierenden wie in Harvard, wo 2021 nur 3,4 Prozent der Bewerber*innen als Student*in aufgenommen wurden, haben ein scharfes Sendungsbewusstsein, wer in Harvard, Yale oder Columbia etc. war, wird eine wichtige gesellschaftliche Position bekommen. Das ist also ein sehr schlechtes Zeichen, wenn jetzt so ein studentisches Gremium von 18-25-jährigen Studierenden so eine antisemitische Bewegung wie BDS gutheißt.

Der Direktor der Anti-Defamation League (ADL) Jonathan Greenblatt ist sichtlich angewidert von der Pro-BDS-Positionierung der jungen Harvard-Studierenden von Crimson, wie der Algemeiner berichtet:

Responding to the editorial on Twitter, Anti-Defamation League (ADL) CEO Jonathan Greenblatt called it “beyond disturbing.”

“Contrary to its claims, endorsing BDS does nothing to help Palestinians & only serves to delegitimize Israel’s existence, and isolate & intimidate the Jewish community, especially on campus,” he wrote. “Before publishing blanket statements on such complex and important issues, the Crimson editors should check their own blind spots in this matter and ask why they deem it necessary to expressly single out the state of Israel.”

“Just imagine if the Crimson would have instead promoted engagement and dialogue, and sponsored efforts on campus & beyond to build foundations for a future of self-determination, security and peace for both Israelis and Palestinians,” Greenblatt continued.

Wie stark gegen Israel sich die jungen Studentinnen und Studenten in Amerika, hier in Harvard, wenden, zeigte bereits ein Artikel von Oktober 2021, der den palästinensischen Aktivisten und Publizisten Mohammed El-Kurd vorstellte. El-Kurd kommt aus Jerusalem und Sheikh Jarrah, hat 250.000 Follower auf Twitter, wurde 2021 Palästina-Korrespondent der Zeitschrift The Nation, die Times wählte ihn und seine Zwillingsschwester zu zwei der einflussreichsten Personen des Jahres 2021. Was macht ihn so außergewöhnlich und erfolgreich mit 23 Jahren? Seine Familie wohnt in einem Haus, das zu den umstrittenen Gebäuden und Grundstücken in Sheikh Jarrah gehört. Über den Fall wurde ein Film gedreht. El-Kurd hat 2021 ein Buch publiziert, Rifqa, worin er wie selbstverständlich die jahrhundertealte antisemitische Blutbeschuldigung aufgreift und zitiert:

In 2009, Swedish photojournalist Donald Boström published an essay titled “Our Sons Are Being Plundered for Their Organs,” in which he exposed the decades-long Israeli practice of returning the bodies of young Palestinian men to their families with organs missing.[24]

Organhandel ist weltweit ein sehr lukratives Geschäft. Auch in Deutschland gab es Organhandelskandale, wie in vielen Ländern, auch in Israel. Was hier aber bei Boström vorliegt, ist eine klassische antisemitische Blutbeschuldigung. Es wird in einem Text von Boström in der größten schwedischen Tageszeitung Aftonbladet behauptet, dass die israelische Armee IDF absichtlich Organe von Palästinensern verwenden würde. Dafür hatte er keinerlei Beweise, wie er im israelischen Radio selbst zugab. Es gab in Schweden allerdings wie auch in Israel und weltweit einen Aufschrei, dass so eine antisemitische Verschwörungsideologie und Blutbeschuldigung in einer großen und als seriös betrachteten Tageszeitung in Schweden publiziert wurde. Eine andere große schwedische Zeitung kritisierte Aftonbladet scharf:

Writing in rival newspaper Sydsvenskan, Mats Skogkär attacks Aftonbladet’s decision. In an Op-Ed piece called Antisemitbladet, he gets to the heart of the issue:

Whispers in the dark. Anonymous sources. Rumors. That is all it takes. After all we all know what they are like, don’t we: inhuman, hardened. Capable of anything. Now all that remains is the defense, equally predictable: ‘Anti-Semitism’ No, no, just criticism of Israel.

El-Kurd tweetet besonders vulgär, sexistisch, antisemitisch und aggressiv,

er trat im Frühjahr 2022 auf der Israeli Apartheid Week in den USA auf, wie die Anti-Defamation League (ADL) berichtet. Die ADL hat auch ein ganzes Dossier über den Antisemitismus von El-Kurd publiziert,

der regelmäßig Israel mit dem Nationalsozialismus vergleicht. Sein Twitter-Account ist voll von solchen antisemitischen Vergleichen von Nazis und Israel, israelischer Politik und der „Kristallnacht“, „der Zionismus“ sei „blutdürstig“ und so weiter. Es ist absolut schockierend, was für Hetze tagtäglich auf Twitter und anderen a-sozialen Medien möglich ist. Und der von der Harvard Law School’s Middle Eastern Law Student Association eingeladene und von Crimson promotete Mohammed El-Kurb ist ein typischer antisemitischer Agitator, der im Mainstream der USA angekommen ist.

Die Tatsache, dass ein Typ wie El-Kurb in Harvard auftreten darf und sogar von einer Zeitung für seine Agitation bezahlt wird (The Nation) ist skandalös. Aber es passt in ein antisemitisches Klima in Harvard, das jetzt vor wenigen Tagen zu dieser Pro-BDS-Position des Harvard Crimson führte. Die linksradikale Szene Berlin und Harvard Hand in Hand gegen die Juden und den jüdischen Staat Israel.

Wer Israel als jüdischen Staat auflösen möchte, handelt antisemitisch. Das macht BDS und das machen jene, die „Palestine from the River to the Sea“ schreien. Das sind Gewaltandrohungen. Ganz im Gegensatz dazu versuchen linkszionistische Lokalpolitikerinnen wie die Publizistin und Politologin Laura Wharton wie gezeigt auf pragmatischem Weg eine Lösung für Jerusalem, die Palästinenser und den arabisch-israelischen Konflikt zu finden. Sie setzt sich gegen Gewalt von Siedler*innen und gegen den anti-palästinensischen Rassismus ein.

Doch BDS wie auch auf ganz anderer Ebene das Corona-Regime kennen nur Schwarz und Weiß. „From the River to the Sea“ oder „Wir impfen euch alle”, wie die Berliner Antifa und andere Antifas krakeelen, haben jeweils wissenschaftlich und politisch keinen Sinn, außer Gewalt anzudrohen.

Ein riesiges Problem für die Demokratie ist also das Schwarz-Weiß-Denken, wie auch das Gruppendenken. Durch die Regierung Merkel und jetzt durch Scholz werden diese beiden autoritären Denkweisen auf nie dagewesene Weise seit 1945 verschärft. Zuerst – und bis heute – ist es die Corona-Ideologie, die jede Kritik an den willkürlichen, medizinisch wie verfassungsrechtlich fragwürdigen Maßnahmen diffamierte, heute ist es die unglaubliche Dämonisierung alles Russischen. Eine rationale Analyse dieses Krieges bleibt aus, ja Deutschland sieht sich zum ersten Mal seit 1945 wieder in einem Krieg mit einem der Befreier vom Nationalsozialismus, nachdem es schon 1999 im Luftkrieg gegen Serbien einen Tabubruch begangen hatte: Nie wieder Krieg. Heute heißt es: Nie wieder Krieg ohne schwere deutsche Waffen auch in Europa!

Die so wichtige Einrichtung RIAS aus Berlin, die Antisemitismus dokumentiert, hat wie gezeigt keinen Blick für die medizinisch und demokratisch äußerst fragwürdige Coronapolitik und diffamiert jedwede substantielle Kritik als irgendwie dem antisemitischen Lager zugehörig. Damit leistet RIAS der Kritik an allen Formen von Antisemitismus einen Bärendienst. Übrigens gab es auf der „Revolutionären 1. Mai Demonstration“ am 1.5.22 in Berlin auch wenigstens eine Person im Schwarzen Block, die ein Plakat hielt mit der Aufschrift „Gegen jeden Antisemitismus“ (so ein Live-Blog im Berliner Tagesspiegel), womit seit vielen Jahren gerade auch der antizionistische Antisemitismus mit gemeint ist.

Schließlich ist das Schwarz-Weiß-Denken auch im arabisch-israelischen Konflikt deutlich. Während die kulturelle Elite häufig Israel als Staat der Juden ganz grundsätzlich ablehnt (Judith Butler und die BDS-Bewegung vorneweg) und die Palästinenser nur als Opfer betrachtet werden – es also nur „Gut“ und „Böse“ gebe, ignorieren auf der anderen Seite Pro-Israel-Aktivist*innen die offenkundigen Fehler israelischer Politik seit 1967 und der Besatzung.

Der Unterschied jedoch zwischen CDU-Politikern, die vom „Zivilisationsbruch“ daherreden, ohne jede historische Kenntnis, aber viel psychischem Bedarf nach Entlastung von der deutschen Schuld, und jenen antisemitischen, häufig, aber nicht immer islamistischen Hetzern, die vom Gazastreifen als „KZ“ fabulieren oder von Coronapolitik-Kritikern, die meinten, Israel würde eine noch schlimmere (Corona-)Politik betreiben als die Nazis, dieser Unterschied ist gering und kaum zu erkennen.

Es geht seit Jahren um maximale Erregung, Propaganda, Headlines, was nicht zuletzt Folge der schnelllebigen Welt der a-sozialen Medien Twitter, Telegram, Facebook oder Instagram und YouTube etc. ist.

Diese Sensationsgeilheit und zumal eines der ältesten antijüdischen Ressentiments führt uns zum letzten der vier Beispiele für heutigen Antisemitismus: die Beschneidungsdebatte.

4. Antijudaistischer Antisemitismus im Mainstream und bei Coronapolitik-Kritikerinnen

Am 7. Mai 2012 wurde ein Urteil des Landgerichts Köln verkündet, das als einer der größten Angriffe auf jüdisches Leben in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland betrachtet wird. Das Urteil wendet sich gegen die Beschneidung von Jungen, am Beispiel eines 4-jährigen muslimischen Jungen. Damit hob das Landgericht Köln das anderslautende Urteil des Amtsgerichts Köln vom 21.09.2011 auf.

2012 kritisierte der Publizist und Gelehrte in Jüdischen Studien von der Universität Basel Alfred Bodenheimer den Juristen Holm Putzke und den Anti-Beschneidungsdiskurs.[25] Dabei geht er auch auf einen Beitrag Putzkes in einer Festschrift für dessen Doktorvater Rolf Dietrich Herzberg 2008 ein.

Schon in den 1840er Jahren gab es unter Rabbinern und der jüdischen Gemeinschaft Diskussionen über die Beschneidung. Darauf weist ein umfassender Band zur Beschneidungsdiskussion im Jahr 1896 hin, der gescannt online verfügbar ist.[26]

Da werden medizinische, religiöse wie gesellschaftspolitische Gründe und Diskussionen für die Beschneidung ausführlich erörtert. Alle Beiträge stellen sich hinter die Beschneidung. Medizinisch wird häufig der Vorteil der Beschneidung angeführt, was Probleme bei schlecht durchgeführten Fällen nicht ausschließt. Aber der Kern ist die ungeheuerliche Anmaßung zumal von Deutschen, Juden vorzuschreiben, wie sie ihre Religion auszuüben hätten und das auch noch, ganz im Sinne der antisemitischen Blutbeschuldigung oder Blood Libel den Juden subtil oder weniger subtil Kindesmisshandlung zu unterstellen.

Medizinisch wurde 1896 bereits detailliert auf die häufigen und vielfältigen Erkrankungen des unbeschnittenen Penis mit Vorhaut hingewiesen. Darunter fallen „der weiche Schanker“, „Herpes progenitalis sive praeputialis“, die „katarrhalische Balanoposthitis“, die „gonorrhoische Balanoposthitis“ oder der gewöhliche „Eicheltripper“. Doch diese damals diagnostizierten medizinischen Vorteile einer Beschneidung sind nicht die Begründung für die Brit Mila oder die muslimische Beschneidung. Es sind kulturelle und religiöse Praktiken und eine Demokratie muss Religionsfreiheit gewährleisten. Doch gerade das ach-so-gebildete Bürgertum in Deutschland hetzt seit Jahren gegen die Beschneidung.

Eine Anzeigenkampagne in Bussen, Bahnen und öffentlichen Orten der Giordano-Bruno-Stiftung war besonders perfide, wobei sie einen Jungen als Beispiel nimmt, also vermutlich einen muslimischen Jungen, und keinen neugeborenen jüdischen Jungen, denn im Judentum muss die Beschneidung bis zum achten Tag vollzogen sein.

Der Pädagoge Micha Brumlik hat damals die Giordano-Bruno-Stiftung mit ihrem Namensgeber kontextualisiert:

Gerade diese Übersetzung aber gibt Brunos judenfeindliche Äußerungen im Dialog „Austreibung des triumphierenden Tieres“, erschienen 1584, unmissverständlich wieder. In einer Passage, in der die allegorischen Partner eines Dialogs darüber sprechen, wie ungerecht es sei, Verfehlungen der Eltern an den Kindern zu strafen, heißt es in der neuen Übersetzung, dass sich diese Überzeugung erstmals bei den Juden gefunden habe, „da diese ein so verpestetes, aussätziges und ganz allgemein verderbenbringendes Geschlecht sind, das eher vertilgt zu werden verdiente, als geboren“.

Diese Behauptung vertrat Bruno in einer Zeit, als auf der italienischen Halbinsel, vor allem im Kirchenstaat, die Juden vertrieben wurden. Die, die blieben, wurden ghettoisiert sowie in ihrer Berufstätigkeit und Freizügigkeit massiv eingeschränkt, ihre Kinder wurden oft zwangsgetauft.

Auf jeden Fall: Nicht einmal das Übersetzerduo Blum kommt umhin festzustellen, dass Bruno – wie es pointiert schreibt – ein „rabiater Judenfresser“ war.

Viele Linke, auch aus der Pro-Israel-Szene, haben sich wie die FAZ, Putzke oder die Giordano-Bruno-Stiftung gegen die Brit Mila gestellt, so die Postille Bahamas und ihre Autoren Thomas Maul und Justus Wertmüller, die Bahamas rief sogar ihre kleine Anhängerschaft dazu auf, im August 2012 nicht auf eine Kundgebung in Berlin zu gehen, die sich für Religionsfreiheit und das Recht auf die Beschneidung aussprach. Andere allzu deutsche Agitatoren gegen die jüdische wie muslimische Knabenbeschneidung waren die Publizisten Thomas von der Osten-Sacken, Tilman Tarach sowie das extrem rechte Portal „Politically Incorrect“.

Der Politikwissenschaftler Mathias Küntzel, der auch aus der Pro-Israel-Szene stammt, positionierte sich differenzierter und hat bei der üblichen linken Agitation gegen die Brit Mila nicht mitgemacht. Er hat 2012 die Diskussion für den Perlentaucher zusammengefasst und zumal das linke Versagen, das Judentum zu verteidigen, herausgestellt und deren de facto Nähe zu Neonazis unterstrichen:

Mit ungewöhnlicher Starrsinnigkeit stellen sich die Beschneidungskritiker auch gegenüber den Alarmrufen der Repräsentanten jüdischer Körperschaften taub. Netanel Wurmser, Landesrabbiner von Baden-Württemberg: Das Urteil „weckt Erinnerungen an schlimmste Szenarien jüdischer Verfolgung.“ Pinchas Goldschmidt, Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner: „Sollte das Urteil Bestand haben, sehe ich für die Juden in Deutschland keine Zukunft.“

Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Würde die Beschneidung in Deutschland verboten, würde dies ein jüdisches Leben hier unmöglich machen. Dann müssten wir gehen.“ Dass die NPD der letztgenannte Aussage freudig applaudiert und „allen Verstümmelungslobbyisten, religiös motivierten Tierquälern und anderen Fanatikern, die uns Deutschen ihre Vorstellung von Religionsfreiheit aufzwingen wollen, eine gute Heimreise“ wünscht, kann nicht weiter überraschen. Schwieriger ist die kalte Hartnäckigkeit zu erklären, mit der ein großer Teil des linksliberalen und progressiven politischen Lagers das Kölner Urteil gegen jüdische Proteste zu verteidigen sucht. Exemplarisch ist ein Beitrag der linksliberalen Wochenzeitung „Jungle World“. „Recht vor Glaube!“ fordert darin die Autorin Hannah Wettig.

Zur antisemitischen Dimension der Anti-Beschneidungsdebatte äußerte sich auch ein unabhängiger Expertenkreis Antisemitismus beim Bundesministerium des Innern. Darin heißt es:

Besonders häufig sind es Karikaturen, die antisemitische bzw. rassistische Inhalte zeigen. So veröffentlichte etwa der Berliner Kurier im Juli 2012 einen Cartoon des slowakischen Karikaturisten Marian Kamensky, der antimuslimische und antisemitische Konnotationen gleichermaßen bedient. Zu sehen ist ein Beschneider mit muslimischer Kopfbedeckung, der in der einen Hand ein Messer hält, von dem Blut tropft, und in der anderen den abgeschnittenen Penis eines ihm gegenüberstehenden Jungen, der eine Kippa trägt. Der als muslimisch markierte Beschneider sagt: »Oh, oh, heute ist nicht mein Tag«, woraufhin der als Jude zu erkennende Junge erwidert: »Kopf hoch, es wird bald nicht mehr strafbar!« (…)

Zu einem Artikel von Jörg Lau zum Beschneidungsverbot, der am 5. September 2012 in der Zeit publiziert wurde, sind innerhalb von acht Tagen 1064 Kommentare gepostet worden.1021 Lau geht explizit auf antisemitische Konnotationen in der Beschneidungsdebatte ein:

»Die Entwertung der jüdischen Religion, diesmal nicht im Zeichen des rassistischen Antisemitismus, sondern im Zeichen der Aufklärung und der Menschenwürde. Endlich kann man den Juden am Zeug flicken, ohne sich dem Verdacht des Antisemitismus auszusetzen, denn es geht ja um den Kinderschutz, hier verstanden als Schutz jüdischer Kinder vor den Juden.«

Nicht zuletzt Verschwörungsmythiker*innen, Maskulinisten und ‚Männerrechtler‘ sind untern den antijüdischen Aktivisten, wie der Expertenkreis Antisemitismus betont und einen Text der Journalistin Elke Wittich, der sich gegen diese männerbündische Hetze wendet, zitiert.

Im Dezember 2012 wurde vom Deutschen Bundestag ein Gesetz verabschiedet, das die Beschneidung zulässt, sich also gegen das Urteil vom Landgericht Köln wendet, aber nur unter Vorbehalt sozusagen, wie wir weiter unten in einem Zitat von Gremliza sehen werden.

Der damalige Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, stellt völlig schockiert fest, wie der unabhängige Expertenkreis Antisemitismus zitiert:

Wenn ich den Offenen Brief der 700 Wissenschaftler an Bundesregierung und Bundestag lese, dann ist das eine einzige Anklageschrift. Eine Schmähschrift, welche die jüdische Gemeinschaft heute und alle Juden seit Jahrtausenden vor uns als notorische Kinderquäler diffamiert. Da wird von namhaften Medizinern und Juristen behauptet, wir übten ›sexuelle Gewalt‹ gegen unsere Kinder aus. Man tue Kindern nicht weh, heißt es dort, und dieser Satz wird auch noch marktschreierisch mit einem groben Ausrufezeichen versehen. Das ist eine Form von Anklage und Belehrungsdenken, die man nirgendwo auf der Welt sonst noch findet. […] Es gibt eine große überregionale Tageszeitung, die ich selbst seit Jahrzehnten lese, die seit Wochen einen regelrechten journalistischen Kreuzzug gegen die Beschneidung führt. Immer wieder wird die Brit Mila dort gleichgesetzt mit Kindesmisshandlung und -missbrauch, mit Genitalverstümmelung von Mädchen, mit der Prügelstrafe und sogar Menschenopfer.

Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. publiziert 2017 mehrere, auch feministische Stellungnahmen gegen die Brit Mila, die auf nicht anders als antijüdische Weise mit der Genitalverstümmelung von Frauen gleichgesetzt (!) wird:

Christa Müller, 1. Vorsitzende von (I)NTACT – Internationale Aktion gegen die Beschneidung von Mädchen und Frauen e.V. , führt aus: „Vor fünf Jahren hat der Deutsche Bundestag mit einem Gesetz die männliche Genitalverstümmelung erlaubt. Damit wurde eine Menschenrechtsverletzung legalisiert. In der Realität sind hiervon vor allem muslimische und jüdische Jungen betroffen. Sind sie uns weniger wert als christliche Jungen?

Bodenheimer bettet seine Analyse des antijüdischen Anti-Beschneidungsdiskurses im Jahr 2012 politisch ein:

Das Jahr 2012 könnte als jenes in die Erinnerung der jüdischen Gemeinschaft eingehen, in dem die Grundfesten der Holocaust-Rezeption in Deutschland ins Wanken gekommen sind, befeuert durch den elektronischen Marktplatz, der eine praktisch ungebremste öffentliche Meinung freigesetzt hat. (…)

Der Kampfruf von der Unantastbarkeit des jüdischen Körpers wird zum effektivsten und erprobtesten Mittel der Antastbarkeit des Judentums in seiner überlieferten Form, nämlich dem Vorwurf einer religionsinhärenten Gewalttätigkeit und Empathieunfähigkeit. Von der Kreuzigung Jesu bis zu Shakespeares Shylock ist dies ein eingeschliffenes Muster abendländischen Kulturwissens.[27]

Vor diesem Hintergrund ist die Ankündigung einer Tagung an der Universität Mainz Anfang Mai 2022 unter dem Titel „Genitalautonomie und Kinderschutz“, wo neben anderen Referent*innen gleich zwei ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete involviert sind, Marlene Rupprecht und Lale Akgün, schockierend. Schon der Titel ist eine Unverschämtheit und insinuiert, dass Juden (wie Muslime) mit „Kinderschutz“ nichts am Hut haben können, wenn sie die Beschneidung durchführen.

Neben dem antijüdischen (und auch antiislamischen) Impetus ist folgendes auffallend: Wie reaktionär und weltweit betrachtet irrational die deutsche Debatte verlief und verläuft, zeigen die weltweiten Zahlen. So sind weltweit ca. 38 Prozent aller Männer beschnitten, in Israel und in arabischen wie muslimischen Ländern sind es 90 Prozent, aber auch in den USA sind es 80 Prozent. Davon haben die Agitator*innen in Deutschland offenkundig keine Ahnung, auch nicht davon, dass die WHO eine Beschneidung als Prävention gegen eine HIV-Infektion in Gegenden mit einer hohen Prävalenz des Virus bzw. der Krankheit sogar empfiehlt, wie es auch Forschungsstand der „evidenzbasierten Rechtswissenschaft“ ist, so Hendrik Pekárek 2013.

Die Tagung an der Uni Mainz wird von deren beiden Professoren Jörg Scheinfeld und Hauke Brettel organisiert. Scheinfeld ist seit Anfang 2022 „leitender Direktor am Institut für Weltanschauungsrecht“. Das Institut heißt wirklich so:

Die Gründung des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) fand am 11. Februar 2017 am Stiftungssitz der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) in Oberwesel statt.

Michael Schmidt-Salomon von der Giordano-Bruno-Stiftung sitzt auch im vierköpfigen Direktorium, im Beirat sitzen unter anderen die Publizistin Seyran Ates, der Jurist Prof. Holm Putzke und die ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordnete Ingrid Matthäus-Maier.

Die Journalistin Gunda Trepp untersucht in ihrem aktuellen Buch „Gebrauchsanweisung gegen Antisemitismus“[28]:

Insgesamt habe ich sowohl bei den beteiligten Wissenschaftlern als auch den Kommentatoren in Medien und anderen Foren den Eindruck, hier werde nicht ein medizinischer Vorgang bewertet, sondern der moralische Wert einer Religionsgemeinschaft. In vielen Fällen vergriffen sich die Teilnehmer im Ton. ‚Vielfach‘ hätten Bürger in diesem Zusammen Bezeichnungen wie ‚pervers‘, ‚primitiv‘ oder ‚brutal‘ benutzt, oder Begriffe wie ‚blutige Verstümmelung‘, schreiben Monika Schwarz-Friesel und Jehuda Reinharz.[29]

Trepp geht auch auf aggressive Beschneidungsgegner wie den Publizisten und Juristen Thomas Fischer ein, der die Brit Mila und die Knabenbeschneidung mit der kriminellen und lebensgefährlichen Genitalverstümmelung bei Mädchen vergleicht und sie kritisiert auch den Juristen Jochen Schneider, der offenbar in „seiner Dissertation die Beschneidung eines Säuglings mit der Eintätowierung von Nummern in Konzentrationslagern“ auf widerwärtige Weise in Beziehung setzt.[30]

Es ist nun bezeichnend, dass eine der bekanntesten Coronapolitik-Kritiker*innen, die immer so liberal und aufgeklärt tut oder getan hat und die häufig in der Presse publiziert oder interviewt wird und auch im Fernsehen zu sehen war, die Rechtsanwältin Jessica Hamed aus Mainz, auf ihrem Twitter-Account die Ankündigung dieser gegen einen zentralen Teil des Judentums vorgehende Tagung teilt.

Geradezu lustig ist es, wäre es nicht so dramatisch hetzerisch gegen das Judentum und die Juden und den Islam, wenn Hamed damit einen Tweet von Putzke retweetet, in dem es heißt:

„Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass auf dem Boden des GG ein Gesetz zustande kommt, das gestattet, schutzbedürftigen Säuglingen & Kindern ohne medizinischen Grund einen erogenen Körperteil irreversibel abzutrennen, ihnen dadurch Schmerzen zuzufügen…“ Prof. Putzke 1/3

Jessica Hamed ist so begeistert von Putzke, dass sie ihren Twitter-Followern vorschlägt, ihm auf diesem umstrittenen Medium zu folgen.

Heute schreibt sie ganz euphorisch von dieser Tagung an der Uni Mainz:

Es wäre interessant, die 80 Prozent Männer in den USA oder die 90 Prozent in Israel und arabischen Ländern zu fragen, ob denn deren Sexualleben womöglich nicht schlechter ist als das vieler Anti-Beschneidungs-Hetzer*innen, die evtl. nur neidisch sind? Denn medizinisch wäre es interessant zu erfahren, seit wann ein Schnitt durch die Vorhaut, das Entfernen eines „erogenen Körperteil“s sein soll.

Der Kern aber ist der Frontalangriff auf das Judentum – und auch auf den Islam. Dass der Islam vieles vom Judentum einfach nur imitierte, dabei aber oft grotesk und fatal übertrieb, das nur am Rande – Beschneidung nicht am achten Tag, sondern als Kleinkind oder Kind, nicht nur ein Tag fasten wie an Yom Kippur, sondern vier Wochen im Ramadan und so weiter, wie schon Abraham Geiger in seiner Dissertation 1833 an der Uni Bonn untersuchte.

Der Macher des „Verfassungsblogs“ Maximilian Steinbeis hat die Situation 2013 komprimiert und etwas arg positiv, aber durchaus treffend dargestellt, wobei ihm klar ist, dass wir es mit einer großen Diskrepanz zwischen dem Mob auf der Straße und in den Kommentarspalten wie den a-sozialen Medien auf der einen und weiten Teilen der politischen Elite auf der anderen Site zu tun haben:

Insoweit scheint mir die Situation in Deutschland noch ganz passabel. In der deutschen Politik und Medienöffentlichkeit ist das Bewusstsein darüber, was es mit dem New-School-Antisemitismus auf sich hat, ziemlich weit verbreitet. Wer das für selbstverständlich hält, sollte sich mal mit Österreichern unterhalten (von Ungarn ganz zu schweigen).

Deshalb fliegt bei uns ein CDU-Abgeordneter aus der Fraktion, wenn er von den Juden als „Tätervolk“ faselt. Deshalb stürzen wir unseren Nationalnobelpreisträger Günter Grass vom Podest, wenn er Israel den Willen zum atomaren Holocaust an den Leib dichtet. Deshalb ist sich die politischen Elite – in scharfem Kontrast zur breiten Bevölkerung – fast geschlossen einig darin, dass die Beschneidung nicht kriminalisiert werden darf.

Aber ich will hier keine Selbstzufriedenheit verbreiten. Dass dazu kein Anlass besteht, zeigt ein Blick in die Kommentarspalte unter jedem einzelnen der Artikel auf diesem Blog, die das Beschneidungsthema behandeln…

All jenen turbo aggressiven Hetzer*innen gegen die Brit Mila in Deutschland – von ganz links über die breite Mitte bis ganz rechts (AfD etc.)– könnte man entgegenschleudern „Haut ab!“, oder in einer Sprache, die solche Jurist*innen eventuell eher verstehen: „Verpisst euch!“, oder aber eleganter mit den Worten von Hermann L. Gremliza (1940-2019):

„Das Angebot der Deutschen, Beschneidung Unmündiger nicht als Körperverletzung verfolgen zu lassen, ist so faul wie jeder Kompromiß zwischen Tätern und Opfern. Was zu verlangen wäre, wird nicht verlangt: eine Erklärung, daß die Beschneidung nicht bestraft werden kann, weil die Deutschen das Recht, Juden Gebräuche ihrer Gemeinschaft zu untersagen, durch Auschwitz verwirkt haben, wenn nicht für immer, so doch auf eine ihren Verbrechen angemessene Zeit, sagen wir: auf tausend Jahre. So würde das besinnungslose Geschwätz vom ‚besonderen Verhältnis zu den Juden‘ endlich einmal wahr“.[31]

Resümee

Die vier analysierten Beispiele für Antisemitismus im Jahr 2022 zeigen wie unterschiedlich sich dieser „längste Hass“ (Robert S. Wistrich) zeigen kann. In gewissen Kreisen hat sich mittlerweile durchgesetzt, dass Antizionismus hier und heute eine Form von Antisemitismus ist, das mag bei jüdischen Antizionisten um 1900 noch etwas differenzierter zu beurteilen gewesen sein. Aber nach der Shoah und nach der Gründung des Staates Israel ist die Ablehnung des jüdischen Selbstbestimmungsrechts in einem eigenen Staat antisemitisch. Dafür unterstützen wiederum auch Pro-Israelis mitunter andere Formen des Antisemitismus, wie die Agitation gegen die Brit Mila, die gesamtgesellschaftlich vermutlich eine der häufigsten Formen von Antisemitismus darstellt, sich also gegen das selbstbestimmte jüdische Leben richtet, denn der aktuelle Aufhänger von 2012 war ja ein Urteil eines deutschen Landgerichts gegen die Beschneidung. Wieder andere trivialisieren den Holocaust, indem sie die ukrainische Propaganda vom „Vernichtungskrieg“ verwenden oder gar das Wort „Zivilisationsbruch“ in den irrationalen Panikraum werfen, ohne jede historische Kenntnis, was der Zivilisationsbruch war.

Nicht wenige Protagonist*innen aus der Coronapolitik kritischen Szene vertreten antisemitische Topoi. Das hatte ich bereits im Januar 2021 in einem Working Paper des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) detailliert analysiert und mit diesem Working Paper fortgeführt (Teil 1-4 werden als Working Paper auf der Seite von BICSA publiziert werden).

Endnoten

[1] Theodor W. Adorno (1962)/1998: Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute, in: Ders., Gesammelte Werke, Band 20/1, S. 360–383, hier S. 363.

[2] Ebd., S. 362.

[3] Ebd., S. 368.

[4] Henning Eichberg (1978c): Rekonstruktion eines Chaoten. Die Veränderung des Jahnbildes und die Veränderung der Gesellschaft, in: Stadion, H. IV, S. 262–291. Die Herausgeber waren Wolfgang Decker und Manfred Lämmer, die Redaktion hatte Hartmut Becker vom Institut für Sportgeschichte der Deutschen Sporthochschule Köln. Eichberg war eines von fünf Mitgliedern im „Beratenden Komitee“ von Stadion.

[5] Zu Eichbergs Beschäftigung mit Jahn und dessen ›grünen‹ Anteilen sagt der anerkannte Historiker Dieter Langewiesche: „Sehr anregend dazu Henning Eichberg: Rekonstruktion eines Chaoten. Die Veränderung des Jahnbildes“ (Dieter Langewiesche (2000): Nation, Nationalismus, Nationalstaat in Deutschland, München (C. H. Beck), S. 253, Anm. 52).

[6] Eichberg 1978c, S. 265.

[7] Ebd., S. 290.

[8] Ebd., Herv. C. H.

[9] Eleonore Sterling (1956)/1969: Judenhaß. Die Anfänge des politischen Antisemitismus in Deutschland (1815–1850), Frankfurt a. M. (Europäische Verlagsanstalt), S. 148 f. Diese Studie ist erstmals 1956 unter dem Titel „Er ist wie du. Aus der Frühgeschichte des Antisemitismus in Deutschland 1815–1850“ in München erschienen.

[10] Emmanuel Faye (2005)/2009: Heidegger. Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie Im Umkreis der unveröffentlichten Seminare zwischen 1933 und 1935, Berlin: Matthes & Seitz, S. 403.

[11] Ebd., S. 405.

[12] Zitiert nach ebd., S. 406.

[13] Ebd.

[14] Hassan Givsan (1998): Heidegger – das Denken der Inhumanität. Eine ontologische Auseinandersetzung mit Heideggers Denken, Würzburg: Königshausen & Neumann (zgl. Habil. TU Darmstadt).

[15] Ebd., S. 291f.

[16] Ebd., S. 295.

[17] Ebd., S. 477.

[18] Clemens Heni (2014): Kritische Theorie und Israel. Max Horkheimer und Judith Butler im Kontext von Judentum, Binationalismus und Zionismus (= The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Studien zum Nahen Osten, Band 2), Berlin: Edition Critic.

[19] Siehe dazu Elhanan Yakira (2006)/2010: Post-Zionism, Post-Holocaust. Three Essays on Denial, Forgetting, and the Delegitimation of Israel. Translated by Michael Swirsky, Cambridge: Cambridge University Press.

[20] “Judith Butler: On the one hand, the pandemic exposes a global vulnerability. Everyone is vulnerable to the virus because everyone is vulnerable to viral infection from surfaces or other human beings without establishing immunity”, https://truthout.org/articles/judith-butler-mourning-is-a-political-act-amid-the-pandemic-and-its-disparities/. In einem Video-Interview von Juli 2020 hat Butler weiterhin keinerlei substanielle Kritik an Lockdowns oder Masken, vielmehr fantasiert sie von „Solidarität“, die es in Großbritannien bzw. UK in Teilen der Bevölkerung gegeben habe, zu der extrem unsolidarischen Konsequenz der westlichen Coronapolitik auf die Länder im Globalen Süden, wo laut Schätzungen des World Food Programmes bis zu 270 Millionen Menschen mehr hungern werden aufgrund der Coronapolitik, sagt sie nichts, https://www.versobooks.com/blogs/4807-judith-butler-on-covid-19-the-politics-of-non-violence-necropolitics-and-social-inequality. Allein diese beiden Quellen zeigen, wie widersinnig es ist, gerade Judith Butler in eine Vorlesung zur philosophischen Kritik der Coronapolitik aufzunehmen. Zu Butler siehe auch Edward Alexander (2006): Antisemitism-Denial: The Berkeley School, in: Edward Alexander/Paul Bogdanor (Hg.), The Jewish Divide over Israel. Accusers and Defenders, New Brunswick/London: Transaction Publishers, S. 195–207.

[21] Selensky sagte wörtlich: “On February 24, 1920, the National Socialist Workers‘ Party of Germany (NSDAP) was founded. A party that took millions of lives. Destroyed entire countries. Tried to kill nations. 102 years later, on February 24, a criminal order was issued to launch a full-scale Russian invasion of Ukraine”, https://www.president.gov.ua/en/news/promova-prezidenta-ukrayini-volodimira-zelenskogo-v-kneseti-73701. Die Holocaustverharmlosung von Selenskyi, selbst Jude, ist unerträglich und auch in Israel kam diese Hetze sehr schlecht an: „Listen to what the Kremlin says. Just listen! There are even terms that sounded then. And this is a tragedy. When the Nazi party raided Europe and wanted to destroy everything. Destroy everyone. Wanted to conquer the nations. And leave nothing from us, nothing from you. Even the name and the trace. They called it ‚the final solution to the Jewish issue‘. You remember that. And I’m sure you will never forget! But listen to what is sounding now in Moscow. Hear how these words are said again: ‚Final solution‘. But already in relation, so to speak, to us, to the ‘Ukrainian issue’.” Schließlich möchte der ukrainische Präsident gerade Israel dazu bringen, gegen die Ukraine zu kämpfen und damit zu „Gerechten unter den Völkern“ zu werden, das ist so ahistorisch und so Holocaust verharmlosend, da fehlen einem fast die Worte: „Ukrainians have made their choice. 80 years ago. They rescued Jews. That is why the Righteous Among the Nations are among us. People of Israel, now you have such a choice.”

[22] Ein Beispiel ist die auch mit Bundesmitteln finanzierte Initiative Interdisziplinäre Antisemitismusforschung (IIA) an der Universität Trier, https://www.uni-trier.de/universitaet/fachbereiche-faecher/fachbereich-iii/faecher/geschichte/studium-und-lehre/initiative-interdisziplinaere-antisemitismusforschung/aktuelles/archiv-1. Sicher arbeitet diese Initiative zu vielen wichtigen Themen, aber die Art und Weise wie die häufig sehr wichtige und richtig Kritik an der Coronapolitik, nehmen wir exemplarisch die Great Barrington Declaration von Oktober 2020, präsentiert wird – ausschließlich als antisemitisch und rechtsextrem – ist jedenfalls hier fragwürdig: „Gerade die Verbreitung von Verschwörungstheorien während der Corona Pandemie verstärkt stereotype Vorurteile gegen Jüdinnen und Juden“. Diese sehr einseitige Vorstellung der Coronapolitik-Kritik gilt auch für Veranstaltungen, die Impfkritik nur in Bezug auf Antisemitismus thematisieren, https://www.uni-trier.de/universitaet/fachbereiche-faecher/fachbereich-iii/faecher/geschichte/studium-und-lehre/initiative-interdisziplinaere-antisemitismusforschung/projekte-1-1-1. Da wird nicht mal angedeutet, dass viele Kritiker*innen der Corona-„Impfung“ gegen andere Krankheiten sehr wohl geimpft sind, aber hier, gerade auch als Medizinerin oder Mediziner, skeptisch sind, was ja die nie dagewesene Zahl von Impfnebenwirkungen auch bestätigt. Die Ankündigung der VA, die für den 24. Juni 2021 angekündigt war, zeigt wie undifferenziert hier vorgegangen wird: „Vortrag von Mathias Berek (Zentrum für Antisemitismusforschung, TU Berlin) | Online | Facebook-Veranstaltung | Livestreamaufzeichnung. Mit dem Fortschreiten der Impfkampagne gegen die Covid19-Pandemie wächst auch die öffentliche Präsenz der Impfkritik. Vergleicht man den heutigen Zustand der deutschen impfgegnerischen Bewegung mir ihrem Beginn im 19. Jahrhundert, zeigt sich, dass sich seit 1874 nicht nur an ihren Argumenten wenig geändert hat, sondern auch am Vorhandensein antisemitischer Inhalte. Die Bewegungen gegen das Impfen waren und sind sehr heterogen, und es gibt gravierende Unterschiede zwischen der Situation heute und der vor 100 Jahren. Dennoch lassen sich übereinstimmende Muster im antisemitischen und impfgegnerischen Denken identifizieren, die sich in all der Zeit kaum geändert haben. Diese Gemeinsamkeiten, aber auch strukturelle Parallelen der impfgegnerischen Bewegungen wird der Vortrag diskutieren.“ Dass zudem die mRNA-„Impfstoffe“ von der Firma Bayer ganz offiziell auf dem World Health Summit im Oktober 2021 in Berlin gar nicht als Impfung, sondern als „Gentherapie“ (Video) bezeichnet werden, wird nicht einmal angetippt. Der von der Initiative Interdisziplinäre Antisemitismusforschung an der Uni Trier hier angekündigte Vortragende Mathias Berek vom Zentrum für Antisemitismusforschung ist Unterstützer der unwissenschaftlichen, irrationalen und sich an China orientierenden „Zero Covid“-Bewegung von Januar 2021, die auch von einigen radikalen Linken scharf kritisiert wird, unter anderem von dem Altlinken und Mediziner Karl-Heinz Roth (Jg. 1942): „Zero Covid war eurozentristisch und extrem staatsfixiert“, https://www.nd-aktuell.de/artikel/1161466.karl-heinz-roth-zero-covid-war-eurozentristisch-und-extrem-staatsfixiert.html. Die Initiative aus Trier unterstützt auch den völlig einseitigen Offenen Brief von „Genozidforschern“ zum völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine vom 27.02.2022, der mit Schaum vor dem Mund, aber ohne jede rationale Analyse, ohne mit einem Wort auf den Krieg der Ukraine im Donbass seit 2014 mit 14.000 Toten, die NATO-Provokationen in der Ukraine seit Jahren, den von den USA mit finanzierten Putsch 2014 auf dem Maidan oder das antirussische Klima in der Ukraine, das mit staatlichen Sprachverboten einhergeht, einzugehen, https://www.uni-trier.de/universitaet/fachbereiche-faecher/fachbereich-iii/faecher/geschichte/studium-und-lehre/initiative-interdisziplinaere-antisemitismusforschung/aktuelles. Der Krieg Russlands ist völkerrechtswidrig. Der Krieg entstand aber nicht aus einem Vakuum oder purer russischer Aggression, sondern hat eine ukrainische Vorgeschichte, die alle kennen. Die Forderungen nach einem Nicht-Beitritt der Ukraine zur NATO hatte Russland zuletzt im Dezember 2021 an die USA geschickt, aber ohne eine richtige Antwort zu erhalten. Diese Ignoranz war gewollt, gerade die USA hatten offenbar kein Interesse an einer Stabilisierung, sondern an einer Destabilisierung. Diese Erklärung einiger Hundert Forscher*innen und Student*innen hat nach der Holocaust trivialisierenden Rede Selenskyis vom 20. März 2022 keine Ergänzung erfahren, soweit ich sehe, diese Holocaustforscher*innen und Studierenden haben sich nicht in gleicher Weise gegen diese Art von Antisemitismus wie in der Rede von Selenskyi an die Knesset gewandt. Und wo waren oder sind diese Hunderten Historiker*innen und Studierenden, als es um den Krieg im Jemen (andauernd) oder dem Krieg der Türkei gegen die Kurden ging und geht? Wo waren sie, als die NATO völkerrechtswidrig Serbien angriff 1999? Der US-Außenminister James Baker wie auch Bundeskanzler Helmut Kohl, ich habe es oft betont und wissenschaftlich dokumentiert in den letzten Monaten, haben Gorbatschow und der Sowjetunion im Februar 1990 mehrfach und nachdrücklich (!) versprochen, dass die NATO nach einer möglichen Wiedervereinigung von BRD und DDR „not one inch“ ostwärts sich erweitern würde. Und was ist seither passiert? So gut wie ganz Osteuropa ist NATO-Mitglied geworden. Jeglicher Versuch Russlands in die NATO aufgenommen zu werden – Putin hat das nachweislich versucht – wurde zurückgewiesen und dafür mit höchster Aggressivität osteuropäische Staaten aufgerüstet und zu NATO-Mitgliedern gemacht. Schließlich verlinkt die Trierer Initiative auf eine Tagung in Essen am 6./7. Mai 2022 mit dem Titel „Warum Antisemitismus? Zur Politischen Theorie der Judenfeindschaft – 06./07. Mai Campus Essen“, auch hier zeigt sich das Muster, dass interessante Themen vermischt werden mit einer Denunziation offenbar der gesamten Coronapolitik kritischen Szene, anders kann man diese Ankündigungen kaum lesen: „Der Antisemitismus der Corona-Protestbewegungen als Element des Autoritarismus und seiner Refiguration in der Gegenwart“, Paul Erxleben und Dr. David Jäger (Leipzig)“ sowie der Vortrag „Gefühl als Entscheidung. Emotionstheoretische Überlegungen zur Rolle von Gefühlen im Antisemitismus am Beispiel der Querdenken-Bewegung. Johanna Bach und Valerie Schneider (Berlin)“, https://warum-antisemitismus.de/tagungs-programm/.
Es geht also um den „Antisemitismus der Corona-Protestbewegungen“, was schon im Titel falsch ist, da es eine Coronapolitik-Protestbewegung gibt, aber „Coronaprotestbewegung“ ist ja ein völlig absurder Begriff, als ob diese politische Bewegung gegen Corona, das Virus, protestieren würde. Die Politik, die Medien, die Gesellschaft werden kritisiert – von einigen auf sehr problematische Weise, wie ich gezeigt habe, aber von sehr vielen Leuten auf oft sehr differenzierte und kritische Weise. Eines der wenigen etwas größeren Medien, das sich einigermaßen kritisch mit der Coronapolitik wie auch der Ukrainepolitik beschäftigt, Telepolis, wird aktuell von einem neuen Chefredakteur geleitet, Harald Neuber (der auch politisch wohl in die Fußstapfen von Florian Rötzer tritt), der früher bei der nicht gerade israelfreundlichen Tageszeitung junge Welt beschäftig war und zumal Mitarbeiter der Ex-MdB Heike Hänsel (Die Linke, Wahlkreis Tübingen) war, die insbesondere für einen Antisemitismusskandal bekannt ist, über den ich 2014 berichtete. Seriöse linksintellektuelle Coronapolitik-Kritik, wie auch Kritiker*innen der aktuellen Militarisierung und Kriegstreiber in der Bundesrepublik Deutschlands müssen sich – wie bislang, nur jetzt verschärft –, ihre für Publikationen verfügbaren Orte suchen (Nicht-NATO-Länder sind aktuell sehr begehrt bei unabhängigen Denker*innen, Schweiz? Österreich?) und dazu selbst gestalten. Dazu gibt es immer wieder Kompromisse und große, massenwirksame Aktionen wie jetzt am 29. April 2022 einen Offenen Brief an Kanzler Olaf Scholz von 28 Intellektuellen, von der Feministin Alice Schwarzer über den Politikwissenschaftler Prof. Wolfgang Merkel, den Schauspieler Edgar Selge bis hin zu den Kabarettisten Gerhard Polt und Dieter Nuhr, die sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine wenden: „Wir teilen das Urteil über die russische Aggression als Bruch der Grundnorm des Völkerrechts. Wir teilen auch die Überzeugung, dass es eine prinzipielle politisch-moralische Pflicht gibt, vor aggressiver Gewalt nicht ohne Gegenwehr zurückzuweichen. Doch alles, was sich daraus ableiten lässt, hat Grenzen in anderen Geboten der politischen Ethik. Zwei solche Grenzlinien sind nach unserer Überzeugung jetzt erreicht: Erstens das kategorische Verbot, ein manifestes Risiko der Eskalation dieses Krieges zu einem atomaren Konflikt in Kauf zu nehmen. Die Lieferung großer Mengen schwerer Waffen allerdings könnte Deutschland selbst zur Kriegspartei machen. Und ein russischer Gegenschlag könnte so dann den Beistandsfall nach dem NATO-Vertrag und damit die unmittelbare Gefahr eines Weltkriegs auslösen. Die zweite Grenzlinie ist das Maß an Zerstörung und menschlichem Leid unter der ukrainischen Zivilbevölkerung. Selbst der berechtigte Widerstand gegen einen Aggressor steht dazu irgendwann in einem unerträglichen Missverhältnis. Wir warnen vor einem zweifachen Irrtum: Zum einen, dass die Verantwortung für die Gefahr einer Eskalation zum atomaren Konflikt allein den ursprünglichen Aggressor angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Auges ein Motiv zu einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern. Und zum andern, dass die Entscheidung über die moralische Verantwortbarkeit der weiteren ‚Kosten‘ an Menschenleben unter der ukrainischen Zivilbevölkerung ausschließlich in die Zuständigkeit ihrer Regierung falle. Moralisch verbindliche Normen sind universaler Natur.“ https://www.emma.de/artikel/offener-brief-bundeskanzler-scholz-339463 In wenigen Tagen haben diesen Offenen Brief über 180.000 Bürgerinnen und Bürger unterschrieben, Tendenz steigend: https://www.change.org/p/offener-brief-an-bundeskanzler-scholz?recruiter=1263059096&recruited_by_id=707cc780-c7b0-11ec-b13c-f51ede250610. Im Gegensatz zur tatsächlich volksgemeinschaftlichen Unterstützung der irrationalen Coronapolitik, wie von Alice Schwarzer, sind jetzt die Reihen der Intellektuellen und der Regierung nicht mehr geschlossen, vielmehr gibt es massiven Widerstand gegen die Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland an die Ukraine, gegen die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland (!) und dem ganz offenkundig geradezu herbeigeschrienen NATO-Bündnisfall, damit Russland ein für alle Mal aus der Völkergemeinschaft ausgeschlossen wird. Um die Ukraine geht es dabei überhaupt gar nicht, so wenig wie die Deutschen an den Kriegsopfern in Kurdistan oder im Jemen je interessiert waren, um nur diese beiden Beispiele von blutigen Kriegen (einer davon geführt von einem NATO-Land) zu erwähnen. Das ist alles deshalb von Bedeutung, weil es den wichtigen wissenschaftlichen Einsatz auch von Nachwuchswissenschaftler*innen wie hier in Trier oder Essen trübt, wenn diese sich so undifferenziert gegen die Kritik an der Coronapolitik wenden und die wichtige Kritik an antisemitischen Facetten der Coronapolitik-Kritik damit auch noch verharmlosen, wenn so gut wie die ganze Szene der Kritiker*innen der Coronapolitik (und das suggerieren die zitierten Ankündigungen) antisemitisch codiert wird. Es ist nicht weniger problematisch, wenn solche Kreise von Nachwuchswissenschaftler*innen dann auch noch völlig einseitige, antirussische Propaganda unterstützen und nicht wirklich an einer Friedenslösung Interesse zu haben scheinen (oder haben sie etwa auch den Offenen Brief an Olaf Scholz unterschrieben?), sondern es muss gegen Russland gehen, das ist ja der Tenor des oben zitierten Offenen Briefes der „Genozidforscher“. Dass gerade ein in den letzten Jahren wegen seiner Verharmlosung des Holocaust in seinem Buch „Bloodlands“ in die Kritik geratener Historiker von Yale wie Timothy Snyder ein Erstunterzeichner dieses Briefes ist, ist symptomatisch, siehe zu Snyder: „Banalisierung des Bösen: Hannah-Arendt-Preis für die Trivialisierung des Holocaust 2013“.

[23] Angesichts einer Diffamierung der Coronapolitik-Kritikerszene und jener legendären Demonstration in Kassel – Nena brachte es auf den Punkt: „Danke Kassel“ – durch das Internationale Ausschwitz Komitee schrieb ich in einem Offenen Brief Ende März 2021: „Es wäre politisch womöglich weitaus wichtiger, wenn sich das Auschwitz Komitee um die Kritik am Antisemitismus kümmern, und nicht die Kritik am Corona-Hygienestaat diffamieren würde. So wäre es vor allem naheliegend, wenn sich das Internationale Auschwitz Komitee, wenn es sich gegen Antisemitismus aussprechen möchte, auch gegen die „Jerusalem Declaration on Antisemitismus“ wenden würde. Diese Erklärung (vermutlich vom März 2021, sie hat kein Datum) von seit vielen Jahren als Förderer des antizionistischen Antisemitismus in Verdacht stehenden Agitator*innen, von Wolfgang Benz und Gudrun Krämer über Stefanie Schüler-Springorum hin zu ein paar frustrierten jüdischen Israelfeinden, schreibt nämlich Folgendes:

It is not antisemitic to support arrangements that accord full equality to all inhabitants ‚between the river and the sea,‘ whether in two states, a binational state, unitary democratic state, federal state, or in whatever form.

Diese Ausdrucksweise „from the river to the sea“ ist ein Schlachtruf der Palästinenser, von der PLO über die PFLP hin zur jihadistischen Hamas. Der CNN-Kommentator und Professor an der Temple University in den USA Marc Lamont Hill verwendete den Slogan in einer Rede vor den Vereinten Nationen (UN) im November 2018. Der ehemalige Botschafter der USA in Israel unter Barack Obama, Dan Shapiro, kritisierte die Äußerung als „antisemitisch“. Während jedoch das Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin weiterhin staatliche Gelder bekommt, wurde Lamont Hill für die gleiche antisemitische Äußerung von CNN entlassen.“

[24] Mohammmed El-Kurd (2021): RIFQA (Kindle-Positionen 424-426). Haymarket Books.

[25] Alfred Bodenheimer (2012): Haut ab! Die Juden in der Beschneidungsdebatte, Göttingen: Wallstein.

[26] https://ia802609.us.archive.org/25/items/diebeschneidung00loewgoog/diebeschneidung00loewgoog.pdf.

[27] Bodenheimer 2012, S. 53.

[28] Gunda Trepp (2022): Gebrauchsanweisung gegen Antisemitismus, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

[29] Ebd., S. 180f.

[30] Ebd., S. 180.

[31] Hermann L. Gremliza (2016): Haupt- und Nebensätze, Berlin: Suhrkamp, 134. Konkret 11/2018 schreibt: „Das Kleine Blaue Buch ist nicht mehr im Handel. Im Frühjahr bat Gremliza den Verlag, in dessen Edition Suhrkamp seine Haupt- und Nebensätze gerade in zweiter Auflage erschienen waren, anlässlich der Versicherung der Geschäftsführung, der Autor Uwe Tellkamp, der sich zu Pegida bekannt hatte, werde weiterhin bei Suhrkamp verlegt, um Auflösung des Vertrags. ‘Ich wusste, bevor er ein Fall zu werden sich entschloss, nicht, wer oder was ein Tellkamp ist. Nun, da ich es leider weiß, werde ich jene selbstverständliche Distanz zur sympathy for the Nazi markieren, die der Verlag vermissen lässt, und fordere dessen Geschäftsführung hiermit auf, der einvernehmlichen Lösung des Vertrags mit mir zuzustimmen.’ Der Verlag stimmte zu, die noch nicht verkauften Exemplare der zweiten Auflage gibt es ausschließlich bei konkret.“

Mainstream-Antisemitismus von Aimé Césaire bis Whoopie Goldberg: Schwarze und der Antisemitismus (BICSA Working Paper)

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Working Paper Series

Dr. phil. Clemens Heni

Mainstream-Antisemitismus von Aimé Césaire bis Whoopie Goldberg: Schwarze und der Antisemitismus

Der Holocaust habe „nichts mit Rasse“ zu tun gehabt,
Täter und Opfer seien „Weiße“ gewesen

 

 

1. Februar 2022

 

Impressum:

Herausgeber: The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

C/o Verlag Edition Critic, Sophie-Charlotten-Str. 9-10, 14059 Berlin

E-Mail: clemens.heni[at]mail.com

 

Copyright@ BICSA und Clemens Heni, 2022

 

 

 

Die Schauspielerin Whoopie Goldberg (66) war über Silvester und Neujahr mit einer Corona-Infektion krank und das womöglich nicht obwohl, sondern weil sie dreimal geimpft ist.

Doch sie war dann doch bald wieder gesund. Und was die „unheilbar Gesunden“ so tun, außer zu Zeugen Coronas, zu Gläubigen einer nie dagewesenen Pandemie (seit 2018 oder 1968/70 oder 1957/58) zu mutieren, das zeigt uns jetzt Goldberg ganz exemplarisch. Sie hat in einer Fernsehshow gesagt, der Holocaust habe „nichts mit Rasse zu tun“. Das sagte sie gestern, am 31. Januar 2022, in ihrer Talkshow „The View“ im Fernsehsender ABC in den USA. Die Nürnberger Rassegesetze, die rassistische Unterscheidung von „Arier“ und „Jude“ – alles Einbildung! Alles Fake News – von Weißen. Das war ihre Message.

Es sei im Holocaust lediglich darum gegangen, wie man mit anderen Menschen umgehe. Die Shoah als zwischenmenschlicher Konflikt, der blöd für die Juden ausging.

Diese Art Derealisierung, Entwirklichung des Rassen-Antisemitismus der Deutschen ist nichts Neues. Gerade schwarze Autorinnen und Autoren vertreten diese These seit Jahrzehnten. Das macht ihren Antisemitismus nicht besser.

Dazu muss ich etwas weiter ausholen, weil es eine ganz grundlegende Debatte ist, die zeigt, wie enorm wichtig Holocaust Education ist und wie wenig da in den letzten gut 75 Jahren erreicht wurde. Schwarzer Antisemitismus beziehungsweise schwarze Holocaustverharmlosung und Leugnung der Präzedenzlosigkeit der Shoah kommen jetzt via der ultra bekannten Whoopie Goldberg – die sich selbst in einer Anmaßung diesen jüdischen Nachnamen vor Jahrzehnten gab – wieder in den Fokus.

Im Jahr 2017 begann eine Kontroverse über die Verharmlosung des Holocaust durch die postkoloniale Theorie, wobei der Journalist Alan Posener dem Historiker Jürgen Zimmerer vorwirft, mit seiner Forschung den Holo­caust zu verharmlosen:

„Der Historiker Jürgen Zimmerer stellt die Auslöschung des europäischen Judentums in die Tradition des europäischen Kolonialismus. Dadurch miss­ver­steht er den Holocaust und relativiert ihn“.[1]

Der Ausgangspunkt, die Geschichte des Kolonialismus, die Posener eher positiv oder aber dialektisch sieht, wäre eine eigene Studie wert. Es geht hier um die Kritik an der Verharmlosung der Shoah durch den Postkolonialismus. In einem dann folgenden Gespräch von Posener mit Zimmerer, organisiert von der Wochenzeitung Freitag und dessen Herausgeber Jakob Augstein und dem Journalisten Michael Angele, lehnen sich die beiden Freitag-Journalisten an eine antisemitische Ideologie an und sagen:

„Man kann das mit der Einzigartigkeit aber auch ganz anders sehen, oder? Die aus Jamaika stammende Kulturhistorikerin Imani Tafari-Ama kümmert sich gerade in Flensburg um die Kolonialgeschichte dieser Handelsstadt, und sie hat neulich gesagt, die Europäer müssten anerkennen, dass die Verschleppung der Afrikaner im Zuge des transatlantischen Sklavenhandels das größte Ver­brechen in der Menschheitsgeschichte sei – größer als der Holocaust. Off­en­bar hängt der Blick auf die Geschichte auch davon ab, welchem Kulturkreis man angehört.“[2]

Darauf antwortet Posener:

„Es gibt keinen ‚weißen‘ oder ‚schwarzen‘, ‚jüdischen‘ oder ‚christlich­en‘ Blick auf den Holocaust; es gibt, wenn wir von Wissenschaft reden, und hier ist von einer Wissenschaftlerin die Rede, nur den wissenschaftlichen Blick auf den Holocaust. Und ‚das mit der Einzigartigkeit‘ des Holocausts kann man eben nicht ‚ganz anders sehen‘, bloß weil man aus Jamaika stammt.“[3]

Die jamaikanische Kulturwissenschaftlerin Imani Tafari-Ama, von Juli 2017 bis März 2018 Fellow am Flensburger Schifffahrtsmuseum mit dem Projekt „KulturTransfer. Unser gemeinsames Kolonialerbe“, unterstützt von der Kulturstiftung des Bundes in deren Programm „Fellowship Internationales Museum“,[4] wurde in der taz Gelegenheit zur Verbreitung ihrer antijüdischen, den Holocaust als präzedenzloses Verbrechen leug­nen­den Un­ge­heu­er­lich­keit­en gegeben:

„Wenn ich Deutsche nach ihrer kolonialen Schuld befrage, heißt es oft, das kollektive Gedächtnis sei eben mit dem Holocaust viel zu sehr beschäftigt gewesen. Der habe alles andere verdrängt. Das mag stimmen. Trotzdem bleibt der Genozid an den Herero und Nama in Namibia bestehen; trotzdem bleiben die Unt­er­drück­ungs­maßnahmen in Togo, in Ruanda, in Tansania, in Kamerun – oder eben auf den Jungferninseln – Verbrechen, für die jemand haften muss. Die Europäer müssen anerkennen, dass die Verschleppung der Afrikaner das größte Verbrechen in der Men­schheitsgeschichte ist, größer noch als der Holocaust.“[5]

Das ist eine offenbar im Mainstream angekommene neue Form der Holo­caust­leugnung, der Softcore-Variante, wie die Historikerin Deborah Lipstadt sagen würde.

Das „größte Verbrechen der Men­sch­heits­ge­schichte“ sei der transatlantische Sklaven­handel und der Kolonialismus ge­wes­en – und nicht der Holocaust. Das ist eine antisemitische Geschichtsumschreibung. Im Kolon­ia­lis­mus wurde kein Volk aus keinem an­der­en Grund, als es zu vernichten, ver­nichtet.

Es gab kein cui bono in der Shoah. Die Sinnlosigkeit war das Unaussprechbare, das Unvorstellbare, der Bruch jeglichen zivilisatorischen Ver­trauens. In der Sklaverei hingegen, so schrecklich und verabscheuenswert sie war, war das Ausbeuten lebendiger Arbeitskraft Kern des Verbrechens. Es ging um Profit und Macht. Nicht so im Holocaust, der auf einer anderen Grundlage basiert: dem Antisemitismus, der kein bloßer Rassismus ist, sondern panische Angst vor „dem“ Juden anzeigt. Die postkoloniale Agitatorin Tafari-Ama scheint sehr wohl zu wissen, was sie tut, sie möchte einen Trend setzen und Juden und Holo­caust­üb­er­leb­en­de sowie deren Nach­kom­men provozieren, indem sie den Sklavenhandel als das größte Ver­brechen der Geschichte der Menschheit herbeifantasiert. Sie tri­vi­a­li­siert den Holocaust und die taz scheint das zu billigen, denn sie publizierte diesen Text ohne kritischen Kommentar. Doch Tafari-Ama fühlt sich wohl irgendwie als links und gut. Als Schwarze wähnt sie sich jenseits der Kritik.

Die Zeitschrift Peripherie („Politik Ökonomie Kultur“) teilt diese Form des postkolonialen Antisemitismus. In der Ausgabe 146/147 von August 2017 schreiben Aram Ziai und Daniel Bendix:

„Ein entsprechendes ‚Pro und Kontra Kolonialismus‘-Tabu gilt in der heutigen BRD nicht. Aimé Césaire hat es schon 1955 gewusst: Weiße Opfer, zu denen er Jüd*innen zählte, scheinen (zumindest für die meisten Weißen) gleicher als andere. Des­wegen wurden nicht die kolonialen Völkermorde, sondern erst der Völkermord im Nationalsozialismus von der westlichen Welt als ‚Zivi­li­sat­ions­bruch‘ wahr­ge­nom­men (Diner 1996).“[6]

Es wird hier Aimé Césaire bemüht und mit seinem skandalösen Ideologem zitiert. Juden als „weiße“ Opfer zu bezeichnen und damit den eliminatorischen Anti­semi­tismus rassismustheoretisch zu neg­ieren, ist unglaublich. Sie leugnen mehrfach das Nie-Dagewesene der Ver­nicht­ung eines ganzen Volkes, der Juden. Sie sind keine Au­sch­witz­leugner, sondern leugnen, dass es so etwas wie die Shoah nie zuvor gegeben hat. Sie wollen den Begriff „Zivi­li­sat­ions­bruch“ vor­ver­legen und damit negieren, dass es vor Auschwitz, Sobibor, Treblinka, Belzec, Majdanek und Kulmhof niemals in der Ge­schichte der Menschheit Fabriken zur Ver­nicht­ung von Menschen gab. Sie stellen also in Abrede, dass die Juden als Volk ausgerottet werden sollten, was es nie zuvor in der Weltgeschichte gab. Es ging um die Vernichtung eines Volkes aus keinem anderen Grund, als dem, dem Volk der Juden anzugehören. Nichts dergleichen ist jemals im Kolonialismus oder einer anderen Zeit auf der Welt passiert.

Aram Ziai ist Herausgeber eines Buches über Postkoloniale Poli­tikwissenschaft (2016).[7] Seine Obsession, Auschwitz mit dem Kolonia­lis­mus kurzzuschließen und somit in seiner Präzedenzlosigkeit zu leugnen, zeigt sich auch hier, gleich auf Seite zwei seiner Einleitung:

„Auschwitz, Wannsee-Konferenz, Vernichtungskrieg im Osten, Nürnberger Rassegesetze – das sind alles Begriffe, die wir aus dem Geschichtsunterricht kennen. Aber dass auf der Berliner Afrika-Konferenz 1884 Bismarck und andere Europäer den ganzen Kontinent unter sich aufteilten – wer weiß das schon?“[8]

Schließlich trivialisiert Ziai Auschwitz und Sobibor und die Shoah ein weiteres Mal, wenn er schreibt, dass Gier und Raub Zweck der Aktion gewesen sein könnten:

„Die Diskussion über die Singularität des Holocaust kann hier nur angerissen werden. Über die Singularität jedes historischen Ereignisses hinaus ist aus der Perspektive einer vergleichen Genozidforschung festzuhalten, dass der Holocaust hinsichtlich der Bürokratisierung und Industrialisierung des Massenmordes tatsächlich historisch einzigartig ist (Chalk/Jonassohn 1990). Hinsichtlich der Brutalität seiner Praktiken kann dies erschreckenderweise nicht be­haupt­et werden. Auch die (vom Verfasser früher selbst vertretene) These, dass die Vernichtung der Juden durch die Nazis im Unterschied zu anderen Genoziden nicht Mittel zum Zweck, sondern Zweck an sich war, muss angesichts der Forschungen zum mit Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung verbundenen Raub (z. B. Aly 2005) als umstritten gelten.“[9]

„Umstritten“ ist die Analyse der Sinn- und Zwecklosigkeit des Holocaust nur unter Verharmlosern der Shoah. Das obige Zitat ist undurchdacht und konzediert lediglich aus taktischen Gründen, wie es scheint, dass die „Industrialisierung des Massenmordes tatsächlich historisch einzigartig ist“ – was aber gleich wieder dementiert wird, indem der Autor die Sinnlosigkeit der Vernichtung der Juden in Frage stellt und ökonomische Vorteilnahme vermutet, wie bei unzähligen Verbrechen in der Geschichte der Menschheit. Die beiden postkolonialen Agitatoren der Peripherie, Ziai und Bendix, sind repräsentative Vertreter des heutigen Post­kolo­n­ialis­mus.[10] Noch einmal: Die beiden Autoren negieren, dass es die geplante und durchgeführte Vernichtung eines Volkes ohne jedweden militärischen oder ökonomischen Aspekt niemals zuvor gab:

„Aimé Césaire hat es schon 1955 gewusst: Weiße Opfer, zu denen er Jüd*innen zählte, scheinen (zumindest für die meisten Weißen) gleicher als andere. Des­wegen wurden nicht die kolonialen Völkermorde, sondern erst der Völk­er­mord im Nationalsozialismus von der westlichen Welt als ‚Zivi­li­sat­ions­bruch‘ wahr­ge­nom­men“.[11]

Sie behaupten damit, dass die Shoah nicht präzedenzlos war, denn es habe schon zuvor den „Zivilisationsbruch“ gegeben. Diese Leugnung der Prä­ze­denz­los­igkeit wird von der Redaktion durch­gewunken und unterstützt, also auch von dem Redaktionsmitglied Reinhart Kößler.[12] Das ist be­merk­enswert, weil er beim Fritz Bauer Institut in Frankfurt am Main als stellvertretender Direktor des Päd­ago­gisch­en Zentrums angestellt ist.[13] Das Fritz Bauer Institut selbst intoniert jedoch diese Form der Holocaustverharmlosung via Komparatistik und Universalisierung, indem im Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust von 2004 mit dem Titel Völkermord und Kriegsverbrechen in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts in der Einleitung ausgeführt wird:

„Zurück nach Europa: Hier waren es keine Kolonialvölker, sondern Teile der eigenen Bevölkerung, die vom Hitler-Regime stigmatisiert, ausgegrenzt und schließlich ermordet wurden. Ähnlich und doch gänzlich unterschiedlich verfuhr die sowjetische Regierung mit den Bevölkerungsteilen, die ideologisch verfemt und angeblich ökonomisch überflüssig waren. Auch hier, beim so genannten ‚Hunger-Genozid‘ in Teilen der Sowjetunion, vor allem in der Ukraine, diente die gewollte Dezimierung weiter Bevölkerungsteile, wieder unter den Augen der Weltöffentlichkeit, der Durchsetzung einer Ideologie, die Menschen nicht nach ‚Rassen‘, aber nach ‚Klassen‘ einteilte.“[14]

Diese Gleichsetzung von Rot und Braun trivialisiert den Nationalsozialismus auf bekannte Art und Weise. Jegliches Verständnis für das Nie-Dagewesene der Vernichtung eines Volkes, der Juden, geht hier im Orkus der Weltgeschichte unter. Die Juden seien nicht als Juden ermordet worden, sondern als „Weiße“, so die Ideologie vieler schwarzer Aktivist*innen im Zuge Aimé Césaires, wie dem eingangs zitierten Achille Mbembe oder auch der beiden Publizisten Henning Melber und Gottfried Kößler:

„Der heutige namibische Premierminister Theo-Ben Gurirab hat die Weig­erung der in der Rechtsnachfolge des Deutschen Reichs stehenden Bund­es­reg­ier­ung­en, sich für das deutsche Kolonialregime, das in seinem Land von 1884 bis 1914 währte, und insbesondere für die Völkermordstrategie, mit der der land­es­weite Aufstand 1904–1907 unterdrückt wurde, auch nur zu ent­schuld­ig­en, anlässlich der Weltkonferenz gegen Rassismus im südafrikanischen Dur­ban An­fang September 2001 scharf kritisiert. Er stellte die Vermutung an, die­se sei nicht zuletzt darin begründet, dass die Opfer der deutschen Politik and­ers als im Zweiten Weltkrieg schwarz gewesen seien.“[15]

Dieses Zitat möchte allen Ernstes Juden einen quasi privilegierten Opferstatus zusprechen. Das ist eine Art Holocaustleugnung der bemerkenswerten Art: Schwarze als Opfer von Weißen, Juden als „Weiße“ seien sozusagen nur zufällig zum Opfer gemacht worden.

Das leugnet die gesamte Geschichte des „längsten Hasses“, des Antisemitismus. Jeglicher Versuch zu verstehen, was der Holocaust war, wird unterbunden, indem die typische Gewalt eines Kolonialstaates mit der nie dagewesenen Idee, ein spezifisches Volk zu vernichten, gleichgesetzt wird. Das ist das immer wiederkehrende Muster der Verharmlosung der Shoah durch weite Teile der postkolonialen Forschungsliteratur. Wenn man sich anschaut, mit wie vielen Multiplikatoren das Fritz Bauer Institut und namentlich sein Pädagogisches Zentrum unter Kößler kooperiert – wie der Stiftung Erinnerung Verantwortung Zukunft (EVZ), dem Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) an der TU Berlin, der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA), der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main, der Uni Frankfurt und der Bundesregierung mit entsprechenden Förderprogrammen[16] –, zeigt sich, wie unkontrovers diese Form der Verharmlosung der Shoah heute bei Aktivist*innen gegen Antisemitismus und in Akademiker*innenkreisen durchgewunken und gefördert wird. Mehr Geld für solche Forschungszentren und Projekte, wie es seit Jahren gefordert wird, könnte kontraproduktiv sein für die Erforschung und Kritik des Antisemitismus. Die Autoren Kößler und Melber verwenden selbst das entscheidende Wort bezüglich der deutschen Kolonialpolitik in Deutsch-Süd­west­afrika und dem Mord an den Herero und Nama ab 1904: es war eine Re­aktion der deutschen Kolonialmacht auf einen „Aufstand“. Das ist einer der alles unterscheidenden Aspekte verglichen mit dem Holocaust.

Wenn ernsthaft eine Vergleichbarkeit von einer brutalen und massenmörderischen Reaktion auf einen Aufstand mit der Vernichtung der europäischen Juden durch die Deutschen formuliert wird, wird geleugnet, dass die Juden aus dem einzigen Grund ermordet worden, dass sie Juden waren. Kein Aufstand nirgends, der die Deutschen ‚provoziert‘ hätte etc. Wir kennen das hingegen von Holocaustleugnerkreisen, die eine „Kriegserklärung“ der Juden an die Deutschen herbeifantasieren, um damit jegliche Ver­nichtungsaktion der Deutschen zu rechtfertigen und als bloße Reaktion zu diminuieren.

Auch das Projekt Freiburg postkolonial publiziert Texte Kößlers, die den gleichen Duktus haben und nicht im Ansatz verstehen, warum Kolonialismus und der Holocaust nicht miteinander verbunden sind, da koloniale Gewalt z. B. eine Re-Aktion auf Aufstände war, während die Shoah grundlos war und Rassismus kategorial verschieden ist vom Antisemitismus. Kössler bezieht sich auf Zimmerer und andere einschlägige Literatur, die für dieses analytische Versagen der postkolonialen Theorie stehen.[17]

Diese Kritik an typischen und repräsentativen Formen des postkolonialen und NS-verharmosenden Antisemitismus passen zu Geistesgrößen wie Whoopie Goldberg. Ihre Aussage, dass der Holocaust eine Art Konflikt unter Weißen gewesen sei, spiegelt diese Art von problematischer Forschung nur besonders grell und im Fernsehen wider.

Dass so etwas im amerikanischen Fernsehen wieder möglich ist, schockiert. Aber was will man in einem Land erwarten, das den Kampf der US Army gegen die Deutschen und die Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg mit der Anzahl der angeblich oder tatsächlich an oder doch nur mit Covid-19 Gestorbenen in eine Reihe stellt, wie es Joe Biden Anfang 2021 getan hat?

Der 46. Präsident der USA, Joe Biden, sprach auf seiner Inauguration am Mittwoch, den 20. Januar 2021 davon, dass an Corona so viele Amerikaner gestorben seien, wie im Zweiten Weltkrieg Soldaten im Krieg gegen die Deutschen.[204] Dieser groteske Vergleich eines Krieges gegen Nazi-Deutschland und eines ganz normalen Virus zeigt den Wahnsinn in der westlichen Welt, wie er seit 2020 viele Hirne angegriffen hat.

Corona greift also auch die Hirne an. Auch eine englische Übersetzung dieses Working Papers würde vermutlich für jemand wie Goldberg nichts bringen – sie würde auf ihrer Universalisierung und Derealisierung der Shoah beharren, ihre Entschuldigung, nachdem es in den USA massive Kritik an ihren Äußerungen gab, sind völlig lachhaft, da sie – man kann das im Video sehen – mehrfach diesen Antisemitismus vertritt, nachdem es nicht um „Rasse“ gegangen sei im Nationalsozialismus, dem deutschen NS-Antisemitismus und dem Holocaust.

Wir müssen dazu nochmal etwas ausholen und das wissenschaftlich kontextualisieren, weil der Fall Whoopie Goldberg zeigt, wie tief der postkoloniale und schwarze Antisemitismus sitzen – und das nachdem es jahrzehntelange Bemühungen gab, das Thema Holocaust auch Schwarzen zu vermitteln. Während es mittlerweile ganz neue und positive Entwicklungen in der arabischen Welt gibt – Holocaust Gedenken dieses Jahr z.B. in Dubai, scheint es ausgerechnet in Amerika einen ganz fatalen Rückschlag zu geben mit diesem unerträglichen Geschwätz, nein: dieser offenkundig tief sitzenden, sedimentierten Ideologie der Antisemitismus-Verleugnung und der Derealisierung des Kerns des Nationalsozialismus: dem Rassen-Antisemitismus.

Der Historiker Jakob Zollmann forscht zu Deutsch-Süd­west­af­rika.[18] Entgegen Zimmerer kritisiert Zoll­mann vehement die be­haupt­eten Kon­ti­nui­täts­linien vom Kolo­nia­lis­mus hin zum Natio­nal­soz­ia­lis­mus. So sei die deutsche Herrschaft in Deut­sch-Süd­west­afrika, wie es sein­er­zeit hieß, keineswegs faschistisch ge­wes­en, sondern es habe immer wieder Wid­erstand gegen die deutsche Kolo­nial­macht gegeben. Zudem habe Afrika eine eigene Geschichte, die nicht als bloße Vorläufer-Geschichte des europ­ä­isch­en Faschismus oder des deut­sch­en Nationalsozialismus betrachtet werd­en dürfe. Zimmerers These von der „Geburt“ des „Ostlandes“ aus dem Geist des Kolonialismus[19] weist Zollmann zurück. 2007 hatte Zollmann in einem wissenschaftlichen Beitrag für die Namibian Studies[20] die deutsche Debatte über die vorgeblichen Ver­bind­ungs­linien von Kolonialismus und Nationalsozialismus kritisiert, namentlich die Publizisten Reinhart Kößler und Henning Melber. Jene würden Hannah Arendt heranziehen, um eine „direkte Beziehung zwischen dem Sied­ler­ko­lo­nia­lismus und der Nazidiktatur“ herzustellen.[21]

Die Historikerin Birthe Kund­rus ist ebenfalls zurückhaltend mit diesen Kontinuitätslinien, wie sie Zimmerer und viele nicht-deutsche Forsch­er*innen aus dem Bereich des Post­kolonialismus be­haupt­en.[22] Sie erwähnt mehrere Autoren, die jene hist­or­ische Kontinuität eben­falls betonten, wie Aram Mattioli[23] oder Micha Brumlik.[24] Kundrus kriti­siert (wenn auch moderat) ebenfalls Kößler und Melber und deren Be­haupt­ung einer direkten Beziehung von kolonialem Rassismus und Anti­semi­tis­mus.[25] Sie bezieht sich auf den Historiker Boris Barth, der den Mass­en­mord an Herero und Nama nicht als gezielten Genozid begreift, sondern als eine „Strafaktion“, die viel brutaler ausfiel, als geplant, und zudem als eine Re-Aktion auf einen militärischen Angriff der Kolonisierten auf den Kolonisator. Das macht das Morden nicht besser, ordnet es aber kategorial anders ein.[26] Zollmann verdeutlicht noch einmal, dass das Zurückrudern von Zimmerer, er betreibe keine Gleichsetzung von kolonialem Genozid und dem Holocaust, schon an seiner eigenen Sprache scheitert, weil die von ihm verwendete Formulierung „die Geburt des Ostlands…“ doch recht eindeutig ist:

„Indeed, Jürgen Zimmerer warns against, even rejects, an equation of the Holocaust with colonial genocide (…) German colonial experience is seen by Zimmerer to have acted as a cultural (re)-source (kulturelles Reservoir) from which the National Socialists would have drawn their ideas. These rather ominously formulated ideas of Zimmerer are repeated in his piece titled Die Geburt des ‚Ostlands‘ aus dem Geist des Kolonialismus. And they do not become clearer here, as the ominous title – ‚Birth of the ‚Ostland‘ conceived by the spirit of colonialism‘, demonstrates. His title gives the impression of answering a question which has been posed by those who want to emphasize the continuities, not to say causalities, Zimmerer had just denied in his article. A birth‘ has only one reason – it is monocausal by its very nature. By choosing this title, Zimmerer has described a situation of a ‚because/therefore…‘ In his understanding the spirit of colonialism is the reason for the ‚Ostland‘ – and all that has happened there, including the extermination of the Jews. No colonialism, no ideas of Germanised Eastern Europe, no Holocaust? Zimmerer’s arguments do not convince, they confuse – not only the reader, but also the issues.“[27]

Auch der Historiker Winfried Speitkamp weist das Argument, Deutsch-Süd­westafrika sei ein Vorläufer des Nationalsozialismus gewesen, zurück.[28] Er kritisiert Zimmerer und dessen Kollegen Joachim Zeller, die Her­ero und Nama nur als Opfer betrachten ohne deren Widerständigkeitohne die es jenen Massenmord gar nicht gegeben hätte – entsprechend zu würdigen. Es ging um Macht und Herrschaft und ein cui bono. All das fehlt vollkommen beim Holocaust. Der Holocaust wollte die euro­pä­ischen Juden vernichten. Alle Juden. Und das sogar entgegen der mili­tär­isch­en Logik. Den Zweiten Welt­krieg verloren die Deutschen, den Holocaust haben sie bis zum letzten Tag durchgeführt auf den Todesmärschen.

Der Historiker Dan Diner hat 1988 den Band Zivilisationsbruch[29] herausgegeben und ist mit seinem Band Gegenläufige Gedächtnisse von 2007 ein Kritiker der Analogie von Kolonialgewalt und Holocaust.[30] Diner sagt über die kategoriale Differenz von Kolonialismus und Holocaust:[31]

„Die Kolonialmacht will ‚pazifieren‘, nicht vernichten.“

Weiter:

„Wie nahe kommen sich genozidale Kolonialkriege und Holocaust? Bei aller Absolutheit der kolonialen Gewalt – und dies im Unterschied zum kon­ven­tio­nellen Krieg zwischen sich als Gleiche anerkennenden Gegnern – steht der Holocaust als eine bloße Vernichtung jenseits von Krieg, Konflikt und Geg­ner­schaft. Weder gilt es durch Gewalt einen Willen zu brechen noch etwas zu er­zwingen. Der Vernichtungstod ist ein im Kern grundloser Tod.“[32]

Es geht um eine grundfalsche linke Ideologisierung der deutschen Tat, die als faschistische Barbarei mit dem falschen Namen verbucht wurde und wird. Ja der Kampf gegen den Faschismus wurde im geschichtspolitischen, mehr noch eschatologischen Fortschrittsdenken nur als fürchterlichste Unterbrechung verstanden. Nach Diner führte das unter anderem dazu, dass viele französischen Opfer der Deutschen, die in KZs interniert und gefoltert wurden, Auschwitz nicht zur Kenntnis nahmen, es nicht konnten:

„Die Emblematik der Tortur verdeckt die der Extermination. Dabei vermag gerade die Folter die Differenz zwischen Opferschaft aus Gründen einer politischen Entscheidung einerseits und der Vernichtung allein aus Gründen der Herkunft wegen andererseits anzeigen. So setzt die Folter einen zu brech­en­den politischen Willen voraus. Darin kommt – paradoxerweise – An­er­kenn­ung zur Geltung. Und so wie die Anwendung der Tortur den politisch han­deln­den Menschen voraussetzt, zahlt dieser den Preis der Pein und des Schmerzes in einem Kampf um den Erhalt seiner Würde. (…) Anders jene, die zur Ver­nicht­ung ausersehen waren – weder handelten sie dem Willen der Besatzer zuwider noch fielen sie ihrer Gesinnung wegen auf. Allein ihrer immer auch fiktiven Zugehörigkeit wegen, also ganz ohne Ansehen der Person, waren sie grundlos zur Ausrottung bestimmt. (…) Auch dass die Geschichte von Résistance und Deportation nicht zuletzt von jenen kanonisiert wurde, die im Ausgang des Weltkrieges eine Niederlage des Faschismus und den Sieg einer zukunftsfrohen Verheißung zu erkennen glaubten, trägt dazu bei. Das gilt auch für Jean Améry. In seinen Reflexionen stellt er die Tortur heraus, der er als belgischer Widerständler ausgesetzt war. Die an seine jüdische Herkunft gebundene Erfahrung von Auschwitz tritt dabei eher zurück. Im Anfang war der Widerstand. Das mit dem Ortsnamen Auschwitz verbundene Geschehen schuf sich erst später die ihm angemessenen Bilder und Begriffe.“[33]

Schließlich weist Diner auf jene Menschenrechtsaktivist*innen und universalistischen Autor*innen hin, die in all ihrem Tun anthropologisieren und nicht unterscheiden, sie vergleichen und setzen gleich, um ja nicht das Unaussprechliche der Shoah in den Blick zu nehmen, sie „verfehlen“ somit „die Fundamente historischer Urteilskraft“.[34]

Wie gezeigt, ist der Postkolonialismus ein wesentlicher Faktor in der Entwicklung und Propagierung von Antisemitismus.

Die antizionistische Dimension weiter Teile der postkolonialen Theorie wird in dem Band Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung (2015) von Maria do Mar Castro Varela von der Alice Salomon Hochschule Berlin und Nikita Dhawan von der Universität Innsbruck sowie dem Frankfurt Research Center for Postcolonial Studies[35] deutlich.[36] Sie stellen drei der führ­enden postkolonialen Denker*innen vor: Edward Said, Gayatri Chak­ra­vorty Spiv­ak[37] und Homi Bhabha. In ihrem Kapitel zu Said wird explizit auf seine Pro-Palä­stina-Aktivitäten eingegangen.[38] Sehr problematisch wird es, wenn sie Saids Ideologie zitieren, die arabische Seite solle den Holocaust nicht leugnen, da sie sonst schwerlich ihre eigene heutige Opferrolle betonen könne. Damit sind mit der Anerkennung der Shoah durch die Palästinenser aus Juden Täter geworden, die gegen die Palästinenser so handelten wie früher die Deutschen gegen die Juden.[39] Der tief sitzende und in vielen Schriften Saids vorkommende Antizionismus und seine Ablehnung Israels als jüdischer Staat wird hingegen nicht erwähnt.

Zurück zur Debatte von Alan Posener mit den postkolonialen Autoren Zimmerer und Augstein et al. Es ist klar, dass einem mit antiisraelischen und antisemitischen Invektiven um sich werfenden Jakob Augstein, der nam­ent­lich 2012 das antisemitische Gedicht von Günter Grass feierte, die oben zitierte Leugnung, dass der Holo­caust das schreck­lichste Verbrechen der Geschichte der Menschheit ist, wie Tafari-Ama in der taz sagen durfte, gefällt. Also attackiert er mit seinem Kollegen Angele Alan Posener mit dieser Form des Anti­semi­tis­mus. Die Rede vom „Kultur­kreis“, so Augstein und Angele, ist schon pro­ble­mat­isch und kann das Gleiche meinen wie die Neue Rechte, die vom „Ethno­plura­lis­mus“ spricht: uni­ver­selle Werte gibt es nicht. Das scheint auch hier dahinter zu stecken.

Die Aussage von Tafari-Ama ist eine moderne Form der Holocaustleugnung, eine die nicht strafbar zu sein scheint und in der Forschung kaum je erkannt wird. Eine Softcore-Leugnung mit bestem Gewissen. Wenn der Holocaust lediglich eine Art rassistischer „Ver­schleppung“ war, dann war der Holocaust weder präze­denz­los, noch war sein Ziel, alle Juden zu ermorden, etwas Neues, Nie-Dagewesenes. Diese Auffassung ist offenkundig eine Geschichtslüge. Nie zuvor hat ein Land aus allen Teilen des Kontinents, von Paris über Athen, Berlin, Riga, Belgrad und Kiew Juden aufgespürt, deportiert und vernichtet. Das gab es nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Sklaven wurden von Christen wie von Muslimen zu vielen Millionen qualvoll über den Atlantik oder in den Nahen Osten verschleppt – aber nicht, um sie zu ermorden, sondern um sie auszubeuten. Das ist der Unterschied ums Ganze, den postkoloniale Autor*innen, nicht sehen wollen oder können. Kein Mensch kann das Ver­brech­en der Sklaverei oder des Rassismus leugnen, wer es dennoch tut, ist rassistisch. Es ist aber ein anderes und nicht erst neuzeitliches Phänomen und in keinem Fall der Völker­mord an einem bestimmten Volk. Es war kein Völ­ker­mord, sondern brutale Ausbeutung, die häuf­ig im Tode en­dete. Kein Mass­aker der Weltgeschichte, und sie ist voll davon, hat jene Dim­en­sion wie der Holocaust.

Die Leugnung der Präzedenzlosigkeit des Holocaust ist eine sehr weit verbreitete, aber nur sehr selten erkannte, geschweige denn analysierte und kritisierte Form des Post-Auschwitz-Antisemitismus. In der Forschung ist sie ein weltweiter Trend. Die Leugnung der Einzigartigkeit der Shoah ist bei Akademiker*innen wie dem Mob auf der Straße (nicht nur im Nahen Osten oder der muslimischen Welt) weit verbreitet. Ich habe dazu in meiner Studie Antisemitism: A Specific Phenomenon von 2013 ausführlich geschrieben.[40] So nennen im Jahr 2010 zwei Forscher, David Olusoga und Casper W. Erichsen, wie in der Einleitung erwähnt, ihre Studie Kaiser’s Holocaust. Sie be­haupt­en:[41]

„Our understanding of what Nazism was and where its underlying ideas and philosophies came from is perhaps incomplete unless we explore what happened in Africa under Kaiser Wilhelm.“[42]

Erstens ist das falsch und zweitens nicht neu. 1975 hat der Historiker Peter Schmitt-Egner eine Studie über „Kolonialismus und Faschismus“ publiziert und Antisemitismus und den Holocaust nicht als spezifische Phänomene analysiert, sondern die kapitalistische Kontinuität behauptet.[43] Wie weit verbreitet diese Form der Verharmlosung des Holocaust ist, zeigt sich an einem Text des Publizisten Henning Melber im Jahr 1992. Melber bezieht sich auf den „Staatstheoretiker Nicos Poulantzas“ und schreibt:

„Sind Völkermorde und Konzentrationslager in denselben totalitären Raum eingeschrieben und Teil der Wurzeln des modernen Totalitarismus, der die Massenvernichtung zum Bestandteil eines pervertierten Zivilisations- und Kulturverständnisses erhob, gehört die Praxis der deutschen Kolonial­herr­schaft in Südwestafrika zwischen 1884 und 1915 zu den ersten Formen einer solchen Zivilisierung durch Massenvernichtung, die im deutschen Falle ihren Höhepunkt ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der kolonialen Ära im eig­enen Land erfuhr“.[44]

Damit wird die Shoah nicht nur in ihrer Präzedenzlosigkeit geleugnet, vielmehr gesagt, sie sei eine Art „Zivilisierung durch Massenvernichtung“ gewesen. Sechs Millionen Juden wurden demnach ermordet, um sie oder die Länder, in denen sie lebten und wohin sie verschleppt wurden, zu „zivilisieren“. Das ist eine Art Holocaustleugnung, da sie negiert, dass der Grund der Shoah die Vernichtung der Juden war und behauptet, es wäre um eine „Zivilisierung“ gegangen. Auch der Ausdruck „im eigenen Land“ zeigt nur, dass Melber gar nicht bewusst war, dass der SS-Staat alle Juden ermorden wollte. Herausgegeben wurde das von Wolfgang Benz im ersten Jahrbuch für Antisemitismusforschung des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) an der TU Berlin.

Diese postkoloniale Position Melbers wird derzeit in der Bundesrepublik vielleicht am prominentesten von Poseners Diskussionspartner im Jahr 2017, dem Historiker Jürgen Zimmerer von der Uni Hamburg, vertreten. 2003 behauptete er in einem Artikel, die „Genozide in den Kolonien“ seien in der gleichen „Kategorie“ wie die nationalsozialistische Vernichtungspolitik.[45] 2011 kam dann eine Aufsatzsammlung Zimmerers auf den Markt, die schon im Titel die Leugnung des Nie-Dagewesenen von Auschwitz intoniert, leicht verdruckst mit einem Fragezeichen versehen: „Von Windhuk nach Au­sch­witz?“[46] Er zitiert eine bekannte Stelle von 1947 des amerikanischen Bür­ger­recht­lers W.E.B. Du Bois, der wenige Jahre nach Au­sch­witz behauptete, solche Kon­ti­nui­tätslinien von Kolo­nial­ver­brech­en hin zum Holocaust seien offenkundig und die „weiße“ Welt begehe solche Ver­brech­en schon lange:

„There was no Nazi atrocity – concentration camps, wholesale maiming and murder, defilement of women or ghastly blasphemy of childhood – which Christian civilization or Europe had not long been practicing against colored folk in all parts of the world in the name of and for the defense of a Superior Race born to rule the world.“[47]

Neben Hannah Arendt (1951) hat demnach[48] laut Zimmerer einer der Superstars des Postkolonialismus, Aimé Césaire, 1950 diese ungeheuerliche Passage geschrieben, die ich ja oben bei anderen postkolonialen Autoren schon zitiert habe:

„(…) the humiliation of man as such, it is the crime against the white man, the humiliation of the white man, and the fact that he [Hitler] applied to Europe colonialist procedures which until then had been reserved exclusively for the Arabs, of Algeria, the colonies of India, and the blacks of Africa.“[49]

Der weltweite Aufschrei – welcher eigentlich genau? – nach 1945 sei pure Heuchelei, so Césaire und seine unzähligen Epigon*innen, da die weiße kolo­n­ia­listische Welt die gleichen Verbrechen, die die Deutschen verbrochen haben, schon seit sehr langer Zeit in den Kolonien begangen habe. Es wird auch davon abstrahiert, dass in der BRD das Schweigen über die Verbrechen der Deutschen das neue „Wir“ nach 1945 ausmachte.

Ausblick

Von Whoopie Goldberg zu Alexander Gauland (AfD), der den Holocaust und die Nazi-Zeit als „Vogelschiss“ kleinredet und deutsche Soldaten – ohne die ab 1939 der Holocaust nicht möglich gewesen wäre – „in zwei Weltkriegen“ feiert, ist es nur ein Mausklick. Dazu kommt: Viele Teile der Coronapolitik-Kritiker*innen-Szene, von Achgut bis Reitschuster, kokettieren immer wieder mit der AfD oder zitieren AfD-nahe Agitatoren wie Klonovsky (so Burkhard Müller-Ulrich von „Indubio“ von Achgut). Dabei verabscheuen diese rechten Kreise die rot-grüne Klasse, Antirassismus wie Postkolonialismus. Zwischen Abscheu und luzider Kritik liegen aber halt mitunter Welten.

In Tennessee wurde vor wenigen Wochen der Comic „Maus“ von Art Spiegelman vom Lehrplan genommen. Es wären unflätige Worte darin und es gebe eine Abbildung einer nackten Frau darin (die Mutter von Art Spiegelman, eine Auschwitzüberlebende wie sein Vater, die 1968 Selbstmord beging). Auch Putin habe den Comic 2015 verboten (wegen Hakenkreuzen darin – es ist ein Comic über die Nazizeit aus Perspektive der jüdischen Opfer). Diese Zensur aus Tennessee war der Aufhänger für die Show mit Whoopie Goldberg, die sich zwar wie ihre Mit-Diskutantinnen gegen die Zensur aussprach, aber eben mit einer wiederum antisemitischen, den Holocaust in seiner rassistischen Dimension leugnenden Attacke.

Wie gezeigt, ist die geradezu widerwärtige Ideologie, dass Nazis wie Juden „Weiße“ gewesen seien, längst im Mainstream angekommen. Whoopie Goldberg müsste jetzt von jedem Sender, der sie noch im Programm hat, gefeuert werden. Das wäre ein Beitrag im Kampf gegen den Antisemitismus. Aber die taz zeigt ja auch bis heute – online anklickbar (Stand 01. Februar 2022) -, dass ein Antisemitismus mit allerbestem (schwarzem) Gewissen, der letzte Schrei ist. So wie die taz eine Gesprächspartnerin ohne jede Scham, ja mit Stolz sagen lässt:

„Die Europäer müssen anerkennen, dass die Verschleppung der Afrikaner das größte Verbrechen in der Menschheitsgeschichte ist, größer noch als der Holocaust.“

, so leugnet Whoopie Goldberg den Rassen-Antisemitismus der Nazis, indem sie „Arier“ und „Juden“ zu „Weißen“ macht.

Mehr als 77 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee steht bei nicht wenigen Menschen auf dieser Erde die Holocaust-Erziehung, steht die Erinnerungskultur noch ganz am Anfang.

Oder aber wir erleben gerade das Ende jeglichen Gedenkens an die Shoah, das im woken Geschwätz schwarzer und postkolonialer Ideologie, das der Universalisierung des Antisemitismus, der zu einem Problem von Weißen und anderen Weißen verdreht wird, untergeht.

Die internationale Antisemitismusforschung und die pädagogischen Programme zum Gedenken an die Shoah stehen vor ganz großen Herausforderungen.

 

[1] Alan Posener (2017): Jürgen Zimmerer relativiert den Holocaust, 24.07.2017, https://starke-meinungen.de/blog/2017/07/24/juergen-zimmerer-relativiert-den-holocaust/.

[2] Jakob Augstein/Michael Angele (2018): Vor Auschwitz. War der Genozid an den Herero und Nama eine Blaupause für den Holocaust? Ein Streitgespräch über Rassismus und Antisemitismus, Der Freitag 34/2017, online 08.10.2017, https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/vor-auschwitz.

[3] Alan Posener (2017a): Ernst Nolte, Jürgen Zimmerer, Jakob Augstein: Relativierer des Holocausts, 24.10.2017, https://starke-meinungen.de/blog/2017/10/24/ernst-nolte-juergen-zimmerer-jakob-augstein-relativierer-des-holocausts/.

[4] https://www.kulturstiftung-des-bundes.de/cms/de/programme/fellowship_internationales_museum/kultur_transfer.html (23.07.2018).

[5] David Joram (2018): „Koloniale Amnesie geht nicht“, 11.06.2017, http://www.taz.de/!5416099/.

[6] Aram Ziai/Daniel Bendix (2017): Rassismus global und in Deutschland. Fünf Thesen, in: Peripherie, 37. Jg., 2017, Nr. 146/147, S. 319–325, hier S. 325.

[7] Aram Ziai (Hg.) (2016): Postkoloniale Politikwissenschaft. Theoretische und Empirische Zugänge, Bielefeld: transcript Verlag.

[8] Aram Ziai (2016a): Einleitung: Unsere Farm in Zhengistan. Zur Notwendigkeit postkolonialer Perspektiven in der Politikwissenschaft, in: Ders. (Hg.) (2016), S. 11–24, hier S. 12.

[9] Ebd., S. 16, Anm. 4.

[10] „Daniel Bendix, Dr., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Entwicklungspolitik und Postkoloniale Studien der Universität Kassel und Junior Fellow am Kolleg Postwachstumsgesellschaften der Universität Jena. Ferner ist er Mitglied von glokal e.V., einem Berliner Verein für machtkritische, postkoloniale Bildungsarbeit“; Aram Ziai, Dr., ist Heisenberg-Professor für Entwicklungspolitik und Postkoloniale Studien an der Universität Kassel. Er ist im Vorstand der Sektion Entwicklungstheorie und Entwicklungspolitik der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, Mitglied der Bundeskoordination Internationalismus und aktiv bei kassel-postkolonial.de“, Peripherie, 37. Jg., 2017, Nr. 146/147, S. 375 (ohne Paginierung).

[11] Ziai/Bendix 2017, S. 325.

[12] Kößler sitzt ohnehin in der Redaktion, zudem saß er für diese Nummer in der „Schwerpunktredaktion für dieses Heft“.

[13] https://www.fritz-bauer-institut.de/mitarbeiter-paedagogik.html.

[14] Fritz Bauer Institut (Hg.) (2004): Völkermord und Kriegsverbrechen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Herausgegeben im Auftrag des Fritz Bauer Instituts von Irmtrud Wojak und Susanne Meinl, Frankfurt/New York: Campus; Irmtrud Wojak/Susanne Meinl (2004): Einleitung, in: Fritz Bauer Institut (Hg.), S. 7–18, hier S. 9.

[15] Reinhart Kößler/Henning Melber (2004): Völkermord und Gedenken. Der Genozid an den Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika 1904–1908, in: Fritz Bauer Institut (Hg.), S. 37–76, hier S. 40. Auch 2015 bezieht sich Kößler weiterhin auf dieses antisemitische Zitat, dass der Holocaust primär deswegen vom Westen erinnert werden würde, weil die Opfer „Weiße“ gewesen seien, Reinhart Kössler (2015): Namibia and Germany: Negotiating the Past, Windhoek: University of Namibia Press, S. 80.

[16] So z. B. in der Tagungsreihe „Blickwinkel“ von 2011–2018: „‚Blickwinkel. Anti­semitismuskritisches Forum für Bildung und Wissenschaft‘ ist ein Projekt der Bildungsstätte Anne Frank (Frankfurt/ Main) in Kooperation mit dem Pädagogischen Zentrum des Fritz Bauer Instituts und des Jüdischen Museums Frankfurt, der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft‘ (Berlin) und des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin“, https://www.stiftung-evz.de/fileadmin/user_upload/EVZ_Uploads/Handlungsfelder/Handeln_fuer_Menschenrechte/Anti
semitismus_und_Antiziganismus/Blickwinkel_2018.pdf (06.05.2018). Die Ankündigung zur Tagung im Juni 2018 zeigt die analytische Hilflosigkeit dieses Projekts, das Antisemitismus nur als „Vorurteil“ unter anderen zu fassen vermag: „Antisemitismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit – Migrationsgesellschaft, Konkurrenzen, Bild­un­gs­­strategien: Diese Stich­wor­te prägen zunehmend die gesellschaftliche, wissenschaftliche und pädagogische Auseinandersetzung mit Vorurteilen und mit aus­grenz­enden Denk- und Deutungsmustern. Vielfach schwankt die Diskussion zwi­sch­en Eifer und Orientierungslosigkeit, zwischen eindeutigen Positionen und Diff­erenziertheit“, ebd.

[17] Reinhart Kössler (2007): Genocide, Apology and Reparation – the linkage between images of the past in Namibia and Germany, Juli 2007, http://www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/Koessler-Linkages-2007.pdf (10.05.2018).

[18] Jakob Zollmann (2010): Koloniale Herrschaft und ihre Grenzen. Die Kolonialpolizei in Deutsch-Südwestafrika 1894–1915, Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht.

[19] Zimmerer 2011, S. 254–289.

[20] Jakob Zollmann (2007): Polemics and other arguments – a German debate rev­ie­wed, in: Journal of Namibian Studies, Jg. 1, Nr. 1, S. 109–130, hier S. 110.

[21] Ebd., S. 110.

[22] Birthe Kundrus (2010): Kolonialismus. Imperialismus. Nationalsozialismus? Chancen und Grenzen eines neuen Paradigmas, in: Claudia Kraft/Alf Lüdtke/Jür­g­en Martschukat (Hg.), Kolonialgeschichte. Regionale Perspektiven auf ein globales Phänomen, Frankfurt/New York: Campus, S. 187–210; Birthe Kundrus (2006): Kontinuitäten, Parallelen, Rezeptionen. Überlegungen zur ‚Kolonisierung‘ des Nationalsozialismus, in: WerkstattGeschichte, Jg. 15, Nr. 43, S. 45–62.

[23] Kundrus 2006, S. 47.

[24] Ebd.

[25] Ebd.

[26] Ebd., S. 49.

[27] Zollmann 2007, S. 118. Der Grund für die postkoloniale Szene, den Mord an Herero und Nama als gewollten Genozid zu betrachten, ist auch ökonomischer Natur, wie Zollmann festhält, ebd., S. 116: „In 2001 former Namibian Minister of Foreign Affairs, Theo Ben-Gunrab, called his German counterpart Joschka Fischer, a racist because German exculpations of guilt had only been addressed to ‚Whites‘. German refusals to pay reparations, on the grounds that the Holocaust/Shoah was particularly singular and cannot be compared with instances of colonial genocide, are thought to be racist by Herero Paramount Chief Riruako because compensation was only given to ‚Jews‘, that is ‚Whites‘. These rather questionable allegations have been taken up on the German side quite vindictively. (…) Yet, the result of this argument is the collapse, on the most basic materialist level, of a distinction between Holocaust and colonial genocide.“

[28] Winfried Speitkamp (2006): Deutsche Kolonialgeschichte, Stuttgart: Reclam, S. 186.

[29] Dan Diner (Hg.) (1988): Zivilisationsbruch. Denken nach Auschwitz, Frankfurt am Main: Fischer.

[30] Dan Diner (2007): Gegenläufige Gedächtnisse. Über Geltung und Wirkung des Holocaust, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

[31] Über Diners Kritik am Zionismus angesichts des Nationalsozialismus und von Auschwitz (siehe z. B. ebd., S. 24 f.) wäre an anderer Stelle zu schreiben; zu seiner bis heute skandalösen, publizierten Habilitationsschrift von 1980, wo er forderte, Israel solle den „Abbau“ seiner „zionistischen Struktur“ betreiben und binational werden, wie auch über seine heutige Unterstützung von Israel attackierenden, der binationalen Ideologie anhängenden Forscher*innen, vgl. Clemens Heni (2014): Kritische Theorie und Israel. Max Horkheimer und Judith Butler im Kontext von Judentum, Binationalismus und Zionismus, Berlin: Edition Critic, S. 70–75.

[32] Diner 2007, S. 81.

[33] Ebd., S. 79 f.

[34] Ebd., S. 108.

[35] https://www.frcps.uni-frankfurt.de/?page_id=200 (05.05.2018).

[36] Maria do Mar Castro Varela/Nikita Dhawan (2015): Postkoloniale Theorie. Eine kritische Einführung. 2., komplett überarbeitete und erweiterte Auflage, Bielefeld: transcript Verlag.

[37] Spivak hat sich mehrfach für die antisemitische BDS-Bewegung ausgesprochen, z. B. im Januar 2017 angesichts einer Debatte innerhalb der Modern Language Association in USA, die über BDS abstimmte, siehe dieses Video mit ihr https://vimeo.com/195907261#t=91s (05.05.2018); 2014 unterstützte sie mit Judith Butler und vielen anderen antiisraelischen Aktivist*innen einen BDS-Boykottaufruf, http://hyperallergic.com/wp-content/uploads/2014/06/BDS-Open-Letter-final.
pdf (05.05.2018).

[38] Castro Varela/Dhawan 2015, S. 140–150.

[39] Ebd., S. 144: „Für Said ist sowohl der unhinterfragte Zionismus als auch die Weigerung innerhalb der arabischen Welt, den Holocaust anzuerkennen, zu kritisieren. Wie bereits erwähnt, war eine der Reaktionen auf Saids Kritik [am Osloer Friedensabkommen von 1993, CH] Zensur, die von Zionisten als auch von arabischen Nationalisten gleichermaßen gefordert wurde.“

[40] Zur postkolonialen Ideologie „Von Windhuk bis Auschwitz“ siehe Clemens Heni (2013): Antisemitism: A Specific Phenomenon. Holocaust Trivialization – Islamism – Post-colonial and Cosmopolitan anti-Zionism, Berlin: Edition Critic, S. 132–150; zur Einzigartigkeit des Holocaust ebd., S. 231–283; zur Universalisierung des Holocaust ebd., S. 301–383.

[41] David Olusoga/Casper W. Erichsen (2010): The Kaiser’s Holocaust. Germany’s Forgotten Genocide and the Colonial Roots of Nazism, London: faber & faber. Den Hinweis auf diese Studie verdanke ich Jakob Zollmann. Herzlichen Dank, Jakob.

[42] Olusoga/Erichsen 2010, S. 13.

[43] Peter Schmitt-Egner (1975): Kolonialismus und Faschismus. Eine Studie zur historischen und begrifflichen Genesis faschistischer Bewußtseinsformen am deutschen Beispiel, Giessen/Lollar: Verlag Andreas Achenbach.

[44] Henning Melber (1992): Kontinuitäten totaler Herrschaft: Völkermord und Apartheid in ‚Deutsch-Südwestafrika.‘ Zur kolonialen Herrschaftspraxis im Deutschen Kaiserreich, in: Wolfgang Benz (Hg.), Jahrbuch für Antisemitismusforschung 1, Frankfurt/New York: Campus, S. 91–116, hier S. 91.

[45] Jürgen Zimmerer (2003): Holocaust und Kolonialismus. Beitrag zu einer Archäologie des genozidalen Gedankens, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Jg. 51, Nr. 12, S. 1098–1119, hier S. 1118.

[46] Jürgen Zimmerer (2011): Von Windhuk nach Auschwitz? Beiträge zum Verhältnis von Kolonialismus und Holocaust, Münster: Lit.

[47] Zitiert nach Zimmerer 2011, S. 16. Er bezieht sich auf einen Artikel von Robin Kelly (1999): „Poetics of Anticolonialism“ im Journal Monthly Review.

[48] Zimmerer 2011, S. 16.

[49] Aimé Césaire (1950): Discours sur le colonialisme, zitiert in Zimmerer 2011, S. 15. Zimmerer zitiert nach Andrew Zimmerman, Anthropology and Antihumanism in Imperial Germany, Chicago 2001, S. 246.

Antisemitismus im Zeitalter von Corona (BICSA Working Paper, Januar 2021 – Jubiläum, 10 Jahre BICSA)

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The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

Januar 2021

 

Impressum:

Herausgeber: The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

C/o Verlag Edition Critic, Sophie-Charlotten-Str. 9-10, 14059 Berlin

E-Mail: clemens.heni@gmail.com

 

Copyright@ BICSA und Clemens Heni, Januar 2021

 

Der Verfasser, Dr. phil. Clemens Heni, hat in Tübingen, Bremen und an der FU Berlin Philosophie, Geschichte, Politikwissenschaft und Empirische Kulturwissenschaft (EKW) studiert, an der Uni Innsbruck mit einer Arbeit über die „Salonfähigkeit der Neuen Rechten“ 2006 promoviert, war 2008/09 Post-Doc an der Yale University, von 2010 bis 2015 Research Fellow an der Hebräischen Universität Jerusalem (Prof. Robert S. Wistrich, Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism, SICSA), seit 2011 Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), www.bicsa.org

 

 

The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

10 Jahre BICSA (Gegründet im Januar 2011)

Working Paper, 31. Januar 2021

 

Antisemitismus im Zeitalter von Corona

Von Dr. phil. Clemens Heni, Direktor, BICSA

 

Inhalt:

Inhalt: 4

Einleitung: Jenseits des Gruppendenkens. 5

Angela Merkels irrationale Politik. 12

Ein leuchtender Waschbär, Ufos und AIDS-Leugnung: Der Erfinder des PCR-Tests. 13

Kritik der Panikindustrie. 16

Montaigne versus Descartes. 22

Historische Aspekte von Krankheit, Medizin und Antisemitismus. 24

Jan Böhmermann, Juden, Desinfektionsmittel und „Corona-Überlebende“. 26

Mainstream-Antisemitismus? Plädoyer der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“. 29

BDS und postkoloniale Holocaustverharmlosung. 31

Die Coronapolitik-Kritik und die Universalisierung der Shoah. 35

Was verstehen die Deutsche Welle und Hendrik Streeck unter einer Verschwörung?. 38

  1. August 2020: Querdenken-Demo und Kundgebung in Berlin. 40

NS-Verharmlosung: Corona und das „wohl“ „größte Verbrechen geg. d. Menschlichkeit“. 44

Multipolar, böse Amerikaner und die Entwirklichung des Jihad. 45

Querdenker und Linke für #ZeroCovid und „Mega-Lockdown“. 47

Das Problem heißt Szientismus. 56

Querdenken und KenFM… 60

NachDenkSeiten. 63

Rubikon. 65

Gunnar Kaiser 67

Achgut 71

Joe Biden: Corona für Amerikaner so tödlich wie Nazi-Deutschland. 79

Vorschlag zur Güte: zwei neue halbe Mitglieder für die Leopoldina. 81

Endnoten. 83

 

Einleitung: Jenseits des Gruppendenkens

Antisemitismus ist ein wichtiges Forschungsthema, auch im Zeitalter von Corona. Dieses Working Paper[1] versucht, Antisemitismus in ganz unterschiedlichen Kontexten zu untersuchen. Dabei können selbstredend nur einige kleine, aber hoffentlich helle Lichtkegel auf einige Aspekte des antijüdischen Ressentiments oder der modernen antisemitischen Ideologie geworfen werden. Ohne eine Kontextualisierung des Antisemitismus in die Coronapolitik, wäre es ein zu leichtes Unterfangen. Wer ist nicht gegen Nazis? Wer aber sieht schon den Antisemitismus im bürgerlichen Mainstream oder bei Linken, analog zu jenem der extremen Rechten? Darum also soll es in diesem Working Paper gehen. Dabei sind Grundrechte, Demokratie, Vielfalt und der Kampf gegen homogene Volksgemeinschaften, Diskriminierung, Gruppendenken eng miteinander verknüpft.

Der antisemitische Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019 war ein großer Schock für die Juden und die Gesellschaft in Deutschland. Ein antisemitischer Rechtsextremer hatte versucht, mit Schusswaffengewalt in die Synagoge zu gelangen, nur durch Glück hielt die Türe stand.[2] Antisemitische Verschwörungsmythen wie über George Soros waren ein ideologischer Hintergrund des deutschen Täters. Ein anderer deutscher Neonazi hat am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen in Shisha-Bars bzw. auf offener Straße ermordet.[3] Die Agitation gegen „Kulturmarxismus“, wie sie weit im deutschen Mainstream zu finden ist, war eine Triebfeder für solche Täter. Einer der rechten Autoren in Springers Welt redete zuvor von einer „Leitkulturorgie nach den kulturmarxistischen Merkelpartys“.

Und dann kam Corona. Viele derjenigen, die sich immer lautstark gegen Nazis und die Verletzung der Menschen- und Grundrechte einsetzten und die ich auch positiv zitierte, stehen jetzt auf Seite des deutschen Staates und machen bei den größten Grundrechtsverletzungen in der Geschichte der BRD mit. Das ist natürlich kategorial etwas ganz anderes als neo-nazistische Gewalt. Den Fehler, Kritik an Nazi-Gewalt, ein Virus wie Corona und die Coronapolitik zu vermischen, sollte man nicht machen – es ist schlimm genug, dass dies der neue US-Präsident Joe Biden bezüglich des Zweiten Weltkriegs tut (siehe das Kapitel Joe Biden: Corona…).

Die israelische Coronapolitik wird in Israel von kritischen Ärzten, Epidemiolog*innen, Mediziner*innen und häufig jungen Aktivist*innen scharf kritisiert.[4] Meine jahrelange linkszionistische Kritik an Netanyahu[5] setzt sich während Corona[6] fort.

Wir leben in der katastrophalsten Zeit in Deutschland seit 1945. Das liegt überhaupt nicht an einem neuen Virus, das liegt an der politischen und gesellschaftlichen Reaktion darauf. Wir erleben eine Epidemie der Demokratiefeinde – ironischerweise sind das diesmal nicht primär die (gefährlichen, aber relativ wenigen) Nazis, sondern das ist diesmal die riesige Zahl von Anti-Nazis. Viele Rechte, die sich nie für Grundrechte interessierten und gegen andere hetzten, tun nun so, als seien sie jetzt für das Grundgesetz und die Vielfalt der Gesellschaft. Andererseits unterstützen jene, die immer so taten, als seien sie Demokraten, die antidemokratischste Regierungspolitik seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Das ist eine Dialektik, die sich vor 2020 kaum jemand träumen ließ, in keinem Albtraum wäre das antizipierbar gewesen.

Die Lockdowns und die tagtägliche Indoktrination mit Panikpropaganda von allen Medien wird diesem Land mehr Schaden zufügen als alles, was es an Gewalt bis dato hierzulande seit 1945 gab. Das wirklich Dramatische ist nun, wie ein Blockwartdenken, die Denunziation Andersdenkender und Andershandelnder heute in allen Teilen der Gesellschaft en vogue ist und gerade nicht primär bei den Nazis oder Kleinbürgern, von denen man das eh wusste. Nein, diesmal ist vor allem die weiße kulturelle links-liberale Elite vorneweg beim Einpeitschen. Grade jene, die sich als die Guten darstellen, werden zum Problem. Dass dies, was Antisemitismus betrifft, schon länger so war, werden wir an exponierten Beispielen der Showbusiness-Welt sowie der akademischen Welt sehen. Die historische Verbindung von Juden und Seuchen, Juden als Gefahr für die restliche Gesellschaft, ist einer der ältesten antisemitischen Topoi überhaupt. Die mittelalterliche Brunnenvergiftung war einer der schrecklichsten antisemitischen Verschwörungsmythen, die zu Pogromen an Juden führten. Wir werden sehen, wie sich heute die Beziehung von Desinfektionsmitteln und Antisemitismus darstellt, schon vor Corona.

Fast alle Grundrechte sind aktuell ausgesetzt und das Amtsgericht in Weimar hat am 11. Januar 2021 geurteilt, dass im März 2020, als der erste Lockdown verhängt wurde, „keine epidemische Lage von nationaler Tragweite“ vorherrschte. Laut Daten des Robert Koch-Instituts, so das Gericht, waren die Zahlen der Neuinfektionen schon vor dem 23. März, als der Lockdown in Kraft trat, gefallen.[7] Corona wird endemisch werden, Teil des Virusgeschehens, was überhaupt kein Problem ist. Epidemisch jedoch wird auf unabsehbare Zeit das antidemokratische Regieren und Blockwart-Verhalten weiter Teile der Bevölkerung bleiben.

Vom 8. bis 10. Januar 2021 fand in Sancho Murieta im County (Landkreis) Sacramento die Konferenz „ReOpen Cal Now“ statt – es ging um die Wiedereröffnung des Bundesstaates Kalifornien angesichts der Coronakrise. Einer der Redner war Jay Bhattacharya aus Indien, der seit Jahrzehnten Professor für Medizin an der Stanford Universität in Kalifornien ist.[8] In seinem Vortrag erklärt er, dass er anfangs auch Sorge hatte, ob Corona tatsächlich eine Sterblichkeit von 3,4 Prozent haben könnte, wie die WHO und andere Organisationen aggressiv promoteten. Doch sobald er mit Kolleg*innen die ersten Antikörperstudien in Santa Clara County und in Los Angeles County durchführte, wurde offensichtlich, dass die Infektionssterblichkeit viel niedriger ist, weltweit liegt sie aktuell zwischen 0,14 und 0,23 Prozent.

Während also anfänglich die Weltgesundheitsorganisation von 3,4 Prozent Sterblichkeit ausging, ohne zu sagen, ob das die Fallsterblichkeit (Case Fatality Rate, CFR) betrifft, die auf den offiziellen „Fällen“ basiert, oder ob das die wissenschaftlichem Standard entsprechende Infektionssterblichkeit (Infection Fatality Rate, IFR) angibt, hat sich dies aufgrund von Antikörperstudien bereits im April 2020 massiv reduziert. Bekanntlich hat der Virologe Professor Hendrik Streeck von der Universität Bonn Anfang April 2020 in Gangelt im Kreis Heinsberg mit der gleichen Methode wie seine amerikanischen Kolleg*innen in Kalifornien erforscht, dass die Sterblichkeit in diesem Corona-Hotspot bei 0,37 Prozent liegt.[9] Das ist beruhigend. Seitdem gibt es keine größere Antikörperstudie in Deutschland, was ein unfassbares Versagen vornehmlich des Robert Koch-Instituts (RKI) bloßstellt.

Man kann nichts anderes als Vorsatz dahinter vermuten, denn eine solche Studie würde ja ganz sicher der Bevölkerung einen Großteil der Panik nehmen, da nicht mehr die Zahl von 4,2 oder 2,8 Prozent Sterblichkeit vom RKI angegeben werden könnte, wie es seit März 2020 geschah, sondern eher 0,37 Prozent oder weniger. Das hätte die Bevölkerung seit Anfang Mai 2020 massiv beruhigt. In Santa Clara County wurde durch die Antikörperstudie entdeckt, dass 50 bis 85 mal mehr Menschen sich mit Corona infiziert hatten, als offiziell angegeben, wie CNN berichtete.[10] Diese Menschen waren alle nicht krank geworden, hatte keine oder kaum Symptome, aber hatten Corona, was zeigt, wie harmlos Corona für den Großteil der Bevölkerung ist.

Viel dramatischer hingegen ist die weltpolitische Situation. Jay Bhattacharya kommentierte in seinem Vortrag im Januar 2021 in Kalifornien,[11] dass es weltweit eine erbärmliche Coronapolitik gibt, die „nur die Reichen“ schütze, aber die „Armen“ nicht nur vernachlässigt, sondern  – wie immer – die schmutzige, ergo: gefährliche Alltagsarbeit machen lässt. Diese Menschen bauen die natürliche Herdenimmunität gegen alle möglichen Krankheitserreger auf, auch für Corona. Die reiche akademische Elite sitzt im Einfamilienhaus mit großem Garten oder dem Penthouse in Berlin Prenzlauer Berg mit Dachterrasse und agitiert #stayathome, wissend, dass die Suppenbrüheproduzent*innen bei Knorr oder die Bäcker*innen und Taxifahrer*innen das nicht können. Da jedoch Corona für den Großteil der Menschen nicht lebensgefährlich ist, wäre es das solidarischste gewesen, wenn alle Menschen, die nicht gefährdet sind, die Herdenimmunität aufgebaut hätten, spätestens, sobald klar war, dass Corona eine sehr niedrige Sterblichkeit hat. #stayathome für die Reichen ist a-sozial.

Für Menschen in Indien, weiten Teilen Asiens und Afrikas, wo es Hunderte Millionen Tagelöhner*innen gibt, die von 2 oder 4 Dollar am Tag leben, ist #stayathome undenkbar (was aber den Reichen und linken #ZeroCovid-Fanatiker*innen in Berlin Prenzlauer Berg, München, Stuttgart oder Köln so was von völlig scheißegal ist), für sie ist der Wegfall von Handelsketten, der Stillstand des alltäglichen Lebens, das Ausbleiben von Tourist*innen und zumal das Schließen von Schulen, wo Kinder häufig die einzige warme Mahlzeit am Tag bekommen, sowie das Aussetzen von Schutzimpfungen tödlich. Bhattacharya sagt mit einer Fassungslosigkeit, dass der reiche weiße Westen ein Drama veranstaltet.

Dabei sollte man ganz nüchtern und mit Empathie für jeden einzelnen Toten und die Angehörigen ergänzen: Es ist immer tragisch, wenn Menschen sterben. Es sind aber von jährlich weltweit ca. 60 Millionen Toten 2020 weniger als zwei Millionen Tote „an“ oder „mit“ Corona zu beklagen, die zudem großteils über 80 Jahre alt waren, schwer vorerkrankt, und die allermeisten wären ohnehin bald gestorben. Diese knapp zwei Millionen Corona-Toten sind also keineswegs alle extra hinzugekommen zur normalen und zu erwartenden Sterblichkeit des Jahres 2020. Das werden Statistiker*innen und Humangeografen noch genau erforschen müssen. Die Massenpanik jedoch wäre vermeidbar gewesen, aber sie war von der Bundesregierung gewollt (siehe das Kapitel „Kritik der Panikindustrie“…). Die extremen Rechten und totalitären Linken werden sich ganz genau abgeschaut haben, wie man eine Gesellschaft aufstachelt, wie man Grundrechte entzieht und das ohne medizinische Evidenz, denn es gibt medizinisch keinen Notstand nirgends (einzelne überlastete Krankenhäuser gibt es in jeder Grippesaison, mal mehr, mal weniger).

Das Verschwinden von Tausenden Notfallbetten in Krankenhäusern aus den Statistiken (offenkundig, weil Personal fehlt, da die Betten in der Mega-Corona-Krise kaum verschrottet worden sind) ist und bleibt ein Skandal, der aufgeklärt werden muss.[12] Durch den präzedenzlosen Stress, dem alle 83 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland seit März 2020 durch absichtliche Panik durch die Regierungen und die Medien ausgesetzt sind, hat sich das Immunsystem noch weiter verschlechtert. Stress und psychische Belastungen sind ein extremer Faktor, um Menschen zu schwächen. Isolation und soziale Kälte kommen noch ganz massiv dazu. Dazu gibt es die mittel- und langfristigen Konsequenzen von  verschobenen Operationen und Untersuchungen, also auch medizinisch wird die Lockdown-Politik tödliche Konsequenzen haben, wie die nächsten Jahren zeigen werden. Womit hat die Politik dieses zynische Ausspielen von Patient*innen gerechtfertigt? Zählt das Leben eines Menschen, der an Corona erkrankt, mehr als eine Patientin, die an Krebs erkrankt? Dieser Eindruck drängt sich einem auf der ganzen Welt auf, wobei „Welt“ hier primär heißt: Europa und Amerika (Süd- und Nordamerika), da Corona in Afrika oder Asien so gut wie kein Thema ist.

Katastrophal ist weltpolitisch gesehen Folgendes: Im Globalen Süden gibt es, so Bhattacharya, bis zu 130 Millionen Menschen, die vom Hungertod bedroht sind wegen der Lockdown-Politik des Westens. 130 Millionen Menschen, die zu den ‚üblichen‘ gut 20.000 Hungertoten täglich noch hinzukommen könnten. Doch diese befürchtete Zahl von 130 Millionen Hungertoten wegen der Lockdownpolitik irritiert nicht nur keine Linken – von Konkret bis Titanic und taz wird gefeixt, ob Merkel nicht doch eine Linke sei und die #ZeroCovid-Kampagne mitmachen will –, sie irritiert auch keine Politikwissenschaftler*innen, Journalist*innen oder die allgemeine Öffentlichkeit. Die kapitalistische Merkel, der extrem rechte Söder und das kommunistische Monatsmagazin Konkret[13] sind sich in der Huldigung von Christian Drosten und der Diffamierung der Gegner befremdlich einig.

Corona ist eine „Epidemie der Alten“, die Lockdowns schützen nicht nur niemanden, sie schaden sowohl den Alten als auch den Jungen.[14] Wer das nicht schon im März und April 2020 empirisch gesichert erkannte, hätte es wenigstens bis Oktober 2020 lernen müssen.[15] Das hat Angela Merkel nicht getan und dahinter steht nicht nur Hilflosigkeit oder Unwissenschaftlichkeit, sondern ein sich abschottendes Gruppendenken, das schon 1971 vom Psychologen Irving L. Janis (1918–1990) analysiert wurde. Janis war der Begründer des Ausdrucks „Groupthink“.[16]

Gruppendenken zeigt sich ganz exemplarisch am Beispiel der Coronakrise. In der von der Verfassung, dem Grundgesetz nicht vorgesehenen, ergo nicht legalen und nicht legitimen „Bund-Länder-Runde“ unter Kanzlerin Angela Merkel, zeigen sich typische Charakteristika des Gruppendenkens:

  • „eine hohe Gruppenkohäsion (Nahverhältnis, Ähnlichkeit, Zusammenhalt)

  • strukturelle Mängel im Aufbau der Gruppe

    • Abschottung nach außen
    • ein sehr starker, dominanter Meinungsführer im Innern
    • fehlende Objektivität seitens der Führungskraft
    • mangelhafte oder sogar fehlende Normen/Prozesse, um systematisch Handlungsalternativen abzuwägen
  • Bestehen einer (im Gruppenempfinden) bedrohlichen Situation, die starken Stress und viel Emotionalität auslöst“.

Exakt das, was Kritiker*innen des Antisemitismus, des Rassismus, Nationalismus, der AfD und vielen anderen rechten Gruppierungen, Zeitungen, Autor*innen den Kritisierten immer völlig zu Recht vorwarfen und vorwerfen, dass sie im Gruppendenken verharren und keine andere Position gelten lassen, das passiert jetzt nicht nur bei den Merkelhassern, sondern im Merkel-Lager selbst. Das Merkel-Lager umfasst die CDU/CSU, Grünen, die SPD, die FDP (die ja an Landesregierungen in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz beteiligt ist und kein Veto gegen auch nur einen Lockdown-Beschluss einlegte und keine Koalition verließ) weite Teile der Linken und fast alle Mainstream-Medien, vorneweg alle ARD und ZDF Sendeanstalten.

Alle 16 Bundesländer und die Bundesregierung verfolgen das gleiche Ziel: Lockdown, Lockdown, Lockdown. Nicht ein Bundesland scherte jemals aus. Merkel ist ein „dominanter Meinungsführer“, sie lädt ja zu diesen Treffen ein und hat immer schon im Vorhinein ihre Position fix. Weder sie noch ein anderer beteiligter Politiker hat „Normen“, „um systematisch Handlungsalternativen abzuwägen“. Eine Norm wäre die Gesundheit der Menschen, national wie international, da ein Global Player wie Deutschland mit seiner Politik ganz extrem das Weltgeschehen beeinflusst. Doch Merkel hat nicht mal einen Blick auf die Psyche von Kindern unter 10 Jahren, die enorm unter dem Lockdown leiden, von älteren Kindern, Teenagern und Erwachsenen nicht zu schweigen. Man merkt ihr an, dass es ihr einfach egal ist, ob Zehntausende Operationen verschoben wurden im Frühjahr 2020 allein, und dass dadurch ganz sicher viele Tausend Menschen früher sterben werden, weil ein Krebs oder Schlaganfall, Herzinfarkt oder eine andere schwere Erkrankung zu spät oder gar nicht behandelt wurden. Es ging Merkel von Anfang an nur um Corona. Ihre Ratgeber waren die mit Abstand schlechtesten: Virologen und ein Tierarzt. Dabei ist Corona kein Thema für die Virologen, sondern für Mediziner und vor allem die gesamte Gesellschaft sowie für Epidemiologen und Public Health Forscher*innen.

Doch das noch viel Schlimmere ist nun, dass Merkel diese Alternativen kennt: Schutz der wirklich Schutzbedürftigen und Ende der Lockdown-Politik. Das ist die Position von Prof. Matthias Schrappe und seiner Arbeitsgruppe, die seit April 2020 sieben Thesenpapiere vorgelegt haben.[17]

Teil dieser neunköpfigen Gruppe, zu der auch der bekannte Gerichtsmediziner Klaus Püschel aus Hamburg gehört, ist der Vorstand des Dachverbands der Betriebskrankenkassen Franz Knieps (SPD), der von 2003 bis 2009 Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium unter Ulla Schmidt (SPD) war. Knieps sagte am 18. Januar 2021 in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland („BKK-Chef Knieps: „Im Kanzleramt herrscht in Sachen Corona Bunkermentalität“):

Es ist zu hören, dass auf die Autoren der Thesenpapiere aus dem Kanzleramt erheblicher Druck ausgeübt worden sei, sich nicht mehr zu äußern. War es so?

Ach, Druck würde ich das nicht nennen. Ja, es gab frühzeitig eine Bitte aus dem Umfeld der Kanzlerin, das zu beenden. Ich habe Merkel mitteilen lassen, dass wir Bürger seien, kein Untertanen. Leider ist es nach wie vor so, dass insbesondere im Kanzleramt eine Bunkermentalität vorherrscht. Dort wird allein auf Virologen gehört, und dann auch immer auf dieselben. Abweichende Ansichten oder Ratschläge anderer wissenschaftlicher Disziplinen werden bis heute ignoriert. Dabei ist gerade in schwierigen Zeiten wie diesen jede fachkundige Stimme dringend notwendig.

Merkel zeigt für eine demokratische Politikerin ein erschreckend autoritäres und aggressives Verhalten, das eindeutige Tendenzen zum Totalitären hat, wenn sie einer medizinisch-sozialwissenschaftlichen Arbeitsgruppe rät, sich doch mit Kritik am Regierungskurs zurückzuhalten. Damit könnte sie eine zweite Karriere in Nordkorea oder China starten. Das hat jetzt das Redaktionsnetzwerk Deutschland, das in vielen Berichten selbst vollauf Teil der Panikindustrie ist,[18] in jenem Gespräch mit Franz Knieps aufgedeckt. Ein zentraler Kritikpunkt von Schrappe & Co. ist der unwissenschaftliche Inzidenz-Wert von 50 „Infektionen“ (die fast alle keine sind) von 100.000 Bewohner*innen.

De facto haben wir aktuell ca. das sechsfache an „Infektionen“, was die Harmlosigkeit von Corona beweist und die Zielgenauigkeit des Virus, das nur für sehr alte und sehr kranke Menschen gefährlich werden kann. Wenn also offiziell gesagt wird, es gebe eine 7-Tages-Inzidenz von 170, so ist das unwissenschaftlich, da die realistische Zahl um den Faktor sechs oder mehr höher liegt. Das kann eigentlich jeder Mensch verstehen: Wenn man in einer Woche 1,5 Millionen Menschen testet und es kommen 20.000 positive Testergebnisse raus (wovon rein statistisch ca. 10.000 falsch-positiv sein können), was ist dann mit den 81,8 Millionen Menschen, die nicht getestet wurden?

Wir haben am 26. Januar 2021 ganz sicher nicht nur 2.148.077 Corona-Infektionen, wie es offiziell heißt, sondern vielleicht 12 oder 22 Millionen oder noch viel mehr. Sonst wäre die WHO nicht schon Anfang Oktober 2020, als es 36 Mio. Fälle weltweit gab, auf über 750 Millionen tatsächliche Fälle von Corona-Infektionen gekommen! Warum wird über diese Zahl so gut wie nie berichtet? Das hieß damals schon, dass ca. 20 Mal so viele Fälle existieren, als offiziell angegeben. Selbst wenn dieses Verhältnis gesunken sein sollte, so ist es doch zu 100 Prozent ausgeschlossen, dass die offiziellen Zahlen der RKI oder von World­o­meter etc. stimmen. Wenn wir von 22 Millionen Corona-Infektionen ausgehen, ergäbe das aktuell bei 52.000 Toten in Deutschland die weltweit aufgrund von Antikörperstudien ermittelten 0,23 Prozent Infektionssterblichkeit. Das ist nicht dramatisch – immer vorausgesetzt, dass alle „Fälle“ auch „an“ und nicht nur „mit“ Corona starben, wir werden darauf noch zurückkommen.

Nur irrationale oder unwissenschaftlich arbeitende Menschen glauben, dass es in dieser Woche bei 81,8 Millionen Menschen null „Infektionen“ gab und nur die 20.000 unter den 1,5 Mio. Getesteten. So argumentieren sehr überzeugend seit Monaten Matthias Schrappe und sein 9-köpfiges Expert*innenteam. Doch Merkel will es offenkundig absichtlich nicht hören und versuchte sogar darauf hinzuwirken, dass die Kritik nicht publik wird. So ein Verhalten hat in einer Demokratie nichts zu suchen. Mittlerweile dreht Merkel noch mehr durch und möchte massivste Grundrechtsverletzungen bis zu einem Inzidenz-Wert unter 10 durchsetzen, was heißen würde, dass im Landkreis Tirschenreuth in Bayern, wenn es dort 2021 ähnliche Zahlen geben sollte wie 2020 – und die Impfung wird ja bekanntlich keineswegs die Inzidenz zwingend verändern, sondern nur tödliche Verläufe –, nur noch zwischen dem 26. Mai und dem 1. Oktober ein halbwegs normales Leben möglich wäre, davor und danach lag dort die Inzidenz fast immer über 10.[19]

Das wäre der totale Hygienestaat. Vor allem ist das deshalb so unsagbar verrückt, weil durch die Influenza (Grippe) auch alle paar Jahre bis zu 25.000 oder auch 56.000 Menschen sterben können, wie seit 1970 immer wieder mal (40.000 Influenza-Tote in der alten BRD entsprächen ca. 56.000 Toten in der heutigen BRD). Bislang ohne jede Panik, ohne jeden Maskenfetischismus, ohne psychischen Notstand, ohne 25-50 Jahre extra Staatsverschuldung, ohne In-den-Suizid-oder-Wahnsinn-den-Bankrott-die-Isolation-den-sozialen-Tod-Treiben von unzähligen Menschen. Wollen diese irrational gewordenen Politiker*innen und die übergroße Mehrheit der Blockwart-Deutschen jedes Jahr im Winter Maskenpflicht, Restaurants schließen, Apps, Quarantäne-Gefängnisse etc. pp.? Das wäre die logische Konsequenz, denn es wird immer tödliche Viruserkrankungen oder andere Erreger geben, das gehört zum Leben dazu.

Die Unwissenschaftlichkeit von Merkel hat aber System und das muss uns große Sorgen bereiten, es ist „nicht Dummheit“ – das sah auch schon der Gruppendenken-Kritiker Janis 1971 so –, sondern es ist ein Sich-Einigeln im Kokon der Ignoranz.

Dabei ist Knieps gar kein Gegner des Lockdown (wie er im Gespräch mit dem RND offen sagt), was ihn durchaus in eine Gegenposition zu Schrappe stellt, also zu seiner eigenen Arbeitsgruppe. Knieps war von 2003 bis 2009 Leiter der Abteilung „Gesundheitsversorgung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung“ im Bundesministerium für Gesundheit unter Ulla Schmidt (SPD). Schmidt hatte 2002 die sog. Fallpauschale eingeführt, die von kritischen Mediziner*innen scharf kritisiert wird, da nunmehr Patient*innen so schnell als möglich das Krankenhaus wieder verlassen sollen, da nicht die Dauer einer Behandlung viel Geld einbringt, sondern die Anzahl der Patient*innen. Auf die höchst problematische Dimension dieser Fallpauschalen weist der Arzt und politische Aktivist, Kritiker der Coronapolitik Dr. Paul Brandenburg in einem Gespräch mit der Journalistin Milena Preradovic hin. Insofern wäre zu fragen, wie Franz Knieps zu Ulla Schmidt und der Umsetzung der Fallpauschalen während seiner Zeit im Bundesgesundheitsministerium und seither steht.

Es geht in diesem Working Paper um Antisemitismus in Zeiten von Corona. Das Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) feiert im Januar 2021 sein zehnjähriges Bestehen. Eine Übersicht über die vielfältigen Aktivitäten, Publikationen, Vorträge und Texte von BICSA würde hier zu weit führen. Bekannt ist, dass unser Schwerpunkt auf einer Kritik am israelfeindlichen Antisemitismus einerseits und am Holocaust verharmlosenden Antisemitismus andererseits liegt. Dass BICSA sich jemals zu Corona wird äußern müssen, hat niemand geahnt. Gleichwohl ist die Geschichte des Antisemitismus eng verbunden mit Seuchen und der Beschuldigung von Juden, an diesen verantwortlich zu sein.

Die präzedenzlose Corona-Krise ist vor allem eine Krise der Demokratie und keine primär medizinische Krise. Es gibt eine lange Geschichte, die Juden mit Krankheitserregern in Verbindung bringt, vom Mittelalter bis heute. Darum wird es in diesem Papier gehen. Darüber hinaus geht es um Antisemitismus in Zeiten von Corona, also um Formen von Antisemitismus, die wir aktuell erleben, wozu namentlich die BDS-Bewegung zählt. Aber auch viele Kritiker*innen der autoritären und nicht evidenzbasierten Coronapolitik vertreten antisemitische Ressentiments, wie exemplarisch an führenden Protagonist*innen dieser Szene gezeigt werden soll.

Der Philosoph, Leopoldina-Kritiker und Suhrkamp-Autor Michael Esfeld hat mit dem Ökonomen und Philosophen Philip Kovce, Mitglied im Think-Tank 30 des Club of Rome, am 27. Januar 2021 in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) die aktuelle Coronapolitik kritisiert:

Dass Bevormundungshardliner so hoch im Kurs liegen, lässt mit einem Augenzwinkern auf ein grosses Remake des Milgram-Experiments schliessen, an dem wir alle derzeit teilnehmen. Wir erinnern uns: Das Original aus den 1960er Jahren deckte auf, dass ganz normale Leute ziemlich schnell bereit sind, anderen immer stärkere Stromschläge zu versetzen, solange ihnen versichert wird, dass dies ‚aus wissenschaftlicher Sicht unbedingt notwendig‘ sei. So gesehen ist jede härtere Massnahme von heute der eigentliche Corona-Test: Sie testet, was wir als ‚aus wissenschaftlicher Sicht unbedingt notwendig‘ hinzunehmen bereit sind – ja, ob es dafür überhaupt Grenzen gibt. Wer dieser fatalen Wissenschaftshörigkeit Einhalt gebieten will, der wird vielerorts sogleich als Wissenschaftsleugner verunglimpft.

Als wäre historisch nichts gewesen, nimmt eine ganz grosse Koalition Illiberaler von links bis rechts dieses Corona-Experiment interessiert zur Kenntnis. Szientismus als Staatsreligion zur Legitimierung von Repressionen? Warum nicht? Notabene: Es wäre das Ende freier Forschung und Lehre, der Abgesang einer offenen Gesellschaft. Mal wieder. Wie hast du’s mit der Wissenschaft? Bevormundungswissenschaft oder Befreiungswissenschaft? Das ist dieser Tage die Gretchenfrage der Aufklärung. Es ist höchste Zeit, dass die Wissenschaft dem mündigen Bürger, der sie finanziert, wieder zu Diensten steht, anstatt ihn weiter zu bevormunden.[20]

 

Angela Merkels irrationale Politik

In der nicht vom Grundgesetz vorgesehenen Bund-Länder-Runde am Dienstag, 19. Januar 2021, kam es immerhin ein klein bisschen zu einer Kontroverse und zu einer Kritik an Merkel. Der Nordkurier berichtet:

Irgendwann mittendrin in der zähen Nervenschlacht zwischen Länderchefs und Kanzlerin prallten die Meinungen von Manuela Schwesig und Angela Merkel frontal aufeinander. Die MV-Ministerpräsidentin, so hieß es aus Teilnehmerkreisen, machte deutlich, dass man bei den Schulschließungen nicht alles von den Kindern abverlangen könnte und gleichzeitig die Arbeitgeber beim Homeoffice für ihre Mitarbeiter kaum Zugeständnisse machen würden – eine Attacke in Richtung Kanzlerin, die seit Wochen dafür eintritt, die Schulen bis auf eine Notbetreuung dicht zu machen. Merkel polterte zurück, dass sie sich nicht anhängen ließe, die Kinder zu quälen und Arbeitnehmerrechte zu missachten.

Wenn nun Manuela Schwesig Merkel offenbar vorwirft, de facto mit ihrer Lockdown- und Kita- und Schulschließungspolitik Kinder „zu quälen“ so ist das ja evidenzbasiert. Es zeigt auch den zynischen kapitalistischen Impetus von Merkel: 17.000 Arbeiter*innen bei Audi in Neckarsulm sollen weniger „Ansteckungspotential“ haben als 7 Kinder in einer Kita oder 28 in einer Schulklasse? Das kann kein denkender Mensch verstehen. Warum sollen Zehntausende Arbeiterinnen und Arbeiter bei Mercedes, in Pizza- und Wurstfabriken, aber auch Tausende Angestellte in großen Behörden wie dem Bundesfinanzministerium und unzähligen weiteren Bereichen weniger „ansteckend“ sein als Schülerinnen und Schüler oder Kita-Kinder?

Wir wissen empirisch gesichert, dass Kinder nicht krank werden an Corona. In Schweden starb im ganzen Jahr 2020 nicht ein einziges Kind und nicht eine einzige Schülerin bzw. kein Schüler von den 1,8 Millionen Kindern an Corona. Nur eine Handvoll mussten behandelt werden. Das sind also Fakten und wer behauptet, es sei unklar, wie gefährlich Corona für Kinder und Jugendliche sei, sagt absichtlich nicht die Wahrheit.

Wie eine norwegische Studie zeigt,[21] lag die Sterblichkeit in Schweden 2016/17  (17,5 Tote pro Woche je 100.000 EW) sowie 2017/18 (17,3) höher oder gleich hoch wie 2019/2020 (17,3). Corona war im Frühjahr 2020 gerade kein nie dagewesenes Ereignis für Schweden, sondern zeigt eine ganz typische Zahl an Toten verglichen mit den letzten fünf Jahren. Insgesamt liegt Schweden ohne jeden Lockdown, ohne Maskenpflicht, ohne komplette Kita- und Schulschließungen ziemlich exakt im europäischen Durchschnitt der Todesfälle.[22] Das beweist, dass Lockdowns wie in Deutschland oder Frankreich, England, Spanien, Italien etc. nichts bewirken – außer einer nie dagewesenen psychischen, kulturellen, sozialen und ökonomischen Krise.

Dabei liegt Schweden näher an Berlin als München, Stuttgart oder Köln. Die Bundeskanzlerin hat eine Richtlinienkompetenz und ist die zentrale Figur der politischen Panikindustrie. Wäre die Bundeskanzlerin rationaler, wissenschaftlicher, skeptischer und evidenzbasierter, würde sie mindestens die Hälfte ihrer Berater*innen aus Kritiker*innen der Lockdownpolitik und vor allem aus Gesellschaftswissenschaftler*innen zusammensetzen, dann könnte man wenigstens merken, dass sie sich um eine rationale, verhältnismäßige und ausgewogene Analyse der Situation bemüht. Dass ein Söder extrem autoritär regiert, war schon immer klar. Doch Merkel hatte Zeiten, wo sie rationaler agierte, wie 2015 bei der Flüchtlingskrise, als sie dem Druck des Nazi-Pöbels widerstand. Doch seit dem Frühjahr 2020 dreht die Kanzlerin völlig durch und ist für eine wissenschaftliche, rationale und verhältnismäßige Politik verloren.

Ein leuchtender Waschbär, Ufos und AIDS-Leugnung: Der Erfinder des PCR-Tests

Die größte weltweit gleichzeitig auftretende Krise des menschlichen Zusammenlebens seit 1945 ist im Kern überhaupt keine medizinische Krise. Dafür gibt es viel zu wenige Tote und Einweisungen in die Krankenhäuser. Weniger als drei Prozent aller Toten 2020 starben an oder mit Corona. Schon diese Ausdrucksweise ist ja verräterisch: „an“ oder „mit“ Corona, eine Sprachregelung, die anfangs nur die Kritiker der Massenpanik verwendeten, ehe sie im Mainstream schamlos angenommen wurde. Selbst und gerade das Robert Koch-Institut weiß, dass keineswegs alle Corona-Todesfälle Corona-Todesfälle sind. Viele sind einfach nur in den letzten 28 Tagen vor dem Tod positiv auf das Virus SARS-CoV-2 getestet worden. In den USA geht das CDC, das Pendant zum RKI davon aus, dass nur sechs Prozent aller Coronatoten ausschließlich an Corona starben (siehe unten das Kapitel zu Joe Biden). In Schweden wird aktuell davon ausgegangen, dass nur 17 Prozent der „Corona-Toten“ ausschließlich an Corona starben.[23]

Und die ganze Krise ist untrennbar mit dem PCR-Test verbunden (ohne Tests keine Krise), der für solche diagnostischen Zwecke überhaupt nicht gemacht ist, wie der Erfinder und Chemienobelpreisträger Karry Mullis (1944–2019) seinerzeit selbst betonte.[24]

Nach einer ganz aktuellen neuen Festlegung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 20. Januar 2021 ist ein bloßes positives PCR-Testergebnis kein Beweis dafür, dass ein Mensch infektiös, also ansteckend ist. Ohne das Öffentlichmachen des Ct-Wertes,[25] also des Anreicherungswertes, der nicht über 26 oder 30 liegen darf, aber de facto fast überall weit über 30 liegt (darüber berichtete die New York Times schon vor Monaten) und ohne ärztliche Untersuchung eines positiv getesteten Patienten ist überhaupt keine Krankheit oder eine Ansteckungsgefahr für andere vorhanden.

Damit ist einer der Hauptgründe der nicht definierten „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“, wie sie der Deutsche Bundestag festlegte, dahin. Die ganze Krise basiert ja zu 100 Prozent auf diesen PCR-Tests. Zu keinem Zeitpunkt seit März 2020 war das deutsche Krankenhaussystem überlastet, auch das hat von Anbeginn diese „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ als illegal und absurd erscheinen lassen, bis heute.

Ein Text auf der Homepage der Universität Wien von Mika Oliverie kritisierte Mullis aber schon vor einigen Jahren aufgrund ganz anderer Aspekte:

Kary Mullis, Nobelpreisträger seit 1993, äußert sich leichtfertig auf einem besonders sensiblen Gebiet. Der exzentrische Wissenschaftler aus Kalifornien erlangte nach seiner aufsehenerregenden Entwicklung der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) weltweite Anerkennung. Die PCR war eine verblüffend einfache Entwicklung. Mit nur wenigen Komponenten war es möglich, DNA-Stücke innerhalb weniger Stunden in beliebiger Menge zu vervielfältigen – eine Prozedur, die zuvor Wochen in Anspruch genommen hatte. Dies war ein Meilenstein für die Biologie: Von schnellen Genuntersuchungen bei Krebserkrankungen bis zur DNA-Analyse eines Tatorts gibt es zahlreiche Anwendungsgebiete.

Mullis selbst hängt das Image eines Rockstars an – er gilt als launisch, aber hochkreativ. Der Wissenschaftler will ein Entertainer sein, er braucht ein Mikrofon und eine große Zuhörer_innenschaft. Sein Unterhaltungsdrang und das Spiel mit den Medien dürften auch der Grund dafür sein, dass einige ungewöhnliche Erzählungen über ihn eine gewisse Öffentlichkeit erreicht haben. Einem Gesprächspartner vertraute er an, er glaube, ohne LSD-Konsum wäre sein Verstand vermutlich nicht bereit gewesen für seine Erfindung. Bei anderer Gelegenheit erzählt er, wie ihn die Erkenntnis zu seiner weltbekannten Erfindung schließlich während einer nächtlichen Autofahrt traf. Es kursiert auch die Geschichte, wie er eines Nachts vor seiner Waldhütte einen leuchtenden Waschbär traf, der ihm einen schönen Abend wünschte. Er versichert, dass er zu diesem Zeitpunkt nüchtern war.“

In einer Rezension von Jenny Diski eines Buches über Ufos, Mythen, Außerirdische und Irrationalismus in der London Review of Books im Jahr 2011 wird diese Geschichte von Mullis beschrieben.[26] Problematisch wird es, wenn wir sehen, wie Mullis zu Aids stand, wie die Autorin der Uni Wien berichtet:

Die bizarren, aber im Kern harmlosen Geschichten überschatten eine weitere Seite von Mullis, die nur selten erwähnt wird, obwohl er sie nie verborgen hat. Kary Mullis ist der prominenteste Anhänger des bekannten AIDS-Leugners Peter Duesberg, welcher seit den 1980er Jahren einen Zusammenhang zwischen HIV und AIDS bestreitet und stattdessen Drogenkonsum und sogar das zur Behandlung eingesetzte Medikament AZT für die Symptome der Krankheit verantwortlich macht.

 Verschwörungstheorie mit realen Folgen

Die Bewegung der AIDS-Leugner_innen ist sehr heterogen und hat verschiedene, sich oft widersprechende Erklärungen für AIDS. Während einige Anhänger_innen nur die Behandlungsmethoden für falsch halten, wird AIDS von vielen als Phantasie- bzw. Modekrankheit gesehen oder als Fehldiagnose anderer längst bekannter Krankheiten. Peter Duesberg streitet die Existenz des HI-Virus nicht ab. Er hält ihn jedoch für einen harmlosen Nebenvirus.

Duesberg konnte seine Position an der University of Berkeley nutzen, um mehrere Beiträge ungeprüft in Fachzeitschriften zu veröffentlichen. Betrachtete man seine Artikel am Anfang noch als seriöse, kritische Diskussionsbeiträge, wurde schnell deutlich, dass Duesberg nicht an einer Debatte interessiert ist und alle Ergebnisse ignoriert, die nicht zu seinen Ansichten passen.9

Obwohl Duesbergs AIDS-Forschung von nahezu der gesamten Forschungsgemeinschaft als Pseudowissenschaft eingestuft wird, hat sie ganz reale Auswirkungen. Mit Thabo Mbeki wurde 1999 ein bekennender AIDS-Leugner Präsident von Südafrika.10 Seine Regierung stoppte die Versorgung mit antiviralen Medikamenten und erschwerte die Arbeit internationaler Gesundheitsorganisationen. Mbeki begründete seine Handlungen unter anderem mit den Empfehlungen des von ihm einberufenen Presidential AIDS Advisory Panel, dem auch einige AIDS-Leugner_innen, darunter Peter Duesberg, angehörten. Kary Mullis nahm zwar nicht teil, beteiligte sich aber laut dem Abschlussdokument an einer Forumsdiskussion.11

Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass mehr als 300.000 AIDS-Tote innerhalb von fünf Jahren den Handlungen der Mbeki-Regierung zuzuschreiben sind.12“[27]

Das hat mit Corona auf den ersten Blick nicht viel zu tun, wenn wir jene kleine Gruppe von Leugnern der Viruserkrankung einmal weglassen. Was aber auffällt ist die Gefahr eminenzbasierter Forschung. Ein Chemienobelpreisträger hat selbstredend eine hörbare Stimme, wenn die dann in ganz anderem Kontext wie bei AIDS im Kontext von unverantwortlichen und gefährlichen AIDS-Leugner*innen auftaucht, sollte man skeptisch werden. So ein angeblich leuchtender, redender Waschbär mag auf den ersten Blick ulkig sein, aber de facto läuft es einem da doch eher kalt den Rücken hinunter, wenn solche Halluzinationen von Menschen kommen, die ernst genommen wurden, weil sie ‚berühmt‘ waren.

Kritik der Panikindustrie

Zu keinem Zeitpunkt war Corona eine Gefahr für die Gesamtbevölkerung, weder in Mexico, den USA, noch in Irland, Deutschland, UK oder Frankreich oder irgendwo sonst auf der Welt. Man sieht das auch daran, dass fast ausschließlich die reichen Länder betroffen sind: Europa und Amerika, wobei Länder wie Peru oder Brasilien im Vergleich mit den meisten afrikanischen Ländern keine armen Länder sind.

Es gibt keine Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, die eine solche Massenhysterie und Panik absichtlich erzeugte, wie die Bundesregierung unter Angela Merkel seit März 2020. In dem Panikpapier von Horst Seehofer von März 2020 wurde von bis zu 1,2 Millionen Toten in Deutschland geradezu krankhaft fantasiert, wenn keine totalitären, diktatorischen Maßnahmen ergriffen würden. Als ich kürzlich zufällig mitbekam, dass es Journalist*innen großer Tageszeitungen gibt, die bis vor kurzen dieses Panikpapier nicht kannten, war ich sprachlos.

Mitte März 2020 erstellte eine Arbeitsgruppe des Bundesinnenministeriums, der externe Forscher*innen angehörten, ein Arbeitspapier mit dem Titel „Wie wir Corona-19 unter Kontrolle bekommen“. Die Internetseite Abgeordnetenwatch.de hat das Papier am 7. April 2020 geleakt, also das als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ Verschlusssache bzw. vertraulich deklarierte Papier der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Laut Datumsangabe auf der Internetseite des Bundesinnenministeriums (BMI) wurde es dort schamlos am 28. April 2020 offiziell publiziert.[28]

Dieses Papier „Wie wir Corona-19 unter Kontrolle bekommen“,[29] legt ohne jede seriöse wissenschaftliche Datenbasis, lediglich auf wenigen Daten aus China bzw. Südkorea beruhend, rein hypothetisch fest, dass im „worst case“ von Mitte April bis Ende Mai 2020 bis zu 1,2 Millionen Menschen in Deutschland an dieser Viruserkrankung sterben könnten. Das Gesundheitssystem könnte kollabieren. Dieses Szenario führt das Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer (CSU) zu folgendem pädagogischen Auftrag:

4 a. Worst case verdeutlichen! Wir müssen wegkommen von einer Kommunikation, die auf die Fallsterblichkeitsrate zentriert ist. Bei einer prozentual unerheblich klingenden Fallsterblichkeitsrate, die vor allem die Älteren betrifft, denken sich viele dann unbewusst und uneingestanden: ‚Naja, so werden wir die Alten los, die unsere Wirtschaft nach unten ziehen, wir sind sowieso schon zu viele auf der Erde, und mit ein bisschen Glück erbe ich so schon ein bisschen früher‘. Diese Mechanismen haben in der Vergangenheit sicher zur Verharmlosung der Epidemie beigetragen.[30]

Im nächsten Absatz heißt es:

Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden: 1) Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend.[31]

Diese intendierte Panikmache vonseiten Horst Seehofers, des Bundesinnenministeriums und der Deutschen Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) kulminiert in den folgenden Sätzen:

‘Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden‘: Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.[32]

Die Bundesregierung spricht von einer „gewünschten Schockwirkung“,[33] will also vor allem Kinder mit Bildern, Videos, Stellungnahmen, Schaubildern und anderen Methoden so unfassbar verängstigen, dass sie aus Panik, die eigenen Eltern zu töten, alles tun, was ihnen befohlen wird: Wochen- und monatelang nicht mit den Nachbarskindern spielen, ab Ende April eine Maske aufziehen (Kinder ab 7 Jahren). Diese schwarze Pädagogik der Bundesregierung hätte zu einem Aufschrei unter Pädagog*innen und der ganzen Gesellschaft führen müssen. Hat es aber nicht, vielmehr befolgen alle diese schwarze Pädagogik und indoktrinieren ihre Kinder, dass sie alles tun müssen, was die Eltern oder die Lehrer*innen oder der Polizist etc. sagen, keine Widerrede, kein Nachbohren, kein Nachhaken, kein Selbstdenken, nichts. Wir benötigen eine wissenschaftlich fundierte Risikopädagogik, die Gefahren rational einschätzt und kontrovers diskutiert – und nicht eine einzige Meinung als Wahrheit verkauft und exekutiert. Das wäre ein Gegenentwurf zur aktuellen schwarzen Pädagogik der Bundesregierung und der Gesellschaft insgesamt.

Vor allem auch wegen des Panikpapiers von Horst Seehofer gab es am 23. März den Lockdown. Das war zu einem Zeitpunkt wo wissenschaftlich, empirisch gesichert die Zahl der „Infektionen“ bereits rückläufig war.

Viele Texte und vor allem Videos aus dieser Corona-Szene wie KenFM, Rubikon, Bodo Schiffmann mit verschiedenen YouTube– und weiteren Kanälen, aber auch Achgut haben Tausende, Zehntausende, ja Hunderttausende oder gar Millionen Klicks. Der Schwindelarzt (er ist HNO-Arzt und Experte für Schwindelerkrankungen) Bodo Schiffmann war anfangs bei der Gründung der Partei Widerstand2020 mit dabei, ehe man sich zerstritt und er eine eigene Partei gründete, WIR2020, die er wenig später ebenso verließ. Die Partei Widerstand2020, aktuell vertreten von einer Gruppe um den Anwalt Ralf Ludwig[34], setzte auf ihrer Homepage gleich zu Beginn Links zu rechten Seiten, eine davon promotete mit einem Video den Rechtsextremisten Björn Höcke (AfD) mit dessen Deutschlandfahnen-Auftritt bei Günther Jauch in der ARD. Alsbald wurde die Seite dann verändert und zeigt sich jetzt primär als familienideologische Seite:

Gemeinsam werden wir für uns, unsere Kinder und unsere Enkelkinder unsere ‚neue Normalität‘ schaffen. Diese fußt auf unseren vier Säulen: Freiheit Liebevolles Miteinander Machtbegrenzung Schwarmintelligenz.[35]

Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) aus Berlin hat einen führenden Querdenker-Aktivisten und Querdenken-Anwalt Ralf Ludwig kritisiert:

Der Rechtsanwalt Ralf Ludwig aus #Leipzig, eine der führenden Figuren der Querdenker-Szene, setzt das Handeln des ehemaligen SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann im Holocaust gleich mit der Erteilung von Auflagen durch die #Polizei in #Murnau am Staffelsee. Eichmann wie auch die Polizei im bayerischen Ort hätten ‚Befehle als Idealisten ausgeführt‘.[36]

Die AfD hat sich im Laufe der Zeit den Corona-Skeptiker*innen angeschlossen. Die Internet-Seite Swiss Policy Research[37] (bis Mai 2020 Swiss Propaganda Research) ist eine anonyme Plattform ohne Impressum und bietet eine Vielzahl an Hinweisen und Links zur Co­ro­na­krise. Doch auch diese Seite ist extrem rechts und hatte schon vor Corona als Schwerpunkte die „Israel-Lobby“ und „Pädokriminalität“ (als Unterseiten der Homepage), also Topoi, die wir heute zum Beispiel in der verschwörungswahnsinnigen QAnon-Bewegung finden, die Teil der Anti-Corona-Maßnahmen-Bewegung ist.

Ein bemerkenswerter Fall ist ein junger Psychologie-Student aus Ulm, „Sebastian“, der mit seinem fast einstündigen Video „Die Zerstörung des Corona-Hypes“ von Ende Juni ca. 800.000 Klicks erreichte, für einen bis dato in der YouTube-Welt Unbekannten eine erstaunliche Zahl. Das Video kritisiert die Corona-Politik grundsätzlich und durchaus fundiert, es regt zum Nachhaken an.[38] Gleichwohl wird man skeptisch, was den allgemein politischen, philosophischen oder medizinisch-psychologischen Hintergrund von „Sebastian“ betrifft, da er sich am 6. Juli auf einer Kundgebung von „Querdenken“ in Ulm u.a. bei Rüdiger Dahlke bedankte, der ihn in seinem Leben schwer beeindruckt habe.[39] Dahlke wird in der Wissenschaft als Esoteriker kritisiert, der z.B. eine Reinkarnationslehre betreibe, 2013 bekam er in Österreich die satirische Auszeichnung „Goldenes Brett vor dem Kopf“ der Gesellschaft für Kritisches Denken (GkD). Dahlke sprach auch selbst auf Corona-Demos.

Der Psychiater Raphael Bonelli aus Wien ist der Fall eines Publizisten, der häufig eloquent und wissenschaftlich die enormen Konsequenzen unserer Panikindustrie offenlegt. Seine eigene durchaus Anti-68er und katholische, auch antifeministische Agenda kam dann in einem seiner Videos zum Vorschein.[40]

Zu den bekanntesten Kritiker*innen der Coronakrise zählen der Lungenfacharzt Wolfgang Wodarg,[41] der auch Sozialpädagogik studierte und sich als linker Sozialdemokrat und Anti-AfDler charakterisiert,[42] und Ende Februar 2020 im Flensburger Tageblatt vor Panik vor Corona warnte, sowie die beiden Mediziner*innen bzw. Mikrobiolog*innen Professor Sucharit Bhakdi und Professorin Karina Reiss, die den Bestseller der Corona-Kritiker-Szene schrieben, der sich Hunderttausendfach verkaufte und auch auf Englisch in den USA erschien: Corona Fehlalarm?

Zu Wodarg gibt es eine umfassende Medienkritik von Professor Schwab von der Uni Bielefeld:

Der Satz ‚1 + 1 = 2‘ hört ja auch dann nicht auf, richtig zu sein, wenn auch die AfD sagt, dass 1 + 1 = 2 ist. Wenn jener Einwand aber nicht stichhaltig ist, ist er nicht deshalb zu verwerfen, weil er (auch) von der AfD vorgetragen wird, sondern weil es durchgreifende Sachargumente dagegen gibt. Ich möchte klarstellen: Ich habe keinerlei Sympathien für die AfD. Aber an eine Diskussions-Unkultur, die von der Grundhaltung geprägt ist, dass ein Argument schon deshalb richtig oder falsch sein kann, weil es von der ‚richtigen‘ oder von der ‚falschen‘ Seite vorgetragen wird, möchte ich mich nicht gewöhnen müssen. Ich glaube an die Fähigkeit der Menschen, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Und wenn die Menschen merken, dass ein in der Sache diskussionswürdiges Argument deshalb abgewertet wird, weil es von der ‚falschen Seite‘ ins Feld geführt wird, wird die ‚falsche Seite‘ dadurch nur stärker gemacht – weil nämlich die Menschen sich die Frage stellen, warum der Kritiker es nötig hat, mit dem Finger auf die Person des Argumentierenden zu zeigen, anstatt das Argument in der Sache zu entkräften. Ich möchte nicht, dass die AfD stärker wird. Die AfD hatte genügend Zeit, zu beobachten, wie bereitwillig die Menschen in diesem Land und auch andernorts ihre bürgerlichen Freiheiten preisgeben, wenn man nur das Szenario einer außergewöhnlichen Bedrohung mit angsteinflößenden Worten und Bildern kommuniziert. Die AfD wird diese Beobachtung für ihre politische Agenda zu nutzen wissen. Das sollten sich Journalisten bewusst machen, wenn sie über die Corona-Krise berichten.[43]

Damit weist Martin Schwab auf einen ganz zentralen Aspekt der Coronakrise hin: Die Manipulation der Massen. Die wird ja vom Panikpapier des Bundesinnenministeriums unter Seehofer absichtlich eingesetzt, wie Schwab zeigt. Und sie könnte auch von einer rechtsextremen Regierung zweifelsohne eingesetzt werden, die merkt, wie man im 21. Jahrhundert Menschen in Angst und Schrecken versetzt. Darauf möchte Schwab offenkundig als Demokrat hinweisen.

Das zeigt, dass Corona ein juristischer, politikwissenschaftlicher und psychologischer Ausdruck einer tiefen Krise der Demokratie ist. Diese Krise haben die Regierenden zu verantworten – und die Presse, die bis heute, Januar 2021, fast einstimmig mitklatscht. Einzelne kritische Stimmen in der Welt oder der Bild-Zeitung sind nicht anders denn als Alibi-Statements dieser Zeitungen zu sehen, denn es gab zu keinem Zeitpunkt eine Anti-Lockdown-Kampagne der Bild-Zeitung oder der Welt – doch genau das hätte es in einer Demokratie geben müssen. So haben vom Spiegel über die FAZ, die junge Welt, die Frankfurter Rundschau, den Berliner Tagesspiegel und den Freitag und die Jüdische Allgemeine alle mitgemacht – seit März 2020 – beim unwissenschaftlichen Schreiben, beim Schreien gegen jede substantielle Kritik, beim Denunzieren und Diffamieren, beim Blockwart-Spielen. Kaiser Wilhelm hätte gesagt: „Ich kenne keine Parteien mehr, es gibt nur noch Corona-Gläubige und gottverlassene Verräter“.

Es ist schockierend, mit welcher Schamlosigkeit und Unverfrorenheit jetzt angesichts der anstehenden Impfkampagne gegen Corona antidemokratisch agitiert wird. So sagt der Arzt Gal Goldstein aus Berlin der Jüdischen Allgemeinen:

Sie hatten bereits Anfang April eine Corona-Praxis eingerichtet, als die meisten Gesundheitsämter noch mit den Tests hinterherhinkten, und bieten auch Antigentests nach überstandener Covid-Erkrankung an. Für wie sinnvoll halten Sie einen Impfbeleg?

Für sehr sinnvoll. Denn er würde ermöglichen, dass man wieder normal leben, arbeiten, reisen, ins Kino gehen kann.

Damit plädiert er für eine Zweiklassengesellschaft und das weltweit: Geimpfte und Nicht-Geimpfte. Nur Erstere hätten demnach noch demokratische Grundrechte wie Bewegungs- und Reisefreiheit oder die freie Persönlichkeitsentwicklung und Gewerbefreiheit. Wenn ich als normaler Mensch, der sich gegen eine Alterskrankheit, die fast nur für Menschen ab 75+ in seltenen Fällen tödlich verläuft, mich nicht impfen lasse, soll ich also laut Jüdischer Allgemeine nicht mehr ins Kino dürfen. Das sehen viele Millionen Deutsche so.

Dabei steht in der Jüdischen Allgemeinen am Rande auch mal, wie sozial, kulturell und ökonomisch katastrophal die Corona-Politik ist, wie es sich in einem Bericht einer Schauspielerin und Zirkusfamilienfrau darstellt:

Wie wird das Danach aussehen? Kommt das Publikum zurück? Werden Varieté und Zirkus als Relikt vergangener Zeiten abgetan? Wird unser Handwerk zu einer »Delikatesse« für hartnäckige Fans? Bleiben die Menschen gemütlich eingelullt zwischen blödsinnig angehäuften Konsumgütern und Streamingdiensten in ihren vier Wänden?

Kinos, Restaurants und Museen – sie alle teilen die gleichen Sorgen vor den gesellschaftlichen Nebenwirkungen des Virus: das komplette Zurückziehen – ohne erlebbare Unterhaltung. Eine traurige Vorstellung!

In diesem Text von Rebecca Simoneit-Barum sieht man die Verzweiflung, die die Corona-Politik anrichtet und ganze gesellschaftliche Gruppen weiter marginalisiert oder in ihrer Existenz wie als Zirkusgruppen an den Rand der Existenzvernichtung bringt.

Sprich: es muss in einer demokratischen Gesellschaft darum gehen, alle Menschen zu schützen und den Blick auf die Gesamtheit der Bevölkerung zu richten. Das wurde vom ersten Tag dieser medizinischen Pseudo-Krise absichtlich nicht getan. Es ging seit März 2020 nur darum, SARS-CoV-2 und seine Verbreitung zu minimieren. Als ob man ein respiratorisches Virus eindämmen könnte, ohne damit die gesamte Gesellschaft als solche zu zerstören.

Was wir jetzt noch haben sind Streamingdienste, vollgefressene Deutsche, die tollwütig klatschenden Journalist*innen der Mainstreampresse, die jeden Lockdown von Merkel als noch zu harmlos empfinden und immer mehr Stillstand wollen. Im Rothaargebirge in NRW gibt es keineswegs immer im Januar Schnee, ich war vor wenigen Jahren zu dieser Jahreszeit dort und es gab kaum Schnee.

Dieses Jahr gibt es Schnee und wie wahnsinnig sperrt jetzt die Polizei alle Parkplätze und Straßen ab, damit sich kein Mensch mehr an der weißen Pracht erfreut. Die Menschen werden zuhause eingesperrt, können sich im Freien überhaupt nicht „infizieren“ und selbst wenn: Erwachsene Menschen haben ein Recht darauf, so zu leben wie sie es wollen, ohne damit andere zu gefährden. Hier gefährdet die Polizei auf Druck der Politik das Leben der Menschen. Vitamin D, Sonnenstrahlen im Freien, sind für das Immunsystem von großer Bedeutung, Bewegung, Freude, Kontakt mit anderen Menschen – und das selbst in einer Entfernung von einem Meter fünfzig mitunter – ist lebensnotwendig.

Doch die Polizei feiert sich, diese Freude den Menschen nehmen zu können, ja sie feiert sich! So a-sozial war diese Gesellschaft seit 1945 nicht mehr, dass eine mini-kleine Gruppe von Menschen angeblich geschützt wird – was sie de facto grade nicht wird –, und alle anderen Gruppen psychisch und körperlich zugrunde gerichtet werden.

In Frankfurt am Main, einer der am zentralsten gelegenen Metropolen des ganzen Landes mit dem größten Flughafen und einer typischen Großstadtbevölkerung, starben 2020 genauso viele Menschen wie 2019 bzw. lediglich 60 Menschen mehr, dabei hat aber die Bevölkerung in Frankfurt um über 6000 Personen zugenommen in diesem Jahr, von einem möglich und sehr wahrscheinlichen Anstieg der Bevölkerung Ü-80 nicht zu schweigen. Offiziell gibt es aber 385 Covid-Tote in Frankfurt, wie kann das sein? Die werden andere Todesarten wie die Influenza oder Lungenentzündungen ergänzt haben, aber sind eben nachweislich keine extra Toten, die zu den zu erwarteten Toten dazukommen.

Das ist die Pointe des Konzepts Übersterblichkeit, wobei viele Statistiken da nicht genau arbeiten und den Bevölkerungszuwachs wie auch und insbesondere den Anstieg der Bevölkerung über 80 – in anderen Ländern ist der Zuwachs z.B. in anderen Altersgruppen bemerkenswerter – nicht angeben. Aber selbst ohne Berücksichtigung des Bevölkerungszuwachses und der möglichen Erhöhung des Anteils der über 80-jährigen oder der absoluten Zahl der über 80-jährigen sind in Frankfurt am Main 2020 nur 0,79 Prozent mehr Menschen gestorben als 2019, eben jene 60 Personen. Das soll nun der Grund sein für die größte Massenpanik in der Geschichte Frankfurts sein 1945?

Da staunt doch selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und kommt noch sehr lange Zeit aus dem Staunen nicht heraus: „Im Corona-Jahr kaum mehr Tote als sonst.“

Selbst wenn es in Gegenden Sachsens oder Bayerns, wo eventuell besonders viele alte und sehr alte Menschen leben, eine leichte Übersterblichkeit geben sollte, so wäre das lokal bedingt und liegt nicht an einer angeblichen weltweiten Pandemie – warum hätte sonst eine Großstadt wie Frankfurt am Main keine Übersterblichkeit, aber eine Kleinstadt in Sachsen? Das muss humangeografisch analysiert werden.

In jedem Fall sind bundesweite Maßnahmen empirisch nicht nachvollziehbar und widersprechen jedem epidemiologischen Ansatz, nachdem konkrete Gefahren erkannt und abgewehrt werden müssen und wenn es so massive Unterschiede in der Sterblichkeit gibt wie zwischen Sachsen oder Teilen von Sachsen zum Beispiel und Frankfurt am Main, dann hätte allein diese Tatsache dazu führen müssen, dass in Frankfurt ganz anders gehandelt wird als in Sachsen, wenn denn gehandelt werden musste.

Montaigne versus Descartes

Ein interessantes Buch zur Kritik der Coronakrise 2020/2021 erschien bereits 1993: „Das Leben als letzte Gelegenheit“ von Marianne Gronemeyer.[44] Das Backcover des Buches verspricht:

Am Ende des Mittelalters, mit dem Niedergang der Ewigkeitshoffnung, wird das Leben als biologische Lebensspanne entdeckt. Das Leben wird buchstäblich zur einzigen und letzten Gelegenheit, zum Schauplatz der Anhäufung von Lebenskapital. Sicherheit und Beschleunigung werden zur vordringlichen Aufgabe der Weltverbesserung. Sicherheit, um dem Einzelleben wenigstens seine durchschnittliche Lebensspanne zu garantieren, und Beschleunigung, um die unerträgliche Kluft zwischen den unendlichen Möglichkeiten, die die Welt da draußen bereithält, und der kläglichen Zeit, die dem Einzelnen zu deren Ausschöpfung zur Verfügung steht, wenigstens zu verringern. Der Mensch gerät in Panik. Neben dem Tod tritt ein beinah noch ärgerer Widersacher des Lebens: die Angst, etwas zu versäumen.

In unserem Kontext von Corona-Todespanik sollen nur zwei zentrale Protagonisten des Buches knapp vorgestellt werden: Michel de Montaigne (1533–1592) und René Descartes (1596–1650). Die Pointe kommt gleich zu Beginn. Montaigne sagt, dass es töricht sei, den Tod zu fürchten. Er sagt, diese Angst sei vermeidbar, weil der Tod unvermeidbar sei, so Gronemeyer.[45] Das ist eine früh-neuzeitliche Transformation des Satzes des antiken Epikur:

Der Tod aber ist der Verlust der Wahrnehmung… solange wir existieren, ist der Tod nicht da, und wenn der Tod da ist, existieren wir nicht mehr.[46]

Es geht um ein Kernproblem der Moderne, Planbarkeit und Sicherheit versus intellektueller oder metaphysischer Ruhe und Selbstgenügsamkeit, weswegen Montaigne sich von Revolutionen auch nicht viel versprach. Wir sehen an der hardcore totalitären und linken #ZeroCovid-Kampagne weiter unter, wie Recht er damit hatte. Marianne Gronemeyer hat sich im Sommer 2020 in einem Gespräch mit dem Leiter der Robert‐Jungk‐Bibliothek für Zukunftsfragen (JBZ) in Salzburg, Hans Holzinger, kritisch zur Coronapolitik geäußert. Sie möchte z.B. nicht als Teil einer „Risikogruppe“ definiert werden, nur weil sie 79 Jahre alt ist. Kontextlose Zahlen zu promoten, wie wir es seit März 2020 tagtäglich in exzessivem Maße erleben, hält sie für sehr problematisch. Ihr reflektierter Umgang mit Leben und Tod wird 1993 in ihrer Studie „Das Leben als letzte Gelegenheit“ umrissen:

Was nun die Lebensführung angeht, so kann jemand gelebt haben, wie er will, die Todesfurcht ist in jedem Falle gegenstandslos. Wer sein Leben Augenblick für Augenblick recht genützt hat, kann auch in jedem beliebigen Moment lebenssatt sterben. Wer es aber verstreichen ließ, dem ist es ohnehin zu nichts nütze. Warum sollte er es festhalten? (M. de Montaigne 1992, Bd. I, S. 128, [Essais]). Ein ausgeklügelter, geradezu spitzfindiger Gedanke.[47]

Angst vor Folter wie dem zwangsweisen Anhören von Podcasts von Christian Drosten oder dem Zwang, sich Pressekonferenzen von Söder oder Merkel anzuschauen, ist nachvollziehbar. Todesfurcht hingegen kann man intellektuell bearbeiten. Dabei war seit sehr langer Zeit das Weg- und Abschieben des Todes in die Anstalten wie Krankenhaus und Altersheim ein Grund dafür, dass kaum ein Mensch noch weiß, dass der Tod zum Leben gehört. Für eine selbstsichere, nicht panische, sondern selbstreflexive Art und Weise, auf den Tod zu schauen, gibt es viele philosophische Anknüpfungspunkte. Nehmen wir Montaigne. Wo liegt der Unterschied zwischen den Sicherheitsfetischisten und Machbarkeits-Fortschrittsprotagonisten wie René Descartes und den ruhigen Philosophen wie Montaigne?

In Montaigne und Descartes stehen sich die Figuren des Selbstbildners und des Welterneuerers gegenüber. Sicherheit bedeutet für den einen, der Welt ihre Unberechenbarkeit auszutreiben, für den anderen, der Unvorhersehbarkeit standzuhalten; für den einen, Unsicherheit auszuschalten, für den anderen, sie auszuhalten. Die Welt ist für den einen ein Objekt der korrigierenden Vervollkommnung, für den anderen eine sehr vorübergehende, befristete Bleibe, die man auf sich beruhen läßt.[48]

Historische Aspekte von Krankheit, Medizin und Antisemitismus

Der Historiker Klaus Hödl hat 1997 eine sehr interessante Studie über das Verhältnis von Körper, Gesundheit, Antisemitismus und Geschlecht publiziert, die nicht zuletzt heute wieder gelesen werden sollte: „Die Pathologisierung des jüdischen Körpers. Antisemitismus, Geschlecht und Medizin im Fin de Siècle“:[49]

Lepröse und zusehends auch Juden waren im ausgehenden Mittelalter in immer stärkerem Maß gemieden worden, beide galten als unrein und dadurch als gefährlich. Die Gleichstellung war oftmals nicht nur über dem magisch-religiösem Vorstellungsschatz entnommenen Assoziationen herstellbar, sondern aufgrund der Kleiderordnung [wie durch die antijüdische Kleiderordnung, die im vierten Laterankonzil von 1215 festgelegt wurde, Juden mussten sich kennzeichnen] ziemlich offensichtlich.[50]

Juden wie Prostituierten wurde eine „Ansteckungsgefahr“ unterstellt, wie bei der Syphilis.[51] Während im Mittelalter Krankheit als Resultat „sündhaften“ Verhaltens religiös erklärt wurde, brachte die Neuzeit eine Veränderung. Die „Miasmatheorie“ der „zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts“, nach der Ausdünstungen der Erde krankheitsauslösend seien, wurde im beginnenden 19. Jahrhundert durch die „Kontagionstheorie“ abgelöst, die Menschen als Krankheitsüberträger diagnostizierte.[52]

Das Aufkommen von Krankenhäusern ab dem späten 18. Jahrhundert ist ein Ausdruck der neuen Zeit. Damit wandelte sich aber auch das Patient-Arzt-Verhältnis. Während zuvor vor allem die adligen und bürgerlichen Leute sich einen Arzt leisten konnten und dieser eher den Beschreibungen der Patient*innen Glauben schenkte – er hing ja von deren Bezahlung ab –, wandelte sich das mit dem Aufkommen von Krankenhäusern:

Diese neuen Institutionen waren dann auf die medizinische Arbeitsweise von folgenschwerem Einfluß. Tätig für eine Einrichtung, die vor allem die gesellschaftlichen Unterschichten als Patientinnen und Patienten aufnahm, war der Arzt ihnen gegenüber sozial nicht mehr untergeordnet. Die bisherige Autorität im Arzt-Patient-Verhältnis, die bislang beim Patienten gelegen war, ging nun auf den Mediziner über. Damit verschwand auch die Bedeutung des Krankenberichts des Patienten. Der Arzt mußte nicht mehr Rücksicht auf die Meinung des von ihm Behandelten nehmen, um seiner Verdienstquelle nicht verlustig zu gehen, sondern konnte sich von ‚wissenschaftlichem‘ Interesse und seinem Erkenntnisdrang in der Diagnoseerteilung leiten lassen. Als Konsequenz ergab sich daraus, daß die Befragung des Patienten über sein Befinden vernachlässigt und durch eine bloße Untersuchung, bei der er selbst nicht mehr mitwirkte und eingriff, ersetzt wurde. Er verlor dadurch seine Stellung als ‚Subjekt‘ und wurde zum bloßen ‚Forschungsobjekt‘ degradiert.[53]

Da nun viele Menschen im Hospital behandelt wurden, hatten die Ärzte zugleich „Experimentiermöglichkeiten“ und kostenlosen Zugang zum Objekt, den Patientinnen und Patienten, wie Hödl betont. Durch die „interventionistische Methode“ wurde nun im Körper gesucht.[54]

Juden wurden als Krankheitsüberträger stigmatisiert, so in Hamburg 1892 angesichts einer Choleraepidemie, oder 1912 in Griechenland, als Juden vorgeworfen wurde, die Grenzsoldaten in Saloniki vergiftet zu haben, oder im Wiener „Pestfall“ von 1898, die sich in der Klinik des jüdischen Arztes Hermann Nothnagel festmachte. Vier österreichische Ärzte waren 1897 nach Indien gereist, um den Pesterreger zu identifizieren. Aufgrund nicht beachteter Hygienevorschriften starben ein Spitalsmitarbeiter und wenig später noch zwei Menschen. Das wurde nun dem jüdischen Arzt untergeschoben.

Während bislang hauptsächlich vor den Ostjuden gewarnt worden war, schien nun auch der Berufseifer der ‚Westjuden‘, und nicht mehr allein die Lebensweise ihrer osteuropäischen Glaubensbrüder, eine Gesundheitsbedrohung darzustellen. Dieser sich ausweitende Fokus von den Ost- zu den Westjuden stellte für die Antisemiten zumindest eines klar: Es waren die Juden, die eine Gefahr darstellten.[55]

Jan Böhmermann, Juden, Desinfektionsmittel und „Corona-Überlebende“

Der Publizist und Kabarettist Oliver Polak schreibt 2018 in seinem Buch „Gegen Judenhass“[56]:

Was unterscheidet das Wort ‚Jude‘ von Christ, Moslem oder Buddhist? – Es kann Beschreibung und Beleidigung zugleich sein.

Viele autobiographische Erlebnisse Polaks werden in dem Buch berichtet, Vorfälle, die in nicht-jüdischen Haushalten kaum bekannt sind bzw. nur von der Täterseite her:

Ich sitze am Abendbrottisch einer befreundeten Familie in Papenburg im Emsland. Ich bin etwa sieben Jahre alt, der Familienvater ist schon alkoholisiert und wiederholt immer wieder, dass ‚ihr am Tod von Jesus die volle Schuld tragt‘. Mit ‚ihr‘ meint er nicht die Emsländer, sondern ‚die Juden‘.[57]

Auch folgende Szene ist nicht aus dem 13. oder 19. Jahrhundert, sondern aus dem späten 20. Jahrhundert, aus den 1980er Jahren (Polak ist Jahrgang 1976):

Ich bin in der fünften Klasse, in der Orientierungsstufe. Ich renne über den Schulhof, ich renne und renne, sie rennen hinter mir her. Sie schreien und grölen. ‚Hast du ihn angefasst?‘ ‚Hast du ihn berührt?‘ ‚Ihhhh‘, schreien andere, ‚du hast Juden-Aids.‘ Ich stolpere über meine eigenen Füße, stürze, die Hose reißt auf, Blut, ich kann mich nicht mehr bewegen. Ich sterbe innerlich vor Angst. Ich höre nur lautes Lachen. Einer der Jungen spuckt noch auf mich drauf.[58]

20 Jahre später ist Polak auf einer Bühne, eingeladen von Kabarettisten, die es lustig finden, ihn von der Bühne zu jagen:

Ein kontroverser Kabarettist findet es witzig, mich zusammen mit einem Musikfernsehmoderator ‚ironisch‘ von der Bühne zu jagen, vorher hatte er während meines Auftritts schon reingerufen: ‚Juden schinden immer Zeit, damit sie hinterher wieder Forderungen stellen können.

Es geht noch weiter:

Ein weiterer Fernsehmoderator mittleren Alters ist ebenfalls Teil der Szenerie. Er holt hinter einem Sofa ein ganz offensichtlich eigens dort platziertes Desinfektionsmittel hervor und fragt die anderen: ‚Habt ihr ihm die Hand gegeben?‘ Dann besprüht er ihre Hände, um sie zu desinfizieren. (…) Jahre später bin ich in seiner Talkshow zu Gast, ich soll mein Buch Der jüdische Patient vorstellen, das von Depressionen handelt. Ich fühle mich unwohl. Erstens, weil ich nicht so gut in Talkshows bin, zweitens, weil ich auf dem Twitter-Account der Talkshow sinngemäß so angekündigt wurde: ‚Heute kommt Oliver Polak in unsere Show, da der israelische Geheimdienst uns dazu gezwungen hat.‘[59]

Wer ist dieser Fernsehmoderator mittleren Alters? Sprung ins Jahr 2020: Jan Böhmermann ist ganz sicher ein Guter. Er kommt aus Bremen und ist gegen Nazis. Wie ist es einzuschätzen, wenn der allseits beliebte TV-Showmaster und Comedian Böhmermann einen Tweet retweetet, wo ein Medienmacher von t-online, der für die Werbung auf Werbetafeln in Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen inhaltlich federführend ist, davon spricht, eine „Corona-Überlebende“ habe am 29. August 2020 in Berlin versucht, mit Teilnehmer*innen der Anti-Corona-Massendemo zu reden?

Damit meinte der 1988 geborene Jan-Henrik Wiebe eine FDP-Politikerin, die Corona hatte und wieder gesundet ist,[60] was ja bei fast allen Menschen, die sich mit Corona infizierten, der Fall ist. „Corona-Überlebende“? Redeten wir früher von „Grippe-Überlebende“? „Keuchhusten-Überlebende“? „Masern-Überlebende“? Die Teilnahme von Neo-Nazis an Querdenken-Demonstrationen und Kundgebungen machen es Böhmermann und seinesgleichen sehr leicht, sich als die Guten darzustellen. Doch was sagt er zu irrationalen und unwissenschaftlichen Coronapolitik von Merkel und allen 16 Landesregierungen? Ja, mehr noch: Was für ein Verhältnis hat denn Böhmermann selbst zu Diskriminierung, Ausgrenzung und zu Desinfektionsmitteln, die 2020 so unfassbar hip sind?

Der Kabarettist und Autor Oliver Polak hat wie zitiert in seinem Buch „Gegen den Judenhass“ von 2018 ohne Namen zu nennen, Antisemitismus im deutschen Mainstream, bei den Guten, dokumentiert. Die Welt berichtete:

Polak nennt in dem Buch absichtlich keine Namen, sagte im Interview mit WELT AM SONNTAG: ‚Mit einem der Beteiligten hatte ich privat mal Kontakt, der sagte nach dem zweiten Bier immer: ‚Du Jude, du Jude!‘ Man wischt das schnell weg, aber ich würde auch nicht im Scherz sagen: ‚Du Neger!‘ Das Problem ist, dass das Wort ‚Jude‘ Beschreibung und Beleidigung zugleich ist.‘ (…) Und die von Polak beschriebene Situation stimmt mit einer Szene von einem Bühnenprogramm von Serdar Somuncu überein, wie der Journalist Stefan Niggemeier im ‚Freitag‘ offenbarte.

Darin jagen Somuncu, Klaas Heufer-Umlauf und eben Jan Böhmermann Polak von der Bühne. Anschließend wischen sich Heufer-Umlauf und Somuncu die Hände an den Sakkos ab, es fallen Äußerungen wie ‚Kann man das eigentlich kriegen?‘ und ‚ekelhaft‘. Zuletzt holt Böhmermann ein Desinfektionsspray hinter einer Couch hervor, das die drei benutzen, um sich die Hände zu säubern.“

Da sind wir also schon beim „Desinfektionsspray“, das 2020 die Deutschen (und nicht nur, aber vor allem sie) obsessiv lieben lernten. Manche der Coronakritiker*innen heften sich einen Judenstern an und schreiben „ungeimpft“ da rein, was eine widerwärtige Holocaustverharmlosung ist. Doch ist es weniger Holocaust verharmlosend, wenn das Wort „Coronaleugner“ so verwendet wird, als sei das ein Äquivalent zur Holocaustleugnung? Ist dann Corona der Holocaust?

Wer hat dieses Unwort „Coronaleugner“ erfunden und wie geschichtsvergessen war diese Person? Es gibt Fanatiker*innen, die leugnen, dass es das Virus SARS-CoV-2 gibt oder dass es von Juden, Israel, China oder Bill Gates erfunden wurde, um die Welt zu beherrschen. Aber fast alle Coronapolitikkritiker*innen als „Coronaleugner“ zu bezeichnen, ist sehr problematisch. Wer evoziert hier also die Verharmlosung des Nationalsozialismus? Nur die mit Davidstern und „ungeimpft“ sich als die Juden von heute imaginierenden Verschwörungswahnwichtel oder auch der Main­stream?

Die Schriftstellerin Mirna Funk hat Böhmermann kritisiert. Dabei muss man wissen, dass der Verleger des Verlags Kiepenheuer & Witsch, Helge Malchow, sich weigerte, Polaks Buch zu drucken, da es in dem Buch „Gegen Judenhass“ um einen anderen und angeblich höchst respektablen Autoren des Verlags gehe. Also ging Polak zu Suhrkamp und die druckten sein Buch. Mirna Funk schreibt:

Deutschlands erster und letzter Anti-Antisemit. Jan Böhmermann ist der aufgeklärteste Deutsche Deutschlands – denkt er. Nun holt ihn ein vielsagender Witz über Oliver Polak ein. Anstatt sich zu entschuldigen, macht er alles noch schlimmer. (…) Der Journalist Stefan Niggemeier hat für den ‚Freitag‘ ein bisschen recherchiert und völlig problemlos das digitale Material gefunden, das dem Kapitel zugrunde liegt. Was Malchow als ‚gegenstandslose Unterstellung‘ bezeichnet, kann man sich ziemlich easy auf irgendeiner dämlichen Doppel-DVD anschauen. Jan Böhmermann, der sich gerne für die Inkarnation von aufgeklärtem Deutschtum hält, rennt auf einer Showbühne rum, nachdem Oliver Polak sie verlassen hat, und holt hinter der Couch ein Desinfektionsspray hervor. Dann sprüht er Klaas Heufer-Umlauf und Serdar Somuncu (auf radioeins sonntags unerträglich) damit die Hände ein. Alle lachen. Keiner findet, dass er zu weit gegangen ist. Bei mir ist es gerade Mitternacht, als Jan Böhmermann auf Twitter auf den Artikel von Niggemeier reagiert: ‚Ich kann leider ohne eine angemessene Umsatzbeteiligung nicht an der nachträglichen Umdeutung von ultrakrassen Ficki-Ficki-Comedykarrieren in schillernde, sensible Intellektuellenbiografien mitwirken.‘“

Was sagt die Reaktionsweise von Jan Böhmermann in seiner Comedy-Show und seine Reaktion nach Bekanntwerden seines antijüdischen Verhaltens über die politische Unkultur in Deutschland aus? Juden suchen immer nur den eigenen Vorteil, während ein guter Deutscher wie Böhmermann eh das Opfer ist von fiesen Interpretationen und niemand verstehen will, warum gerade in Deutschland und Europa schon immer mit Desinfektionsspray gegen Juden vorgegangen wurde.

Ist doch nur Spaß, hier und heute! Welche Kontinuitätslinien gibt es vom 19. Jahrhundert und der antisemitischen Agitation und Panik, Juden könnten Krankheiten übertragen, hin zu solchen Gutmenschen und Wohlfühl-Anti-Antisemiten im 21. Jahrhundert?

Mirna Funk resümiert:

Solange Böhmermann sich rund um die Uhr und ungefragt als erster und letzter Anti-Antisemit Deutschlands gebärdet und sich zu so etwas wie einer moralischen Instanz Deutschlands stilisiert hat – sein Unique Selling Point, by the way –, dann aber Juden öffentlich diffamiert, anstatt sich für sein unreflektiertes Deutschsein zu entschuldigen, brauchen wir Bücher wie Oliver Polaks ‚Gegen den Judenhass‘, ihr hirnlosen Pappnasen. Normalerweise würde Jan Böhmermann den Desinfektionsspraytypen und Twitter-Antisemiten in einem seiner berüchtigten Parody-Raps vernichten. Kann er aber nicht, er ist es ja selbst.

Mainstream-Antisemitismus? Plädoyer der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“

Ganz ähnlich wie Jan Böhmermann promoten sich auch Historikerinnen wie Stefanie Schüler-Springorum oder Miriam Rürup und viele andere einer „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit[61] im Dezember 2020 als Kämpferinnen gegen Antisemitismus, als die guten Deutschen. Erstere ist Leiterin des seit Jahren kritisierten (seit den letzten Jahren unter Wolfgang Benz[62]) Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA) der TU Berlin, letztere seit Dezember 2020 Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrums (MMZ) in Potsdam. Jetzt sind sie aufgrund ihres Kokettierens mit der antisemitisch-antizionistischen BDS[63]-Bewegung[64] zusammen mit ihrer Initiative GG 5.3 Weltoffenheit, zu der auch das Goetheinstitut, die Berliner Festspiele oder das Deutsche Theater Berlin zählen, im Dezember 2020 auf Platz sieben der zehn übelsten antisemitischen Vorkommnisse 2020 des Simon Wiesenthal Centers (SWC) aus Los Angeles gelandet.[65]

Erstmal ein paar Bemerkungen zum Begriff „Weltoffenheit“ und „GG“ (Grundgesetz) im Herbst und Winter 2020/2021: Im Dezember 2020 so zu tun, als ob Artikel 5, Absatz 3 des Grundgesetzes in Kraft wäre, ist ein Hohn: „(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“ Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind im Dezember 2020 so wenig frei wie im November 2020 oder im Januar 2021: es herrscht der antidemokratische Lockdown, sämtliche Bildungseinrichtungen sind geschlossen (seit Mitte Dezember auch die Schulen), es finden keine Vorlesungen statt, Bibliotheken sind zu bzw. nur äußerst begrenzt offen gewesen (bis Mitte Dezember).

Neben Artikel 5 waren und sind viele andere Grundrechte derzeit ausgesetzt: GG Art. 4 (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Es gibt keine ungestörte Religionsausübung, Kirchen, Synagogen, Moscheen und alle anderen religiösen Einrichtungen sind de facto geschlossen, es darf nicht gesungen werden (!), und es dürften nur minimal Besucher teilnehmen. GG 2, Absatz 1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Auch dieses Grundrecht ist ausgesetzt, wir sind z.B. abends eingesperrt (!) in Wohnungen und Häuser (Ausgangssperre mindestens in Bayern und Baden-Württemberg), man darf sich nicht mit anderen Menschen ungestört treffen, nicht den Beruf ausüben etc. Art. 8, Absatz (1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Auch das ist ausgesetzt bzw. nur sehr begrenzt möglich, Teilnahmebegrenzung, Maskenzwang, Abstandspflicht etc. Das widerspricht jedem Verständnis von Demokratie.

Art. 9, Absatz (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. Auch das ist de facto ausgesetzt, da man sich – Stand Januar 2021 – nicht mit mehr als einer Person aus einem anderen Haushalt treffen darf. Art. 11, Abs. (1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. Auch dieses Grundrecht ist de facto ausgesetzt durch die 15 km Bestimmung von Merkel & Co., auch wenn sie nicht umgesetzt werden sollte, bundesweit – in Sachsen gilt diese verfassungsfeindliche Regelung schon jetzt. Art. (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. Auch das gilt nicht mehr – Restaurants, Einzelhandelsgeschäfte, die nicht als essentiell gelten (also alle außer Lebensmittelmärkten, Apotheken, Tankstellen) – sind zwangsweise geschlossen.

All das macht es geradezu zu einer Farce, dass sich diese Initiative GG 5.3 nennt, ohne mit einem Wort darauf einzugehen, dass exakt dieses Grundgesetz, Artikel 5, Absatz 3, aktuell ausgesetzt ist, wie die erwähnten anderen ausgewählten Grundrechte. Aber entscheidend an dem Aufruf ist die Verharmlosung der für Juden und Israel gefährlichen Bedeutung von BDS, dem Boykottaufruf gegen den jüdischen Staat. Wo liegt zudem der Bezug zum postkolonialen Antisemitismus?

BDS und postkoloniale Holocaustverharmlosung

Mit ihrem offenen Brief bzw. Plädoyer für eine ganz besondere Art der „Weltoffenheit“ wenden sich Rürup und Schüler-Springorum zusammen mit einer Vielzahl von Kolleg*innen an die Öffentlichkeit und gegen den Anti-BDS-Beschluss des Deutschen Bundestags von Mai 2019.[66] Sie tun zwar so, als seien sie jeweils gegen BDS, doch wollen auf alle Fälle BDS-Veranstaltungen nicht verhindern, sondern als normalen Bestandteil ihres eigenen politischen Agierens begreifen und von der Politik unterstützt wissen. Darüber hinaus nehmen sie explizit den postkolonialen preisgekrönten Theoretiker Achille Mbembe in Schutz und stellen sich hinter ihn:

Eine Vergangenheit, die einerseits geprägt ist durch den beispiellosen Völkermord an den europäischen Juden und Jüdinnen und andererseits durch eine späte und relativ zögerliche Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte. Dazu bedarf es eines aktiven Engagements für die Vielfalt jüdischer Positionen und der Öffnung für andere, aus der nichteuropäischen Welt vorgetragene gesellschaftliche Visionen. Es ist unproduktiv und für eine demokratische Öffentlichkeit abträglich, wenn wichtige lokale und internationale Stimmen aus dem kritischen Dialog ausgegrenzt werden sollen, wie im Falle der Debatte um Achille Mbembe zu beobachten war. Die historische Verantwortung Deutschlands darf nicht dazu führen, andere historische Erfahrungen von Gewalt und Unterdrückung moralisch oder politisch pauschal zu delegitimieren.

Hier sieht man die analytische Hilflosigkeit sowie politisch problematische Position von Schüler-Springorum oder Rürup. So verpassen es die beiden Historikerinnen, die Shoah angemessen zu benennen. Der Holocaust war kein „Völkermord“ an „Jüdinnen und Juden“, sondern an „dem Juden“. Wer hier gendert, hat weder vom Antisemitismus noch von der NS-Geschichte oder der Shoah eine Ahnung. Hierzu hat die Autorin Esther Dischereit schon vor über 20 Jahren geschrieben:

Ende der achtziger Jahre schließlich – noch vor Ausbruch der Pogrom’feierlichkeiten‘ – ich meine die explosionsartig ins öffentliche Bewußtsein drängende Etablierung einer Erinnerungs’kultur‘ – war ich zu Gast bei einer kleinen radikal feministischen Gruppe, die sich vorgenommen hatte, etwas von Frauen zu erfahren, die während des Nationalsozialismus im Widerstand aktiv waren. Die Frauen wollten sich auch mit dem KZ Ravensbrück beschäftigen. Im Verlauf des Gesprächs wurde als Motiv formuliert: Die Jüdinnen seien es, mit denen sie sich befassen wollten, denn daß sie als Frauen so behandelt worden seien, sei das, was sie empörte. Ich weiß noch, daß ich wegen der feministischen Trauerbedürfnisse aufstand und wegging. Mir gelang keine Begründung, weil ich stammelte und mir die Luft wegblieb. Mir war das ganze Ansinnen der Gruppe diskreditiert. Sollte die Asche in männlich und weiblich geteilt werden? (…) Das, was mich so sprachlos machte, war wohl die Rigidität und Erbarmungslosigkeit, mit der mir der Begriff vom Mensch-Sein ersetzt schien durch Frau-Sein. Gegenüber den Lebenden in der patriarchalen Gesellschaft hätte mich solche Übertreibung nicht weiter aufgeregt, vielleicht hätte ich sie für eine Zeitlang als notwendig angesehen. Gegenüber den Toten war sie für mich von einer Grausamkeit, die ich nicht fassen konnte. (…) Der Jude war getötet worden als Jude – als non-human, als Nicht-Mensch –, es spielte vor der Geschichte keine Rolle mehr, ob er nach gender per se ein Patriarch gewesen oder nicht.[67]

Diese Sprachkritik betrifft allerdings weite Teile der Gedenkkultur-Szene und ist von großer Bedeutung. Wer wirklich nicht verstanden hat, dass die Deutschen im Nationalsozialismus gegen ‚den‘ Juden im Singular vorgingen und ‚den‘ Juden ermordeten und nicht ‚die‘ Juden, hat nichts verstanden.[68]

Dann wird in diesem Satz deutlich, dass dieser Text den Holocaust mit der Kolonialgeschichte im gleichen Atemzug nennt. Daher Mbembe und das wird uns sogleich zur Leopoldina und Corona führen.

Der Deutschlandfunk ist ein Kernelement der Corona-Panikindustrie. Seit Anfang März 2020 strahlt auch diese ARD-Sendeanstalt eine Panik aus, wie wir sie seit dem Ende des Nationalsozialismus nicht mehr erlebt haben. Natürlich gibt es hin und wieder auch etwas kritische Stimmen, aber der Haupttenor ist eindeutig: Merkel und die Politik machen das schon sehr gut und Kritiker sind tendenziell rechts, Verschwörungswahnsinnige, Nazis, Esoteriker, Covidioten, Impfgegner oder Coronaleugner. Das ist alles ganz einfach. Während nun also der DLF primär Teil der unwissenschaftlichen und antidemokratischen Panikindustrie ist, möchte er in einem aktuellen Beitrag gerade den Namensgeber des Robert Koch-Instituts näher untersuchen. Robert Koch war ein Kolonialist bzw. im deutschen Kolonialreich aktiv. So berichtet Julia Amberger am 26. Dezember 2020, zur kuschligen Weihnachtszeit:[69]

Robert Koch und die Verbrechen von Ärzten in Afrika

Zu Kolonialzeiten war es üblich, dass Forscher skrupellos mit Afrikanern experimentierten, allen voran die Deutschen. Auch Robert Koch zwang kranke Menschen in Konzentrationslager und testete an ihnen neue Gegenmittel. Die Gräueltaten der kolonialen Tropenmedizin wirken bis heute.“

Nun ist es wichtig, sich mit den Kolonialverbrechen zu befassen, das wird in der Wissenschaft auch seit Jahrzehnten getan. Auch viele politische Gruppen beschäftigen sich damit. Doch in der gesamten Diskussion wird fast immer, seit dem postkolonialen Vordenker Aimé Césaire, wie wir gleich sehen werden, der Holocaust verharmlost und dessen spezifische und unvergleichbare Dimension weggewischt.

Amberger und der DLF schreiben ganz ernsthaft:

Deutsche Ärzte erproben an Afrikanern, was sie später an Juden perfektionieren

Die Kolonialmedizin sollte nicht Menschen in Not helfen. Sie diente dem ökonomischen Aufschwung der Kolonie – und neuen Erkenntnissen für die deutsche Wissenschaft und die Pharmaindustrie. Deshalb haben die Kolonialärzte auch den Menschen ohne Grund extrem schmerzhafte Öl- und Salzlösungen gespritzt oder sie in der Wüste ausgesetzt, um zu sehen, wie lange sie dort überleben. Jahrzehntelang verbargen sich diese Horrorgeschichten hinter den Verbrechen des Naziregimes in den KZs. Derweil haben die deutschen Ärzte an Afrikanern erprobt, was sie später an Juden, Homosexuellen und politischen Gegnern perfektionierten. Eckart:

Es gibt keine unmittelbaren Analogien zu den Vernichtungslagern im zweiten Weltkrieg, beziehungsweise während der nationalsozialistischen Diktatur. Aber wenn man sich die Struktur dessen ansieht, was dort geschah: Die Humanexperimente in einer Sondersituation der Unfreiheit, die vollkommene Abhängigkeit, die körperliche Abhängigkeit in ihrer absoluten Totalität, der Aspekt, dass Todesfälle in Kauf genommen wurden – dann muss man schon sagen, dass diese Lager den späteren Vernichtungslagern beziehungsweise den Konzentrationslagern in gewisser Weise glichen. Hinzu kommt, dass es personale Kontinuitäten gab.

Der Kronzeuge in diesem Zitat ist der Historiker Wolfgang Eckart von der Universität Heidelberg. Er sagt, dass man zwar angeblich „keine unmittelbaren Analogien zu den Vernichtungslagern“ im Zweiten Weltkrieg ziehen dürfe, aber irgendwie halt doch – denn er sagt im gleichen Atemzug:

Die Humanexperimente in einer Sondersituation der Unfreiheit, die vollkommene Abhängigkeit, die körperliche Abhängigkeit in ihrer absoluten Totalität, der Aspekt, dass Todesfälle in Kauf genommen wurden – dann muss man schon sagen, dass diese Lager den späteren Vernichtungslagern beziehungsweise den Konzentrationslagern in gewisser Weise glichen.

Das ist falsch und eine sekundär-antisemitische Reaktionsweise. Sekundärer Antisemitismus ist bekanntlich nach Adorno und Peter Schönbach ein Schuldabwehr-Antisemitismus.[70] Die Schuld wird hier abgewehrt, indem sie universalisiert wird. Das Spezifische, nie Dagewesene der Shoah wird negiert.[71]

Es gab vor dem Nationalsozialismus und Hitler zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte der Menschheit die Idee und die konkrete Politik, ein ganzes Volk zu vernichten, nie zuvor wurden Millionen Menschen zu keinem anderen Zweck wie der Vernichtung deportiert. Die Juden wurden aus Paris, Heidelberg, Griechenland oder Polen deportiert und in den Vernichtungslagern ermordet. Das Skandalöse an Wolfgang Eckart ist die Tatsache, dass er sogar explizit von den „späteren Vernichtungslagern“, also Auschwitz, Majdanek, Sobibor, Treblinka, Kulmhof, Belzec spricht. In der Holocaustforschung wird das Präzedenzlose dieser Vernichtungslager und des Holocaust seit Jahrzehnten betont, von Raul Hilberg über Yehuda Bauer hin zu Daniel J. Goldhagen, Robert Wistrich oder Jeffrey Herf.

Die Coronapolitik-Kritik und die Universalisierung der Shoah

Der eben zitierte Beitrag des DLF vom 26. Dezember 2020 wird von der der Coronapolitik kritisch gegenüberstehenden Internet-Seite Corodok geradezu freudestrahlend am 29.12.2020 angepriesen, was tief blicken lässt.

Ob es an der DKP- und junge Welt-Nähe des Corodok-Machers Artur Aschmoneit liegt oder daran, dass der Kronzeuge des DLF, Prof. Wolfgang Eckart, angeblich früher als Student beim MSB-Spartakus war (so Wikipedia ohne Quelle), das ist hier nicht so relevant, könnte gleichwohl auf das Erbe von Hans Mommsen hindeuten, der zeitlebens den Antisemitismus herunterspielte.

Wie Mommsen suchen auch andere typische linke oder linksliberale und Mainstream-Protagonisten nach Kontinuitäten bürgerlicher Herrschaft, um auf keinen Fall das Spezifische des Judenhasses zu untersuchen.

Ich hatte 2018 in meinem Buch „Der Komplex Antisemitismus“ analysiert,[72] warum Mbembe antisemitisch argumentiert, daraus ein Auszug:

Der mit 100.000 Euro dotierte Gerda Henkel Preis geht 2018 an den Politikwissenschaftler und postkolonialen Theoretiker Achille Mbembe.[73] In einem Buch zu „Postkoloniale Theologien“ von 2018 heißt es in einem Text des Theologen Michael Nausner[74] von der Theologischen Hochschule Reutlingen:

Ich glaube, die Situation, die wir heute in Europa und nicht zuletzt in Deut­schland vorfinden, wurzelt unter anderem auch in den Umständen, die Mbembe mit conditio nigra bezeichnet. Der Antisemitismus ist in Deutschland aus­führlich und vielfältig analysiert worden. Aber diejenigen Aspekte des Antisemitismus, die im kolonialen Denken wurzeln, sind noch immer weit­gehend unbekannt. Dabei würde ein

‚Zusammendenken der Gräueltaten des Ko­lonialismus sowie des Dritten Reichs […] erheblich dazu beitragen, ein nuan­ciertes Verständnis dafür zu entwickeln, ob und inwieweit der Kolon­ialismus und die Shoah als Fehler, die das Scheitern der europäischen Aufklärung signalisieren, wahrgenommen werden können oder ob beide Ereignisse eher als Teil des Projekts der Modern[e] zu verstehen sind.‘[75]

Dieses Zitat im Zitat ist von Achille Mbembe aus seinem Band „Kritik der Schwarzen Vernunft“.[76] Diese Kritik an der Moderne kommt über 70 Jahre zu spät, die Dialektik der Aufklärung von Max Horkheimer und Theodor W. Ad­or­no von 1944/47 hat dieses Verhältnis von Aufklärung und Regression, Moderne und Nationalsozialismus analysiert.[77] Vor allem aber wird in dem Zitat suggeriert, der Antisemitismus habe Elemente, die „im kolonialen Denken wurzeln“. Dieser Hypothese gilt es auf den Grund zu gehen, denn sie scheint der Kern vieler postkolonialer Theoretiker*innen zu sein. Namentlich für Achille Mbembe scheint sie, so Nausner, zentral zu sein. Für Nausner ist Mbembe

so etwas wie ein afrikanisches Pe[n]dant zum europäischen Henning Mankell, der kürzlich verstorben ist und viele Jahre lang den Sommer in Schweden und den Winter in Mosambik verbracht hat[78] –,

wenn Mankell nicht gerade auf dem antiisraelischen Terrorschiff Mavi Marmara auf dem Mittelmeer schipperte, sollte man hinzufügen.[79] Es geht Naus­ner um die „Hybridität der Kulturen“.[80] Für was steht Mbembe? In seinem Buch „Kritik der schwarzen Vernunft“ analysiert und kritisiert der kameruner Politologe Achille Mbembe die Gewalt des Kolonialismus und des Rassismus. Zu Recht attackiert er sowohl den Islam wie das Christentum und den Kolonialismus als universalistische Ideo­logien, die Afrika unter sich aufteilt­en, auch wenn das Wort „Ideologie“ kaum auftaucht und er eine französisch-post­struk­tur­a­list­ische Sprache in An­lehn­ung an Fou­cault, Deleuze, Guattari, Leiris u.a. benutzt. Die Ge­walt­för­mig­keit des „Neger“-Daseins, Mbembe verwendet absichtlich das Nomen „Neger“, wird plastisch und bedrückend dargestellt. Es ist nur so, dass Mbe­m­be im Rassismus und Kolonialismus die einzige und die Welt beherrschende Ide­o­logie sieht.

Die rassistische Unterwerfung über Jahr­hun­derte von Schwarzen oder people of colour sei das Muster für jede Form der Unterdrückung. Im heut­igen digitalen Fingerabdruck- und Augen-Iris-Speich­er­feti­schismus sieht er ein rassistisches Moment (z. B. das Suchen von Ge­flüchteten) und nicht etwa ein faschistoid-technisches Element von Herr­schaft. Das wird alles zusammen mit einer arg altmodischen Form von Kapi­ta­lis­muskritik vermischt. Für die Antisemitismusforschung gilt es, Mbembe kritisch zu lesen. Es geht um folgende Stelle in seinem Band „Kritik der schwarzen Vernunft“, die alles auf den Punkt zu bringen scheint. Er bezieht sich auf den auf der karibischen Insel Martinique geborenen Schriftsteller, Politiker und Mitbegründer der „Négritude“ Aimé Césaire (1913–2008), und schreibt:

Was der Westen Hitler nicht verzeihe, sei ‚nicht das Verbrechen an sich, das Verbrechen gegen den Menschen […], nicht die Erniedrigung des Menschen an sich, sondern das Verbrechen gegen den weißen Menschen, die Erniedrigung des weißen Menschen, und dass er, Hitler, kolonialistische Methoden auf Europa angewendet hat, denen bislang nur die Araber Algeriens, die Kulis Indiens und die Neger Afrikas ausgesetzt waren‘.[81]

Dieses Zitat steht für weite Teile der postkolonialen Forschung und indiziert einen postkolonialen Antisemitismus: Es leugnet, dass die Shoah ein nie dagewesenes Verbrechen war. Juden wurden demnach nicht als Juden, sondern als „Weiße“ ermordet.

Somit leugnet Achille Mbembe in Anschluss an Aimé Césaire, dass die Shoah ein Verbrechen gegen die Juden als Juden war. Vielmehr werden Juden als „weiße“ Opfer bezeichnet, also als koloniale Täter, die Opfer anderer kolonialer Weißer wurden. Diese Perfidie ist zentral für fast die gesamte postkoloniale Literatur. Mbembe bezieht sich auf Aimé Césaire. Nach Césaire ist sogar eine Straße im Herzen von Paris benannt, direkt um die Ecke vom Louvre an der Seine gelegen: der Quai Aimé Césaire im ersten Arrondissement, der am 26. Juni 2013 eingeweiht wurde. Das zeigt, wie Césaire und das postkoloniale Denken hier und heute in Europa Mainstream ist. Achille Mbembe steht für den postkolonialen Zeitgeist, der sich selbst als „gut“ und kritisch empfindet und gar nicht zu merken scheint oder nicht merken möchte, dass der Ansatz auf einer antisemitischen Trivialisierung der Shoah basiert.

Bemerkenswert an diesen Ausführungen zu postkolonialer Theorie, Mbembe, den BDS verharmlosenden deutschen Forscher*innen um Schüler-Springorum und Rürup, dem Deutschlandfunk und der Leopoldina ist die Tatsache, dass die Einzigartigkeit der Shoah auf verschiedene Weise vernebelt wird und gleichzeitig die BDS-Bewegung gegen Israel in Schutz genommen wird. BDS-Vertreter*innen sind aber keine Opfer, sondern Täter, sie wollen keinen jüdischen Staat Israel, wie es BDS-Gründer Barghouti eindeutig sagte.

Doch wie verhält es sich nun mit den Kritiker*innen der Coronapolitik, sind das alles Antisemiten und Verschwörungsideologen?

Was verstehen die Deutsche Welle und Hendrik Streeck unter einer Verschwörung?

Der Bonner Virologe Prof. Hendrik Streeck ist ein Kritiker der besonders krassen Lockdown-Politik seines Vorgängers und Kollegen Christian Drosten bzw. der Bundes- und Landesregierungen. Streeck ist ein Berater des neuen CDU-Vorsitzenden Armin Laschet in NRW. Doch Streeck ist opportun genug, sich nie zu kritisch zu gebärden, obwohl die Hetze gegen seine Person ohnehin schockierend ist (wie der Tweet #sterbenmitstreeck). Streeck ist also ein rationaler Virologe, der sehr wohl weiß, dass es noch viele andere und meist viel gefährlichere Krankheiten gibt (Herzinfarkte, Krebs, chronische Krankheiten aller Art etc.). Er versucht, die Medien von der extremen Variante der Panikindustrie à la Drosten, Wieler und Merkel wegzubringen, was im Mainstream eine sehr wichtige Leistung ist. Doch das heißt nicht, dass man nicht auch bei Streeck genau zuhören sollte und Kritik üben, wo sie angebracht ist.

Ein Interview Streecks mit der Deutschen Welle sowie ein Beitrag in der Fuldaer Zeitung zeigen, wie das Umdefinieren dessen, was eine „Verschwörungstheorie“, besser, was Verschwörungsmythen sind, im Zeiten von Corona funktioniert. Denn das, was die Fuldaer Zeitung hier als sechs „Verschwörungstheorien“ präsentiert und was auf einem Interview von Streeck mit der Deutschen Welle (DW) basiert[82], ist problematisch. Es gibt Verschwörungstheorien, und die sind gefährlich, z.B. dass Juden, Israel oder Amerika hinter Corona steckten, dass Bill Gates die Weltherrschaft via Zwangsimpfung wolle oder dass es Corona gar nicht geben würde und eine Erfindung böser Mächte sei. Doch keine davon wird erwähnt. Die Fuldaer Zeitung schreibt, was sie, die Deutsche Welle und Streeck für „Verschwörungstheorien“ bezüglich Corona halten:

Aussage 1: ‚Das Coronavirus ist gar nicht so gefährlich, die Gefahr wird von Medien, Politikern und Wissenschaftlern aufgebauscht‘, Aussage 2: ‚In Italien oder den USA gibt es so viele Tote. Hier gar nicht. Da stimmt doch etwas nicht‘, Aussage 3: ‚Das Virus ist bereits so oft mutiert, da bringt eine Impfung gar nichts. Oder man muss sich jedes Jahr wie bei der Grippe neu impfen lassen‘, Aussage 4: ‚Diese Impfungen sind höchst gefährlich und greifen unsere DNA an. Außerdem will nur die Pharmaindustrie dran verdienen‘, Aussage 5: ‚Das Coronavirus stammt aus einem Labor in China oder wurde versehentlich freigesetzt‘, Aussage 6: ‚Die Corona-Maßnahmen sind völlig übertrieben. Ich will meine Freiheit zurück.‘[83]

Mindestens fünf und eigentlich alle der hier von der Fuldaer Zeitung und in der Langversion von der Deutschen Welle und Streeck präsentierten sechs „Verschwörungstheorien“ sind schlicht keine Verschwörungstheorien, sondern nur andere Positionen. Dazu gehört selbst die Nr. 5, da ein „versehentliches“ Freisetzen des Virus ja wohl kaum eine Verschwörung sein kann, sonst wäre es nicht „versehentlich“. Oder nehmen wir die These Nr. 6: „Die Corona-Maßnahmen sind völlig übertrieben. Ich will meine Freiheit zurück.“ Wo liegt hier die behauptete Verschwörung? Oder die „Aussage Nr. 3“, dass eine Impfung nichts bringe, da das Virus mutiere – wo ist da eine Ver­schwörungstheorie? Und dann die „Aussage Nr. 1“: „Das Coronavirus ist gar nicht so gefährlich, die Gefahr wird von Medien, Politikern und Wissenschaftlern aufgebauscht.“ Was soll daran eine Verschwörungstheorie sein? Selbst wenn Corona gefährlicher sein sollte, als gedacht, wo soll in dieser Aussage eine Verschwörung stecken?

Vielmehr erwecken diese reißerische Überschrift und diese sechs „Aussagen“ den Eindruck, als wollten die Fuldaer Zeitung, die Deutsche Welle und Hendrik Streeck jede Meinung, die die Coronapolitik kritisiert, als eine von Verschwörungsmythenanhänger*innen diffamieren. Damit aber relativieren die Deutsche Welle, die Fuldaer Zeitung und Streeck selbst den tatsächlichen Antisemitismus der Verschwörungsideologie ganz vehement, denn die Protokolle der Weißen von Zion, die gefährlichste aller Verschwörungstheorien bis heute, waren eine (russische) Fälschung von 1905 und beinhalten eine tödliche Ideologie und antisemitische Agitation gegen Juden. Die heutigen Verschwörungsideologien angesichts von Corona sind auch gefährlich – und keine passt zu dem obigen Schema der Deutschen Welle oder der Fuldaer Zeitung.

Ich hatte bereits am 20. März 2020 zu Corona-Verschwörungsmythen geschrieben[84]:

China[85] wiederum, wie ein Sprecher des dortigen Außenministeriums,[86] fantasiert, die USA stünden hinter dem Virus und wollen China schaden. Solcher Verschwörungswahnsinn[87] kommt in anderer Form auch im Iran[88], der Türkei[89] oder in Russland vor. Schon wird der Coronavirus, sein Entstehen und die Verbreitung etc. antisemitisch[90] gedeutet.

So sehen Verschwörungsmythen bezüglich Corona zum Beispiel aus: Das American Jewish Committee (AJC) hat eine Übersicht über einige der übelsten antisemitischen Verschwörungsmythen zu Corona weltweit zusammengestellt, vom brasilianischen antizionistischen Cartoonisten Carlos Latuff über ägyptische, jordanische, palästinensische Beispiele hin zu amerikanischen Neonazis und deren Hetze gegen Juden, z.B. mit einem Cartoon, der eine Ratte zeigt, die in den israelischen Farben blau-weiß angemalt ist, einen Davidstern auf dem Rücken hat und beschriftet ist mit „The Real Plague“.[91] Auch George Soros kommt häufig bei Verschwörungswahnwichteln zu Corona vor, wie in Deutschland[92] oder den USA[93].

Man muss also auch angesichts von Corona solche Verschwörungsmythen bekämpfen und die weniger offensichtlichen umgehend knacken – doch genau das tun weder die Deutsche Welle noch die Fuldaer Zeitung oder deren Kronzeuge Hendrik Streeck. Dass die „Corona-Maßnahmen“ „völlig übertrieben“ sind, ist eine Meinung und keine Verschwörungstheorie. Mit dieser entgrenzten Nicht-Definition von Verschwörungstheorie leisten die Deutsche Welle und Fuldaer Zeitung der Aufklärung einen Bärendienst.

Sie kritisieren gar keine Verschwörungsideologen, die es gibt und die gefährlich sind, sondern verharmlosen die wirklichen Verschwörungswahnwichtel, wenn sie schon Menschen mit einer anderen Meinung, die keinerlei bösen Akteure herbeifantasieren, als Verschwörungsideologie-Anhänger*innen diffamieren. Wer also die „Co­rona-Maßnahmen“ als „völlig übertrieben“ charakterisiert, und das evidenzbasiert sowie demokratietheoretisch, der oder die wird von der Fuldaer Zeitung, der Deutschen Welle oder Hendrik Streeck offenbar als Anhänger*in von Verschwörungstheorien betrachtet und entsprechend sozial geächtet und diffamiert. Die Mission scheint erfüllt: Die Diskussion über die Verhältnismäßigkeit, Rechtmäßigkeit und über die Demokratie in Zeiten der Coronapolitik ist beendet, bevor sie richtig beginnen durfte. Hendrik Streeck ist sicher ein guter Virologe – aber bei sozial- und geisteswissenschaftlichen Themen wie der Analyse und Kritik von Verschwörungsmythen sollte er sich besser zurückhalten.

 

29. August 2020: Querdenken-Demo und Kundgebung in Berlin

Wer sich etwa den Livestream der Kundgebung von Querdenken 711 aus Stuttgart an der Siegessäule in Berlin am Samstag, den 29. August 2020 anschaute, merkte, dass es dort nicht nur um die Kritik an der sehr problematischen Coronapolitik der Bundesregierung und der 16 Landesregierungen ging – sondern auch um die Abschaffung der parlamentarischen Demokratie. Mehrere Redner forderten ein eher plebiszitäres System, bei allen wichtigen Fragen sollen Volksentscheide her. Damit gäbe es in Deutschland von heute auf morgen die Todesstrafe und Antisemitismus würde zur Staatsreligion erhoben, um das mal überspitzt zu formulieren.

Diese Forderung nach Volksentscheiden und der Abschaffung der Bundesrepublik Deutschland durch Anselm Lenz vom „Demokratischen Widerstand“ und gleichnamiger Wochenzeitung wird ergänzt vom Vorredner Heiko Schrang, der gegen die vorgebliche Finanzherrschaft der Elite („Hochfinanz“) und die Korruption der Politik hetzt – ersteres ein ganz alter antisemitischer Topos und Letzteres nicht weniger ressentimentgeladen.[94] Einer der Redner auf der Bühne am Großen Stern in Berlin war der bis dato Grünen-Lokalpolitiker David Claudio Siber aus Flensburg.[95] Was er jedoch einige Wochen später auf einer anderen Kundgebung sagte, zeigt, was für ein anti-linkes, anti-kommunist­isches und anti-antifaschistisches Unverständnis von Begriffen in diesem Milieu vorherrscht:

Ein aktuelles Beispiel ist der Begriff ‚Antifaschismus‘. Viele Menschen wissen nicht, dass dieses Narrativ überhaupt nichts mit Anti / Faschismus zu tun hat. Es bedeutet nicht, dass man gegen Faschismus ist, denn darum geht es gar nicht dabei. Antifaschismus ist eigentlich in Wahrheit eine Erfindung von Josef Stalin und war einzig und allein dazu da, die Deutungsmacht über Meinungen und Handlungen des Gegenübers zu erzwingen.[96]

Es sei also vor 1933, als der antifaschistische Kampf gegen die Nazis und die SA-Mörder auf den Straßen der Weimarer Republik versuchte, die Machtübergabe an die NSDAP zu stoppen, gar nicht um Faschismus gegangen, sondern um eine „Deutungsmacht“? Das ist so ahistorisch[97] und ohne jede wissenschaftliche Fundierung, dass man sich die Augen reibt. Die Kritik an den Maskenanhänger*innen der Antifa ist das eine, eine so unwissenschaftliche Nicht-Definition von Faschismus und Antifaschismus von Siber jedoch vollkommen desolat und indiskutabel. Und Siber wird als einer der seriöseren Redner der Anti-Corona-Maßnahmen-Demos betrachtet. Selbst der NDR berichtete über seinen Fall.[98]

Es wurde von Rednern auf der großen Bühne von Querdenken 711 am Großen Stern (Siegessäule) am 29. August der Austritt aus der NATO und der EU gefordert. Parallel dazu versuchten Hunderte Neonazis das Reichstagsgebäude zu stürmen, sie wurden von drei Polizisten abgedrängt. Der extrem rechte religiöse Agitator und Verschwörungsideologe Samuel Eckert, der den islamistischen Charakter des 11. September 2001 leugnet und geheime Mächte am Werke sieht, ist federführend bei der Querdenken-Bewegung mit dabei.[99]

Eckert und Schiffmann machten September 2020 eine „Bus-Tour“. Dabei wollten sie Flugblätter gegen die Coronapolitik verteilen und mit den Menschen auf der Straße ins Gespräch kommen, wie Schiffmann ankündigte.[100] In einem YouTube-Chat von Eckert mit Jürgen Elsässer vom Compact-Magazin und einem weiteren Verschwörungsideologen wie Oliver Janich nach den Demonstrationen vom 29.08.2020 wird deutlich,[101] dass sich hier eine rechtsextreme Bewegung ganz offen bildet. Janich hatte 2017 zur Wahl der AfD aufgerufen.

Elsässer feiert die „Reichsfahne“ des Nationalsozialismus, analogisiert sie wie im Trance mit der „Regenbogenfahne“ und attestiert ihr „Kultstatus“. Es würden jetzt „Hippies“ und andere die Reichsfahne tragen, die das früher nie getan hätten. Die Reichsfahne ist die offizielle Fahne des Nationalsozialismus, der verbrecherischsten Regimes, das es je auf Erden gab. Dass dieses Regime via dieser Fahne von dem engen Kreis um Querdenken-Gründer Michael Ballweg offen gefeiert wird und mit Eckert ein enger Kumpel oder Freund von Ballweg wie vom HNO-Arzt Bodo Schiffmann maßgeblich beteiligt ist, ist Grund zur Besorgnis. Die Stuttgarter Nachrichten berichten:

Dabei kommen immer wieder interessante Details zu Tage. Zum Beispiel heben Elsässer und Janich lobend hervor, dass sich Michael Ballweg öffentlich kritisch zum Zwei-Plus-Vier-Vertrag, mit dem die deutsche Wiedervereinigung außenpolitisch ermöglicht wurde, und der Souveränität Deutschlands äußert. ‚Das heißt, im Grunde hat auch Michael Ballweg so eine Stimmung befördert, was auch nicht schlecht ist, wenn man das Thema Souveränität endlich auf den Tisch packt‘, sagt Jürgen Elsässer. Im gleichen Atemzug stellt er erfreut fest, dass sich im Rahmen der Querdenken-Demonstrationen eine Art ‚Reichspopbewegung‘ herausbildet mit der Reichsflagge als Symbol für ein neues Lebensgefühl.[102]

Die Stuttgarter Nachrichten ordnen das Gespräch der drei extrem rechten Aktivisten so ein:

Das gut eineinhalbstündige Interview wirft viele Fragen auf. Die allerdrängendste ist sicherlich: Wen meinen die drei Gesprächspartner, wenn sie ‚Wir‘ sagen? Für den Zuschauer muss es so erscheinen, als ob sie sich als Teil einer Bewegung verstehen und über gemeinsame zukünftige Aktionen diskutieren. Kommentieren wollten diese Frage gegenüber unserer Zeitung weder Michael Ballweg noch Samuel Eckert. Michael Ballweg verwies einzig darauf, dass das Gespräch nicht abgestimmt gewesen und von Samuel Eckert in Eigenregie geplant und durchgeführt worden sei. Ebenfalls unkommentiert ließen sie die Frage, warum eine Initiative wie Querdenken 711, die laut ihres Manifests das Grundgesetz verteidigen will, ihre Strategie mit Menschen abstimmt, die dieses Grundgesetz in Frage stellen.

Die Selbstverständlichkeit, mit der Neonazis mit ihren schwarz-weiß-roten Reichsflaggen, den Reichskriegsflaggen oder den antisemitischen Q-Symbol der QAnon-Bewegung und mit riesigen US-Flaggen den ganzen Tag über mit den bürgerlichen Demonstrant*innen mitlaufen konnten, ist schockierend. Auch der Agitator und Mit-Diskutant von Samuel Eckert Jürgen Elsässer und sein rechtsextremes und antisemitisch-verschwörungsmythisches Compact Magazin[103] waren mit Q-Symbol auf einem kleinen Fähnchen auf der Demo mit dabei.

Eine noch viel größere schwarz-rot-goldene Deutschlandfahne und viele weitere Deutschlandfahnen erinnerten an den nationalistischen Furor von 2006 („Sommermärchen“[104]) – also viele TeilnehmerInnen waren insofern ganz normale Deutsche.

Es liefen sicherlich auch viele Tausend demokratische und ernsthaft von der brutalen Coronapolitik genervte Menschen auf dieser selbst von der Polizei mit ca. 38.000 Teilnehmern bezifferten Demo mit.

Doch wie man den ganzen Tag über jedenfalls weit weg im livestream sehen konnte, wurden Nazis nicht ausgegrenzt. Sicher gab es Teilnehmer*innen, die z.B. – das konnte man sehen – mit einer Israelfahne direkt neben einer Reichsflagge standen und diese überflügeln wollten, was vollkommen absurd wirkte. Auf den Reichstagstreppen konnte man nicht nur Leute sehen, die wie kampferprobte Neonazis, Gewalttäter und Schläger wirkten, sondern auch 65+ ältere Menschen, die nicht wie Schläger aussahen, was nicht heißen muss, dass sie keine Reichsbürger*innen oder Verschwörungswahnwichtel waren.[105]

Es braucht endlich eine linke und liberale Kritik an der Corona-Politik. Nie wurde das deutlicher als an diesem 29. August 2020. Heuchler jedoch sind jene Antifas (wie die geschätzte und wichtige Arbeit leistende Seite Belltower der Amadeu Antonio Stiftung,[106] inkl. der Kollegin Simone Rafael), die sich zwar zurecht gegen Nazis heute auf der Demo stellten und darüber berichten, aber zu der unerträglichen Demokratiebeschädigung und der Gefährdung von Menschen sowie weltweiten „Kollateralschäden“ der katastrophalen und irrationalen Coronapolitik schweigen.

Am Rande der großen Corona-Demo gab es eine Aktion von ca. 3000 Rechten, Neonazis, Reichsbürgern und Rechtsextremisten um den veganen Koch Attila Hildmann, die ihre Nähe zu Putin vor der russischen Botschaft in Berlin, Unter den Linden, zum Ausdruck brachten, wobei Hildmann dies im Schwitzkasten der Polizei tun musste. Diese antidemokratischen und neonazistischen Hetzer fabulieren von einem „Friedensvertrag“ und sehen Deutschland immer noch als besetzt an.

Wenig später, am Samstag, den 5. September 2020 gab es in Wien eine Querdenken-Kundgebung. Wie organisatorisch Querdenken Österreich mit Querdenken Deutschland zusammenhängt, wäre eine weitere Frage. Es ist der gleiche Name und es handelt sich um das gleiche Milieu. Sicher sind weder in Deutschland noch Österreich alle Teilnehmer*innen von Querdenke-Events rechts oder gar Rechtsextreme, das ist empirisch falsch und das weiß sogar der Staats- und Verfassungsschutz. Aber es gibt eben diese rechten Kreise und das ist gefährlich und abstoßend genug. Auf dieser Kundgebung in Wien zerrissen drei rechtsextreme Redner*innen auf der Bühne eine Regenbogenfahne.[107]

Für die Rednerin und andere Redner steht diese Friedensfahne, die auch Symbol der LGBT-Bewegung ist, für „Kindesmissbrauch“, womit sie auch ein Kerntheorem der QAnon-Verschwörungsideologie verwendet. Eine berüchtigte Anhängerin von US-Präsident Trump ist Mary Ann Mendoza, die Ende August als Rednerin auf dem Parteitag der Republikaner in den USA vorgesehen war, dann aber aufgrund eines antisemitischen Tweets wieder ausgeladen wurde. Die Ideologie, hinter der Mendoza steht, ist der Kernpunkt der QAnon-Bewegung, deren Essenz wiederum fast 120 Jahre alt ist und auf die gefälschten Protokolle der Weisen von Zion zurück geht. Die US-Seite vox berichtet:

‘Do yourself a favor and read this thread,‘ Mary Ann Mendoza wrote on Twitter Tuesday, just hours before she was scheduled to appear at the 2020 Republican National Convention. The RNC chose to cancel Mendoza’s speech shortly afterward, and Mendoza deleted her tweet after news reports highlighted the anti-Semitic content of the thread she praised. The ‚thread‘ that Mendoza pointed to is an extraordinarily long and rambling conspiracy theory that is difficult to parse. To the extent that it contains a coherent narrative at all, it appears to claim that Queen Elizabeth II of Britain, former President Barack Obama, billionaire George Soros, and ‚Satanic High Priestess Hillary Diane Rodham Clinton‘ are all part of a conspiracy, set in motion by the wealthy Jewish Rothschild family, to ‚Rob The ‘Goyim’ Of Their Landed Properties And Industries With A Combination Of High Taxes And Unfair Competition,‘ among other things. Much of this conspiracy theory tracks a notorious anti-Semitic hoax laid out in the ‚Protocols of the Elders of Zion,‘ an entirely fabricated work of propaganda which purports to be the minutes from a secret meeting of Jewish leaders seeking to gain world domination by controlling institutions such as the world’s financial markets and the media.[108]

Dass nun Leute, die dieser Bewegung anhängen, auf der Demo in Berlin am 29.8. dabei waren und in Wien den homophob-verschwörungswahnsinnigen Teil der Corona-Kritiker repräsentieren, zeigt an, wie rechtsextrem und antisemitisch unterfüttert die Querdenken-Bewegung offenkundig ist. Das Gespräch Eckert-Elsässer-Janich unterstreicht diesen Eindruck. Und was will man sagen, wenn solche antisemitischen Hetzerinnen wie Mendoza persönlich bekannt sind mit Trump und von ihm im Oval Office empfangen wurden, wie die US-Seite vox einen Artikel bebildert?

Auch der Musiker Xavier Naidoo vertritt bekanntlich seit Jahren reichsbürgerliche und antisemitische Verschwörungsideologeme, wie der österreichische Standard in einem Artikel über das Zerreißen jener Regenbogenfahne auf dieser Wiener Querdenken-Kundgebung analysiert:

Qanon-Anhänger werden von einer Geschichte angezogen, die zahlreiche Verschwörungsmythen verknüpft. Haltlose und unbelegbare Vermutungen über einen ‚tiefen Staat‘, in dem Prominente, Linke und Superreiche die Geschicke der Welt steuern, sind ein Kern der Qanon-Erzählung, schreibt das ZDF in einem Artikel. Gewürzt wird dies mit Antisemitismus. So wird immer wieder die Rolle von Jüdinnen und Juden besonders betont – der Milliardär George Soros ist ein beliebtes Feindbild der Gruppierung. Als Messias gilt hingegen US-Präsident Donald Trump, der angetreten ist, um diese weltumspannende Verschwörung zu beenden, die Verschwörer zur Verantwortung zu ziehen und ihre Opfer zu befreien. Prominenteste Qanon-Stimme im deutschen Sprachraum ist der Sänger Xavier Naidoo. Regelmäßig verbreitet er die Verschwörungserzählungen der Gruppe auf Telegram. Durch seine Bekanntheit erreicht er Menschen, die sonst kaum mit derartigem Hokuspokus in Berührung kommen.[109]

Und dennoch muss man dialektisch sehen, dass es gerade jene auch von vielen Rechten, Spinnern, Esoteriker*innen veranstaltete Demo und die Kundgebung in Berlin waren, die der Kritik an der autoritären, nicht evidenzbasierten und antidemokratischen Coronapolitik eine Stimme gaben und der Welt zeigten, dass es Kritik gibt und dass vielen Zehntausend es die Mühe wert war, vom tiefsten Bayern, Baden-Württemberg, aus der Schweiz und Österreich oder aus Nordfriesland, dem Rheinland oder dem Erzgebirge nach Berlin zu fahren, um die Coronapolitik in Frage zu stellen.

Viele dieser Leute waren schon seit 9/11 Verschwörungstrottel, das ist also nichts Neues. Viele waren es vielleicht weder damals noch heute, haben wir dazu empirische Forschungen, die repräsentativ sind? Gibt es eine qualitative Sozialforschung, die sich den rationalen Kern der Kritiker*innen – Kritik an der antidemokratischen, die kritische Epidemiologie negierende und Kollateraltote ganz bewusst in Kauf nehmende Regierungspolitik – anschaut, ohne die irrationalen und rechtsextremen Aspekte zu übersehen? Vielmehr ist doch zu befürchten, dass so gut wie jede Tages- oder Wochenzeitung, jedes Uni-Seminar und jede Umfrage nur darauf hinaus will, bis heute (Januar 2021), dass alle Demonstrant*innen gegen die Coronapolitik mehr oder weniger verschwörungswahnsinnig oder Nazis sind. Dabei machen es sehr viele der Protagonist*innen dieser Szene den regierungsaffinen Kritiker*innen häufig sehr leicht, sie zu attackieren. Das sollte aber die seriöse Forschung nicht abhalten, endlich kritisch zur Corona- und Demokratiekrise zu forschen.

NS-Verharmlosung: Corona und das „wohl“ „größte Verbrechen geg. d. Menschlichkeit“

Es gibt seit Sommer 2020 einen sogenannten Corona-Untersuchungsausschuss einer Gruppe von vier Rechtsanwält*innen um die Berlinerin Viviane Fischer.[110] Der bekannteste Vertreter der Gruppe ist der Anwalt Dr. Reiner Füllmich, der sowohl in den USA als auch in Deutschland arbeitet. Der unabhängige Corona-Untersuchungsausschuss hat dutzende Sitzungstage durchgeführt, wo stundenlang Zeug*innen gehört wurden und die unterschiedlichsten Aspekte der Corona-Krise kritisch beleuchtet wurden. Eine Analyse dieser Sitzungen wäre eine eigene Studie wert, da dort viele unbekannte Fakten auf den (virtuellen) Tisch gelegt wurden und viele medizinische und andere Expert*innen Gehör fanden, die im Mainstream nicht zu Wort kommen.

Das ganze kulminierte dann in einer Klage gegen den PCR-Test von Christian Drosten, die Füllmich in den USA einreichen will. Schon zuvor, in einem Video, hochgeladen am 1. Oktober 2020 auf dem Kanal von Reiner Füllmich („106.000 Abonnenten“) mit dem Titel „Money Talks V – Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ (746.206 Zugriffe, Stand 20.01.2021) sagt Reiner Füllmich:

„Und ich erkläre Ihnen auch, warum sich dieser Skandal zum wohl größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit entwickelt hat. Ein Straftatbestand, welcher erstmals im Zusammenhang der Nürnberger Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher des Dritten Reiches definiert wurde und heute im Völkerstrafgesetzbuch Paragraf 7 geregelt ist.“

Das ist eine antisemitische Leugnung der Einzigartigkeit der Shoah. Das perfide Wörtchen „wohl“ suggeriert, dass sich der Sprecher nicht ganz sicher ist, ober der Holocaust, etwas anderes oder doch die Coronapolitik das „größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ ist. Der Holocaust ist demnach nicht definitiv das größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wenn die Corona-Politik im weitesten Sinne, um die geht es hier, als „wohl größtes Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ präsentiert wird. Wie oben gezeigt, passt diese Holocaustverharmlosung auch zu Protagonisten der Corona-Politik, die raunen, die rassistische Kolonialpolitik im Deutschen Kaiserreich sei ein direkter Vorläufer der Vernichtungspolitik gegen die Juden im Nationalsozialismus gewesen.

Füllmich ist auch verbunden mit dem Publizisten Markus Langemann („Club der klaren Worte“), der ihn interviewte. Langemann diskutiert häufig eloquent die Fehler der Coronapolitik, aber hat selbst mit rechten Positionen wiederum keine Probleme, was man u.a. daran erkennt, dass er auf seiner Homepage einen Film über den extrem rechten ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen verlinkt bzw. anpreist („Der Stachel“).

Multipolar, böse Amerikaner und die Entwirklichung des Jihad

Multipolar ist eine Homepage von Stefan Korinth, Paul Schreyer und Ulrich Teusch, die ein zentraler Teil der Szene der Kritiker*innen der Coronapolitik ist und starke Bezüge zu verschwörungsmythischem Denken hat. Das im Januar 2020 gegründete Magazin hat ein recht einfaches Weltbild, das offenbar den Irakkrieg der USA 2003 als Wendepunkt der jüngeren Geschichte sieht. So schreiben die drei Macher von Multipolar über ihre Seite:

„Gegenwärtig erleben wir den Übergang von einer unipolaren zu einer multipolaren Weltordnung. Seit dem gescheiterten Irakkrieg des Jahres 2003 verfällt die einstige globale US-Hegemonie.“

Dieser äußerst verkürzte Blick auf Politik, Gesellschaft und Kultur, ja auf die oder eine „Weltordnung“ ist zentral mit dem 11. September 2001 verknüpft. 9/11 ist der Gründungsmythos von Millionen von Verschwörungsideolog*innen weltweit. Sie leugnen nicht nur die islamistische Täterschaft, die gezielte und lange geplante islamistische Tat von Osama Bin Laden und seinen Gefolgsleuten, sondern sie fabulieren oder insinuieren über mögliche andere Täter oder Helfershelfer.

Das zeigt sich exemplarisch an Paul Schreyer. In einem bislang (Stand 19.01.2021) über 1,7 Millionen Mal geklickten Video auf Youtube vom 24.12.2020 über „Pandemie-Planspiele – Vorbereitung einer neuen Ära?“ geht der Journalist auf alle möglichen Pläne von Staaten und Organisationen weltweit ein. Er ignoriert ideologische Phänomene wie den Islamismus, um über eine Personalisierung und monokausale Zusammenhänge zu suggerieren, dass Planspiele die Herrschaft über weite Teile der Welt seit vielen Jahren vorbereiten würden.

Corona sei nur der derzeit letzte Zug darin. Das passt zu einem Kollegen von Schreyer, Daniele Ganser, einem Schweizer Historiker. In einem Vortrag in Berlin im März 2019 – „Daniele Ganser: Propaganda – Wie unsere Gedanken und Gefühle gelenkt werden“ – geht er u.a. auf Edvard Bernays ein, einem zentralen Bezugspunkt für die häufig antisemitisch argumentierende Verschwörungsszene (siehe dazu unten „Querdenken und KenFM“).

Auch Ganser geht auf die islamistische Ideologie überhaupt nicht ein und raunt im Verschwörungstonfall von einem Gebäude, das am 11. September eingestürzt sei, ohne dass ein Flugzeug in es hineingeflogen sei, ein bekannter Verschwörungsmythos, der ignoriert, dass dieses Gebäude durch die beiden Einschläge in die Zwillingstürme des World Trade Centers in Manhattan massiv beschädigt war und deshalb später einstürzte (siehe dazu unten mehr).

Interessant ist nun, dass Schreyer mit Ganser über eine Firma verbunden ist, W.I.R., „Wissen ist relevant“, was sicher ein Spaßvogel sich ausgedacht hat, da es ja schwerlich einen größeren Widerspruch von Wissen und Verschwörungsmythen gibt. Der Youtube-Kanal von W.I.R. hat Schreyer wie Ganser und andere Referent*innen im Angebot.

Am Ende seines Vortrags vom Dezember 2020 geht Paul Schreyer auf ein weiteres Pandemie-Planspiel ein, „201“ , das im Oktober 2019 in New York City, Manhattan, in einem Nobelhotel stattfand. Dieses Hotel wurde laut Schreyer 1930 während der Weltwirtschaftskrise von „Wall-Street-Bankern“ gebaut. Es habe architektonisch Anleihen an die „Schloßkapelle von Versailles“ von Ludwig XIV in Frankreich und wolle deren Herrschaft auf eine gewisse Weise imitieren. Es geht wie immer beim Vortrag von Schreyer primär um die Personen, die an geheimen oder nicht so geheimen Treffen teilnehmen. Dass sich die bürgerliche Elite trifft um Herrschaftspläne zu diskutieren, ist allerdings nichts Neues und keine Verschwörung.

Schreyer zeigt in seinem Vortrag ganz am Ende, dass schon beim Planspiel 201 Grafiken einer Pandemie-Entwicklung mit Fallzahlen, Todeszahlen etc. zu sehen gewesen seien, wie wir sie jetzt von Corona 2020 kennen. Gab es so etwas nie zuvor? Und selbst wenn, das sind an sich harmlose, wenn auch kontextlose Grafiken, dazu braucht es keine Verschwörung, eine reduktionistische Berichterstattung ist nun nichts kategorial Neues, auch nicht für Demokratien. Wie immer im Verschwörungsdenken geht es hier nicht um Beweise, sondern um das Rumoren, das Insinuieren, das obsessiv Konkretistische – WER war dabei, Wo liegt das Hotel, Wie sieht es aus? Für Schreyer wurde also schon im Herbst 2019 mehr oder weniger konkret eine Corona-Pandemie durchgespielt, samt Dashboard, Zensur durch Google, Youtube oder Social Media, auf Linie gebrachte Medien, wie wir sie jetzt seit März 2020 weltweit erleben.

Man stellt sich unwillkürlich die Frage, wer irrationaler agiert: die herrschende Coronapolitik, die sich weigert, konkrete Schritte zum Schutz der einzig wirklich vulnerablen Gruppen einzuleiten, oder jene Verschwörungsideologen. Ein Bestseller-Autor und Guru der Verschwörungswahnwichtel-Szene von 9/11 ist Mathias Bröckers. Im Januar 2021 fantasiert er über den Pro-Trump Mob, der am 6. Januar 2021 ins Kapitol stürmte, dass es primär um die Reaktion des Establishments von Joe Biden gehen würde, die wie Bush nach 9/11 nun Anti-Terrorgesetze durchsetzten.

Am gleichen Tag schreibt auf der gleichen Internetzeitschrift Telepolis der Autor Marcus Hammerschmidt und vertritt nicht weniger irrationale Theoreme wie jenes von „ZeroCovid“, also jener totalitären (linken) Bewegung, die ernsthaft meine, man könnte ein respiratorisches (eine Art Grippe-)Virus eliminieren. Da schüttelt jeder Medizinier, Epidemiologe oder Virologe, ja jeder Public Health-Experte und jeder Mensch, der die internationale Debatte über Corona seit Anfang 2020 verfolgt hat, nur den Kopf. Telepolis jedoch zeigt wieder einmal, dass sie für ganz unterschiedliche irrationale Strömungen offen sind, wenn da mal keine Querfront gegen den rationalen Verstand herauskommt.

Allein die #ZeroCovid-Kampagne von explizit Linken, auf die wir sogleich zu sprechen kommen, widerlegt den Verschwörungswahnsinn vieler Coronapolitik-Skeptiker*innen, denn diesen Linken wird nicht mal der dümmste Verschwörungsgläubige anhängen, dass sie planten, die Welt zu beherrschen. Wenn also die Coronakrise so dermaßen riesig ist, dass Linke den Staat rechts überholen und polizeistaatlich alles dichtmachen wollen, dann sollten vielleicht jetzt jene anfangen zu denken, die meinen, es gäbe böse Mächte in New York City und Amerika bzw. der westlichen Welt, die schon lange vor 2020 die Machtübernahme planten und Böses im Schilde führten.

Die Coronakrise ist viel schlimmer als es solche absurden Verschwörungsmythen suggerieren. Die Coronakrise zeigt eine metaphysische Unsicherheit, eine Machbarkeitshybris (#ZeroCovid, Inzidenz unter 50 im Winter, etc. pp.), einen antidemokratischen politischen Impetus, eine nicht evidenzbasierte Medizin und eine Lust zur Denunziation von Kritiker*innen, dass es kaum zu ertragen ist.

Querdenker und Linke für #ZeroCovid und „Mega-Lockdown“

Ein linkes Bündnis um die Rechtsanwältin Christina Clemm aus Berlin, die im Impressum steht, fordert am 12. Januar 2021 #ZeroCovid. Sie wollen einen europaweiten totalen Lockdown, auch die Industrie soll komplett lahmgelegt werden. Sie wollen, dass es null weitere SARS-CoV-2 Infektionen gibt.

Der Aufruf setzt so ein:

Nach einem Jahr Pandemie sind wir in ganz Europa in einer äußerst kritischen Situation. Tausende Menschen sterben jeden Tag und noch viel mehr erkranken. Das neue Coronavirus breitet sich rasend schnell aus, von Mutationen noch beschleunigt. Die Maßnahmen der Regierungen reichen nicht aus: Sie verlängern die Pandemie, statt sie zu beenden, und gefährden unser Leben.

Daran sieht man bereits wie unwissenschaftlich und Panik getrieben hier agitiert wird. Es gibt nicht den Hauch eines wissenschaftlichen Belegs, dass es nun auch noch eine gefährlichere Variante von Corona gibt. Wer stirbt und wo? Seit wann sterben im Winter nicht schon immer mehr Menschen? Wie gefährlich soll ein Virus für die gesamte Menschheit sein, wenn die Weltgesundheitsorganisation wissenschaftlich belegt zeigt, dass die Infektionssterblichkeit bei ca. 0,23 Prozent[111] oder darunter liegt wie bei 0,14 Prozent? Die letzte Zahl basiert lt. WHO auf über 750 Millionen „Infektionen“ weltweit, Stand Oktober 2020,[112] mittlerweile werden es noch weit mehr Menschen sein, die mit SARS-Cov-2 in Berührung kamen, wobei fast alle davon nichts merkten oder kaum Symptome hatten.

Teilweise überfüllte Intensivstationen gibt es in jedem Winter oder jeder schwereren Grippewelle, grade in Italien oder den USA, aber auch in Deutschland. Eine echte und wirkliche medizinische Krise sieht anders aus: Während 1918 bei der Spanischen Grippe das durchschnittliche Todesalter bei 28 Jahren lag, liegt es heute in Deutschland bei ca. 82 Jahren. Das Medianalter der aktuellen Covid-Toten liegt in Deutschland am 19. Januar 2021 bei 84 Jahren.[113] Es sind 1918 von ca. 1,5 Milliarden Menschen auf der Welt zwischen 50 und 100 Millionen an der Grippe gestorben. Das sind nicht weniger als mindestens 3,3 Prozent (bei 50 Mio Toten) der Weltbevölkerung. Heute starben von 7,8 Milliarden auf der Erde nur 2 Millionen an – oder „mit“ – Corona. Das sind 0,025 Prozent der Weltbevölkerung.

Wenn man also die Weltbevölkerung in Beziehung setzt zu den Grippetoten 1918 und den Coronatoten 2020/21, dann starben 1918 132 Mal mehr Menschen an der Grippe (Influenza) als heute an Corona starben und sterben. Das zeigt, wie harmlos Corona ist. Es kann jeden treffen, aber die Wahrscheinlichkeit ist extrem gering, namentlich im Vergleich zu echten Seuchen wie der Pest im Mittelalter oder der frühen Neuzeit oder auch verglichen mit der Spanischen Grippe von 1918.

1970 bei der Hongkong-Grippe starben in der alten BRD 40.000 Menschen an der Grippe, die Infektionssterblichkeit – also der Prozentsatz derjenigen, die sich infizierten und daran starben – lag laut Robert Koch-Institut bei 0,29 Prozent.[114] Laut WHO liegt die Infektionssterblichkeit von Corona, basierend auf über 60 internationalen Studien, bei 0,23 Prozent.[115] Es mag sich jede und jeder nun selbst Gedanken darüber machen, wie seriös die tageszeitung (taz) arbeitet, die jüngst in einem von der NGO und den Kampagnenmacher*innen von Campact gepushten und vertriebenen Dossier fabuliert, „Covid-19 ist im Schnitt aller Altersgruppen zehnmal so tödlich als die Grippe“.

Die Chefredakteurin der taz Ulrike Winkelmann, die für die Kampagne mit ihrem Namen im Impressum steht, scheint es so zu sehen. Wird es nach Covid wieder einen einigermaßen seriösen Journalismus geben oder ist der für alle Zeiten gestorben?

Erstunterzeichner*innen von #ZeroCovid, dieser Kampagne des Wahnsinns, die man besser #ZeroBrain nennen sollte, sind zwar keine richtig bekannten Leute, aber dennoch Multiplikatoren und typische Vertreter*innen der links-liberalen kulturellen Elite wie der ARD-Moderator Georg Restle, die Marxisten Wolfgang Fritz und Frigga Haug, der Kulturwissenschaftler Wolfgang Kaschuba, der Satiriker der Titanic Leo Fischer, der kultige Veranstaltungsort und die Konzert- und Party-Location SO36 im Herzen von Kreuzberg 36, die Konkret-Autorin Veronika Kracher, der ehemalige Linkspartei-Politiker und Publizist Winfried Wolf, die deutsche Stimme der israelhassenden Feministin Judith Butler[116], Sabine Hark, wahnsinnig ‚antideutsche‘ Musiker wie Torsun von Egotronic, die früher mal so taten, als ob sie den Bombenkrieg der Engländer gegen Nazi-Deutschland gut fanden und sich jetzt hinter den totalitären Lockdown stellen, ja den Lockdown der herrschenden Klasse um Angela Merkel noch extrem verschärfen wollen und damit auch das Nazi-Blockwartverhalten der Bevölkerung wie der Polizei aktiv unterstützen, und Hunderte weitere sind dabei. Dazu kommen über 78.000 weitere Unterschriften (Stand 22.01.2021). Besonders frappierend ist die Unterschrift dieses Mannes:

Dr. Mathias Berek, Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische Universität Berlin, Standort Berlin des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt.

Was für ein „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ wird durch Lockdowns und die aktuelle extrem aggressive, polizeistaatliche und irrationale, medizinisch nicht begründete Coronapolitik gestärkt, die, so die Befürchtung des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, dem Friedensnobelpreisträger 2020, bis zu 130 Millionen oder jetzt sogar bis zu 270 Millionen zusätzliche Menschen in den Nicht-Industrieländern in den Hungertod führen könnte?[117]

Wie ignorant muss mensch sein, um die weltweiten ‚Kollateralschäden‘ zu goutieren, ja einzufordern, da ein deutscher Lockdown die Weltwirtschaft extrem schädigt, und die Schließung von Schulen in Afrika oder Asien etc. nach sich zog im Frühjahr 2020 und jetzt wieder ähnlich desaströs enden wird, wo viele Kinder nur in der Schule eine warme Mahlzeit erhalten? Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) warnt vor den dramatischen Folgen der Lockdownpolitik.[118] Wie ignorant und mittelklassen-arrogant-weiß muss man sein, um diese unabschätzbaren Gefahren nicht zu sehen?

Wie ignorant muss mann und frau sein, um nicht zu sehen, dass häusliche Gewalt in Berlin, Köln, Duisburg, Esslingen am Neckar (die Zeitschrift Argument, Wolfgang Fritz + Frigga Haug wie auch Georg Restle kommen da her) oder Euskirchen, München, Heinsberg und Stuttgart, Leipzig, Greifswald und Lübeck im Jahr 2020 zugenommen hat, weil die Menschen wie Tiere zu Hause eingesperrt waren und sind? Und dieses Eingesperrtsein wollen die Protagonist*innen von #ZeroCovid noch verschärfen.

Wie kinderfeindlich muss ein Mensch sein, um nach insgesamt bald sechs Monaten Schulschließungen noch mehr Schulschließungen und Kita-Schließungen zu fordern? Wie unglaublich erbärmlich und menschenverachtend muss man sein, wenn man noch krassere Lockdowns fordert, wenn wir erschütternde Bilder von Kleinkindern sehen, die im Alter von 2 Jahren beim Gang ins Haus sich die Hände desinfizieren?

Dabei ist die medizinische Situation ganz einfach: Es hätte von Anfang an nur und ausschließlich um den Schutz der vulnerablen Gruppen gehen müssen. Das sind Menschen über 80, die noch dazu krank sein müssen, um in Lebensgefahr zu geraten. Und an irgendwas werden Menschen in diesem Alter immer sterben.

Aus medizinischer Sicht ist ZeroCovid also erstmal vollkommen unmöglich. Eine Atemwegserkrankung wie die Grippe/Influenza oder ein Virus wie SARS-CoV-2 kann man nicht stoppen. Coronaviren waren schon immer Teil von Grippeerregern und haben schon immer auch zum Tod geführt.

Warum starben 1918 vor allem Menschen im Alter von 28 Jahren im Durchschnitt? Womöglich deshalb, so die internationale Forschung, weil sie die schwere russische Grippe von 1889/90 nicht erlebt hatten und somit keinerlei T-Zellen oder sonstige Immunität erwerben konnten.[119]

Es wird ein dramatisches ‚Spiel‘ werden, wenn Australien und Neuseeland sich in zwei oder vier Jahren wieder für die Welt öffnen sollten und die Bewohner*innen dann merken, dass sie viel zu wenig Immunität gegen Corona haben, weil ihnen der Kontakt mit harmlos Infizierten fehlte.

Der Kern ist aber nicht dieser medizinische Irrsinn von ZeroCovid. Der Kern ist ein totalitäres Denken.

Am 17. Januar publizierte eine Gruppe von vier linksradikalen Leuten eine sehr wichtige Stellungnahme gegen ZeroCovid. Darin heißt es:

Dieser Text wird aus schierer Verzweiflung geschrieben. Verzweiflung darüber, dass Menschen, welche[] wir bisher als unsere Verbündeten angesehen haben, im Dauerfeuer der medialen Covid-Panik wohl das Hirn geschmolzen sein muss; darüber, dass Gruppen, welche wir als Teil einer progressiv-subversiven Zivilgesellschaft angesehen haben, alle ihre Ideale über Bord werfen und päpstlicher werden als der Papst (…).

Die Schreibenden (4Stück an der Zahl) arbeiten alle im Gesundheitssektor. 1x Ärzt_in für Innere Medizin, 1x Intensivpfleger_in, 1x Onkologiepfleger_in, 1x Notfallsanitäter_in. Alle sind auf die eine oder andere Art täglich mit den Auswirkungen von Covid19 konfrontiert. Zu bagatellisieren ist nicht unser Ziel. Covid19 stellt uns alle vor immense Herausforderungen und die Entscheidungen, denen manche von uns fast täglich ausgesetzt sind, hätten wir uns nie gewünscht treffen zu müssen.

Aber trotzdem fragen wir uns wie es sein kann, dass sich die politischen Koordinaten in derart kurzer Zeit so gravierend verschoben haben, dass antiautoritäre und linksradikale Gruppen, Strukturen und Einzelpersonen in kompletter Ignoranz der sozialen Verhältnisse in diesem Land Forderungen nach dem staatlichem Totalzugriff aufstellen.

Statt den Diskurs des medizinischen Totalitarismus aktiv zu bekämpfen, wird die ‚solidarische‘ Gefängnisgesellschaft gefordert. Der biopolitisch legitimierte Angriff, angst-gerechtfertigt als lebensschützender Absolutheitsanspruch, umgesetzt vom Staat samt polizeilichen Sondervollmachten wird nicht nur stillschweigend hingenommen, sondern noch proaktiv gefordert. Es geht den linksradikalen Akteuren nicht mehr um eine Dialektik der Befreiung, stattdessen setzen sie i[n] kompletter Unkenntnis der Funktionsweise von moderner Herrschaft eine Dialektik der Repression in Kraft.

Wir sind entsetzt darüber und können es nicht verstehen, wie das Gerede vom Totalshutdown ernsthaft geglaubt werden kann, ohne wissen zu wollen, dass die europaweite Umsetzung weite Teile der unteren europäischen Gesellschaftsschichten einer bis dato nie dagewesenen Repression aussetzen wird. Glaubt etwa allen ernstes jemand, dass große Teile der ‚gefährlichen Klassen‘ sich freiwillig einsperren lassen?“

Zwar haben die vier Autor*innen einen typisch linksradikalen Bezug auf den „Kampf gegen den Terror“, den sie ablehnen und sich offenkundig wenig mit der bis heute existenten enormen Gefahr des Islamismus, Jihad und des islamistischen Antisemitismus befassen, und darüber hinaus haben sie auch noch einen affirmativen Zugang zum Begriff der „Sexarbeiter*innen“ (vulgo Prostitution, Ware Körper gegen Geld), doch sie treffen die fanatische ZeroCovid-Bewegung (wo es die gleichen ProtagonistInnen Pro-Sexarbeit und Pro-Islamismus-Verharmlosung gibt) frontal:

Jetzt haben wir den Ausnahmezustand. Beispielloses Aushebeln bürgerlicher Freiheiten und Persönlichkeitsrechte; jede Woche wird weiter diskutiert, welche Einschränkungen noch stärker vorgenommen werden. Nicht nur Schweigen viel zu viele von uns aufgrund der schieren Geschwindigkeit des autoritären Staatsumbaus, mit #ZeroCovid fordert der sich selbst als ‚linksradikal‘ bezeichnende Teil der Zivilgesellschaft auf einmal 100%ige Zuspitzung desselben.

Wir fassen uns wirklich an den Kopf und fragen uns, wo die politische Analyse geblieben ist bzw. ob jemals überhaupt eine vorhanden war. Dass es eine Diskrepanz zwischen Sein und Schein gibt, daran haben wir uns schon gewöhnt, aber dass Gruppen wie die Interventionistische Linke und FAU Forderungen supporten, bei denen ein Franz-Josef Strauß Pipi inne Augen und Hose bekäme, lässt uns den Mund offen stehen unter unseren FFP Masken.

Als Feigenblatt der autoritären Staatstransformation liefern sie dem Extremismus der Mitte nicht nur ein absolutes Deus Ex Machina, sondern große Teile der widerständigen Zivilgesellschaft auf dem Silbertablett gleich mit. Ihre Forderung nach der staatlich verordneten und durchgesetzten Totaleinsperrung kann nur, da sie nicht freiwillig geschehen wird, mit staatlichen Sondervollmachten geschehen, welche, einmal etabliert und erprobt den Maßstab politischer Freiheiten dauerhaft aushöhlen werden. Ein Staat, welcher seinen Bürgern sämtliche Freiheitsrechte verwehren kann, nimmt sie dauerhaft, selbst wenn er sie gütigerweise irgendwann wieder zugestehen sollte.

Eine friedliche Transformation der Gesellschaft, welche besagte Akteure nach eigenem Verlautbaren anstreben, wird so auf Dauer verunmöglicht. Darin besteht die Dialektik der Repression und es ist ein schrecklich bitterer Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet die gesellschaftliche Linke es war, welche sich ihr eigenes Grab geschaufelt haben wird.

Die Kritik am „medizinischen Totalitarismus“ passt exakt zur Kritik am „medizinischen Imperialismus“ des Soziologen und Professors Robert Dingwall aus England. Er beschreibt, wie 1655/56 Puritaner das Weihnachtsfest kontrollieren wollten und jeder fröhlichen, ausgelassenen Stimmung den Kampf ansagten. Das führte jedoch zu Aufständen in London und anderen Orten. 1657 wurde die Regel wieder abgeschafft. Gesunde Ernährung oder nicht selten unsinnige Untersuchungen, auch manche Vorsorge-Untersuchungen, oder der Verkauf von Alkohol sind regelmäßig Themen der „medizinischen Imperialisten“, also jenen, die ihren Einflussbereich ausbreiten wollen.

So wurde 2005 die Lizenz zum Ausschank von Alkohol in Großbritannien gelockert und viele dachten, es würde jetzt wie in Europa Alkohol primär zum Essen getrunken. Doch daran hielten sich bis heute die Pub-Besucher*innen in England bzw. UK gerade nicht. Doch mit Covid wird nun versucht, das wieder einzuführen: Alkohol nur in Verbindung mit Essen.

Dingwall kritisiert auch die patriarchale und antifeministische Dimension des “medizinischen Imperialismus”, der seit den 1960er Jahren sehr wohl zurückgedrängt werden konnte, jedenfalls in manchen Bereichen wie den Frauenrechten (z.B. Abtreibung), aber jetzt mit Covid-19 ein extremes Revival und eine ungeahnte Ausdehnung erlebt:

Medical sciences are different from other life sciences. Biologists study nature as it is. If one organism damages or kills another, that is simply how the world works. Medical sciences make moral judgements: a virus is a Bad Thing not just an interesting research topic. Mostly, this moralizing is not a problem.

We all prefer to live longer lives, free of pain and suffering. Sometimes, though, ordinary people are willing to tolerate a risk because this brings other benefits. Medical science can struggle to accept this choice because its ideal society gives absolute priority to health. The result is what sociologists call ‘medical imperialism’, the extension of medical rules over ever greater areas of everyday life. It is paternalist, and often patriarchal.

Since the 1960s, there has been a big pushback against this project. Ordinary people have demanded better justifications for medical actions and the right to share in making decisions that affect them. Homosexuality is no longer defined as a mental disorder. Women have taken more control over what happens to their bodies.

Dingwall geht auf einen Kern der ganzen Pandemie ein: die anlasslosen Massentests. Anlasslos deshalb, weil ja fast alle getesteten Personen keine Symptome haben und nicht krank sind. Das gab es in der Geschichte der Medizin noch nie, dass die ganze Welt auf ein Virus getestet wird, ohne dass die Menschen krank sein müssen. Sie werden erst durch einen positiven SARS-CoV-2-Test krank gemacht, von denen abgesehen, die tatsächlich an Corona erkrankt sind, die aber auch keinen Test benötigen, weil offenkundig ist, dass sie krank sind und nur noch schwer atmen können.

Dingwall, der auch Berater der britischen Regierung in medizinisch-soziologischen Fragen ist, sieht eine große Gefahr und eine perfide Strategie hinter diesen Massentests. Wollen damit etwa der Staat, das Gesundheitssystem oder auch private Firmen kostenlos Unmengen an Material sammeln von Menschen, die später eventuell auch im Kampf gegen die ganz normale Grippe eingesetzt werden sollen?

The COVID-19 mass testing program has been strongly criticized as unscientific and unethical by scientists of the standing of Sir Muir Gray, formerly the health department’s chief adviser on screening and co-author of the international standard textbook on the subject. Its claimed benefits should not go unquestioned. How has it come to be accepted? Some medical scientists have seen the program as an opportunity to do research without the usual inconveniences of peer review and ethics approval.

It is a way to get lots of data about the virus and the population without asking about the justification or the relevance of the knowledge. Others have pushed the argument that testing for COVID might be a pilot for eliminating other respiratory infections.

Dingwalls messerscharfe Analyse trifft exakt die totalitären Monster von ZeroCovid:

This is a particularly sinister movement. There is a small, but articulate and well-connected, body of medical opinion that would like to maintain social distancing, face covering and other restrictions indefinitely because this might reduce the transmission of influenza, common colds and other respiratory viruses that we have lived with for thousands of years.

The emergency is an opportunity to redesign everyday life around this single goal. Such actions are not scientific but an assertion of the morality of medical imperialism, that any infection is a blot on the face of humanity and must, if possible, be eradicated rather than managed. There is a moral alternative that says we must balance the management of respiratory viruses against the harms of control.

Given that most respiratory infections – even Covid-19 – are trivial inconveniences for most people, we also need to think about their wider impacts on social and economic life, on child development, on the stigmatization of people who cannot comply, and on the social conflict that may be generated.“

Zurück zur Kritik an ZeroCovid auf Indymedia, dem bekanntesten online Portal der linxradikalen, autonomen und anarchistischen Szene. Die vier Autor*innen schreiben:

Wir können nicht anders, als allen Verrat und Versagen vorzuwerfen, welche sich mit #ZeroCovid gemein machen. #ZeroCovid ist nicht die Antwort, sondern erwächst sich als unser schlimmster Alptraum. Dass ausgerechnet ein Teil unserer Genoss_innen diesen Alptraum ohne Zögern promoted, stößt uns nur weiter von diesen Teilen linker Segmente ab.

Wir rufen jede und jeden einzelnen, der oder die diese Zeilen hier liest dazu auf, die Solidarität mit #ZeroCovid und allen, welche sich mit ihnen gemein machen, aufzukündigen und sie als das zu benennen, was sie in unseren Augen sind: autoritäre politische Kräfte, welche vermeintlich in unserem Namen sprechen, unsere Worte und Sprache benutzen, aber nur eines sind: unsere Feinde.“

Die riesige Enttäuschung über das Verhalten vieler ihrer linken „Genoss*innen“ führt die Autor*innen zu einer weiteren, persönlichen, Leben und Tod kritisch und realitätsnah reflektierenden – es sind alle vier im medizinischen Bereich tätige Aktivist*innen –, sehr wichtigen und klaren Distanzierung:

An dieser Stelle sind ein paar weitere Worte zu uns, den Schreibenden angebracht: Wir gelten, wie das so schön gesagt wird, als systemrelevant. Wir sind in diesem Leben nicht von dem Fluch der Arbeitslosigkeit betroffen, werden in diesen überalterten Gesellschaften nicht zum Surplusproletariat gezählt. Keine Maschine wird uns zu unserer Lebenszeit ersetzen können, wir sind also von den Verwerfungen der Automatisierung und Zwangsdigitalisierung so nicht betroffen.

Unsere Arbeit ist (zum größeren oder kleineren Teil) körperlich, egal wie hart der Shutdown wird, wir sind nicht gefährdet. Unsere Patienten schon. Täglich mit dem Ausschuss dieser Gesellschaft konfrontiert zu sein bei dem Anspruch, Egalität, Staatsferne und antiautoritäre Umgangsweisen umzusetzen ist nicht leicht.

Was nicht heißt, dass wir alle unsere unterschiedlichen Arbeiten nicht als explizit politisch begreifen. Leider sind wir damit auf weiter Flur alleine, zeichnen sich Ärzte und Pflegekräfte unserer Erfahrung nach leider durch einen überproportional hohen Anteil an statusbewussten Menschenfeinden aus.

Aus dem politischen Anspruch an unsere Arbeit erwächst eine zentrale Sache: Der Schutz unserer Patienten gegenüber anderen Pfleger_innen und Ärzten, gegenüber dem Krankenhaus als Institution, gegenüber der Polizei, Behörden, Gerichten, Schließern, teilweise ihren Angehörigen.

Diese Schutzfunktion ist eine permanente Gratwanderung zwischen Paternalismus, Autonomie, unserer jeweiligen fachlichen Kompetenz und der damit einhergehenden Wissenshierarchie und dem Willen des Patienten. Im Namen von abstrakter Gesundheit „Leben“ zu schützen ist für uns undenkbar, schließlich sind wir alle häufig mit dem Wunsch nach Sterben konfrontiert.

Der Wunsch zu Sterben ist selten primär, er ist fast immer ein Nicht-Leben-Wollen-um-jeden-Preis. Das heißt, dass jede_r von uns sich damit auseinandersetzen muss, dass Patienten für sich Entscheidungen treffen, von denen wir wissen, dass sie später oder früher (meist früher) mit dem Tod des Patienten einher gehen. Und das ist nicht nur in Ordnung, sondern alternativlos.

So wie wir zwischen der Erde unter unseren Füßen und dem Himmel über unseren Köpfen kein anderes transzendentes System akzeptieren (sei es Gott, der Staat, der Kapitalismus, o.ä.), so undenkbar ist es für uns eine Kampagne zu unterstützen, welche von ihren inhärenten Prinzipien zutiefst dem zuwider läuft, was wir täglich jede_r von uns in seinem Bereich versuchen als gelebte anarchistische Ethik umzusetzen.

Endlich ergreifen somit auch explizit linkradikale Autor*innen das Wort, etwas, was Gerald Grüneklee, Peter Nowak und ich bereits im Mai 2020 mit unserer Buchpublikation „Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik[120] versucht hatten:

Und das sei hier explizit als Kampfansage an #ZeroCovid verstanden: wir werden unseren Überzeugungen gemäß alles tun, um uns und unsere Patienten gegen euren Angriff auf uns und die Prinzipien, welche wir für richtig halten, zu schützen. Aus tiefster Überzeugung kündigen die Schreibenden ihre Solidarität mit euch auf.

Ihr entspricht dem, was wir, als explizit im Gesundheits(un)wesen Tätige, zutiefst verachten. Uns ist nicht entgangen, wie viele Pflegende und Ärzte unterschrieben haben bei euch. Wir können uns wiederholen, was wir an anderer Stelle bereits geschrieben haben: aus dem deutschen Gesundheitswesen erwachsen uns nur Blüten der Reaktion. Gesundheitsarbeitenden, welche sich mit #ZeroCovid verbünden, unterstellen wir, ihr autoritäres Begehren auszuleben, welches sie auch bei uns als unsere Kolleg_innen tagtäglich hundertfach zeigen.“

Auch die Abgrenzung von Querdenken ist wichtig, auch wenn ganz sicher nicht alle Teilnehmer*innen von Querdenken-Events Faschisten sind (das betont sogar der Staats- und Verfassungsschutz), ja mittlerweile teilen ja sogar die Querdenken-Spitzenleute um Ballweg den Wahnsinns #ZeroCovid-Kurs der extremen Linken, wie wir noch sehen werden. Die vier anonymen Autor*innen der autonom-anarchistischen Szene resümieren also:

Der Kampf, welchen wir täglich gegen Covid19 führen ist der gleiche, welchen wir gegen #ZeroCovid und jegliche Form des staatlich-kapitalistischen autoritären Angriffes führen. Es gäbe an dieser Stelle noch sehr viel zu schreiben und zu sagen, aber mehr schaffen wir heute nicht. Als letztes wollen wir allerdings noch klarstellen, dass wir mit den drecks Faschisten von Querdenken nichts zu tun haben.

Amore Anarchia Autonomia. [im Original „Armore“, was womöglich ein Schreibfehler war]

Immerhin hat selbst ein Autor der taz den Irrsinn von ZeroCovid erkannt: Thomas Gerlach, bekannt als „Bester Lehrling beim Pflügen der Herbstfurche im Kreis Burg b. Magdeburg (1983)“. Gerlach schreibt am 14. Januar 2021:

Halbtotalitäre Fantasie. Die Initiative ‚Zero Covid‘ will das Coronavirus durch einen mehrwöchigen Total-Lockdown bezwingen. Die Ideen sind weltfremd und wenig zielführend.

Deutschland stand und steht für den Untertan, für autoritäre Charaktere, für Nazi-Blockwartdenken, für Denunziation, Polizeistaat, Behördenwillkür, Monsterbegriffe aus dem Wörterbuch des Unmenschen, in der Coronakrise auch besonders eklatant für Un­wiss­en­schaft­lich­keit, Irrationalismus, Gruppendenken und Antiintellektualismus quer durch alle politischen Lager. Eine Volksgemeinschaft des medizinischen Imperialismus.

Wer links, antitotalitär, antiimperialistisch und antifaschistisch ist, wendet sich gegen ZeroCovid und alle seine Unterstützer*innen.

Schluss mit den Lockdowns, Schluss mit dem Maskenwahnsinn, Schutz den Schutzbedürftigen und das NUR in Absprache mit diesen zumeist sehr alten und vereinsamten Menschen.

Es gab in der Geschichte der BRD-Linken keinen größeren Feind der Emanzipation wie die Protagonist*innen von #ZeroCovid.

Auf dem Wissenschaftsblog Spektrum schreibt Lars Fischer („Warum Covid-19 nie wieder verschwinden wird“) am 14. Januar 2021:

Sars-CoV-2 ist keiner der großen historischen Killer wie Pocken, Pest oder Malaria, sondern nur ein mäßig tödliches Atemwegsvirus. Streng genommen will man es nicht vernichten, sondern zu den Akten legen, um sich um wichtigere Themen zu kümmern. Genau das wird passieren, wenn sich die Impfungen als effektiv erweisen. Wer von dem Virus etwas zu befürchten hat, wird sich impfen lassen, wie gegen Grippe. Und alle anderen schniefen sich tapfer durch die Erkältungssaison, wie bisher auch. Nur dass ein weiteres unangenehmes Virus in der allgemeinen Welle mitschwimmt.

Das Problem heißt Szientismus

Merkel betont wie fast alle Politiker*innen weltweit, dass sie „der Wissenschaft“ folge in Zeiten der Coronakrise. Jeder kritische Forscher, ob nun Philosoph, Sozial- oder Naturwissenschaftler sollte da skeptisch werden. Gibt es „die Wissenschaft“? Gibt es nicht gerade angesichts von Corona ganz unterschiedliche epidemiologische, virologische, geistes- und sozialwissenschaftliche Ansätze, die sich häufig diametral widersprechen? Gibt es nicht den kritischen Public Health-Ansatz, der die Gesamtheit der Bevölkerung bzw. die internationalen Konsequenzen jeder Politik im Blick haben sollte und niemals eine Ein-Punkt-Politik präferiert?

Wenn wir analysieren, dass z.B. ein PCR-Test gar nicht dafür gemacht ist, Krankheit oder Infektiosität zu diagnostizieren, gibt es nicht „die Wissenschaft“, sondern offenkundig die Position von Drosten, Wieler, Lauterbach, Merkel und dem gesamten Establishment versus den kritischen Forschungen z.B. von Ioannidis, Bhattacharya, Bhakdi, Haditsch etc. Doch Merkel hat autoritär gesetzt, sie würde sich an „der“ Wissenschaft orientieren. Das kann nicht wahr sein, da sie nur das eine Gesicht der Aufklärung sieht und sehen möchte, das in der gegenaufklärerischen Corona-Zeit so aggressiv zu sich selbst kommt, wie schon lange nicht mehr.

Der Philosoph Michael Esfeld hat das Spannungsverhältnis von Wissenschaft und Freiheit in einer Kritik am Szientismus dargelegt. Er schreibt:

Das Zeitalter der Aufklärung hat zwei Gesichter. Auf der einen Seite steht die Befreiung des Menschen, ausgedrückt zum Beispiel in Immanuel Kants Definition der Aufklärung als ‚Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit‘ (Kant, ‚Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?‘ (1784), erster Satz). Auf der anderen Seite steht der Szientismus mit der Idee, dass naturwissenschaftliches Wissen unbegrenzt ist: Es umfasst  auch den Menschen und alle Aspekte unserer Existenz. Diese Seite kommt zum Beispiel in Julien Offray de la Mettries L’homme machine (1747) zum Ausdruck. Beide weisen Wissensansprüche traditioneller Autoritäten wie zum Beispiel der Kirche zurück. Die von Kant betonte Seite zielt dann darauf ab, jeder mündigen Person die Freiheit zu geben, ihre eigenen, überlegten Entscheidungen zu treffen. La Mettries Seite bahnt hingegen der Position den Weg, der zufolge naturwissenschaftliches Wissen die angemessenen Entscheidungen sowohl auf der individuellen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene vorzeichnen kann.

Diese beiden Seiten kann man bis in die griechische Antike zurückverfolgen. Gemäß Aristoteles‘ Politik ist die Organisation von Staat und Gesellschaft eine Frage von Entscheidungen, welche die Bürger in gemeinsamer Beratung zu treffen haben. Für Platon hingegen ist es eine Frage des Wissens, wie man das individuelle und das gesellschaftliche Leben zu gestalten hat. Dementsprechend sollen die Philosophen herrschen, wie er in seinem Hauptwerk Der Staat darlegt. In der Neuzeit nimmt dann das naturwissenschaftliche Wissen die Stelle ein, die Platon dem Wissen zuschreibt, das durch philosophisches Nachdenken erlangt wird.[121]

Demnach hat sich Merkel gegen Kant und für La Mettrie, für Platon und gegen Aristoteles, für Drosten und gegen Bhakdi, für Wieler und gegen Ioannidis entschieden. Ja, sie hat nicht mal darüber diskutiert oder die beiden Parteien angehört. Kant wurde gar nicht erst ins Bundeskanzlerinnenamt eingeladen, um das überspitzt zu formulieren. Das trifft nun auch auf die allseits als Spinner oder Rechtsextremisten bezeichneten Querdenker zu, auch die haben sich für La Mettrie und gegen Kant entschieden, für China und den Lockdown, gegen die rationale Debatte, gegen Heterogenität und den wissenschaftlichen Diskurs, für den Szientismus. Esfeld nimmt auch den „Marxismus“ als Beispiel für Szientismus,[122] was völlig richtig ist, allerdings nicht den kritischen Marxismus von Herbert Marcuse,[123] Theodor W. Adorno, Max Horkheimer[124] oder von Günther Anders,[125] die alle kritische Kantianer waren und keine Szientisten, trifft.

Ironisch wird es nun, wenn wir sehen, dass die extrem rechte Querdenken-Bewegung, die sich immer vorgeblich gegen die Regierungspolitik stellte, schon vor ihren linken Genoss*innen am 31. Dezember 2020 einen „Mega-Lockdown“ forderte,[126] der sich mit den Forderungen der linken #ZeroCovid-Bewegung bzw. den #ZeroBrain-Leuten vom 12. Januar 2021 deckt. Der Querdenken-Gründer Michael Ballweg aus Stuttgart zeigt dabei nicht nur seinen autoritären Charakter, sondern sieht sich auch größenwahnsinnig als Ansprechpartner für die Bundesregierung, als ob er – nicht minder größenwahnsinnig wie Drosten etc. – ohne demokratisches Mandat Politik machen könnte. Er habe also der Bundesregierung „angeboten“, einen zweiwöchigen „Mega-Lockdown“ zu machen:[127]

Unter anderem sollen Unternehmen und Fabriken komplett geschlossen und der Flugbetrieb sowie der öffentliche Nahverkehr eingestellt werden. Laut der Initiative habe die Bundesregierung während des ersten Lockdowns viele Fehler begangen und solle sich nun ein Beispiel an China nehmen. Dort sei die Pandemie bereits besiegt, heißt es in der Mitteilung.[128]

Querdenken kommt damit nur einer Forderung von Merkel nach, sich mehr an China und weniger an Querdenken zu orientieren, Kritik, Demonstrationen und Dissidenz mögen nämlich weder Querdenker noch die Bundesregierung:

Die Tageszeitung Die Welt berichtet am 2. Dezember 2020 vom „Online-Digital-Gipfel der Bundesregierung“ Folgendes und zitiert Bundeskanzlerin Angela Merkel:

Wo kommen wir da raus? Wo kommt China raus? Wo kommt Südkorea raus? Wenn die alle mal viel besser die Masken tragen und nicht so viel ,Querdenker‘-Demos haben, sondern derweil schon wieder wirtschaftlichen Aufschwung, dann fragt sich, wo Europa landet nach dieser Pandemie.[129]

Das ist der Kern des Jahres 2020 und aller folgenden Jahre, die noch kommen werden. Das ganze antidemokratische Denken von Merkel und der Politik zeigt sich in diesem Zitat. Die Kanzlerin mag keine Diskussionen, keine Kritik und keine freie Meinungsäußerung, keine Demonstrationen.

Gab es seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland eine antidemokratischere Äußerung eines Kanzlers in diesem Land?

Ballweg bietet also der Politik an, 83 Millionen Menschen zwei Wochen einzusperren und die gesamte Industrie zu stoppen, in diesem nicht evidenzbasierten, wahnwitzigen und totalitären, ja auf die Spitze getriebenen szientistischen Denken, danach sei das Virus verschwunden. Selbst wenn es das wäre, was maßt sich dieser Wicht an, ja wer ist dieser Mann, der meint, mit der Bundesregierung „verhandeln“ zu können, ob so ein Einsperren der Bevölkerung nicht gut wäre? Das ist ein Verhalten wie es Drosten an den Tag legt.

Ironisch ist, dass diese Forderung nach dem „Mega-Lockdown“ von einer Gruppe kommt, die jetzt vom Verfassungsschutz beobachtet wird, obwohl diese Forderung auch von vielen Linken und ARD-Journalisten geteilt wird via #ZeroCovid. Diese Hybris hüben wie drüben, rinks wie lechts, zeigt, wie gefährlich Querdenken ist, analog zu den #ZeroCovid-Fanatiker*innen und weiten Teilen der Politik, die ja mit den Lockdowns de facto die gleiche Politik macht, nur nicht so extrem wie Ballweg, die rechten Querdenker oder die linke #ZeroCovid-Bewegung es sich wünschen.

Auch das Portal „Volksverpetzer“, das primär für die Unterstützung der unwissenschaftlichen und irrationalen Politik von Söder, Drosten, Merkel steht, ist jetzt ganz euphorisch, dass die extremem Rechten wie Querdenken – die sich mit Reichsbürgern trafen, worüber die Seite berichtete – jetzt auf Mega-Lockdown-Kurs sind:

„Harter Lockdown = Mehr Freiheiten

Durch einen derartig laschen ‚Lockdown‘, der diesen Namen nicht wirklich verdient, kaufen wir uns aber nichts: Wir nehmen Wirtschaftsschäden und viele Tote in Kauf – und mit einem ‚Lockdown‘, der auch ohne neue Virusmutation bis März andauern müsste, auch viele Einschränkungen unserer Freiheiten. Und ‚unter Kontrolle‘ kann man den Zustand auch nicht bezeichnen. Wer also mehr Freiheiten möchte, muss – auf den ersten Blick paradoxerweise – für einen harten Lockdown plädieren. Was wir bei Volksverpetzer bereits Ende November (auf Empfehlungen vieler Expert:innen, die wir darin zitiert haben) gemacht haben“.[130]

Diese Liebe zum autoritären Verhalten ist absolut schockierend und zeigt, wie wenig seit 1945 gelernt wurde. Da sind sich solche selbst erkorenen „Volksverpetzer“ und radikale Linke mit den Reichsbürger-Kumpeln von Querdenken offenbar völlig einig: Sperrt die Bevölkerung ein! Sperrt sie noch mehr ein, als ohnehin! Da das zu wenig Einsperren seit November immer mehr Corona-Tote brachte, wollen wir einen Mega-Lockdown!

Diese autoritären Charakterstrukturen sind in der Gesellschaft weit verbreitet, von ARD-Moderator Restle über solche Denunziant*innen hin zu Ballweg und den Querdenkern, die jetzt den Lockdown affirmieren, wenn er besonders brutal durchgeführt wird und alle Menschen zwei Wochen 24 Stunden eingesperrt sind und jegliche Industrie, die Post, der Verkehr, alles stillgestellt ist, ja die Flughäfen zu sind und die Grenzen geschlossen, damit auch kein einziger Flüchtlinge mehr rein kann und auch ganz sicher keine Hilfslieferung für die befürchteten 130 bis 270 Millionen Hungertoten im Globalen Süden geliefert werden können. Die häusliche Gewalt würde nie gekannte Ausmaße erreichen, Kinder durchdrehen, es würde ja eine 24/7 Ausgangssperre herrschen.

Dieser totalitäre Wahnsinn ist also tödlich und er ist die Fantasie der extremen Linken und Rechten gleichermaßen, Querdenken und Georg Restle im selben Boot. Noch nie so bitter gelacht, der vorgebliche Antifaschist mit den Nazis zusammen für den Mega-Lockdown oder #ZeroCovid. China und Merkel als Vorbilder für Querdenken und die szientistische Linke.

Diese Liebe zum autoritären Verhalten zeigt zudem, dass wir es geradezu mit einer Volksgemeinschaft des Szientismus zu tun haben: Von den extremen Linken über Drosten, Merkel, Söder und die Politik hin zu den extremen Rechten wie Querdenken plädieren alle dafür, nur und wirklich nur mit Lockdowns, die ‚wissenschaftlich‘ und ‚wahr‘ seien, ein Virus ‚bekämpfen‘ zu müssen. Dass es im Winter immer mehr Tote gibt, wird gar nicht mehr diskutiert, noch weniger, dass Schweden auch ohne Lockdown grade jetzt im Winter weniger Tote hat als die meisten europäischen Länder. Stand 29. Januar 2021 hat Schweden im 7-Tages-Durchschnitt 15 Corona-Tote, Deutschland hat im 7-Tages-Schnitt 719 Tote pro Tag (von ca. 3000 Toten am Tag und der völligen Beliebigkeit, ob diese Menschen „an“ oder nur „mit“ Corona starben).[131] Deutschland hat ca. 8 mal mehr Einwohner*innen als Schweden, aber aktuell 47 mal mehr sog. Corona-Tote.

Völlig unabhängig von den Todeszahlen ist offensichtlich, wie wenig Aufklärung, Würde und Selbstbestimmung zählen.

Machbarkeit und Wahrheit werden gesetzt und nicht wissenschaftlich diskutiert. Es wird davon ausgegangen, wie im Szientismus, dass es „die“ Wahrheit und „den“ Schlüssel zum Erfolg gibt. Dabei ist Erfolg schon ein unbrauchbarer Begriff, wenn es um ein Grippe-Virus geht, und Corona ist eine Art Grippe-Virus, eine Atemwegserkrankung, unabhängig davon, ob es ansteckender und weniger tödlich oder tödlicher als die Grippe/Influenza ist oder nicht.

Michael Esfeld hat im Dezember 2020 in seiner Kritik an der Leopoldina klar gemacht, warum gerade der Szientismus Teil des Problems, ja ein Kern des Problems ist und sich gegen jede Form des Lockdowns positioniert. Seine Positionierung ist wie die Kritik seines Kollegen Thomas Aigner ein herausragendes Beispiel für angewandte Wissenschaft – Esfeld wendet seine Kritik am Szientismus, die er bei Suhrkamp publiziert hat, in der Corona-Zeit an:

Es gibt keine stichhaltige wissenschaftliche Begründung für den Versuch, die Ausbreitung des Coronavirus durch zentrale staatliche Planung und mit massiven Eingriffen in die Grundrechte zu unterbinden. (…)

Unter deontologischen Kriterien gibt es keine Berechtigung dafür, in der vorliegenden, akuten Situation der Ausbreitung des Coronavirus Grundrechte auszusetzen und sich durch technokratische Planung des gesellschaftlichen bis hin zum familiären Leben über die Würde der betroffenen Menschen hinwegzusetzen.

Statt fundierter Wissenschaft erleben wir aktuell ein Wiedererstarken des Szientismus und seines politischen Gebrauchs – der Idee, dass es ein naturwissenschaftliches Wissen gibt, das auch den Menschen und alle Aspekte unserer Existenz umfasst, und dass sich die Gesellschaft gemäss diesem Wissen planen und gestalten lässt.

Dagegen ist Aufklärung geboten im Sinne eines Ausgangs aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit, in die unsere Gesellschaft durch eine unheilige Allianz aus angeblichen wissenschaftlichen Erkenntnissen und politischen Zwangsmassnahmen hineinzulaufen droht.“[132]

Querdenken und KenFM

Die Querdenken-Bewegung ist also seit Ende Dezember 2020 auf quasi extrem linkem Kurs und fordert einen „Mega-Lockdown“. Sie folgt damit Angela Merkel und sieht im diktatorischen Regime in China einen Heilsbringer oder ein Vorbild, wie man Corona und ein Virus wie einen Feind im Krieg bekämpfen und besiegen könnte.  Man kann ein solches, relativ harmloses Virus wie Corona – verglichen mit einer bakteriellen Infektionskrankheit wie Cholera, mit Polio oder auch mit HIV – aber nicht besiegen, nur eindämmen, immer nur demokratisch und in Absprache mit den Menschen. Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass die Menschen lernen, mit einem weiteren Virus ganz normal zu leben, neben der Influenza gibt es jetzt Corona, das ist nicht schlimm. Die Auslöschungsideologie gegenüber einem solchen Virus jedoch ist medizinischer Irrsinn und demokratischer Wahnsinn.

Die Mega-Lockdown-Kampagne von Querdenken kommt nur wenige Wochen nach dem Bekanntwerden von Treffen von Querdenkern wie Ballweg mit Reichsbürgern.[133] Mittlerweile beobachtet der Verfassungsschutz Baden-Württemberg die Bewegung.[134] Ein kurzer Rückblick auf die Aktivitäten in 2020 ist interessant. Seit März 2020 gibt es Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Corona-Politik in Deutschland.

Wie gesagt, ist es Teil der Corona-Panikindustrie, dass fast alle Kritiker*innen der Corona-Politik von den Mainstreammedien, NGOs, der Zivilgesellschaft und weiten Teilen der Bevölkerung mehr oder weniger schnell als irrational, rechts oder rechtsextrem, esoterisch, als Impfgegner*innen oder Verschwörungstheoretiker*innen diffamiert werden. Das eskalierte nach den Großdemonstrationen von Querdenken711 in Berlin am 1. August und dann am 29. August. Diese Art der Corona-Kritik meint, weder links noch rechts zu sein und kooperiert doch nonstop mit den extremen Rechten.

So trat auf Querdenken-Demos der Buchautor Thorsten Schulte auf, der in seinem Machwerk Fremdbestimmt. 120 Lügen und Täuschung von 2019 die deutsche Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg ablehnt, antisemitisch agitiert und eine Trennung von Deutschen („deutsches Volk“) und Juden vornimmt, George Soros diffamiert und gegen die „Globalisten“ mobilisiert.[135]

Dass Schulte Arm in Arm mit dem HNO-Arzt Bodo Schiffmann am 1. August in Berlin sprach, ist schockierend. Es zeigt, wie schnell vorgeblich unpolitische Menschen wie Schiffmann in kurzer Zeit mit Rechtsextremisten kooperieren. Das Buch von Schulte bedient viele rechtsextreme, verschwörungsideologische, rassistische, antisemitische und deutsch-nationale Topoi.

Es gibt also in der Tat nicht wenige Aktivist*innen, die irrational daherreden oder in der Bill und Melinda Gates Stiftung eine Verschwörung zur Impfung der ganzen Welt sehen. Nehmen wir aber mal folgenden Text:

Wenn die Mächtigen in München das Schicksal des Planeten verhandeln, darf der reichste Mensch der Welt nicht fehlen: Auch Bill Gates ist bei der Sicherheitskonferenz. Der Microsoft-Gründer hat sich vom Software- zum Weltrettungs-Monopolisten entwickelt: Die Bill & Melinda Gates Foundation ist mit rund 40 Milliarden Dollar die vermögendste Privatstiftung der Welt. Sie vergibt Fördermittel von jährlich rund vier Milliarden Euro für Projekte und Forschung zur Armuts- und Hungerbekämpfung, Landwirtschaft und Gesundheit. Das hat dem Milliardär mit einem Vermögen von 85,2 Milliarden Dollar nicht nur viel Anerkennung gebracht, sondern auch Einfluss auf Regierungen, Universitäten und die Vereinten Nationen.

Wäre diese Analyse im April oder Juli oder August 2020 auf einer solchen Demonstration wie in Berlin, Stuttgart oder Ulm vorgetragen worden, wäre sofort von Verschwörungstheorie die Rede gewesen. Allerdings stammt diese journalistische Recherche vom Februar 2017 von der Autorin Kathrin Hartmann, die ihren Text in der Frankfurter Rundschau publizierte.[136]

Gleichwohl gibt es angesichts von Corona massive rechte, rechtsextreme, antisemitische, verschwörungsmythische Agitation. Dazu gehört die sogenannte Querfront, also zwischen links und rechts oszillierende und camouflierende Akteur*innen, die z.B. ihre Abscheu vor Angela Merkel und deren Flüchtlingspolitik von 2015 in die Corona-Zeit transportieren.

Der YouTuber, Journalist und Aktivist Ken Jebsen (KenFM) ist einer der führenden Agitatoren in der Anti-Coronamaßnahmen-Szene. Der Organisator der bundesweiten Querdenken-Demos Michael Ballweg aus Stuttgart (der dort im November 2020 Oberbürgermeister werden wollte[137]) verlinkt z.B. Videos von seinen Demos, die Jebsen aufgenommen hat.

Jebsen hatte 2011 seinen Job beim RBB Rundfunk verloren. Das lag an einer verschwörungsmythischen, antisemitischen und die deutsche Schuld am Holocaust kleinredenden bzw. universalisierenden E-Mail, die er einem Gesprächspartner geschickt hatte und die dann publik wurde. In dieser Mail hieß es:

sie brauchen mir keine holocaus informatinen zukommen lassen. ich habe mehr als sie. ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat. der neffe freuds. bernays. in seinem buch propaganda schrieb er wie man solche kampagnen durchführt. goebbels hat das gelesen und umgesetzt. ich weis wer die rassendatten im NS reich möglich gemacht hat. IBM mit hollerithmachinen. ich weis wer wärend des gesamten krieges deutschland mit bombersprit versorgt hat.standartoil also rockefeller.[138]

Die Universalisierung der deutschen Schuld ist nicht untypisch für linke wie rechte Schuldprojektion. Demnach sind der böse Kapitalismus, die Hollerithmaschine oder Propagandatechniken der Kulturindustrie verantwortlich. Aber es wird nicht mehr die antisemitische Traditionslinie z.B. von „Turnvater“ Jahn, Ernst Moritz Arndt, Richard Wagner, dem Rembrandtdeutschen Julius Langbehn und der völkischen Bewegung betrachtet, sondern die Schuld auf den Westen, am liebsten auf Amerika und die Juden selbst projiziert.

Die Schuldprojektion auf andere, wenn es um den Holocaust geht, ist durchaus ein Bestandteil der politischen Kultur in Deutschland, damit ist Jebsen überhaupt kein Außenseiter, nur sagt das kaum jemand so vulgär und offen, der zu dem Zeitpunkt bei einer ARD-Rundfunkanstalt angestellt war. Der Journalist Alan Posener hat Jebsen kritisiert:

Es ist natürlich kein Zufall, dass Bernays Jude war. Unter den vielen Autoren, die seit Gustave LeBons bahnbrechendem Werk über die Psychologie der Massen (1895) zum Thema Massenbeeinflussung erschienen, wird das Werk ‚des Juden‘ herausgegriffen; erst seine finsteren Methoden der Manipulation hätten den Holocaust möglich gemacht. Dabei erschien Bernays Buch ‚Propaganda‘ erst 1928, und auf Deutsch erst lange nach dem Krieg. Auch wenn Bernays selbst in seinen Memoiren behauptete, Goebbels hätte das Buch gelesen, ist das mehr als unwahrscheinlich. Und wäre auch unnötig gewesen, denn Adolf Hitler hatte schon 1924 in ‚Mein Kampf‘ der Frage der Massenpsychologie und der Propaganda großen Raum gewidmet und die Techniken beschrieben, die sein Schüler Goebbels anwendete. Im Übrigen war Bernays, obwohl selbst an PR- und Propagandakampagnen – zum Beispiel für die Tabakindustrie – aktiv beteiligt, zugleich auch ein Kritiker der von ihm entwickelten und beschriebenen Methoden; sein Buch sollte der Aufklärung dienen; und vermutlich erfand er die Geschichte mit Goebbels, um zu unterstreichen, wie gefährlich die Massenmanipulation sei.

Durchweg also verwendet Jebsen die Technik der Umkehrung und der Schuldabwehr: Wer entwickelt die Methoden zur Erfassung der Datenmassen, die nötig waren, um die Juden von den Ariern zu sondern? IBM. Wer liefert das Benzin für Hitlers ‚Blitzkrieg‘? Standard Oil. Wer liefert die Technik der Manipulation, um die Massen gegen die Juden aufzuhetzen? Ein amerikanischer Jude. Skandalös ist nicht die Behauptung, der Holocaust sei ‚erfunden‘, habe also nicht stattgefunden; skandalös ist die Behauptung, ein Jude habe ihn ‚erfunden‘, also in die Welt gesetzt. Wer ist also an Hitler Schuld? Nicht der Antisemitismus der deutschen Gesellschaft; nicht die Autoritätshörigkeit der deutschen Bürokratie; nicht der Revanchegeist, der in der Wehrmacht herrschte – nein, die Amis und die Juden, die üblichen Verdächtigen (…).[139]

Es ist also ein Skandal und Ausdruck politischen Unvermögens oder aber des Paktierens von Michael Ballweg und vielen weiteren Protagonist*innen im Lager der Maßnahmen-Kritiker, dass Ken Jebsen via KenFM zu einem der Hauptpromoter der Anti-Coronapolitik und der Querdenken-Bewegung avancierte.

NachDenkSeiten

Die NachDenkSeiten (NDS) sind typisch für als Kapitalismuskritik getarnte antisemitische Ressentiments (inklusive dem Antizionismus), was die aggressive Positionierung der NachDenkSeiten und ihres Machers Albrecht Müller für die Kabarettistin Lisa Fitz oder für Jürgen Todenhöfer eindrücklich zeigt.[140]

Müller (Jg. 1938) saß für die SPD im Bundestag und war in den 1970er Jahren bis Anfang der 1980er Jahre im Bundeskanzleramt unter Willy Brandt und Hel­mut Schmidt tätig. Lisa Fitz steht in der Tat sinnbildlich für sehr viele sich „links“ oder als Anti-Nazi verstehenden Leute, die nie verstehen werd­en, wie Antisemitismus funktioniert, z.B. so: „Rothschilds, Rockefeller, Soros und Konsorten. Die auf dem Scheißeberg des Teufels Dollars horten“. Diese Ideologie aus einem Song von Fitz, die das Abstrakte des Kapi­ta­lismus personalisiert und dabei gerade Juden (Rothschild, Soros) namentlich ne­n­nt, und ihre Nähe zu Putins Propagandamedium Russia Today (RT), ist un­schwer zu erkennen.[141]

Kritiker werden von Albrecht Müller im oben verlinkten Text als „Antisemitenjäger“ diffamiert. Dabei stellen viele Linke insofern in der Tat heutzutage ein massives Problem dar, als sie den Wahnsinn der Coronamaßnahmen nicht nur nicht erkennen, sondern unterstützen. Man muss also gegen die katastrophalen und zum Nicht-Nachdenken aufpeitschenden NachDenkSeiten und gegen manche jener Linken, die die NachDenkSeiten oder alle möglichen Anti-Coronamaßnahmen-Kundgebungen kritisieren, gleichermaßen aktiv werden und politisch skeptisch und kritisch bleiben.

Also versuchen, rational die geistige oder besser ungeistige Situation der Zeit zu analysieren. Diese Linken haben es verpasst, sich wissenschaftlich zumal mit der amerikanischen und sonstigen internationalen kritischen Forschung zu SARS-CoV-2 zu beschäftigen – wie fast alle in Deutschland diesbezüglich versagen. Eine sehr informative Kritik der autoritären staatlichen Maßnahmen in der Coronakrise, die medizinisch und sozialwissenschaftlich argumentiert, liefert der Kinderarzt Dr. Martin Hirte aus München.[142] Am 16. Mai 2020 sagte er auf einer „Freiheitsversammlung“ an der Münchener Freiheit:

Das Asylrecht ist seit Wochen ausgesetzt. Das Leben von Flüchtlingen hat keinen Preis. Liebe AfD-Mitglieder: Ihr könnt nach Hause gehen. Ihr habt schon gewonnen. Wir wissen alle: Die Coronavirus-Krankheit ist nicht ungefährlich. Für pflegebedürftige alte Menschen kann sie das Ende bedeuten. Aber es sterben jedes Jahr 60 000 Menschen an Lungenentzündung. Vor allem alte Menschen. Es würde reichen, diese Gruppe zu schützen.

Hirte nimmt aber auch Verschwörungsideologen und explizit Rechte in Schutz und verharmlost deren gefährliche Ideologie:

Liebe Politiker und Journalisten: wenn Rechte und Verschwörungstheoretiker auf die Straße gehen, fragt sie doch mal was sie antreibt. Vielleicht gehören einige ja zum dem Prekariat, das wir jetzt gerade vergrößern, zu den 4 Millionen Langzeitarbeitslosen, Mini-Jobbern und Hartz-IV-Empfängern. Menschen, die verständlicher Maßen verzweifelt sind. Und die wütend sind auf den obszönen Reichtum, mit dem manche meinen, die Wissenschaft, die Medien und die Weltpolitik beeinflussen zu dürfen.

In welcher Beziehung steht Martin Hirte zu anderen Kritikern der Coronamaßnahmen wie Ronald Weikl, der sich auf so viele problematische rechte Online-Plattformen positiv bezieht? Die Seite „AusLiebezumGrundgesetz“ verlinkt Reden von Weikl[143] und ruft wie Hirte zu „Freiheitsversammlungen“[144] (in München) auf.

Man muss ganz sicher kein Freund der pro-iranischen und die Gefahr des Islamismus verharmlosenden Grünenpolitikerin und Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth sein, um ihre Cha­r­akterisierung von Tichys Einblick, der von Weikl auch als lesenswertes Anti-Main­stream-Medium in der Coronakrise angepriesen wird, als „neurechte Plattform“, „deren Geschäftsmodell auf Hetze und Falschbehauptungen beruht“, zu teilen. Diese scharfe Kritik an Tichys Einblick ist eine Meinungsäußerung, die im Juni 2020 auch vom Oberlandesgericht Stuttgart als solche bestätigt wurde, Tichy verlor den Prozess.[145]

Rubikon

Weitere Lautsprecher der Kritik oder auch des Ressentiments gegenüber der Coronapolitik, die fast alle auch mit Ken Jebsen verbunden sind, ihn verlinken oder er sie, sind die Ex-Tagesschau-Sprecherin und nationalistische Agitatorin Eva Herman sowie Seiten oder Zeitschriften wie PI News, Tichys Einblick, NachDenkSeiten, Compact-Magazin, eigentümlich frei, der Journalist Martin Lejeune, Jens Wernicke und seine ebenfalls bei Coronapolitikgegnern sehr beliebte Seite Rubikon, Epoch Times und viele weitere.

Diese Seiten und Personen haben die häufig berechtigte Kritik an der Corona-Politik lediglich als Aufhänger genommen, um damit ihre schon zuvor bekannte verschwörungsmythische, antisemitische, esoterische, linke, rechte oder Querfront Agenda massenhaft zu verbreiten. Viele Mediziner*innen, die als Experten häufig in der Tat Wichtiges zu sagen haben, scheuen sich nicht, mit diesen Medien zu reden, entweder aus Naivität, inhaltlicher Zustimmung oder Hilflosigkeit, weil die großen und kleinen, jedenfalls seriöseren Medien sie ignorieren oder diffamieren.

Ein Rubikon-Autor ist Stefan Kraft, der im Herbst 2020 im Wiener ProMedia Verlag zusammen mit dessen Verleger Hannes Hofbauer das Buch Lockdown 2020. Wie in Virus dazu benutzt wird, die Gesellschaft zu verändern herausbrachte.[146] Es stellt sich die Frage, warum Andreas Sönnichsen, Vorsitzender des Vereins Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (EbM) einer der Autoren in diesem Buch ist, da doch der ProMedia Verlag wegen wiederholtem Antisemitismus in Österreich und Deutschland in die Schlagzeilen kam.

Der preisgekrönte Historiker und langjährige Leiter des Dokumentationsarchivs Österreichischer Widerstand (DÖW), Honorarprofessor an der Universität Wien, Wolfgang Neugebauer, schreibt:

Radikale Israel-Feindschaft ist heute nicht nur bei rechten und linken Extremisten zu finden, sondern auch bei demokratischen Linken, die sich mit den Schwächeren in diesem Konflikt, den Palästinensern, solidarisieren. Ich erwähne z. B. den Generalsekretär der Österreichisch-Arabischen Gesellschaft, Fritz Edlinger, der im Promedia-Verlag das antisemitische Machwerk ‚Blumen aus Galiläa‘ des fälschlicherweise als Juden ausgegebenen Israel Shamir herausgab. In diesem Buch wird unter anderen klassischen antisemitischen Stereotypen mit dem aus dem amerikanischen Neonazismus kommenden Begriff ZOG (Zionist Occupied Government, zionistische Besatzerregierung) operiert.[147]

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) publizierte am 8. März 2018 einen Text des Publizisten Florian Markl, der unterstreicht, dass der ProMedia Verlag offenkundig ein Antisemitismusproblem hat:[148]

Wie es um seine historische Sensibilität bestellt ist, zeigte sich 2005, als Edlinger im Wiener ProMedia-Verlag ein Buch mit dem Namen ‚Blumen aus Galiläa. Schriften gegen die Zerstörung des Heiligen Landes‘ herausgab. Durch dessen Autor, Israel Shamir, höre man, so Edlinger, ‚das ‚andere‘ Israel, das in Europa – und vor allem im deutschsprachigen Mitteleuropa – kaum zu Wort kommt.‘ Tatsächlich hatte Shamir freilich mit dem ‚anderen Israel‘, das unter den als ‚Israel-Kritikern‘ verharmlosten Feinden des jüdischen Staates so beliebt ist, wenig zu tun. Er war schwedischer Staatsbürger, hörte auf den bürgerlichen Namen Jöran Jermas, war orthodoxer Christ und pflegte Kontakte zu Neonazikreisen.

Dass dessen Ansichten vom Judentum im deutschsprachigen Raum kaum zu hören waren, wie Edlinger beklagte, lag daran, dass es sich dabei um gänzlich ungeschminkten, rohen Antisemitismus handelte. Karl Pfeifer stellte damals eine Sammlung von Zitaten aus ‚Shamirs‘ Werk zusammen, die keines weiteren Kommentars bedarf. Für Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes war das Buch ‚eine der antisemitischsten Hetzschriften, die nach 1945 in Österreich erschienen sind‘. In Frankreich wurde der Verkauf des Buches wegen ‚Aufwiegelung zur Diskriminierung und Aufruf zum Hass und zur Gewalt‘ gerichtlich verboten, der Herausgeber wurde zu einer Geld- sowie zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt.

Edlinger, der stets behauptet, Israel-Kritik habe nichts mit Antisemitismus zu tun, bezeichnete im Interview mit der Islamisten-Seite Muslim-Markt den Autor ‚Shamir‘ als ‚kritische(n) und scharfzüngige(n) Mann‘, die Kritik an der antisemitischen Hetzschrift diffamierte er als ‚massive und hysterische Kampagne‘. Erst später distanzierte sich Edlinger halbherzig von einzelnen Passagen des Buches, in die man Antisemitismus ‚hineininterpretieren‘ könne.

Der Chef des ProMedia-Verlags, Hannes Hofbauer, reagierte auf die Kritik an dem Judenhass, den er publiziert hatte, auf die übliche Weise: ‚Der Angriff auf das Buch von Israel Shamir zielt unserer Meinung nach deutlich darauf ab, Kritik an Israel mit der Keule des Antisemitismusvorwurfs unmöglich zu machen.‘

2017 publizierte wiederum Edlinger als Herausgeber bei Hofbauer im ProMedia Verlag das Buch „Palästina – Hundert Jahre leere Versprechen: Geschichte eines Weltkonflikts“, das ebenso problematisch ist und den antizionistischen Antisemitismus befördert:

Als Autor mit dabei ist auch Omar Barghouti, der sich als Anführer der auf einen umfassenden Boykott Israels abzielenden BDS-Bewegung offen zum Ziel der Zerstörung Israels bekennt: ‚Ich bin völlig und kategorisch gegen Binationalismus, da er davon ausgeht, dass es zwei Nationen mit gleichen moralischen Ansprüchen auf das Land gäbe‘, so Barghouti. ‚Israel als einen ‚jüdischen Staat’ auf unserem Land zu akzeptieren, ist unmöglich.‘[149]

Es ist also schon befremdlich, dass einer der bekannten Coronapolitik-Kritiker und führender Vertreter der evidenzbasierten Medizin wie Andreas Sönnichsen grade im ProMedia Verlag sich zur Coronapolitik äußert.[150] Durch den Co-Herausgeber Stefan Kraft ist auch der Bezug zu Rubikon gewährleistet. Das Neue Deutschland berichtete am 23. April über die „Hygienedemos“ um Anselm Lenz, eine Art Vorläufer der „Querdenken“-Demos, wo er dann später in Berlin auch auftrat:

‘Die Leute, die da kommen, sind ein ganz anderes Kaliber: Da ist das extrem rechte Pegida-Spektrum vertreten sowie einzelne bekannte Neonazis. Links-progressive Stimmen sind nur selten vernehmbar‘, sagt Frank Metzger vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum (apabiz) zu ‚nd‘. Vertreten seien der Neonazi und selbst ernannte Volkslehrer Nikolai Nerling, CompactTV und andere extrem rechte Youtuber und Blogger sowie Martin Lejeune, der den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan verehrt.[151]

Gunnar Kaiser

Es gibt  wie gezeigt sehr viele Linke und Grüne, die grade angesichts von Corona völlig durchdrehen und #ZeroCovid fordern. Sie haben damit Angela Merkel, die nicht evidenzbasierte und antidemokratische, politisierte Virologie und die politische und kulturelle Elite insgesamt noch mehr agitiert, als diese ohnehin seit März 2020 auf Panikkurs waren.

Viele dieser Grünen und Linken sind durchaus in jenem Milieu zu finden, die nicht selten Veranstaltungen mit irgendwie problematischen (oder auch fälschlich als problematisch bezeichneten) Personen oder Gruppierungen absagen und absagen lassen. Das hat aber nichts damit zu tun, dass es natürlich grundsätzlich Absagen geben sollte, warum gibt es denn sonst seit Jahrzehnten Antifa-Demos gegen Naziaufmärsche, Nazi-Parteitage oder andere rechtsextreme Veranstaltungen? Warum gibt es sonst jedes Jahr in Berlin Gegendemos gegen den islamistisch-iranisch-antisemitischen Al-Quds-Marsch, der endlich verboten gehört? Warum gibt es sonst Protest gegen BDS-Veranstaltungen?

Die beiden Initiatoren Gunnar Kaiser und Milosz Matuschek haben im September 2020 einen Appell publiziert, der sich gegen die „Cancel Culture“ wendet. Aufhänger war u.a. die Ausladung der österreichischen Kabarettistin Lisa Eckhardt von einem Hamburger Kulturfestival. Doch der eigentliche Anlass ist ein typischer neu-rechter Ansatz: Alle sollen zu jedem Thema immer und überall sprechen dürfen. Es dürfe keine Sprechverbote geben. In dem Appell „Für freie Debattenräume“ heißt es:

Absagen, löschen, zensieren: seit einigen Jahren macht sich ein Ungeist breit, der das freie Denken und Sprechen in den Würgegriff nimmt und die Grundlage des freien Austauschs von Ideen und Argumenten untergräbt. Der Meinungskorridor wird verengt, Informationsinseln versinken, Personen des öffentlichen und kulturellen Lebens werden stummgeschaltet und stigmatisiert. Es ist keine zulässige gesellschaftliche „Kritik“ mehr, wenn zur Durchsetzung der eigenen Weltsicht Mittel angewendet werden, die das Fundament der offenen liberalen Gesellschaft zerstören.

Schon an diesem ersten Absatz des Aufrufs merkt man, wie unwissenschaftlich und normenfrei diese ach-so-liberalen Initiatoren sind. Was soll eine „offene liberale Gesellschaft“ sein? Meinen sie die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft? Inwiefern ist diese frei oder freier als andere Gesellschaftsformationen? Jedenfalls ist es gerade nach 2017 und dem Einzug der Alternative für Deutschland (AfD) in den Deutschen Bundestag realitätsfern zu behaupten, der „Meinungskorridor“ werde „verengt“. Angesichts von Corona könnte man das sagen, doch Corona wird hier nicht erwähnt und der Aufhänger ist eine Kabarettistin, der Antisemitismus vorgeworfen wird (ob nun berechtigt oder nicht, ist eine andere Frage).

Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören bekannte konservative, rechte, neu-rechte und extreme Rechte, liberale und manche linke Publizist*innen und Aktivist*innen, von Dieter Nuhr (ARD) über Matthias Matussek bis hin zu Rüdiger Safranski sind viele bekannte Namen mit dabei. Matuschek publizierte am 22. Januar 2021 einen Text zu aktuellen Formen des Widerstands gegen die Coronapolitik.

So wichtig grundsätzlich der Widerstand gegen diese menschenfeindliche Politik ist, so bezeichnend ist, dass er ein Video des Journalisten Boris Reitschuster vom 18.01.2021 teilt, in dem eine Frau zu sehen ist, die in Bayern (Fürth) eine „Spontandemonstration“ zuerst ganz alleine durchführte und mit einem Megafon sprach. Nach wenigen Minuten kam sie auf die Polizei zu sprechen, die sich doch besser um die vielen „Pädophilen“ kümmern sollte, die frei herumliefen. Das erinnert sehr stark an rechtsextremes Vokabular und an die Verschwörungsideologie der QAnon-Bewegung. Reitschuster selbst hat eine Nähe zu reaktionären und homophoben politischen Kreisen, wie sich anlässlich einer Kundgebung im September 2020 in Berlin zeigte.[152]

Der Autor Gerhard Henschel, der auch schon interessante Bücher zur Kritik des Antisemitismus geschrieben hat („Neidgeschrei. Antisemitismus und Sexualität“, 2008) und womöglich einen besseren Ort für seine Kritik an Kaiser und Matuschek als die antizionistische junge Welt hätte finden können, kritisiert den Appell von Kaiser und Matuschek wie folgt:

Wer aber sind die Stummgeschalteten und unsichtbar Gewordenen? Sind es die omnipräsente Kabarettistin Lisa Eckhart, der Bestsellerautor Thilo Sarrazin und der rechtsradikale Verleger Götz Kubitschek? Nein, sie können es nicht sein, denn sie sind weder stumm noch unsichtbar. Und welche Informationsinsel ist untergegangen, wenn man einmal von Gerhard Freys 2019 verblichener Nationalzeitung absieht?

Fragen könnte man das Götz Aly, Norbert Bolz, Peter Hahne, Monika Maron, Dieter Nuhr, Boris Palmer, Wolfgang Sofsky, Cora Stephan und Günter Wallraff, die zu den Erstunterzeichnern des Appells gehören, doch sie würden einem die Antwort schuldig bleiben, denn es gibt sie schlichtweg nicht, die ominösen Stummgeschalteten und unsichtbar Gewordenen. Darüber scheint sich jedoch keiner der Unterzeichner Gedanken gemacht zu haben.

Ohne die Vielzahl von Einladungen zu TV-Talkshows vor September 2017 wäre es der AfD nicht so leicht gefallen, mit über 12 Prozent der Stimmen in den Bundestag einzuziehen. Einer der Unterzeichner des Appells von Kaiser und Matuschek ist der Journalist Alexander Grau.

Wie extrem rechts weite Teile der Pro-Israel-Szene mittlerweile sind, zeigt sich an ihm, der im Januar 2018 auf einem kleinen Symposium der Gruppe „Scholars for Peace in the Middle East“ (SPME) als Referent auftrat und im April 2018 die „Erklärung 2018“ vehement verteidigte.[153]  Ich war 2007 Gründungsmitglied der deutschen Sektion von SPME, wurde aber von autoritären Charakteren wegen meiner Kritik an Donald Trump nach dessen Wahl zum US-Präsidenten einstimmig ausgeschlossen, was meine Kritik nur bestätigte.

Grau hatte im Oktober 2017 anlässlich der neonazistischen Umtriebe auf der Frankfurter Buchmesse die Stände von rechtsextremen und neurechten Verlagen wie Antaios oder der Jungen Freiheit verteidigt.[154] Damals ging es vor allem um den Auftritt des Rechtsextremen Björn Höcke und von Vertretern der neonazistischen Identitären Bewegung. Damit hat der Cicero-Autor Grau demnach keinerlei Probleme. Graus Position führt heute keineswegs zur Diskreditierung, sondern zur Einladung einer Gruppe wie SPME.

Der Publizist und „Youtuber“ (129.000 Abonnenten, Stand 23.01.2021) – was für ein Wort bzw. Geschäftsmodell für viele Leute heutzutage (auch sog. „Influenzer“) – Gunnar Kaiser hat während der Coronakrise viele Videos gemacht, in denen er mit anderen Kritikern spricht oder seine eigene Position verdeutlicht.  Entgegen seiner eigenen Darstellung, gegen die extreme Rechte zu sein – was er u.a. in einer Kritik an einigen rechten Büchern wie von Alain de Benoist, dem Vordenker der Neuen Rechten in Frankreich zu untermauern versucht –, hat Kaiser kein Problem mit AfD-nahen CDU-Politikern wie dem Crash-Propheten Max Otte zu reden, der von 2018 bis Januar 2021 Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung war.

Dabei ist allein der Name dieser Stiftung eine Zumutung für Erasmus. Gegen Ende der Weimarer Republik, im Jahr 1932, offenbar den NS-Staat gedanklich schon vor Augen, heißt es bei einem Autor des katholischen Bundes Neudeutschland – zu dem ich vor einigen Jahren ausführlich forschte[155] – in dessen Werkblättern:

In der Sache z. B. stärkere Berücksichtigung von Heimatboden und Volks­ge­meinschaft; denn meine Beziehung zum Vaterland geht über den Mutt­er­boden, auf dem ich zu Hause bin und meine Beziehung zum Gesamt-Volk über meine engere und weitere Nachbarschaft. Die Hinkehr des Volkes zum Nationalismus ist zugleich eine Abkehr vom Sozialismus-Bolschewismus, der den Menschen zu einem internationalen (außerhalb der Nation stehenden) aus Boden und Familie entwurzelten Allerweltsbürger macht, dessen Grund­satz lautet:
‚Wo ich gut zu essen bekomme, fühle ich mich zu Hause‘
(Ubi bene, ibi patria).[156]

Dieser Kosmopolitismus, der aus dem Spruch Ubi bene, ibi patria Ciceros abgeleitet werden kann und auch von dem Humanisten Erasmus von Rott­er­dam (1466–1536) positiv übernommen wurde, wurde also bereits zu demo­krat­ischen Weimarer Zeiten heftig abgewehrt. Die Diffamierung ‚ent­wurz­elter Aller­welts­bür­ger‘ kenn­zeichnet diesen katholischen Bund Neu­deut­schland schon vor 1933.

Heute ist die AfD ein Hauptpromoter deutscher Heimatideologie und sang nach ihrem Wahlsieg am 24.09.2017 in Berlin auf ihrer Wahlparty das Deutschlandlied, während wir Antifas draußen gegen die Nazi-Partei demonstrierten,[157] die im Traffic Club an der Ecke Otto-Braun-Straße / Karl-Marx-Alle /Alexanderstraße, vis-à-vis vom Alexanderplatz, feierte.

Otte ist auch Unterzeichner der rassistischen „Erklärung 2018“ von Broder und Vera Lengsfeld (Achgut). Kaiser spielt gerne den ‚weder-rechts-noch-links’ Typen, hat aber doch fast nur rechte bis sehr rechte Gesprächspartner (meist Männer), nachdem er zuvor auch liberale Coronapolitik-Kritiker wie den Richter Thorsten Schleif oder den Historiker René Schlott interviewte. In einem Video schlägt er einer kleinen Elite unter seinen Zehntausenden Abonnenten oder Fans und Zuschauer*innen vor, sich ein Haus in Mittelitalien (oder wo anders) zu kaufen, um eine Art Zufluchtsort zu haben, und dort u.a. auch die Bücher und Texte des Nazis und Antisemiten Martin Heidegger zu lesen bzw. sich von diesen Texten zu solchen Holzwegen inspirieren zu lassen.

Das kommt en passant, so wie Kaiser wie selbstverständlich mit Max Otte redet, als sei das nicht skandalös, einen AfD-nahen Typen zu interviewen. Man sieht die neu-rechte Ausrichtung von Gunnar Kaiser auch in einer Buchempfehlung am 1. Januar 2020, vor der Coronakrise, wo er im Freien Lektüre anpreist. Unter den 12 Büchern, die er seinen Fans für 2020 empfiehlt, ist auch Ernst Jüngers „Auf den Marmorklippen“. Kaiser findet das besonders prickelnd, da er während des Anpreisens dieses neu-rechten Lieblingsschriftstellers, Antisemiten und Käferaufspießers selbst auf eben solchen Marmorklippen stand.

Zur Relevanz von Jünger als antidemokratischem Hetzer von 1920 bis 1933, zu seinen Aktivitäten während der NS-Zeit und seiner nationalistischen Publizistik nach dem Ende des SS-Staates siehe eine kritische Studie von Horst Seferens.[158] Kaiser outet sich als langjähriger Ernst Jünger Fan und preist in seiner Büchervorschau 2020 auch Jüngers „Waldgang“ an. Seferens analysiert Ernst Jüngers Schrift Der Waldgang von 1951:

Zu den Bestimmungen des Waldgängers gehört es, daß er sich von der sich neu etablierenden Macht verfolgt und ausgegrenzt wird. Für Jünger gehört die Feindbestimmung zu den konstitutiven Momenten einer Staatsgründung. (…) Für die von ‚Verhaftungen, Durchkämmungen, Eintragungen in Listen, Pressung zu Zwangsarbeit und fremdem Herresdienst‘ bedrohten Deutschen bleibt, so suggeriert Jünger, der Waldgang die einzig mögliche Existenzform. Darüber hinaus kennzeichnet Jünger das deutsche Volk als eine von ‚Enterbten und Entrechteten‘, die nun die Nachfolge in der Rolle der Deklassierten vom ‚Proletariat‘ übernehmen. Jünger muß eine gewaltige Geschichtsklitterung betreiben, um die Täter in die Rolle von Opfern zu versetzen: Das Verbrechen von Krieg und Völkermord wird ausgeblendet und stattdessen auf die Siegermächte projiziert, denn in der ‚Niederlage wurde die Absicht, ihn [den Deutschen] auf ewig zu entrechten, ihn zu versklaven, ihn durch Aufteilung zu vernichten, an ihm erprobt.[159]

Diese sekundäre antisemitische Reaktionsform, die verbrecherischen Deutschen zu Opfern zu stilisieren – grade auch Jünger, den Wehrmachtssoldaten, der im besiegten Paris feierte –, ist ein Kernideologem von Der Waldgang. Auch Kaiser geht oft in den Wald, mehrere seiner Videos sind am Waldesrand bzw. in der Natur.

Konsequent kulminiert das Youtuber-Dasein von Gunnar Kaiser in einem fast zweistündigen Gespräch mit dem antiisraelischen Journalisten und Selbstdarsteller Jürgen Todenhöfer, der jüngst eine eigene Partei gegründet hat. Die narzisstische Selbstüberschätzung Kaisers zeigt sich auch in einem Film über ihn selbst, wie er im Januar 2021 eine Reise nach Schweden macht, um sich dort den Alltag in einem Nicht-Lockdown-Land anzuschauen, was ja sehr sympathisch ist.

Seine beiden Gesprächspartner, ein Dachdecker und ein Fotograf, sind jetzt nicht sonderlich bemerkenswert, vielmehr die filmische Stilisierung von Kaiser zu einer Art Ikone der Anti-Coronapolitik-Szene, wenn er sich nur mit Badehose bekleidet in ein vom Eis aufgehacktes Wasserloch eines Tümpels begibt und danach mit einem Schäferhund und einer winterlich gekleideten weiblichen Reisebegleitung rumtollt und Schneebälle wirft. Slow-motion, unterlegte Musik und Luftbilder aus Schweden runden den postpubertären Film mit Hang zum Größenwahn ab – er nennt seine Videos „Kaiser TV“, wobei die Art Kaisers zu reden, keinerlei Ironie erkennen lässt.

Achgut

Bei aller not-wendigen Kritik sei gleich vorab festgehalten: Achgut[160] ist ein Medium, das viele wichtige Texte zur Kritik der Coronamassenpanik publiziert und tagtäglich der Ort ist, wo man Informationen erhält, die einem der Mainstream großteils vorenthält bzw. sie versteckt und nicht so präsentiert, wie sie präsentiert werden müssten. Um einigermaßen psychisch stabil diese Mega-Krise zu überstehen, sind Portale wie Achgut oder das kleine und eher linke Portal Corodok[161] wichtig.

Man muss dabei versuchen, die Informationen zu rezipieren, ohne sich vom teils schwer erträglichen Duktus und problematischen Ideologemen gerade bei Achgut abhalten zu lassen. Feindbilder von Achgut sind primär Greta Thunberg und das Thema menschgemachter Klimawandel, die Themen Gender und Feminismus sind ebenfalls negativ konnotiert, eine Nähe zur AfD ist zweifellos vorhanden, auch wenn der Großteil der Autoren eher liberal-konservativ und FDP-affin zu sein scheint.

Gleichwohl gibt es aber auch Beiträge, die Marlene Dietrichs Auftritte bei der US Army cool finden – und Marlene Dietrich ist berühmt für ihre Antwort: „Deutschland? Nie wieder!“ Das ist der Slogan der linksradikalen antideutschen Bewegung: Nie wieder Deutschland, wie man es oft auf Demonstrationen hören konnte und kann – „Nie, nie, nie wieder Deutschland, wir scheißen auf das Vaterland.“[162]

Es gibt sinnvolle und kritische Texte auf Achgut wie diesen:

Leben ist kein Selbstzweck. Wir wollen uns freuen, begegnen, etwas erreichen, Spaß haben, singen, tanzen, uns freuen. Viele von uns gehen große Risiken ein. Beim Auto- und Motorradfahren, auf der Skipiste, beim Bergsteigen, Surfen, Segeln, Trinken, Rauchen, Kiffen und Spritzen. Jeder von uns geht irrational Risiken ein, die sich für ihn vielleicht rational nicht lohnen und sein Leben verkürzen. Aber wir lachen, freuen uns und haben Spaß daran. Vielleicht verleugnen wir sogar die Risiken, um die wir wissen. Aber das ist unser gutes Recht. Es ist unser Leben. Und nicht das Leben von Angela Merkel oder Markus Söder. (…) Unseren Kindern stehlen wir nicht nur die Bildungschancen. Sondern die Freude und die Erfahrung, mit ihren Altersgenossen aufzuwachsen. Und das Erfolgserlebnis. Wie absurd ist es, wenn Abiturfeiern im Autokino abgehalten werden und die Partys, mit denen diese Menschen ihren Erfolg feiern wollen, aus Pandemiegründen gecancelt werden. Man stiehlt diesen Menschen ihren Erfolg. Und der ist nicht wieder einholbar. Das gleiche gilt für Familienfeiern, Geburtstage, Hochzeiten. Unseren Erfolg zu feiern, wird uns versagt. (…) Söder, Ramelow und Konsorten haben uns unserer Rechte beraubt. Aber wir sind es, die das zulassen. Der Untergang der Verhältnismäßigkeit hat auch damit zu tun, dass wir alle das fast klaglos hinnehmen, statt den Irrsinn zu ignorieren. Und Merkel lacht zwar nicht, aber freut sich über den nicht vorhandenen Widerstand.  (…) Corona ist der Eingang des Menschen in die selbstverschuldete Unmündigkeit.[163]

Dass man wichtige und kritische Informationen zur Coronapolitik erhält, gilt nur für sehr wenige einigermaßen seriöse Seiten, in UK wären das lockdownsceptics[164] oder auch TalkRadio,[165] auch das sind jeweils keine Linken, eher Anti-Linke und Pro-Brexit-Portale, aber man bekommt viele wichtige Informationen; in den USA ist es inspirierend, sich die neuesten Entwicklungen vor allem in Florida anzuschauen, wo der Gouverneur Ron DeSantis (der auch ein übler Pro-Trump Mann war und Republikaner ist) schon im September alle Strafen fürs Nicht-Maskentragen oder Abstandslosigkeit abgeschafft hat (und auch Bestrafte amnestierte).

Florida hat schon im September betont, wie wichtig der Schutz der Alten ist, Schnelltests an Alters- und Pflegeheimen sind dabei sehr wichtig. Das hätte auch hierzulande seit Monaten gelernt werden können – und Achgut weist darauf immer wieder hin –, dass Corona eine sehr spezifische Krankheit ist, die gerade nicht für alle Menschen gefährlich ist, sondern fast nur für Menschen über 75 und das auch nur, wenn sie schwer vorerkrankt sind.

Es muss ausschließlich um diesen Schutz gehen, immer in Abstimmung mit den Menschen: Es gab nichts Menschenunwürdigeres als das totale Isolieren von Alten- und Pflegeheimbewohner*innen sowie von Patient*innen in Krankenhäusern und Hospizen. Es ist sogar sehr gut, wenn sich möglichst viele junge Menschen – das sind alle unter 60 – mit Corona anstecken, da es ein harmloses Virus ist, wie die Forschung betont. Denn nur durch Ansteckung (oder Impfung, aber es werden sich niemals alle Menschen impfen lassen, gerade auch im Ärzte- und Pflegebereich gibt es erhebliche Zurückhaltung, was das Impfen betrifft) entwickelt eine Gesellschaft Immunität. Das ist bei jeder Grippe auch so.

Die Europäische Versammlung, ein Zusammenschluss von aktuell 47 Staaten von Portugal bis zur Türkei, Russland, Irland, Deutschland, England etc., erklärt am 27. Januar 2021, dass es unter keinen Umständen eine Unterscheidung geben darf zwischen gegen Corona geimpften und nicht geimpften Menschen.[166]

Warum sind, empirisch belegt, Kinder vom Bauernhof oder aus krassen (Ex-)Industriegebieten (Bitterfeld, Oberhausen) oder Gebieten mit Kohleheizung und weniger Teppichböden weniger anfällig für Allergien?[167] Womöglich auch, weil sie mit vielen Krankheitserregern frühzeitig in Kontakt kamen. Wer aseptisch abgekapselt im öko-kapitalistischen Neubaugebiet aufwächst, hat im Zweifelsfall bei jeder Grippewelle eine gefährliche Situation. Auf die Bedeutung des Sich-gegenseitig-Ansteckens im Herbst unter Studierenden weist Professor Robert Dingwall aus England in Gespräch mit dem Verfasser hin.[168]

Achgut ist also einer der größeren Autorenblogs im deutschsprachigen Raum und hat eine konservativ-liberale, antifeministische[169] bis neu-rechte Ausrichtung. Im Gegensatz zu den meisten anderen hier vorgestellten Anti-Corona-Politik-Seiten, namentlich KenFM und somit Querdenken, ist es nicht antisemitisch und nicht antiamerikanisch. Das ist das atlantische Moment von Achgut, was sich aber wiederum selbst in den Schwanz beißt, weil bis zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 und teilweise sogar noch danach Trump auf Achgut promotet und als irgendwie normaler US-Präsident verharmlost wurde.

Dabei war kein US-Präsident der jüngeren Geschichte so antisemitisch wie Donald Trump: Er sah „ganz feine Leute“ unter den Neonazis, die 2017 in Charlottesville eine linke Frau ermordeten und schrien „Jews will not replace us“; er agitierte gegen Flüchtlingsunterstützergruppen, zu denen auch jüdische Synagogen-Gemeinden in den USA zählten, und hat somit seinen Anteil an der Stimmung gegen Juden, die zum schlimmsten Massaker an Juden in der Geschichte Amerikas in einer Synagoge in Pittsburgh führte.[170]

Trump hat unzählige antisemitische Verschwörungsmythen verbreitet und namentlich gegen George Soros agitiert und Anhänger*innen der antisemitischen Verschwörungswahnwichtelszene um QAnon im Weißen Haus empfangen, wie oben gezeigt (29. August …).

Nach den blutigen Randalen im Kapitol am 6. Januar 2021 hat ein Autor auf Achgut zwar zu Trumps Rauswurf aus dem Weißen Haus aufgerufen, aber einige Tage später wird exakt jene Rede Trumps, um die es geht, auf Achgut von einem anderen Autor nicht nur in Teilen übersetzt, sondern auch noch verteidigt und nur ein minikleiner Auszug gebracht, ohne die verschwörungswahnsinnigen Passagen in dieser über 60 Minuten dauernden Rede Trumps unweit des Kapitol in Washington, D.C., zu erwähnen:

Diese Worte sprach Donald Trump, nachdem seine Profilseiten auf Twitter und Facebook blockiert wurden, während zur gleichen Zeit auf diesen und vielen anderen Portalen behauptet wurde, der amerikanische Präsident habe die Menschen, die das Kapitol gestürmt hatten, mit seiner Rede in der Hauptstadt Washington zu den Taten aufgestachelt.

Die zur Diskussion stehenden Stellen in der Rede (im Original hier) finden Sie hier ebenfalls in deutscher Übersetzung. Entscheiden Sie selbst, ob Sie darin eine Aufwiegelung erkennen können.

Der Schauspieler Gerd Buurmann, der meint „Demokratie heißt auch Donald Trump anzuhören“, übersetzt dann nur einige kurze Passagen, wobei auch die bereits die Aufstachelung zur Gewalt sehr wohl beinhalten können („Aber wir werden versuchen, unseren Republikanern, den Schwachen, etwas zu geben, weil die Starken unsere Hilfe nicht brauchen. Wir werden versuchen, ihnen den Stolz und die Kühnheit zu geben, die sie brauchen, um unser Land zurückzuholen.“)

Der Achgut-Gastautor verlinkt aber die ganze Rede Trumps und weiß somit, was für eine groteske, vor Realitätsverlust und Verschwörungsideologie einer „gestohlenen Wahl“ triefende Rede hier vorliegt – aber Buurmann tut so, als ob gerade in dieser Rede nicht klar ersichtlich sei, dass Trump ein Verschwörungswahnsinniger ist. Der Kölner Blogger übersetzt ja auch nur wenige Sätze dieser langen Rede, in der es z.B. heißt:

What I was told, if I went from 63 million, which we had four years ago to 66 million, there was no chance of losing. Well, we didn’t go to 66. We went to 75 million and they say we lost. We didn’t lose.

Wie ein kleiner Junge redet hier Trump daher, dass ihm dies oder das versprochen worden sei, wenn er dies oder jenes erreiche und dann sei es nicht so gekommen, weil ein anderer doch besser gewesen sei. Bei der Wahl zum 46. US-Präsidenten 2020 bekam Trump 74,222,959 Stimmen und Joe Biden 81,283,074. In den entscheidenden Bundesstaaten war es zwar teils sehr knapp, aber es gibt keinerlei Anzeichen von Wahlfälschung.

Wie ein Achgut-Autor insinuieren kann, dass Trump in seiner Rede am 6.1.21 keinen Wahnsinn und keinen Aufruf zum Marsch aufs Kapitol verbreitete, ist schleierhaft. Es zeigt aber die Affinität zu Trump auf Achgut seit dem US-Wahlkampf 2016 und fügt sich in eine allgemeine neu-rechte Ideologie ein.

Das Onlinetagebuch Achgut („Achse des Guten“) um Henryk M. Broder und Dirk Maxeiner ist also seit vielen Jahren auf einen rechten Kurs abgebogen. Ihr ehemaliger Kollege und Mitbetreiber Michael Miersch stieg deshalb Anfang 2015 aus.[171] Achgut hat auch schon sehr üble rechte Kampagnen wie gegen die Amadeu Antonio Stiftung (AAS) und deren Leiterin Anetta Kahane mitgemacht und befeuert. Einer der damaligen Autoren ist Ansgar Neuhof, ein Anwalt aus Berlin, der auch Corona kritische Texte publiziert, an denen man nicht sofort erkennt, dass er eine krass antilinke Agenda betreibt.

Namentlich die Corona-Updates des Arztes Gunter Frank aus Heidelberg auf Achgut sind informativ, pointiert und sehr wichtig,[172] aber relativieren nicht die sonstige neu-rechte Ausrichtung des Blogs, wo dann auch Leute schreiben, die bei rechten Zeitschriften wie Tichys Einblick auftauchen wie Neuhof.[173]

Achgut hat eine Scharnierfunktion zwischen bürgerlich-konservativ, liberal-konservativ und rechtsextrem bzw. neu-rechts. Broder selbst sprach bei der AfD-Bundestagsfraktion auf einer Veranstaltung. Die Antikommunistin und via der Rot-Gleich-Braun-Ideologie der „Prager Deklaration“ ihres Superhelden Joachim Gauck (der Super-GAUck für die politische Kultur der BRD) den Holocaust diminuierende Publizistin Vera Lengsfeld[174] ist eine bekannte Autorin von Achgut und agiert häufig zusammen mit Broder.

Während zum Beispiel René Zeyer auf Achgut die Verbrechen der Deutschen im Zweiten Weltkrieg gegen die Sowjetunion sehr richtig darstellt und die widerwärtige Häme fast der gesamten deutschen Presselandschaft, der politischen und kulturellen Elite angesichts der großen Militärparade Putins in Moskau auf dem Roten Platz am 75. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland attackiert,[175] ist Achgut viel häufiger Tummelplatz für neu-rechte Texte und Ideologie.

Broder selbst bedient regelmäßig die nach rechts offene Ideologie, wenn er z.B. Häme gegen die Antifa Punkband Feine Sahne Fischfilet verbreitet.[176] Lengsfelds und Broders Unterstützung für die flüchtlingsfeindliche „Erklärung 2018“ sagt alles über dieses neu-rechte Heimat-Milieu, zu dem auch der Philosoph Rüdiger Safranski und natürlich der mittlerweile Ex-SPDler Thilo Sarrazin gehören.[177]

Ein witziges oder sarkastisches Video wurde von der Schweizerin Tamara Wernli am 6. September 2020 auf Achgut hochgeladen: „In zehn einfachen Schritten zum Corona-Polizisten!“[178] Die Ankündigung fasst die aktuelle Situation Anfang September 2020 zusammen:

Eigentlich sind es gute Nachrichten: Die Corona-Mortalitätsrate ist in den meisten europäischen Ländern sehr tief. Die Intensivbetten sind kaum belegt. Die große Mehrheit der Menschen hält sich an die Maßnahmen und geht überraschend gut mit der Pandemie um. Für einige spielt das aber keine Rolle – denn auf die paar Uneinsichtigen, die Zweifler, kommt es offenbar an. Mit ihnen steht oder fällt eine Gesellschaft. Darum sehen sich immer mehr Leute verpflichtet, Individuen, die sich nicht zu hundert Prozent an die Regeln halten oder auch die Maßnahmenpolitik hinterfragen, öffentlich zu beschimpfen, zu diffamieren und zu maßregeln.[179]

Das Video selbst untermalt dann diesen Eindruck. Wernli macht satirisch auf die aggressiven Mitbürger aufmerksam, die überall die Maske verteidigen, andere Bürger in U-Bahnen angreifen oder laut beleidigen, sollten sie, ob mit oder ohne Attest, keine Maske tragen. Allerdings ist es befremdlich und bezeichnend für das Achgut-Umfeld, dass die YouTuberin Tamara Wernli auch problematische Interviews führt, wie am 06. Juni 2020 mit dem „Corona-Kritiker“ Daniele Ganser. Das Gespräch dauerte über zwei Stunden.[180]

Der oben bereits erwähnte Daniele Ganser ist ein bekannter Verschwörungsideologe,[181] der bezweifelt, dass am 11. September 2001 islamistische Selbstmordattentäter das World Trade Center in New York City sowie das Pentagon angegriffen haben, beziehungsweise er fabuliert, es stünden geheime Mächte dahinter oder sie hätten die Angriffe absichtlich geschehen lassen. Er fantasiert von unterschiedlichen Verschwörungsszenarien, die in der Forschung allesamt widerlegt sind.

Dass gerade eine Achgut-Autorin einem solchen für die Corona-Szene sehr wichtigen Verschwörungsideologen, der damit dem Antiamerikanismus und dem Antisemitismus Vorschub gibt, publiziert wird, obwohl gerade Broder als Achgut-Betreiber (neben Dirk Maxeiner) sich stark gegen die Leugnung des 11. September als islamistisches Verbrechen wendet und selbst Amerika- wie Judenhass bekämpft, ist bezeichnend. Der Amerikanist Michael Butter, der zu Verschwörungsideologien forscht, ist ein Kritiker von Daniele Ganser und wurde deshalb schon mit Shitstorms belegt. Butter schreibt 2019:

Tatsächlich aber stellt Ganser Suggestiv­fragen, reisst Zitate und Bildquellen aus dem Zusammen­hang und verschweigt alles, was nicht in sein Argument passt. Seine Ausführungen lassen nur den Schluss zu, dass die US-Regierung oder ein Teil von ihr hinter den Anschlägen steckt. Zwei Beispiele: Ganser weist immer wieder darauf hin, dass an 9/11 zwei Flugzeuge in Gebäude in New York flogen, aber drei Gebäude zusammen­stürzten. Beim dritten Gebäude handelte es sich um WTC 7, ein kleineres Neben­gebäude der Zwillings­türme des World Trade Center, das der offiziellen Untersuchung zufolge einstürzte, weil das Feuer der Twin Towers übergegriffen hatte. Ganser zeigt in seinen Vorträgen gerne ein kurzes Video des Einsturzes und zitiert dann einen Baustatiker, der erklärt, Symmetrie und Geschwindigkeit des Einsturzes würden darauf hindeuten, dass das Gebäude gesprengt worden sei. Ganser zeigt seinem Publikum aber nicht die vollständige Version des Videos, in der klar zu erkennen ist, dass das Gebäude keineswegs symmetrisch und auch nicht im freien Fall einstürzt. Und er zeigt auch nicht eines der Videos, welche den Einsturz von der anderen Seite des Gebäudes zeigen und auf denen man erkennt, wie schwer WTC 7 bereits beschädigt war.[182]

In der schrecklichsten, peinlichsten und am meisten schockierenden aller Präsidentschaftswahlkampfdebatten im US-Fernsehen am Abend des 29. September 2020 aus Cleveland, Ohio, hat sich US-Präsident Donald Trump hinter die Faschisten, Nazis, Schläger und Antisemiten der „Proud Boys“ gestellt. Auf die Frage des komplett überforderten oder unfähigen Moderators Chris Wallace:[183]

„Are you willing, tonight, to condemn white supremacists and militia groups and to say that they need to stand down?“ sagte Trump floskelhaft: „Sure, I’m willing to do that.“ Doch wenig später sagte Trump Folgendes:

Well, Proud Boys, stand back and stand by. I’ll tell you what, somebody’s got to do something about antifa and the left because this is not a right-wing problem, this is a left-wing problem.[184]

Damit stellt sich Trump hinter Faschisten, Nazis und Antisemiten und gegen die Antifa. Biden hingegen sagte, dass Antifa eine Idee sei und keine feststehende Gruppe. Die Anti-Antifa jubelt wie nie zuvor – diese Neonazis wurden von einem US-Präsidenten gefeiert im blutigen Kampf gegen die Linke. Nicht nur die US-Medien, auch die Times of Israel[185] und die NGO Anti Defamation League (ADL)[186] sind schockiert. Ich hatte am 21. November 2018 über jene „Proud Boys“[187] geschrieben:

[Der rechtsextreme britische Aktivist und Pegida-Redner in Dresden Tommy] Robinson ist ein enger Freund von Gavin McInnes, der in USA lebt und mit dem er nun eine Vortragsreise nach Australien plant. Wer ist McInnes? Am 12. Oktober 2018 fand eine Veranstaltung im Metropolitan Republican Club in New York City mit den 2016 von McInnes gegründeten ‘Proud Boys’ statt. Sie sind als rechtsextreme Schläger in ganz USA bekannt. McInnes war einer der Mitbegründer des Vice-Magazins und wird als früher Protagonist der Hipster-Bewegung betrachtet. 2008 verließ er Vice. Im August 2018 sperrte Twitter seinen Account und den anderer ‘Proud Boys’ wegen deren Extremismus. Das Southern Poverty Law Center in USA stuft sie als Hassgruppe ein.

Am 12. Oktober 1960 ermordete der Rechtsextreme Otoya Yamaguchi den Vorsitzenden der sozialistischen Partei Japans, Inejiro Asanuma, auf einer Wahlkampfveranstaltung in Tokio mit einem Samuraischwert. Dieser brutale Mord wurde nun am 12. Oktober 2018 von Gavin McInnes im Metropolitan Republican Club nachgespielt – mit einem Plastikschwert in der Hand nahm er die Rolle des Mörders ein und meinte, diese Szene sei ‘sehr inspirierend’.

Das Blog Achgut war schon am 28.09.2020 ganz aufgeregt und blickte offenbar gebannt auf die bevorstehende Debatte Trump/Biden bzw. die Wahl zum US-Präsidenten Anfang November. Der Achgut Gastautor Georg Etscheit stellte sich am 28. September 2020 unzweideutig hinter den schon lange als Pro-Faschisten, Antisemiten und Pro-Nazi berüchtigten Trump („Warum ich Donald Trump die Daumen drücke“),[188] denken wir wie gesagt nur an Charlottesville und die Neonazis, die dort wüteten und eine Frau ermordeten („very fine people among them“,[189] der Neonazi-Mörder kommt lebenslang ins Gefängnis).[190]

Trump hat mit seiner tagtäglichen Hetze gegen Andere, gegen „den Anderen“ wie der Philosoph Emmanuel Lévinas gesagt hätte, gegen Migranten, Flüchtlinge, Muslime, Latinos, gegen – im neu-rechten und Neo-Nazi Jargon – „Globalisten“ und George Soros, eine aggressive, rassistische wie antisemitische Stimmung geschaffen, die im schrecklisten antisemitischen Massaker in der Geschichte Amerikas kulminierte.

Der Journalist Adam Server hat im Atlantic am 28. Oktober 2018 klar gemacht, dass alle, die Trumps Agitation mitgemacht oder befeuert haben, ihren Teil der Schuld tragen an diesem Massaker an 11 Juden in der Tree of Life Synagoge in Pittsburgh am 27. Oktober 2018:

The Tree of Life shooter criticized Trump for not being racist or anti-Semitic enough. But with respect to the caravan, the shooter merely followed the logic of the president and his allies: He was willing to do whatever was necessary to prevent an ‘invasion’ of Latinos planned by perfidious Jews, a treasonous attempt to seek ‘the destruction of American society and culture.’

The apparent spark for the worst anti-Semitic massacre in American history was a racist hoax inflamed by a U.S. president seeking to help his party win a midterm election. There is no political gesture, no public statement, and no alteration in rhetoric or behavior that will change this fact. The shooter might have found a different reason to act on a different day. But he chose to act on Saturday, and he apparently chose to act in response to a political fiction that the president himself chose to spread and that his followers chose to amplify.

As for those who aided the president in his propaganda campaign, who enabled him to prey on racist fears to fabricate a national emergency, who said to themselves, ‘This is the play’? Every single one of them bears some responsibility for what followed. Their condemnations of anti-Semitism are meaningless. Their thoughts and prayers are worthless. Their condolences are irrelevant. They can never undo what they have done, and what they have done will never be forgotten.[191]

Etscheit mag das Massaker in der Synagoge 2020 vergessen haben und sieht sich selbst womöglich als Gegner Trumps, doch seine Ironie hat außer ihm womöglich kaum jemand erkannt, denn er jubilierte geradezu vor der großen TV-Debatte zur US-Präsidentenwahl:

Hätte es den ganzen Medien-Zinnober und das nicht enden wollende Trommelfeuer auf die leibhaftige Verkörperung des Teufels im Weißen Haus nicht gegeben, wären die bislang vier Jahre seiner Regierung eine ziemlich normale republikanische Präsidentschaft gewesen.[192]

Kein denkender Mensch hätte Trumps Präsidentschaft bis zu diesem Zeitpunkt als „ziemliche normale republikanische Präsidentschaft“ bezeichnet. Das gilt insbesondere für Trumps Sympathien für Neonazis in Charlottesville und für seine geistige Mittäterschaft, beim Schüren von Antisemitismus, der mit dem Massaker in der Tree of Life Synagoge am 27. Oktober kulminierte.

Dass Trump ein Volksverhetzer ist – und nicht ‚nur‘ ein narzisstischer Spinner – gilt ebenso für Trumps Auftritt am 29. September 2020, den man kaum als “normal” bezeichnen kann – auch nicht für republikanische Verhältnisse. Es war eine „Scheißshow“, wie es Dana Bash, Anchorwoman bei CNN, in Anlehnung an das Verhalten und die Sprache Trumps in ungewöhnlich deutliche Worte fasste.[193]

Es war eine Pro-Faschismus-Show und Anti-Antifa-Show von Trump. Wer Trump wählt oder unterstützt, unterstützt damit auch die von ihm gefeierten „Proud Boys“, Faschisten, Nazis und Antisemiten und kämpft gegen die Antifa. Nie wurde das deutlicher als am 29. September 2020. Auf den Corona-Demos im August 2020 in Berlin wurde Trump gefeiert, riesige USA-Fahnen wurden geschwenkt und Trump nicht zuletzt im Sinne der antisemitischen und verschwörungsmythischen QAnon-Bewegung als Held der Bewegung herbeigesehnt. Die regelrechte ‚Anrufung‘ Trumps konnte man auf einer rechtsextremen Kundgebung kurz vor dem Sturm auf die Reichstagstreppen am 29. August 2020 sehen.

Interessant ist mit Blick auf die Corona-Szene, dass der Verschwörungsideologe Daniele Ganser sowohl von den Seiten Rubikon wie auch NachDenkSeiten gelobt wird und via Paul Schreyer auch mit Multipolar in Verbindung steht und via Tamara Wernli eben auch von Achgut indirekt promotet wird, was seine Bedeutung für diese Anti-Coronapolitik-Szene unterstreicht.[194]

Der zitierte Michael Butter, Professor für amerikanische Literatur- und Kulturgeschichte an der Universität Tübingen, macht es sich jedoch am Beispiel Corona sehr einfach, für ihn gibt es offenbar keine große Differenz zwischen jenen, die das Virus leugnen und jenen, die die übertriebene und nicht evidenzbasierte Gefahr, die Corona entgegen den Fakten darstelle, kritisieren.

In der FAZ schreibt Butter am 8. August 2020 über „Aufregung in den Echokammern“ und die Anti-Corona-Demonstrationen wie jene am 1. August 2020 in Berlin. Natürlich ist seine Kritik an den Verschwörungsideologen wichtig und richtig, aber sie trifft halt nur einen bestimmten Teil des Problems. Zu Corona selbst und zu jenen, die aus Unsicherheit nicht zu Verschwörungen, sondern zum autoritären Staat greifen, sagt er nichts.

Das zeigt sich auf Seite eins derselben Ausgabe der FAZ, in der Jasper von Altenbockum ohne jede Fachkenntnis in den Raum wirft, dass es „Quarantäne“ und „Schulschließungen“ so lange geben wird, bis es einen „Impfstoff“ gebe, das sei die „neue Normalität“. Die FAZ möchte also gar nicht wissen, ob ein Impfstoff möglich oder notwendig ist, sie setzt in Carl Schmittscher Manier einfach auf den Ausnahmezustand. Der Antisemit und Nazi-Jurist Carl Schmitt schrieb bekanntlich:

Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet. (…) Der Ausnahmefall offenbart das Wesen der staatlichen Autorität am klarsten (…) die Autorität beweist, dass sie, um Recht zu schaffen, nicht Recht zu haben braucht.[195]

Nie war dieser Satz in der Geschichte der Bundesrepublik wahrer als im Jahr 2020. Es ist also einfach, wenn die FAZ die Rechtsextremen kritisiert, sich aber de facto an einer Schmittschen Ideologie vom Souverän orientiert, ohne dass der Grund des Notstandes erklärt werden müsste. Darauf weisen ja auch viele Jurist*innen in Zeiten der Coronakrise hin.

Auf einer Passauer Kundgebung „Freiheit2020“ sprach am 13. Juni 2020 Dr. Ronald Weikl, stellvertretender Vorsitzender des Vereins „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“ (MWGFD). Vorsitzender ist Sucharit Bhakdi.[196] Der Verein MWGFD verlinkt die Rede von Weikl und hat nationalistisches Pathos, die Buchstaben GFD sind in schwarzrotgold getaucht.[197]

So ist es auch kein Wunder, dass der eloquente Weikl allerhand Skandalöses vom Einzelhandel in Bayern zu erzählen hat (dass Menschen mit Attesten zum Nicht-Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung dennoch bestimme Läden nicht betreten dürfen, andere Elektronikläden hingegen doch), in seiner Rede wie selbstverständlich die zwischen linkem Verschwörungswahnsinn, Rechtsextremismus, Querfront und sonstiger Neuer Rechten oszillierenden Seiten KenFM, Achgut, Politically Incorrect (PI News), NachDenkSeiten, Rubikon und andere hochjubelt. Das seien die kritischen Medien.

Vom Antisemitismus von PI, einer Seite, die sich schon vor Jahren mit Michael Stürzenberger[198] gegen die Brit Mila[199] und somit gegen jüdisches Leben in Deutschland aussprach, der rassistischen Hetze gegen Flüchtlinge und Muslime auf PI News ist da kein kritisches Wort zu hören.

Mit dem Antisemitismus von Politically Incorrect (PI) hat Achgut nichts am Hut, ja ist, wie zitiert, an vorderster Front gegen den Antisemitismus von Ken Jebsen (KenFM), der viele Videos von Querdenken-Demos gemacht hat und mit Querdenken um Michael Ballweg aus Stuttgart eng kooperiert, aktiv. Das relativiert aber unterm Strich nicht die mehr oder weniger neu-rechte Gesamtausrichtung von Achgut. Am 23. Januar 2021 berichtet Achgut:

YouTube sperrt Kanal von Ken Jebsen dauerhaft

YouTube hat den Kanal ‚KenFM‘ von Ken Jebsen endgültig gesperrt, meldet bild.de. Ein YouTube-Sprecher habe am Freitag mitgeteilt: ‚Videos auf dem Kanal KenFM haben gegen unsere Covid-19-Richtlinien verstoßen‘. Zum dritten Mal seien Community-Richtlinien missachtet worden. Nach den Regeln von YouTube werde ein Kanal dauerhaft gelöscht, wenn innerhalb von 90 Tagen dreimal gegen diese Richtlinien verstoßen werde. Der Dienst habe bereits im Mai 2020 dafür gesorgt, dass Jebsen kein Geld mehr durch Werbeeinblendungen verdienen konnte. Im November sei der Zugang zu Jebsens Videos zeitweise gesperrt gewesen.

In der Corona-Krise habe sich Jebsen auf seinem Kanal mit einer halben Million Abonnenten vorzugsweise an Microsoft-Milliardär Bill Gates (64) und seiner Frau Melinda (55) abgearbeitet. Seine Botschaften: Das Paar hätte ‚mehr Macht als Roosevelt, Churchill, Stalin und Hitler seinerzeit zusammen‘. Gates‘ angebliches Ziel: die Zwangsimpfung – und damit ‚Dezimierung‘ – der ganzen Menschheit. Außerdem denke Gates darüber nach, Menschen im Rahmen von Impfungen gezielt zu sterilisieren. Vor über zehn Jahren war Jebsen in seiner ehemaligen RBB-Sendung ‚KenFM‘ mit antisemitischen Äußerungen und der Verharmlosung des Holocaust aufgefallen.“

Das rechte Postergirl Annabel Schunke wird am 29. Januar 2021 von Achgut als arme „Ausgestoßene der Woche“ dargestellt,[200] dabei war sie wie viele andere Erstunterzeichnerin der rassistischen Erklärung 2018[201] gegen Flüchtlinge.

Mit dabei war neben Broder, Lengsfeld, also dem Kern von Achgut, der neu-rechte Autor Karl-Heinz Weißmann, der nationalistische Agitator Uwe Tellkamp, dessen Aktivitäten Hermann L. Gremliza dazu veranlasste, sein Buch „Haupt- und Nebensätze“ bei Suhrkamp zurückzuziehen, da Suhrkamp sich weigerte, Tellkamp als Autor rauszuschmeißen,[202] und nicht zuletzt, neben vielen anderen Namen aus der extrem rechten Szene, auch der Publizist Michael Klonovsky, der den Journalisten Alan Posener antisemitisch beleidigte.[203] Somit zeigt sich abschließend sehr wohl, in welch rechtem Fahrwasser Achgut seit Jahren schippert.

Joe Biden: Corona für Amerikaner so tödlich wie Nazi-Deutschland

Der 46. Präsident der USA, Joe Biden, sprach auf seiner Inauguration am Mittwoch, den 20. Januar 2021 davon, dass an Corona so viele Amerikaner gestorben seien, wie im Zweiten Weltkrieg Soldaten im Krieg gegen die Deutschen.[204] Dieser groteske Vergleich eines Krieges gegen Nazi-Deutschland und eines ganz normalen Virus zeigt den Wahnsinn in der westlichen Welt, wie er seit 2020 viele Hirne angegriffen hat.

Die Deutschen im Nationalsozialismus brachten sechs Millionen Juden um, fingen den schrecklichsten Krieg in der Geschichte der Menschheit an, der über 50 Millionen Menschen den Tod brachte – vor allem in der Sowjetunion –, und Biden entblödet sich nicht und vergleicht den Kampf gegen die Deutschen mit der Bekämpfung eines Virus. Das ist so unwissenschaftlich, so ahistorisch und am Thema vorbei, dass es viele Jahre dauern wird, bis die Menschen wieder lernen – wenn sie es in der Mehrheit überhaupt lernen wollen –, dass ein Virus, ein natürlicher Virus, kategorial verschieden ist von menschlicher Gewalt, zumal jener präzedenzlosen Gewalt, wie sie von den Deutschen des Nationalsozialismus ausging.

Hätte Joe Biden wenigstens die amerikanische Version des Robert Koch-Instituts (RKI), die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) studiert, wüsste er, dass das CDC betont, dass lediglich sechs Prozent der Corona-Toten ausschließlich an Corona starben, alle anderen hatten im Schnitt 2,9 schwere Vorerkrankungen, wo dann Corona nur ein Faktor neben anderen war, der zum Tode führte:

Table 3 shows the types of health conditions and contributing causes mentioned in conjunction with deaths involving coronavirus disease 2019 (COVID-19). For 6% of the deaths, COVID-19 was the only cause mentioned. For deaths with conditions or causes in addition to COVID-19, on average, there were 2.9 additional conditions or causes per death. The number of mentions for each condition or cause is shown for all deaths and by age groups.[205]

Donald Trump hat der Demokratie in den USA massiven Schaden zugefügt, er ist ein sexistischer Gewalttäter, Narzisst, Rassist, Verschwörungsideologe und hat dem Antisemitismus in den USA Vorschub geleistet. Er hat aber als einziger führender westlicher Regierungschef Kritik an der Corona-Panikindustrie geäußert: Nach seiner kurzen Corona-Erkrankung hat er sich alleine auf dem Balkon im Weißen Haus seine Maske vom Gesicht gerissen und zuvor in einer Ansprache gesagt: „Und eine Sache ist sicher: Lasst euch von Corona nicht dominieren!“[206]

Man kann nur Angst bekommen vor einem Präsidenten wie Joe Biden und seiner Vizepräsidentin Kamala Harris, die beide keinen Bezug zur Geschichte und zur medizinischen Realität eines Virus zu haben scheinen. Wie in Deutschland werden die tatsächlichen oder angeblichen Corona-Toten nie in Beziehung gesetzt zur normalen Sterblichkeit in einem Jahr. Nie werden die unfassbaren Schäden weltweit auch nur angesprochen, die die Lockdown-, Massenpanik- und Maskenobsession haben und noch haben werden.

Die vielen Millionen Toten im Globalen Süden, den Nicht-Industrieländern, werden nicht nur hingenommen, sondern durch die Lockdown-Politik großteils erst produziert, wie die internationale Forschung befürchtet. Professor John Ioannidis von der Universität Stanford schätzte schon vor der Coronakrise, dass z.B. die Wirtschaftskrise von 2010 bis 2018 in Griechenland bis zu 3000 extra Tote pro Jahr gefordert hat,[207] die als Resultat der drastischen Austeritätspolitik zu werten sind. So sanken zum Beispiel die Ausgaben für das Gesundheitssystem von 2008 bis 2012 um 25 Prozent.[208]

Es gibt keinen Krieg gegen ein Virus. Wer vom Krieg gegen Corona gleichsam faselt, hat keinen Begriff von Gesellschaft, Geschichte und Natur. Wer den Unterschied zwischen intentionaler Politik wie dem Angriffskrieg des Nationalsozialismus 1939 ff. und einem Virus nicht kennt, ist denkbar ungeeignet, das wichtigste politische Amt der Welt zu übernehmen.

Vorschlag zur Güte: zwei neue halbe Mitglieder für die Leopoldina

Es könnte in diesem BICSA Working Paper andeutungsweise klar geworden sein, dass Antisemitismus ein komplexes Phänomen ist, das in der Mitte der Gesellschaft so fest verankert ist wie links und rechts. Durch den Rückzug des Geologen Thomas Aigner aus der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz (die mit der Leopoldina kooperiert), der die Corona- und Lockdownpolitik der Bundesregierung, die sich von der Leopoldina beraten ließ, kritisiert[209] und somit seinem Kollegen, dem Philosophen Michael Esfeld[210] in dessen Kritik am unwissenschaftlichen und undemokratischen Agieren dieser Eliteeinrichtung auf seine Weise folgte, ist ein Platz in einer Wissenschaftsakademie frei geworden.

Ich denke, die Historikerin Miriam Rürup, die frisch gekürte Leiterin des Moses Mendelssohn Zentrums in Potsdam, und die Leiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin (ZfA), Stefanie Schüler-Springorum, sollten sich diesen frei gewordenen Platz in der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz teilen und als neu geschaffenen Platz in der Leopoldina für sich in Anspruch nehmen und neu aufgenommen werden.

Die Leopoldina braucht dringend good news. Es wäre also eine der beliebten Win-win-Situationen. Beide Forscherinnen sind Vertreterinnen jenes Anti-Cancel-Culture Aufrufs für mehr Toleranz gegenüber BDS. Damit zeigen sie wenig Kritik am antizionistischen Antisemitismus, was durch ihre explizite Unterstützung des postkolonialen, den Holocaust verharmlosenden Autors Achille Mbembe noch verstärkt wird. Das wiederum passt wie gezeigt exakt zur postkolonialen Holocaustverharmlosung des Leopoldina Historikers Wolfgang Eckart.

Es passt insofern sogar ironischerweise zum „Appell für freie Debattenräume“ der eher neu-rechten Agitatoren um Gunnar Kaiser und Milosz Matuschek. Die Unterstützung der #ZeroCovid-Kampagne durch einen Mitarbeiter des ZfA ergänzt wiederum eine Tendenz zum Autoritarismus, was Corona betrifft.

Es gibt also im Zeitalter von Corona sowohl bei nicht wenigen Kritiker*innen der Coronapolitik antisemitische Tendenzen, als auch bei typischen Vertreter*innen der kulturellen Elite sowie der Mainstream-Coronapolitik den Hang zu antisemitischen Ressentiments, sowie paternalistische und autoritäre Verhaltensweisen ungeahnten Ausmaßes und unterschiedlicher Art, schon vor Corona und während der Corona-Krise.

Die Desinfektionsspray-Obsession angesichts eines anwesenden Juden von einem guten Deutschen und Anti-Antisemiten wie Jan Böhmermann schon Jahre vor Corona mag sinnbildlich stehen für antijüdische Ressentiments in Deutschland, nicht zuletzt bei Linken oder sich so Kategorisierende, sowie für den Reinheitswahn, den viele Millionen Coronagläubige seit 2020 an den Tag legen.

Corona ist ein Virus, das für eine bestimmte Gruppe von alten, sehr alten oder/und kranken Menschen gefährlich werden kann. Erwachsene Menschen können aber Risiken selbst einschätzen, dafür braucht kein selbst denkender Mensch „Mutti“.

Paternalismus ist autoritär und hat in einer Demokratie nichts verloren. Natürlich kann jeder Mensch sich mit Corona infizieren und schwer erkranken oder gar sterben – aber wir können auch alle an einer Grippe sterben, an einem Krankenhauskeim (wie es zehntausendfach jedes Jahr passiert!) nach einer blutigen Beinoperation, oder an einer Lungenentzündung, wenn die Polizei Demonstrant*innen bei kaltem Wetter mit Wasserwerfen bekämpft und mann oder frau erst 12 Stunden später wieder im Trockenen ist.

Viele Hundert Millionen Menschen im Globalen Süden haben viel existentiellere Probleme als eine „Epidemie der Alten“ wie Corona – und das nicht mit 84 Jahren, sondern mit 3, 7 oder 24 Jahren etc.: Hunger, Ernährung, sauberes Wasser, eine warme Mahlzeit, eine rechtzeitige Schutzimpfung als Kind (wie vor Masern).

Die Coronapolitik ist ganz sicher nicht das „wohl größte Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, wie einer der führenden Vertreter der Anti-Coronapolitik-Szene verkündet.

Die antidemokratische Reaktionsweise von unzähligen Blockwarten, die irrationale, nicht evidenzbasierte und unwissenschaftliche Politik hat das Land auf viele Jahrzehnte verschuldet und psychisch in den Ausnahmezustand versetzt. Wie viele „Kollateraltote“ das zur Folge haben wird, werden die nächsten Jahre zeigen.

Es gilt ruhig, sachlich, evidenzbasiert, rational und kritisch die Coronapolitik weiter zu verfolgen und die undemokratischen Aspekte zu bekämpfen.

Vielleicht wird im Rückblick das Jahr 2020 dann doch weltpolitisch als das Jahr erinnert, wo die arabische Welt begann, Frieden mit dem jüdischen Staat Israel zu schließen. Die diplomatischen Annäherungen der Vereinigten Arabischen Emirate, von Bahrain und Marokko sind fantastische Zeichen für Israel.[211]

Wenn selbst der BDS-Gründer Omar Barghouti kleinlaut verkündet,[212] die Palästinenser sollten sehr wohl einen israelischen Impfstoff akzeptieren, dann ist das womöglich der Anfang vom Ende von BDS, egal was deutsche Forscher*innen für Erklärungen abgeben.

Daher gilt: Die Zukunft der coolen[213] Coronapolitik-Kritik wird liberal, links und nonkonformistisch sein, oder sie wird nicht sein. In Anlehnung an den Kritischen Theoretiker Max Horkheimer gilt: Wer von den antisemitischen Verschwörungswahnwichteln einerseits, der Panikindustrie, dem Totalitarismus der linken #ZeroCovid- und der rechten „Querdenken-Mega-Lockdown“-Kampagne und der irrationalen, verfassungsfeindlichen Mainstream-Coronapolitik andererseits nicht reden möchte, soll von der Demokratie und den „Lehren aus der Geschichte“ schweigen.

 

Endnoten

[1] „Über die Rolle von Fußnoten in Wissenschaft und Literatur ist  noch nicht viel geschrieben worden. Fest steht jedoch, daß sie ein Reservat sind, in dem sich die Subjektivität ungestraft austoben darf“, Redaktion 170C, Zeitschrift für den Rest, Hamburg, Nr. 11, September/Oktober/November 1995, S. 91. Das war die erste Fußnote meiner Zwischenprüfungsarbeit im Fach Politikwissenschaft an der Universität Tübingen im Herbst 1995 zum Thema „Ent-wicklung als Tod“. Das Thema Globaler Süden war die ganzen 1990er Jahre über ein Schwerpunkt meines Studiums und meiner außeruniversitären Aktivitäten wie z.B. im Bundeskongreß Entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO). Zu dieser Zeit begann auch meine Rezeption der Forschung von Ivan Illich („Fortschrittsmythen“), einem Fortschritts-, Machbarkeits- und Medizin-Kritiker, der jetzt 2020/21 wieder so enorme Aktualität besitzt – „Nemesis der Medizin“. Eine ausführliche Studie über Illichs Kritik der Medizin und der Medikalisierung, der Bedrohung der Menschen durch das medizinische System, wäre dringend not-wendig. Im Februar 2021 erscheint eine neue Biographie zu Ivan Illich: David Cayley (2021): Ivan Illich. An Intellectual Journey, University Park (PA): Pennsylvania State University Press. Cayley hat sich kritisch mit der Coronakrise beschäftigt: David Cayley (2020): Questions About the Current Pandemic From the Point of View of Ivan Illich, http://www.davidcayley.com/blog/2020/4/8/questions-about-the-current-pandemic-from-the-point-of-view-of-ivan-illich-1; David Cayley (2020a): The Prognosis. Looking the consequences in the eye, Oktober 2020, https://reviewcanada.ca/magazine/2020/10/the-prognosis/. Seine gewisse Analogie von 9/11 und Corona bezüglich problematischen Gesetzen etc. würde ich bestreiten (dafür ist der Islamismus ein viel zu großes und gefährliches Thema, das keineswegs an 9/11 begann, sondern viel früher). Cayley hat aber vollauf Recht, dass es sich herausstellen könnte, dass „wir“ vor Corona Angst hatten (fast alle), aber nicht vor den antidemokratischen Reaktionen – und dass wir womöglich vor der falschen Gefahr Angst hatten: „To be sure, an unknown, highly infectious virus does present a serious public health emergency. And yes, we had to do something. But perhaps we responded with an extremely destructive policy; perhaps we responded without waiting to find out what we were dealing with. Our reaction requires a degree of justification that I have not yet seen from those in charge. We’ve had plenty of Churchillian rhetoric, lots of flattery, cheerleading, and sentimentality, but little that I would call debate over policy. Nonetheless, three elementary points ought to be plainly legible. First, in the absence of a vaccine, we have only postponed our reckoning with this virus. Second, our efforts to temporize rather than improvise in the face of threat have done a huge amount of harm. And, finally, the almost instant willingness to accept that ‘everything has changed’ has opened the door to far worse evils in future. Perhaps we have been afraid of the wrong things.“ David Cayley (2020b): Pandemic Revelations, 4. Dezember 2020, http://www.davidcayley.com/blog. Ich bin über die Seite von Silja, die ich vom gemeinsamen Studium bei Ivan Illich Mitte der 1990er Jahre an der Uni Bremen her kenne, auf David Cayley gestoßen, https://samerski.de/?p=390. Sehr hellsichtig auch die Biographie von Thierry Paquot (2012)/2017: Ivan Illich. Denker und Rebell. Aus dem Französischen übertragen von Henriette Cejpek und Barbara Duden, München: C.H. Beck, zu unserer wahnwitzigen Coronazeit passt z.B. S. 91: „Niemand ist mehr sein eigener Herr. Er kann die Beschwerden nicht spüren und im Bett bleiben, er muss ein medizinisches Zertifikat vorlegen!“ Ivan Illich (1975): Die Nemesis der Medizin. Die Kritik der Medikalisierung des Lebens. Aus dem Englischen von Thomas Lindquist und Johannes Schwab, München: C.H. Beck.

[2] „Was Linke nicht kapieren werden: Nie zeigte sich der Kern der Neuen Rechten so brutal wie am 9. Oktober 2019 – Der antisemitische Anschlag auf die Synagoge und die Juden in Halle“, 11. Oktober 2019, https://www.clemensheni.net/was-linke-nicht-kapieren-werden-nie-zeigte-sich-der-kern-der-neuen-rechten-so-brutal-wie-am-9-oktober-2019-der-antisemitische-anschlag-auf-die-synagoge-und-die-juden-in-halle/.

[3] „Die geistigen Brüder des Neonazis in Hanau: AfD, Merkelhasser, Don Alphonsos Agitation gegen ‚Kulturmarxismus‘“, 20. Februar 2020, https://www.clemensheni.net/die-geistigen-brueder-des-neonazis-in-hanau-afd-merkelhasser-don-alphonsos-agitation-gegen-kulturmarxismus/.

[4] „Hope is in the air: the Israeli ‘Common Sense Model’ for Corona in context“, 2. Januar 2021, https://www.clemensheni.net/hope-is-in-the-air-the-israeli-common-sense-model-for-corona-in-context/.

[5] Clemens Heni (2017): Editorische Vorbemerkung, in: Fania Oz-Salzberger/Yedidia Z. Stern (Hrsg.): Der israelische Nationalstaat. Politische, verfassungsrechtliche und kulturelle Herausforderungen. Aus dem Englischen von Clemens Heni und Michael Kreutz (456 S., = The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Studien zum Nahen Osten, Band 6), Berlin: Edition Critic, S. 15–26.

[6] „Will Bibi’s Corona mass panic destroy Israel?“, 8. Juli 2020, https://www.clemensheni.net/will-bibis-corona-mass-panic-destroy-israel/.

[7] AG Weimar, Urteil vom 11.01.2021 – 6 OWi – 523 Js 202518/20, https://openjur.de/u/2316798-facsimile.html. Darin heißt es u.a.: „Soweit eingriffsintensive Maßnahmen, die an sich einer besonderen Regelung bedürften, unter Rückgriff auf Generalklauseln nur im Rahmen ‚unvorhergesehener Entwicklungen‘ zulässig sein sollen, ist diese Voraussetzung vorliegend nicht erfüllt. Bereits im Jahr 2013 lag dem Bundestag eine unter Mitarbeit des Robert Koch-Instituts erstellte Risikoanalyse zu einer Pandemie durch einen ‚Virus Modi-SARS‘ vor, in der ein Szenario mit 7,5 Millionen (!) Toten in Deutschland in einem Zeitraum von drei Jahren beschrieben und antiepidemische Maßnahmen in einer solchen Pandemie diskutiert wurden (Bundestagsdrucksache 17/12051). Der Gesetzgeber hätte daher im Hinblick auf ein solches Ereignis, das zumindest für ‚bedingt wahrscheinlich‘ (Eintrittswahrscheinlichkeit Klasse C) gehalten wurde, die Rege-lungen des Infektionsschutzgesetzes prüfen und ggf. anpassen können. Hinzu kommt – und dieses Argument ist gewichtiger –, dass am 18.04.2020, dem Tag des Erlasses der 3. ThürSARS-CoV-2-EindmaßnVO, weder in Deutschland im Ganzen betrachtet, noch in Thüringen eine epidemische Lage bestand, angesichts derer es ohne die Ergreifung von einschneidenden Maßnahmen durch die Exekutive unter Rückgriff auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel bzw. die (den Anforderungen der Wesentlichkeitslehre ebenfalls nicht genügenden) Spezialermächtigungen des § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG zu ‚nicht mehr vertretbaren Schutzlücken‘ gekommen wäre. Es gab keine ‚epidemische Lage von nationaler Tragweite‘ (§ 5 Abs. 1 IfSG), wenngleich dies der Bundestag mit Wirkung ab 28.03.2020 festgestellt hat. Diese Einschätzung ergibt sich bereits allein aus den veröffentlichten Daten des Robert Koch-Instituts“.

[8] https://healthpolicy.fsi.stanford.edu/people/jay_bhattacharya.

[9] „‘The total number of infections allows us to determine the infection fatality rate. In Gangelt, the IFR after the SARS-CoV-2 outbreak is 0.37 percent,” says lead investigator Prof. Dr. Hendrik Streeck, Director of the Institute for Virology at the University Hospital Bonn“, „Heinsberg Study results published“, 4. Mai 2020, https://www.uni-bonn.de/news/111-2020.

[10] Michael Nedelmann (2020): Far more people may have been infected by coronavirus in one California county, study estimates, 20. April 2020, https://edition.cnn.com/2020/04/17/health/santa-clara-coronavirus-infections-study/index.html.

[11] „Dr Jay Bhattacharya addresses ReOpen Cal Now Conference“, https://www.youtube.com/watch?v=WfM-Nn4ET_U.

[12] Man schaue sich den unfassbaren Schwund von über 6000 freien Intensivbetten im Januar 2021 bei fast exakt gleicher Belegungszahl mit Patient*innen (ca. 20.000) seit dem Sommer 2020 hier an: https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/zeitreihen.

[13] Ein besonders verkommener widerwärtiger, sich kommunistisch dünkender und unwissenschaftlicher Text gegen Prof. Hendrik Streeck und Dr. Andreas Gassen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung erschien in der Februar 2021 Ausgabe von Konkret. Ein Thomas Kunkel, der so blöd war, „2005 im ersten Anlauf durch die Epidemiologie-Klaus gefallen“ zu sein, wie er stolz als Personenangabe schreibt, und eine Nadja Rakowitz schreiben hetzen gegen Streeck und Gassen, die die „Regierungsmaßnahmen“ evidenzbasiert Ende Oktober 2020 kritisiert hatten („Ärzte und Wissenschaftler werben für Strategiewechsel in Pandemiebekämpfung“, 28.10.2020, https://www.kbv.de/html/1150_48918.php): „Es handelte sich im Kern eher um ein von liberalen Interessen geleitetes Papier als um eine fachliche Stellungnahme. Es dürfte allen Beteiligten dabei klar gewesen sein, dass der propagierte Verzicht auf staatliche Schutzmaßnahmen für ein Ableben jenes Teils des Humankapitals, der sein Mindesthaltbarkeitsdatum im Sinne der (Re-) Produktion überschritten hat, sorgen würde. Kurzum: Man nahm die hohen Todeszahlen billigend in Kauf.“ („Die Halbgötter müssen verrückt sein“, Konkret 2/21, S. 28–20, hier S. 20). Nun, die „hohen Todeszahlen“ (ob sie besonders hoch sind, wissen wir erst im epidemiologischen Rückblick in einigen Jahren) gibt es wegen dem Winter und zudem wegen den Lockdown-Fetischist*innen in Konkret und im Bundeskanzlerinnenamt, bei der Leopoldina, der Charité und dem Robert Koch-Institut sowie weiten Teilen ganz normaler Deutscher, vornehmlich der Grünen- und SPD-CDU-CSU-Linkspartei-Wähler*innen. Der wörtliche Wahnsinn von solchen Autoren wie Kunkel und Rakowitz zeigt sich darin, dass sie entgegen dem internationalen Forschungsstand behaupten, der Lockdown wäre weniger tödlich als ein Nicht-Lockdown. Dabei werden durch Merkels Lockdowns mehr Menschen getötet, was ja jeder an den Zahlen sehen kann. Und weil die Zahlen im November so stark anstiegen, wurde der Lockdown im Dezember verlängert. Weil es im Dezember noch mehr Tote gab, wurde er im Januar nochmal verlängert und dann im Februar etc. pp. Der Hygienestaat hat mit Schutz der Fragilen und Kranken so viel zu tun wie Konkret mit linker Analyse und Kritik: nichts. Die Alten werden isoliert und jeder Immunabwehr beraubt, die Jungen psychisch, sozial, kulturell und ökonomisch in den Abgrund getrieben. Dabei wären viele alte und kranke Menschen im Winter auch ohne Lockdown gestorben, aber alle sog. „Kollateraltoten“ hätte es nicht gegeben, keine soziale, psychologische, kulturelle und ökonomische Katastrophe ungeahnten Ausmaßes seit 1945. Es gab und gibt zu keinem Zeitpunkt eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“, da diese gar nicht definiert ist, sie ist hygienestaatlicher Willkür ausgesetzt. Schon planen manche besonders fanatischen Bundesländer den Notstand bis Ende 2022 fortzuschreiben bzw. den ‚rechtlich‘ (da facto verfassungsfeindlichen) Rahmen abzustecken. Der irrationale, unwissenschaftliche Text in Konkret feiert Drosten, ohne zu erwähnen, dass in der maßgeblichen Studie der Weltgesundheitsorganisation über die Sterblichkeit durch Corona (auf die ich noch eingehen werde) nicht ein Text von Drosten zitiert wird, weil er nichts dazu erforscht hat, aber eine Studie von Streeck wird zitiert. Im Gegensatz zu Konkret fordern die Great Barrington Declaration und ganz ähnlich auch deutsche Expert*innen wie Prof. Matthias Schrappe oder Prof. Hendrik Streeck und Dr. Andreas Gassen den gezielten Schutz bestimmter sehr kleiner Bevölkerungsgruppen, aber nur in Absprache mit diesen. Merkel, Spahn und die Politik haben diese Gruppen gerade nicht gezielt geschützt, sondern eingesperrt und isoliert, also noch empfänglicher gemacht für jede Art von Krankheit. Stress, Angst, Isolation, unsagbare Panik fördern jede Art von Krankheit. Corona ist für die Gesamtgesellschaft relativ harmlos und nicht die Pest, auch wenn das weder Merkel noch Konkret je lernen werden, dafür sind beide zu vernarrt in den perfiden Drosten. Die beiden Konkret-Schreiberlinge hetzen die Leserschaft geradezu gegen Streeck auf, der mit großem Bild als ein „Virologe mit politischem Auftrag“ der Landesregierung NRW dargestellt wird. Grotesker geht es gar nicht mehr: Streeck hatte so gut wie Null Einfluss auf die Regierungspolitik, trotz seinem Beraterstatus, während Drosten de facto bis heute die Regierungsgeschäfte von Merkel übernommen hat (zusammen mit einem Tierarzt). Diesen Realitätsverlust teilen die Konkret-Redaktion und die Konkret-Autor*innen allerdings mit vermutlich immer noch weit über 80 Prozent der ganz normalen Deutschen, anfänglich mit über 99,99 Prozent (März/April 2020). Da ich den langjährigen Herausgeber von Konkret, Hermann L. Gremliza (1940–2019) persönlich kannte und er mir auch Teile seiner Krankengeschichte erzählte und die Bedeutung von evidenzbasierter Medizin und vertrauenswürdigen Ärzten unterstrich, bin ich mir sicher, Gremliza hätte solchen staatsfetischistischen, strunzdeutschen, autoritären, Anti-Arbeiterklassen-Schreibtisch-Pseudo-Linken, ja solchen gegen die Milliarden von Menschen im Globalen Süden agierenden, Ausgangssperren und Blockwartdenken geil findenden, poststalinistischen Autor*innen niemals einen Platz in Konkret gegeben oder aber ihnen ganz schwäbisch „oine an d’Gosch na“ gegeben. Oder aber, mit Gremlizas engem Freund Horst Tomayer (1938–2013) gesprochen: „Wenn ich die Ed-von-Schleck-Teleprompter-Antlitze der Leute betrachte, die als Politiker auftreten, obwohl sie das Wort Staatskunst nicht einmal buchstabieren, geschweige denn substantiell begreifen können, trösten mich die Worte des großen Humanisten Horst Tomayer: ‚Die müsste man alle an die Wand stellen.‘ Um dann, er war ein Bühnenprofi par excellence, nach einer Kunstpause für das entsetzt sich gerierende Publikum, zum Schluss zu kommen: ‚Und dann für immer da stehenlassen.‘ Und uns damit lehrte: Es geht doch“, Wiglaf Droste (2018): Tomayers Trost, 20.04.2018, https://www.jungewelt.de/artikel/331126.tomayers-trost.html.

[14] „Medizinprofessor: Das ständige Lockdown-Jojo ist ‚völlig wirkungslos‘“, 13. Januar 2021, https://www.focus.de/gesundheit/coronavirus/aeltere-weiter-ungeschuetzt-scharfe-kritik-an-corona-politik-aneinanderreihung-von-lockdowns-voellig-wirkungslos_id_12856904.html: „Seit Frühjahr 2020 kritisiert Matthias Schrappe, ehemaliger Berater des Bundes in Gesundheitsfragen, mit seinem Experten-Rat den Corona-Kurs. Seitdem fordert er auch, die Älteren besser zu schützen. Weil das noch immer nicht geschehen sei, bescheinigt er der Politik ‚völliges Versagen‘. Medizinprofessor Matthias Schrappe und seine Arbeitsgruppe finden deutliche Worte: Obwohl von Anfang an klar gewesen wäre, dass man es mit einer ‚Epidemie der Alten‘ zu tun habe, sei seitens der Politik auch fast ein Jahr nach den ersten Corona-Fällen in Deutschland bisher nichts geschehen, um die verletzlichste Bevölkerungsgruppe zu schützen – außer einer hilflos anmutenden Aneinanderreihung von Lockdowns, die sich gerade für die Hochgefährdeten als ‚völlig wirkungslos‘ erwiesen habe.“

[15] Einige Teile dieses Working Papers erschienen erstmals als Teile von Kapiteln in dem Buch Clemens Heni (Hg.) (2020): Gefährderansprache. Wie die Regierungs-Politik, eine nicht evidenzbasierte Virologie und Verschwörungswahnwichtel die demokratische Gesellschaft zerfleddern, Berlin: Edition Critic, https://www.editioncritic.de/allgemein/neuerscheinung-im-oktober-2020-clemens-heni-hg-gefaehrderansprache/; diese Teile wurden alle überarbeitet, umstrukturiert und mit viel neuem Material und weiteren Abschnitten ergänzt. Einige Abschnitte dieses Working Papers sind zudem in den letzten Monaten online erschienen, sie waren als Teil dieses Papers geplant.

[16] Irving L. Janis (1972): Victims of Groupthink: a Psychological Study of Foreign-Policy Decisions and Fiascoes. Boston: Houghton Mifflin; Irving L. Janis (1971): „Groupthink“. Psychology Today, November 1971, S. 84–90, https://web.archive.org/web/20100401033524/http://apps.olin.wustl.edu/faculty/macdonald/GroupThink.pdf.

[17] http://www.matthias.schrappe.com/index.htm.

[18] „Denn auch wenn alle müde sind – genau jetzt ist unser aller Verzicht besonders entscheidend. Pandemieexperten wiesen nicht umsonst vor den Beratungen von Bundeskanzlerin Merkel und den Ministern auf den gefährlichen Wendepunkt hin, an dem Europa mit der Verbreitung der neuen Virusvarianten gerade steht. ‚Wir müssen jetzt was machen, wenn wir speziell das Aufkeimen der Mutante in Deutschland noch beeinflussen wollen‘, sagte unter anderem der Virologe Christian Drosten. ‚Später kann man das nicht mehr gut machen, dann ist es zu spät.‘“ https://www.rnd.de/gesundheit/corona-news-der-woche-jetzt-brauchen-wir-frische-energie-OM57T3V4VBACNFVCCMCO3XD4SQ.html. Das hat mit Wissenschaft nichts zu tun, mit Panikmachen sehr wohl, es gibt wissenschaftlich überhaupt keine Anzeichen, dass auf einmal Millionen Menschen tot auf den Straßen liegen, weil angeblich das ohnehin nur für eine äußerst kleine Gruppe von Menschen gefährliche Virus auch noch mutiert sei (was Viren immer tun). Was das RND nicht sagt: Gerade Drosten ist seit Monaten in der Kritik, vor allem weil sein PCR-Test-Artikel von Januar 2020 von 22 internationalen Expert*innen als unwissenschaftlich und massiv fehlerhaft kritisiert wird, https://cormandrostenreview.com/report/. Ein Gericht in Portugal hat geurteilt, dass ein PCR-Test keinerlei Aussage darüber trifft, ob eine Person krank oder infektiös ist, https://www.theportugalnews.com/news/2020-11-27/covid-pcr-test-reliability-doubtful-portugal-judges/56962.

[19] https://www.corona-in-zahlen.de/landkreise/lk%20tirschenreuth/.

[20] Michael Esfeld/Philip Kovce (2021): Corona, Lockdown, Vernunft und Politik: Was genau lehrt uns die Wissenschaft?, 27. Januar 2021, https://www.nzz.ch/feuilleton/corona-lockdown-vernunft-und-politik-was-genau-lehrt-uns-die-wissenschaft-ld.1598398.

[21] https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.11.11.20229708v1.full.pdf.

[22] Das zeigt eine Grafik, die ein Doktorand in Philosophie an der Cornell Universität in den USA aus offiziellen Daten zusammengestellt hat, basierend auf Todeszahlen „an“ (oder „mit“, diese Unterscheidung wird hier gar nicht gemacht und muss noch gemacht werden) Corona von Oktober 2020 bis Mitte Januar 2021, https://twitter.com/phl43/status/1353102674124812288/photo/1.

[23] „A recent study carried out here in Stockholm found that only 17% of those who supposedly died of covid in care homes actually had covid as the primary cause of death“, Sebastian Rushworth (2021): Here’s a graph they don’t want you to see, 25. Januar 2021, https://sebastianrushworth.com/2021/01/25/heres-a-graph-they-dont-want-you-to-see/. Die hierzu verlinkte Studie ist auf Schwedisch, https://www.sll.se/verksamhet/halsa-och-vard/nyheter-halsa-och-vard/2021/01/genomlysning-om-dodsfall-vid-sabo/.

[24] Rory Callaghan (2020): How reliable is the PCR test for viral diagnosis? A review,  https://selfcare.global/how-reliable-is-the-pcr-test-for-viral-diagnosis-a-review/. Man kann dort ein Video mit Mullis sehen, wo er betont, dass ein PCR-Test nicht zeigen kann, ob eine Person krank ist. „The conclusion from the PCR test inventor and a range of experts in their field seems to be the same. ‚Just because the test result is positive doesn’t mean you have the virus. It doesn’t mean there is no virus, but this has been infiltrated by interests for America and the rest of the world.‘“ Siehe auch einen Text von Januar 2021 von Callaghan, der u.a. Zahlen in Relation setzt: „The 2 million refers to the apparent “covid related” deaths at the end of 2020. Let’s take a minute to celebrate every life. Every life is equally valuable.

The 17 million refers to the number of people dying each year from infectious disease. Nearly 50,000 men, women and children are dying every day from infectious diseases; many of these diseases could be prevented or cured for as little as a single dollar per head.

The 150million refers to the extra 2% (on top of the previous 7%) of humanity that was pushed into extreme poverty in 2020

The 790 million refers to the 1 in 10 that are currently living with the burden of mental health challenges, strongly linked with isolation and disconnection.

The 1 billion refers to the 1 in 8 people that will go to bed hungry tonight, and tomorrow night 2020/2021“, Rory Callaghan (2021): 2020 in review: Was it a pandemic? Mass Hysteria? Or a global realignment?, https://selfcare.global/2020-in-review-was-it-a-pandemic-mass-hysteria-or-a-global-realignment/.

[25] „Mehr noch: Auch der Verweis des BayVGH auf seine eigene Entscheidung vom 8.12.2020 zu 20 CE 20.2875 verfängt tatsächlich nicht. Dort hat der BayVGH wörtlich ausgeführt: ‚Das Beschwerdevorbringen, PCR-Tests könnten keine Infektionen nachweisen, greift nicht durch. PCR-Tests sind grundsätzlich nicht ungeeignet, um die Infektionsgefahr von SARS-CoV-2 abzubilden. Solange keine zuverlässigere Testmethode vorhanden und anerkannt ist, stellt der PCR-Test ein geeignetes Instrument zur Einschätzung der Übertragungsgefahr von SARS-CoV-2 dar (BayVGH, B.v. 8.9.2020 – 20 NE 20.2001 – juris Rn. 28; OVG NW – B.v. 30.11.2020 – 13 B 1658/20.NE – juris Rn. 32 f.).‘

Diese Darstellung ist als Argumentation rein verfassungsrechtlich schon im Ansatz schwierig. Denn nicht alles, was ‚grundsätzlich nicht ungeeignet‘ ist, ist auch im Sinne einer Verhältnismäßigkeitsprüfung schon hinlänglich geeignet. Das Tasten nach einer Feder ist nicht grundsätzlich ungeeignet, wenn man nach einer Ente sucht. Man darf sich dann aber auch nicht wundern, wenn man einen Tirolerhut für eine Ente hält. Die weitere Begründung des BayVGH zeigt aber auch, daß der Senat augenscheinlich in der Vorstellung lebt, es gäbe ‚den‘ PCR-Test. Das ist aber rein tatsächlich unzutreffend. In Wahrheit  gibt es eine unabsehbare Vielzahl von PCR-Tests, die – und das ist entscheidend – mit unterschiedlichen Replikationszyklen arbeiten. Ein PCR-Test mit 25 Zyklen (25Ct) liefert wesentlich andere Testergebnisse als ein Test mit 30, 35 oder gar – wie der ‚Drosten-Test‘ – 45 Zyklen (in den Worten der WHO Information Nr. 2020/05: ‚The cycle threshold (Ct) needed to detect virus is inversely proportional to the patient’s viral load.‘). Ein PCR-Testergebnis kann daher allenfalls dann ein „geeignetes Instrument zur Einschätzung der Übertragungsgefahr von SARS-CoV-2“ sein, wenn der Ct-Wert zu statistischen Vergleichs- und Erkenntniszwecken generell und lückenlos offengelegt wird. Eine derartige verbindliche „Eichung“ ist auch aus Rechtsgründen zweifellos einforderbar. Maße, Gewichte und Zeitbestimmungen unterliegen von Verfassungs wegen mit guten Gründen der Rechtsklarheit ebenfalls der bundesgesetzlichen Normierung: Art. 73 Nr. 3 GG“, Carlos A. Gebauer (2021): Urteile lesen statt Richter mobben, 26. Januar 2021, https://www.achgut.com/artikel/urteile_lesen_statt_richter_mobben. Gebauer trat im Fernsehen bei RTL in einer Gerichtsshow als Richter auf, ist FDP-Politiker und Erstunterzeichner des rechten „Appells für freie Debattenräume“, siehe dazu das Kapitel „Gunnar Kaiser“.

[26] https://www.lrb.co.uk/the-paper/v33/n22/jenny-diski/what-might-they-want.

[27] „Welche Folgen die Leugnung von Aids tatsächlich haben könnte, haben die beiden Forscher in einer früheren Studie am Beispiel Südafrika vorgerechnet. Der damalige Präsident Thabo Mbeki schränkte im Jahr 2000 kostenlose Aids-Medikamente ein, schon ein Jahr zuvor hatte er entschieden, keine Medikamente mehr zur Verhinderung von Mutter-Kind-Übertragungen zu verteilen. Die Wissenschaftler schätzen, dass in den Jahren 2000 bis 2005 dadurch mindestens 330.000 Menschen unnötig beziehungsweise unnötig früh an Aids gestorben sein sollen. Auch die HIV-Übertragung auf 35.000 Babys hätte demnach verhindert werden können. (mak, derStandard.at, 28.5.2010)“, https://www.derstandard.at/story/1271377151720/die-zweifel-der-aids-leugner.

[28] BMI (2020): „Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen“, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/2020/corona/szenarienpapier-covid-19.pdf?__blob=publicationFile&v=4.

[29] „Schon im Januar, so heißt es in seinem Haus, habe er in Leitungsrunden gemahnt, die Corona-Gefahr ernst zu nehmen. Mitte Februar soll er die Grundsatzabteilung gebeten haben, sich die Lage in den anderen Ländern und die Gefahren für Deutschland genauer anzusehen. Nachdem am 10. März das Papier von sieben Ökonomen über die wirtschaftlichen Implikationen der Krise auf dem Tisch lag, bat Seehofer seinen Staatssekretär Markus Kerber, selbst Ökonom und früher Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, ein Strategiepapier zu erarbeiten – und zwar eins, das ein Worst-Case-Szenario ausleuchtet. Kerber stellte eine Gruppe von rund zehn Fachleuten zusammen. Michael Hüther und Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft, außerdem Christoph M. Schmidt und Boris Augurzky vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Drei Tage arbeiteten die Wissenschaftler rund um die Uhr, am 22. März war das Papier fertig. Das war der Sonntag, an dem die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin die Ausgangsbeschränkungen beschlossen. Am kommenden Tag hatte der Chef des Kanzleramts das Papier auf dem Tisch“, Eckart Lohse/Markus Wehner/Helene Bubrowski (2020): Wie sagt man es den Leuten? Düstere Szenarien oder Appelle an die Einsicht der Bürger: Wie die Regierung in dieser Krise kommunizieren kann, 02. April 2020, https://zeitung.faz.net/faz/politik/2020-04-02/f8e7cfb89e5590d367435a9fa8a0a702/?GEPC=s5.

[30] BMI 2020, S. 13.

[31] Ebd.

[32] Ebd.

[33] Ebd.

[34] Stand 28.09.2020: „Angaben gemäß § 5 TMG. Partei Widerstand2020“, „Vertreten durch: Ralf Ludwig Kirsten König Christina Morgenthaler Dirk Helwig“, https://widerstand2020.de/impressum.html.

[35] https://widerstand2020.de/.

[36] https://www.instagram.com/p/CHsv38iKXZw/?utm_source=ig_embed&utm_campaign=embed_video_watch_again; https://www.volksverpetzer.de/bericht/quedenker-polizei-ss/.

[37] https://swprs.org/.

[38] Sebastian (2020): Die Zerstörung des Corona-Hypes, 28.06.2020, https://www.youtube.com/watch?v=kqVL7KR-Qyk.

[39] Sebastian (2020a): Die Zerstörung des Corona Hypes | Statement von Sebastian & Markus Haintz, 06. Juli 2020, https://www.youtube.com/watch?v=TChJrgYa0nk.

[40] Raphael Bonelli (2020): So werden Corona-Kritiker mundtot gemacht // Teil 1 (Raphael Bonelli), 08. Juli 2020, https://www.youtube.com/watch?v=KDWH5ckKgKw.

[41] Wolfgang Wodarg (2020): Lösung des Corona-Problems: Panikmacher isolieren, Flensburger Tageblatt, 29.02.2020.

[42] Wolfgang Wodarg (2020a): Corona – Wem können wir noch glauben? – Dr. Wodarg im Gespräch, 14.07.2020, https://www.youtube.com/watch?v=odFmUFeqH6o.

[43] Martin Schwab (2020):  Meinungsfreiheit und wissenschaftlicher Diskurs in der Corona-Krise. Zugleich in Sachen Transparency International Deutschland: Eine Erwiderung auf den Bericht der Untersuchungskommission im Fall Wolfgang Wodarg, 04. Oktober 2020, https://clubderklarenworte.de/wp-content/uploads/2020/10/Prof.-Schwab-zu-Wodarg.pdf?fbclid=IwAR1JyVlL5Zrd0pUYxxcqgV1yy
Wjvd_iVOc85mJQDVVRVYGJK9m3M9n8SIkk
, S. 24.

[44] Marianne Gronemeyer (1993): Das Leben als letzte Gelegenheit. Sicherheitsbedürfnisse und Zeitknappheit, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

[45] Ebd., S. 28.

[46] Zit. nach ebd., S. 29.

[47] Ebd., S. 30.

[48] Ebd., S. 36.

[49] Klaus Hödl (1997): Die Pathologisierung des jüdischen Körpers. Antisemitismus, Geschlecht und Medizin im Fin de Siècle, Wien: Picus Verlag.

[50] Ebd., S. 20.

[51] Ebd., S. 32.

[52] Ebd., S. 52.

[53] Ebd., S. 54.

[54] Ebd., S. 55.

[55] Ebd., S. 68.

[56] Oliver Polak (2018): Gegen Judenhass, Frankfurt am Main: Suhrkamp.

[57] Ebd., S. 75.

[58] Ebd., S. 77.

[59] Ebd., S. 78 f.

[60] Jan-Henrik Wiebe (2020): „Masken stören mehr als Nazis“, 29.08.2020, https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_88483916/corona-demo-in-berlin-sie-fordern-freiheit-und-bejubeln-putin.html. Einen Tweet mit dieser Message zu der FDP-Politikerin hatte Böhmermann retweetet.

[61] Initiiert wurde die Stellungnahme von folgenden Einrichtungen: Arbeitskreis • Berliner Festspiele, Thomas Oberender (Intendant) • Berliner Künstlerprogramm des DAAD, Silvia Fehrmann (Leiterin)• Bündnis Internationaler Produktionshäuser: • FFT Düsseldorf (Forum Freies Theater ), Kathrin Tiedemann (Künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin)• HAU Hebbel am Ufer / Berlin, Annemie Vanackere (Intendantin)• HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste / Dresden, Carena Schlewitt (Intendantin)• Kampnagel / Hamburg, Amelie Deuflhard (Intendantin)• Künstlerhaus Mousonturm / Frankfurt am Main, Matthias Pees (Intendant)• PACT Zollverein / Essen, Stefan Hilterhaus (Intendant)• tanzhaus nrw / Düsseldorf, Bettina Masuch (Intendantin)• Deutsches Theater Berlin, Ulrich Khuon (Intendant)• Einstein Forum Potsdam, Susan Neiman (Direktorin)• Goethe-Institut, Johannes Ebert (Generalsekretär)• Haus der Kulturen der Welt, Bernd Scherer (Intendant)• Jüdisches Museum Hohenems, Hanno Loewy (Direktor)• Kulturstiftung des Bundes, Hortensia Völckers (Künstlerische Direktorin) • Moses Mendelssohn Zentrum für Europäisch-Jüdische Studien, Miriam Rürup (Direktorin)• Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt (MARKK), Barbara Plankensteiner (Direktorin)• Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Hartmut Dorgerloh (Generalintendant)• Wissenschaftskolleg zu Berlin, Barbara Stollberg-Rilinger (Rektorin)• Zentrum für Antisemitismusforschung, TU Berlin, Stefanie Schüler-Springorum (Leiterin); Weitere Unterzeichner*innen des Plädoyers • Deutscher Bühnenverein, Carsten Brosda (Präsident)• DOK Leipzig, Christoph Terhechte (Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer)• Düsseldorfer Schauspielhaus, Wilfried Schulz (Generalintendant u. Festivalintendant Theater der Welt 2021)• Forum Transregionale Studien, Andreas Eckert (Vorstandsvorsitzender) • Münchner Kammerspiele, Barbara Mundel (Intendantin)• Nationaltheater Mannheim, Christian Holtzhauer (Schauspielintendant)• Schauspiel Köln, Stefan Bachmann (Intendant)• Staatsschauspiel Dresden, Joachim Klement (Intendant)• Theater Krefeld-Mönchengladbach, Michael Grosse (Generalintendant) • Thalia Theater, Joachim Lux (Intendant Thalia Theater u. Präsident des Deutschen Zentrums des Internationalen Theaterinstituts (ITI))• Völkerkunde Museen in Leipzig, Dresden und Herrnhut, Léontine Meijer-van Mensch (Leiterin)• Württembergischer Kunstverein, Hans D. Christ und Iris Dressler (Direktoren) Der Arbeitskreis dankt für fachlichen Rat und Diskussionsbeiträge: • Aleida Assmann (Professorin em. für Anglistik und Allgemeine Literaturwissenschaft)• Stephan Detjen (Journalist)• Emily Dische-Becker (Journalistin)• Anselm Franke (Kurator)• Andreas Görgen • Wolf Iro (Kulturmanager und Autor)• Wolfgang Kaleck • Christoph Möllers (Professor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie)• Michael Wildt (Professor für Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert mit Schwerpunkt im Nationalsozialismus). Möllers war 2020 als Kritiker einiger Facetten der Coronapolitik in Erscheinung getreten, wobei nicht unbedingt ersichtlich war, wie offen er gegenüber Veranstaltungen mit BDS-Bezug (also antisemitische Veranstaltungen) zu sein scheint. Es muss natürlich darum gehen, dass umgehend, heute, alle Theater, Kultureinrichtungen, Universitäten etc. wieder öffnen. Diese Liste aber zeigt, wie immer, um was es dabei auch geht: Nicht naiv klatschen, weil jemand behauptet, angeblich gegen (alle Formen von) Antisemitismus zu sein oder gar „weltoffen“…

[62] Zu Wolfgang Benz siehe Clemens Heni (2011): Das Ende seriöser Antisemitismusforschung, in: Ders. (2011a): Schadenfreude. Islamforschung und Antisemitismus in Deutschland nach 9/11 (= The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Studien zum Antisemitismus, Bd. 1), Berlin: Edition Critic, S. 219–246.

[63] Clemens Heni/Michael Kreutz (2020): Peter Schäfer machte das Jüdische Museum zum Inkubator für Israel-Ressentiments. Der Ex-Direktor bot BDS-Unterstützern und Forschern, die Islamophobie und Antisemitismus vergleichen, eine Plattform. Das geht nicht. Ein Gastbeitrag, 2. Januar 2020, https://www.tagesspiegel.de/kultur/die-grenzen-der-toleranz-peter-schaefer-machte-das-juedische-museum-zum-inkubator-fuer-israel-ressentiments/25383316.html; „Blätter für deutschen und internationalen Antisemitismus?“, 5. Februar 2020, https://www.clemensheni.net/blaetter-fuer-deutschen-und-internationalen-antisemitismus/.

[64] Thomas Thiel (2020): Dialog mit einer Maus. Verharmlosungen in der BDS-Debatte, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 23. Dezember 2020, S. 9.

[65] „SWC’s Top Ten Worst Global Anti-Semitic Incidents for 2020“, 29. Dezember 2020 https://www.wiesenthal.com/assets/pdf/top-ten-worst-global.pdf; https://www.wiesenthal.com/about/news/top-ten-2020.html.

[66] „Bundestag verurteilt Boykottaufrufe gegen Israel“, https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw20-de-bds-642892; Drucksache 19/10191, 15.05.2019, „Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“, https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/101/1910191.pdf.

[67] Esther Dischereit (1995): Übungen, jüdisch zu sein, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 168–170.

[68] Vgl. dazu auch den Abschnitt „Beim Friseur nach der russischen Besetzung von Afghanistan“ in Günther Anders (1982): Ketzereien, München: C.H. Beck, S. 205 f.

[69] Julia Amberger (2020): Robert Koch und die Verbrechen von Ärzten in Afrika. Zu Kolonialzeiten war es üblich, dass Forscher skrupellos mit Afrikanern experimentierten, allen voran die Deutschen. Auch Robert Koch zwang kranke Menschen in Konzentrationslager und testete an ihnen neue Gegenmittel. Die Gräueltaten der kolonialen Tropenmedizin wirken bis heute, 26.12.2020, https://www.deutschlandfunk.de/menschenexperimente-robert-koch-und-die-verbrechen-von.740.de.html?dram:article_id=489445.

[70] Theodor W. Adorno (1998)/1962: Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute, in: Ders., Gesammelte Schriften, Band 20/1, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 360–383.

[71] Siehe dazu die Kapitel „The Uniqueness of the Holocaust“ sowie „Universalizing the Holocaust“ in Clemens Heni (2013): Antisemitism – A Specific Phenomenon. Holocaust Trivialization – Islamism – Post-colonial and Cosmopolitan anti-Zionism (= The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Studies in Antisemitism, Vol. 3), Berlin: Edition Critic, S. 231–283 bzw. 301–383.

[72] Clemens Heni (2018a): Der Komplex Antisemitismus. Dumpf und gebildet, christlich, muslimisch, lechts, rinks, postkolonial, romantisch, patriotisch: Deutsch, Berlin: Edition Critic, S. 361–382.

[73] „Gerda Henkel Preis geht an Achille Mbembe“, 11.06.2018, https://www.tagesspiegel.de/kultur/kamerunischer-historiker-gerda-henkel-preis-geht-an-achille-mbembe/22670750.html: „Die mit 100 000 Euro dotierte Auszeichnung wird Mbembe am 8. Oktober in Düsseldorf verliehen. Der Wissenschaftler wurde dieses Jahr auch mit dem Ernst-Bloch-Preis der Stadt Ludwigshafen und 2015 mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet.“

[74] https://www.th-reutlingen.de/de/hochschule/lehrende/prof-dr-nausner.html.

[75] Michael Nausner (2018): Ambivalenzen der Partizipation. Theologische Reflexionen zur Teilhabe unter postkolonialen Bedingungen, in: Andreas Nehring/Simon Wiesgickl (Hg.), Postkoloniale Theologien II. Perspektiven aus dem deutschsprachigen Raum, Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer, S. 38–52, hier S. 43. Edward Said ist auch hier, wie wirklich in fast jedem Beitrag postkolonialer Theoriebildung, der Star schlechthin, vgl. ebd., S. 42, Anm. 19. „Geht es um das Verhältnis des Islam zu Europa, dann liegen die Islamwissenschaften ganz auf der Linie des verstorbenen Literaturwissenschafters Edward Said, des Säulenheiligen der postkolonialen Theorie. Bei Said fielen alle Islamwissenschafter und Historiker in Ungnade, die dem arabischen oder dem islamischen Nationalismus zu widersprechen wagten. Saids Epigonen entscheiden heute über Stellen, Stipendien und Projekte – und damit über unser Bild vom Islamismus“, Michael Kreutz (2020): Die Islamwissenschaft kuscht vor dem Islamismus. Im Namen Allahs halten muslimische Gewalttäter die Welt in Atem, doch auf die Religion und die Kultur des Islam lassen viele Islamwissenschafter nichts kommen. Attentäter sehen sie gerne als Opfer, Neue Zürcher Zeitung, 11. Dezember 2020, S. 19.

[76] Achille Mbembe (2014): Kritik der Schwarzen Vernunft. Aus dem Französischen von Michael Bischoff, Berlin: Suhrkamp.

[77] Max Horkheimer/Theodor W. Adorno (1947)/1969: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Frankfurt am Main: Fischer.

[78] Nausner 2018, S. 45.

[79] Die Neue Zürcher Zeitung hat die antizionistische Ideologie von Mankell pointiert kommentiert: „Immer weiter treibt Mankell die Anklagen, die, frivol im Vergleich und infam in ihren Nazi-Allusionen, zuletzt in Zerstörungsphantasien münden. Die Israeli würden ‚Leben vernichten‘, so Mankell, und für den Staat Israel in seiner jetzigen Form gebe es keine Zukunft: ‚Der Untergang dieses verächtlichen Apartheidsystems ist das einzig denkbare Resultat, da er notwendig ist. Die Frage lautet also nicht, ob, sondern wann es geschieht.‘ Selbst eine Zwei-Staaten-Lösung würde die ‚historische Besatzung‘ nicht rückgängig machen, denn Mankell sieht ‚keinerlei Gründe dafür, dass [die israelische Staatsgründung] eine völkerrechtlich legitime Handlung war‘. Wenn aber die grosse ‚südafrikanische Lösung‘ dereinst Realität sein wird (sprich die freiwillige oder zwangsweise ‚Abwicklung‘ Israels), ‚wird es vom einzelnen Israeli abhängen, ob er oder sie bereit ist, auf seine Privilegien zu verzichten und in einem palästinensischen Staat zu leben‘. Was insofern kein Problem darstellt, als Mankell auf seiner Reise durch die palästinensischen Gebiete keinerlei Antisemitismus festgestellt hat, sondern lediglich ‚normalen Hass auf die Besatzer‘…“, Andreas Breitenstein (2010): Ein blinder Passagier, Neue Zürcher Zeitung, 09.06.2010, https://www.nzz.ch/ein_blinder_passagier-1.5999804.

[80] Nausner 2018, S. 45.

[81] Mbembe 2014, S. 290, Anm. 9. Es ist auch typisch, dass Mbembe gleich zu Beginn seiner Studie en passant, aber offenbar gezielt, in einer Fußnote Israel als Beispiel für „imperiale Praktiken“ mit einem Literaturhinweis kritisiert. Man kann Israel wie auch Neuseeland oder Frankreich oder andere westliche Demokratien kritisieren, aber es tendiert zum Ressentiment, wenn ein Autor nur ein einziges Mal auf den Judenstaat zu sprechen kommt, und das rein diffamatorisch, weder analytisch noch den Staat bejahend, aber gewissen Politiken – wie in anderen Demokratien – kritisierend, hier: die Besatzung des Westjordanlandes. In der Fußnote werden als heutige Beispiele für „imperiale Praktiken“ vor allem die USA und Israel kritisiert, Mbembe 2014, S. 18, Anm. 19.

[82] Schmidt, Fabian (2020): Virologe Streeck entkräftet Verschwörungstheorien. Was denkt einer der führenden deutschen Corona-Experten über abstruse oder auch plausibel klingende Thesen von Verschwörungstheoretikern, „Querdenkern“ oder Impfgegnern?, 17. September 2020, https://www.dw.com/de/virologe-streeck-entkr%C3%A4ftet-verschw%C3%B6rungstheorien/a-54959531.

[83] „Viermal gefährlicher als eine Grippe. Coronavirus: Verschwörungstheorien haben gegen Top-Virologen Hendrik Streeck keine Chance“, 11.10.2020, https://www.fuldaerzeitung.de/fulda/coronavirus-verschwoerungstheorien-virologe-hendrik-streeck-grippe-leiter-heinsberg-studie-bonn-90053780.html.

[84] Clemens Heni (2020a): Jenseits von Ausnahmezustand und Verschwörungswahnsinn: Kritiker*innen der Corona-Massenhysterie aller Länder vereinigt euch, 20. März 2020, https://www.clemensheni.net/jenseits-von-ausnahmezustand-und-verschwoerungswahnsinn-kritikerinnen-der-corona-massenhysterie-aller-laender-vereinigt-euch/.

[85] Gerry Shih (2020): Conspiracy theorists blame U.S. for coronavirus. China is happy to encourage them, 05. März 2020, https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/conspiracy-theorists-blame-the-us-for-coronavirus-china-is-happy-to-encourage-them/2020/03/05/50875458-5dc8-11ea-ac50-18701e14e06d_story.html.

[86] Lijian Zhao, 12. März 2020 auf Twitter: „It might be US army who brought the epidemic to Wuhan“, https://twitter.com/zlj517/status/1238111898828066823?s=20.

[87] Aaron Bandler (2020): Rosanna Arquette Claims in Deleted Tweet That Israel Knew About Coronavirus and Put ‘Lives at Risk for Profit’, 17. März 2020, https://jewishjournal.com/news/united-states/312218/rosanna-arquette-claims-in-deleted-tweet-that-israel-knew-about-coronavirus-and-put-lives-at-risk-for-profit/. Rosanna Arquette ist eine Schauspielerin (u.a. „Pulp Fiction“, 1994), die am 17. März 2020 in einem Tweet die perfide Frage aufwarf, ob Israel schon seit einem Jahr an einem Impfstoff arbeite und dass die Pharma-Firma des Bruders von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, Kushner Oscar, der Hauptinvestor in den neuen Impfstoff sei. Das ist eine typische Verschwörungsideologie, wie wir sie auch in anderer Form vom Coronaskeptikerlager kennen. Doch genau auf solche perfiden Ideologien gehen weder die Deutsche Welle und Streeck noch die Fuldaer Zeitung ein.

[88] Kasra Aarabi (2020): Iran Knows Who to Blame for the Virus: America and Israel. The regime’s ideological army is spinning conspiracy theories even as it helps spread the virus among Iran’s long-suffering people, 19. März 2020, https://foreignpolicy.com/2020/03/19/iran-irgc-coronavirus-propaganda-blames-america-israel/.

[89] Louis Fishman (2020): As Coronavirus Cases Spike in Turkey, So Does anti-Semitism. Erdogan is cracking down on ‘provocative’ and ‘unfounded’ social media posts on the coronavirus. Will he halt pro-government channels spreading conspiracy theories blaming the outbreak on the Jews?, 19. März 2020, https://www.haaretz.com/middle-east-news/turkey/.premium-as-coronavirus-cases-spike-in-turkey-so-does-anti-semitism-1.8682725.

[90] Rossella Tercatin (2020): Will the coronavirus lead to yet another spike in antisemitism in the US? „It happens every time there is a major pandemic: it happened with Africans around Ebola, and it happened recently with the Orthodox community in New York City around the measles scare that we had“, 09. März 2020, https://www.jpost.com/Diaspora/Antisemitism/Will-the-coronavirus-lead-to-yet-another-spike-in-antisemitism-in-the-US-620252.

[91] Alyssa Weiner (2020): Global Trends in Conspiracy Theories Linking Jews with Coronavirus, 01. Mai 2020, https://www.ajc.org/news/global-trends-in-conspiracy-theories-linking-jews-with-coronavirus.

[92] Angesichts einer Anti-Coronamaßnahmen-Demonstration in Hannover Anfang September 2020, auf der es wenige Nazis oder Reichsbürgerfahnen gegeben habe, schreiben drei Journalist*innen: „Auch ein anderer ist sich sicher, es seien ‚Finanzkräfte, die im Hintergrund wirken, die nicht in der ersten Reihe stehen‘, am Werk. Der nächste sieht einen ‚Staatsputsch‘ hinter dem sehr ‚wenige Reiche, sehr Mächtige‘ stecken würden. Das Parlament spiele dabei keine Rolle mehr. Fast alle von uns auf der Demonstration Befragten sehen Drahtzieher im Hintergrund, die bei der Pandemie und den Maßnahmen gegen diese eine Rolle spielen würden. Mal ist es Bill Gates, dann wieder George Soros oder Finanzeliten, die angeblich die Fäden ziehen. Johanna Thiemecke von der Amadeu Antonio Stiftung gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus sieht in solchen Sichtweisen ‚antisemitisch strukturiertes Denkverhalten‘, bei dem Einzelne für die Pandemie und ihre Auswirkungen verantwortlich gemacht würden“, Philipp Hennig/Jörg Hilbert/Lea Struckmeier (2020): Corona-Demos: Was eint die Protestierenden?, 15.09.2020, https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Corona-Demos-Was-eint-die-Protestierenden,coronademo204.html. Bei aller richtigen Kritik am Antisemitismus und an Verschwörungswahnwichteln erkennt man doch erschreckend wenig Reflektionsvermögen der drei Autor*innen, was die Gefährdung der Demokratie durch die Regierungspolitik und eine politisierte Virologie betrifft.

[93] Weiner 2020.

[94] Simone Rafael (2020): Wie Heiko Schrang sich als „friedlicher Kämpfer“ der rechten Esoterik inszeniert, 5. August 2020, https://www.belltower.news/rechtsalternative-medien-wie-heiko-schrang-sich-als-friedlicher-kaempfer-der-rechten-esoterik-inszeniert-102187/.

[95] https://david-claudio-siber.de/#home.

[96] „Nach Rauswurf: Grünen-Politiker Siber wehrt sich“, 10.09.2020, https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/coronavirus/Nach-Corona-Demo-Flensburgs-Gruenen-Politiker-Siber-wehrt-sich,siber100.html.

[97] Dirk Gerhard (1976): Antifaschisten. Proletarischer Widerstand 1933–1945, Berlin: Wagenbach.

[98] „Rede von David Claudio Siber in Konstanz“, 04.10.2020, http://dschneble.tssd.de/blog/?p=8938#
more-8938
.

[99] Eckert wendet sich gegen George W. Bush, der nach 9/11 Verschwörungsmythen ablehnte und bezieht sich affirmativ auf die Verschwörungsideologen Daniele Ganser und Gerhard Wisnewski, „Samuel Eckert über 9/11, Corona, Wahrheit und Standhaftigkeit, Kurzversion von Reinhard Franz“, 20.08.2020, https://www.youtube.com/watch?v=yjZc_wYzRY8.

[100] „Dr. Bodo Schiffmann und Samuel Eckert gehen für 2 -3 Wochen auf Tour – hier der Tourbus“, 17.09.2020, https://www.youtube.com/watch?v=hQA1dYKKLxM.

[101] „BERLIN AFTERMATH – Live mit Jürgen Elsässer und Oliver Janich“, 31.08.2020, https://www.youtube.com/watch?v=9UAF84nwct8&app=desktop.

[102] Hannes Opel (2020): Im Stream mit Rechtsaußen Wie nah sich Querdenker und Rechtsextreme sind, 02. September 2020, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.im-stream-mit-rechtsaussen-wie-nah-sich-querdenker-und-rechtsextreme-sind.0c8053c0-ba9c-4111-b8f8-ddc1ece47f9c.html.

[103] Paul Starzmann (2016): Wie das „Compact“-Magazin antisemitische Klischees bedient, 09.09.2016, https://www.vorwaerts.de/artikel/compact-magazin-antisemitische-klischees-bedient; Kevin Culina/Jonas Fedders (2016): Im Feindbild vereint. Zur Relevanz des Antisemitismus in der Querfront-Zeitschrift Compact, Münster: edition assemblage.

[104] Katja Thorwarth (2017): „Der Hitler-Stalin-Vergleich hat eine enorme Entlastungsfunktion“. Antisemitismusforscher Clemens Heni über „sekundären Antisemitismus“, das Bedürfnis nach Relativierungen und das „perfide“ Herbeizitieren eines „christlich-jüdischen Abendlandes“, Frankfurter Rundschau, 16./17. Dezember 2017, S. 34–35; leicht erweiterte Online-Ausgabe am 18. Dez. 2017: „Sommermärchen bereitete der AfD den Boden“. Die WM 2006 hat den Umgang mit der deutsch-nationalen Identität verändert. Auch ist es en vogue, den Holocaust zu relativieren. Gespräch mit dem Antisemitismusforscher Clemens Heni, http://www.fr.de/kultur/antisemitismus-sommermaerchen-bereitete-der-afd-den-boden-a-1409276.

[105] Simone Rafael (2020a): Covid-Parade im Schatten der Reichsflagge, 29. August 2020, https://www.belltower.news/querdenken-demonstration-in-berlin-covid-parade-im-schatten-der-reichsflagge-103175/.

[106] Die ganze undifferenzierte Pro-Lockdown und Pro-Masken etc. Position der AAS sieht man in Publikationen wie diesen: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/eindaemmung-einer-pandemie-gelingt-vor-allem-durch-solidaritaet/. „Was wir alle tun können, um sowohl eine Ausbreitung des Coronavirus als auch einen Einschnitt unserer Grundrechte durch den Staat zu vermindern, ist, uns vernünftig und solidarisch zu verhalten. Das heißt, wir halten uns an Abstandsregeln sowie Husten- und Nies-Etiquette, waschen uns häufig die Hände, fassen uns nicht ins Gesicht, tragen eine Maske in geschlossenen Räumen und reduzieren physische Kontakte zu anderen Menschen auf ein notwendiges Minimum. Dabei kann ich mich selbst nur bedingt schützen, sondern ich schütze vor allem andere und verlasse mich darauf, dass diese mich schützen.“ Das ist die Regierungsposition und hat nichts mit einer zivilgesellschaftlichen Analyse zu tun. Es zeigt auch, dass sie AAS den internationalen epidemiologischen und Public Health-Forschungsstand nicht zur Kenntnis nimmt. Die Arroganz, nur wer die irrationale Regierungslinie via „#stayathome“ (nichts anderes ist gemeint) vertritt, handele „solidarisch“ – aber schweigt zu den befürchteten 130 Millionen extra Hungertoten im Globalen Süden, ist unerträglich und steht für weite Teile der NGO-Szene in diesem Land, grade im Bereich Antisemitismus und Antifaschismus. Vor dem Hintergrund der vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen und Jay Bhattacharya befürchteten 130 Millionen Hungertoten wegen den Lockdowns von Ländern wie USA oder Deutschland ist folgende Propaganda der Amadeu Antonio Stiftung besonders abstoßend: „COVID-19 ist lebensbedrohlich und hochgradig ansteckend. Jedes Jahr sterben in Deutschland Menschen an der Grippe. Im Winter 2017/2018 kostete eine besonders schlimme Grippewelle laut Angaben des Robert-Koch-Instituts rund 25.000 Menschen das Leben, in den meisten Jahren sind es deutlich weniger. An die Grippe und ihre Auswirkungen haben wir uns gewöhnt, durch Impfungen können wir uns vor ihr schützen. Das Coronavirus SARS-CoV-2 ist jedoch deutlich gefährlicher, als die Grippe. Es ist sehr viel ansteckender (eine Person steckt im Schnitt mehr Menschen an) und birgt ein höheres Risiko für manche Menschen, dass die Krankheit einen schweren bis tödlichen Verlauf nimmt. Zudem gibt es bislang keinen Impfstoff. Wer behauptet, COVID-19 sei nicht gefährlicher als eine Grippe, gefährdet nicht nur sich selbst, sondern eine unüberschaubar große Zahl anderer Menschen. Wer außerdem behauptet, die Mehrheit müsse sich zugunsten eines kleinen Teils der Gesellschaft einschränken, obwohl für die meisten gar keine Gefahr bestünde, ist gleich mehrfach auf dem Holzweg. Zum Einen konnte bisher noch nicht lange genug an dem aktuellen Coronavirus (SARS-CoV-2) geforscht werden, um zu wissen, bei wem schwere Verläufe zu erwarten sind. Zum Anderen – und noch viel wichtiger – ist es inhuman und antizivilisatorisch, Menschen mit einem schwachen Immunsystem zugunsten der Mehrheit – oder schlimmer noch – der Wirtschaft zu opfern. Eine menschenfreundliche Gesellschaft hat den Anspruch, auch jene zu schützen und zu pflegen, die für die Gemeinschaft keinen „Nutzen“ darstellen. Jedes Menschenleben ist gleichsam schützenswert, und jede Bedrohung der schwächsten Mitglieder einer Gesellschaft stellt eine Bedrohung der Gesellschaft an sich dar.“ https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/covid-19-ist-gefaehrlich/. Sie schreiben nicht, dass die Grippe 1970 laut Robert Koch-Institut mit 0,29 Infektionssterblichkeit schlimmer war als die weltweit von Corona aktuell errechnete Infektionssterblichkeit von 0,23 Prozent, so die WHO. Sie gehen nicht mal darauf en passant ein, sondern gerieren sich als die Glücksbringer der Welt und NUR die AAS oder die Bundesregierung wissen, wie gefährlich Corona ist – ohne auf die internationale Forschung zu hören, ja sie zu ignorieren. Corona kann für Menschen über 70 gefährlicher sein als eine Grippe – aber für den riesigen Teil der Bevölkerung unter 70 ist Corona eben weniger gefährlich. Auch dieser Duktus der AAS – wie der von Merkel, Söder, Kretschmann, ZU WISSEN, dass Corona gefährlicher sei als die Grippe (obwohl wir empirisch zeigen können, dass junge Menschen viel seltener durch Corona sterben als durch eine Grippe) – ist bezeichnend für unsere Zeit. Diskutieren kann man mit solchen Menschen nicht mehr, sie zeigen in jeder Zeile, dass sie für eine wissenschaftliche und rationale Diskussion verloren sind.

[107] Katharina Zach (2020): Corona-Demo: Redner zerrissen Regenbogenfahne auf der Bühne. Grüne Andersrum bringen Sachverhaltsdarstellung ein. Teilnehmer sollen Reichsflagge bei sich gehabt haben. Andere Demos ruhig, 05.09.2020, https://kurier.at/chronik/wien/corona-demo-redner-zerrissen-regenbogenfahne-auf-der-buehne/401022617. Ein Transparent auf der Demo hatte den neonazistischen Slogan „Heimatschutz statt Mundschutz“.

[108] „The RNC yanked a speaker who promoted an anti-Semitic conspiracy theory. Trump often highlights Mary Ann Mendoza as an advocate for harsh immigration policies. She has some other strange beliefs“, 25.08.2020, https://www.vox.com/2020/8/25/21401858/rnc-canceled-mary-ann-mendoza-anti-semitic-conspiracy-theory-protocols-elders-zion.

[109] „Warum auf der Corona-Demo die Regenbogenfahne zerrissen wurde. Homosexuelle zählen nicht nur zum Feindbild der extremen Rechten“, 06.09.2020, https://www.derstandard.de/story/20001198
15761/warum-auf-corona-demos-dieregenbogenfahne-zerrissen-wird
.

[110] https://corona-ausschuss.de/.

[111] John P. A. Ioannidis (2020): Infection fatality rate of COVID-19 inferred from seroprevalence data, 14. Oktober 2020, Bulletin of the World Health Organization; Type: Research Article ID: BLT.20.265892, httpKonkrets://www.who.int/bulletin/online_first/BLT.20.265892.pdf.

[112] „Covid-19: World in ‘for a hell of a ride’ in coming months, Dr Mike Ryan says WHO official estimates that 750m people globally have likely had coronavirus to date“, 2. Oktober 2020, https://www.irishtimes.com/news/ireland/irish-news/covid-19-world-in-for-a-hell-of-a-ride-in-coming-months-dr-mike-ryan-says-1.4370626. Professor John Ioannidis spricht in einer anderen Studie davon, dass die „Global infection fatality rate is 0.15‐0.20% (0.03‐0.04% in those <70 years)“, John Ioannidis (2020a): Global perspective of COVID‐19 epidemiology for a full‐cycle pandemic, European Journal of Clinical Investigation, 7. Oktober 2020, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/
10.1111/eci.13423
.

[113] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Jan_2021/2021-01-19-de.pdf?__blob=publicationFile.

[114] Udo Buchholz/Silke Buda/Annicka Reuß et al. (2016): Todesfälle durch Influenzapandemien in Deutschland 1918 bis 2009. Bundesgesundheitsbl. 59, S 523–536 (2016), 17. März 2016, https://doi.org/10.1007/s00103-016-2324-9.

[115] Siehe Endnote 111.

[116] Zu Butler siehe Clemens Heni (2014): Kritische Theorie und Israel. Max Horkheimer und Judith Butler im Kontext von Judentum, Binationalismus und Zionismus (= The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA), Studien zum Nahen Osten, Band 2), Berlin: Edition Critic.

[117] „Likewise, David Beasley, Executive Director of the World Food Programme (WFP), warned of alarming global hunger and food insecurity, with the number of people ‘marching towards starvation’ spiking from 135 million to 270 million as the pandemic unfolded.  He stressed that 2021 will be catastrophic.  ‘Famine is literally on the horizon and we are talking about the next few months,’ he said.  Noting how the WFP stepped in to deliver aid when the global airline industry shut down at the start of the pandemic, he warned anew that 2021 risks becoming the worst humanitarian crisis year since the founding of the United Nations, ‘and we will have to step up’, „Amid Threat of Catastrophic Global Famine, COVID-19 Response Must Prioritize Food Security, Humanitarian Needs, Experts Tell General Assembly“, 4. Dezember 2020, https://www.un.org/press/en/2020/ga12294.doc.htm.

[118] https://www.unicef.org/press-releases/children-cannot-afford-another-year-school-disruption.

[119] G. Dennis Shanks/John F. Brundage (2012): Pathogenic Responses among Young Adults during the 1918 Influenza Pandemic, Emerging Infectious Diseases, Feb., 18(2), S. 201–207, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3310443/.

[120] Gerald Grüneklee/Clemens Heni/Peter Nowak (2020): Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik (mit Gerald Grüneklee und Peter Nowak, Geleitwort von Rebecca Niazi-Shahabi, Berlin: Edition Critic.

[121] Michael Esfeld (2019): Wissenschaft und Freiheit: Das naturwissenschaftliche Weltbild und der Status von Personen, Berlin: Suhrkamp, S. 7.

[122] Ebd., S. 8.

[123] Herbert Marcuse (1964)/1967: Der eindimensionale Mensch. Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, Neuwied und Berlin: Luchterhand Verlag.

[124] Horkheimer/Adorno 1947 (Dialektik der Aufklärung).

[125] Günther Anders (1956): Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution, München: C.H. Beck; Günther Anders (1980): Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Zerstörung des Lebens im Zeitalter der dritten industriellen Revolution, München: C.H. Beck. Zu einer Kritik u.a. der Marxschen Arbeitsontologie, die szientistische Züge hat, siehe Jürgen Langenbach (1982): Selbstzerstörung. Zur Identität von abstrakter Arbeit (Technik) und Faschismus, München: Raben Verlag.

[126] „Wir fordern den 14tägigen Mega-Lockdown. 6 Personen stellvertretend für Wirtschaft & Gesellschaft setzen sich für einen Mega-Lockdown ein, um ihre Freiheit wieder zu erlangen“, sowie das Video „Mega-Lockdown statt Dauerschleife“ von Michael Ballweg, 31.12.2020, https://querdenken-711.de/ (abgerufen am 30.01.2021).

[127] „Michael Ballweg: Es ist ja so, die Bundesregierung spricht nicht mit uns. Wir haben verschiedenste Forderungen gestellt. Wir haben jetzt ein Dreivierteljahr die Forderung gestellt, die Maßnahmen sofort aufzuheben. Wir haben der Bundesregierung ein Angebot gemacht, in der Form, dass wir einen zwei Wochen langen Mega-Lockdown akzeptieren würden, wenn es danach wieder brummt und damit der Bundesregierung auch einen Ausweg geboten“, Alexander Wallasch (2021): Michael Ballweg: Der Querdenker-Chef ist für einen Mega-Lockdown?, 23. Januar 2021, https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/alexander-wallasch-heute/michael-ballweg-der-querdenker-chef-ist-fuer-einen-mega-lockdown/.

[128] Julian Baumann (2021): „Querdenken 711“. „Von China lernen“: Corona-Gegner fordern plötzlich zwei Wochen Mega-Lockdown, 12.01.2021, https://www.echo24.de/welt/von-china-lernen-corona-gegner-fordern-ploetzlich-zwei-wochen-mega-lockdown-zr-90165821.html.

[129] „‘Wenn die alle besser die Masken tragen und nicht so viel ,Querdenker‘-Demos haben …‘“, 02. Dezember 2020, https://www.welt.de/politik/deutschland/article221568228/Corona-Wo-landet-Europa-nach-dieser-Pandemie-fragt-sich-Merkel.html#Comments.

[130] https://www.volksverpetzer.de/bericht/querdenken-ballweg-harten-lockdown/, 19.01.2021.

[131] https://www.worldometers.info/coronavirus/country/sweden/; https://www.worldometers.info/coronavirus/country/germany/.

[132] Michael Esfeld (2020): Wissenschaft und Aufklärung in der Corona-Krise, Dezember 2020, https://www.libinst.ch/publikationen/LI-Briefing-Esfeld-Wissenschaft-und-Aufklarung.pdf.

[133] Wulf Rohwedder (2020): Treffen mit ‚Reichsbürgern‘. ‚Querdenker‘ im ‚Königreich‘. Die ‚Querdenker‘-Bewegung betont, auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen – obwohl ihr Verhalten immer wieder Zweifel daran nährt. Ein Vorfall am Wochenende lässt diese weiter wachsen, 19.11.2020, https://www.tagesschau.de/investigativ/querdenken-reichsbuerger-101.html.

[134] „Verfassungsschutz Baden-Württemberg beobachtet ‚Querdenken‘-Bewegung“, 09. Dezember 2020, https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/verfassungsschutz-baden-wuerttemberg-beobachtet-querdenken-bewegung-100.html: „Die Präsidentin des baden-württembergischen Verfassungsschutzes Beate Bube sieht mit Blick auf die Organisatoren sowie das Netzwerk in Baden-Württemberg Überschneidungen zu bereits bekannten Extremisten. Demnach gebe es sowohl ideologische als auch personelle Gemeinsamkeiten mit dem Milieu der ‚Reichsbürger‘ und ‚Selbstverwalter‘ und dem Rechtsextremismus. Als Beispiel nannte sie ein ‚Arbeitstreffen‘ der ‚Querdenken‘-Gruppe in Thüringen mit dem prominenten Reichsbürger Peter Fitzek, der sein eigenes sogenanntes Königreich Deutschland ausgerufen hat. ‚Gezielt werden extremistische, verschwörungsideologische und antisemitische Inhalte mit einer legitimen Kritik an den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vermischt‘, sagte Bube. Hinzu komme die bewusste, überregionale Zusammenarbeit mit anderen bekannten extremistischen Akteuren, die sich in jüngerer Zeit weiter verfestigt hat. Diese Erkenntnisse des Verfassungsschutzes stehen in deutlichem Widerspruch zu offiziellen Verlautbarungen von ‚Querdenken 711‘, sich von Extremismus jeglicher Art zu distanzieren.“; „Verfassungsschutz: Beobachtung der „Querdenken“-Bewegung richtig“, 21. Januar 2021, https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/querdenken-bewegung-wird-von-verfassungsschutz-beobachtet-100.html.

[135] Thorsten Schulte (2019). FremdBestimmt. 120 Jahre Lügen und Täuschung, Bautzen: VFFW – Verlag für Frieden, Freiheit & Wahrheit.

[136] Kathrin Hartmann (2017): Bill & Melinda Gates-Stiftung. Die Privatisierung der Weltrettung, 19. Februar 2017, https://www.fr.de/wirtschaft/privatisierung-weltrettung-11077887.html.

[137] „‘Querdenken‘-Initiator will Stuttgarter Oberbürgermeister werden“, 19.06.2020, https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.michael-ballweg-kandidiert-querdenken-initiator-will-stuttgarter-oberbuergermeister-werden.dbad6a6e-9800-4460-80ed-d5a56269e9bb.html.

[138] Der Journalist Henryk M. Broder hatte damals diese Mail von Jebsen dokumentiert, „ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat”, 06.11.2011, https://www.achgut.com/artikel/ich_weis_wer_den_holocaust_als_pr_erfunden_hat/.

[139] Alan Posener (2017): Norbert Häring und Ken Jebsen, 26. November 2017, https://starke-meinungen.de/blog/2017/11/26/norbert-haering-und-ken-jebsen/.

[140] Albrecht Müller (2020): Lisa Fitz, Georg Schramm, Jürgen Todenhöfer, Andreas Zumach, u.a.m. waren auch schon Opfer der obskuren Antisemitenjäger aus München, 11. März 2020, https://www.nachdenkseiten.de/?p=59209. Dabei wendet sich Müller gegen die Kritik eines Bündnisses gegen Antisemitismus in München, das eine Veranstaltung mit Jürgen Todenhöfer abgesagt wissen wollte, das Bündnis schrieb: „Zu erinnern ist auch, dass er [Todenhöfer] Gaza als ‚Konzentrationslager‘ bezeichnete (und Israel damit implizit mit dem Nationalsozialismus auf eine Stufe stellte) und behauptete, die Palästinenser*innen zahlten ‚den höchsten Preis für Deutschlands schwere Schuld gegenüber den Juden‘. Völlig zu Recht kommentiert Martin Krauß, Politikredakteur der Jüdischen Allgemeinen, diesen Satz damit, dass Todenhöfer dadurch ‚gleich zwei antisemitische Evergreens in einem Satz untergebracht [hat]: den, wonach die Juden an ihrem Leid kassierten, und den von den Opfern, die zu Tätern geworden seien.‘ Und in dem gemeinsam mit den Söhnen Mannheims verbreiteten Song ‚Nie mehr Krieg‘ heißt es, Muslim*innen ‚tragen den neuen Judenstern‘. (…) Doch ist Antisemitismus nicht das einzige Problem im Zusammenhang mit Todenhöfers Agitation. Darüber hinaus empfahl er die Lektüre der NS-Rassentheoretikerin Sigrid Hunke, die auch in der Neuen Rechten breit rezipiert wird, und relativiert regelmäßig reaktionäre Machthaber und Organisationen wie Erdogan, Assad und den IS. Zu seiner Zeit als Rechtsaußen in der CDU in den 1980er Jahren sprach er zudem von ‚TV-Negern‘ und ‚Scheinasylanten‘, die er von deutschen Vertriebenen unterschied. Eine Distanzierung von diesen Aussagen seitens Todenhöfers ist uns nicht bekannt. Kurzum: Bei Jürgen Todenhöfer handelt es sich um einen rechten Agitator, der reaktionäre, antisemitische und rassistische Inhalte in einem Duktus verbreitet, dass sie auch in breiteren gesellschaftlichen Schichten Anklang finden. Er darf dabei als Musterbeispiel eines Querfrontaktivisten gelten. Wir fordern Sie folglich dazu auf, die Veranstaltung mit ihm abzusagen“, https://lbga-muenchen.org/2019/04/05/offener-brief-an-die-geschaeftsfuehrer-des-muffatwerks-bzgl-der-veranstaltung-mit-juergen-todenhoefer-am-14-april/.

[141] Zur Kritik an Lisa Fitz, RT Deutsch, der ARD-Sendung Die Anstalt oder dem (Querfront) Portal Sputnik siehe Katja Thorwarth (2019): Lisa Fitz und das Propaganda-Problem, 08.01.2019, https://www.fr.de/meinung/lisa-fitz-propaganda-problem-11066233.html; Katja Thorwarth (2019a): Lisa Fitz und die „Drachenreiter“ der Rothschilds, 03.09.2019, https://www.fr.de/meinung/lisa-fitz-drachenreiter-rothschilds-10979411.html.

[142] https://www.martin-hirte.de/coronavirus/.

[143] http://ausliebezumgrundgesetz.de/2020/06/08/rede-von-dr-ronald-weikl-mwgfd/.

[144] http://ausliebezumgrundgesetz.de/2020/05/28/freiheitsversammlung-muenchen/.

[145] „Roland Tichy scheitert mit erneuter Klage gegen Claudia Roth“, 10.06.2020, https://www.tagesspiegel.de/politik/gericht-gibt-bundestagsvizepraesidentin-recht-roland-tichy-scheitert-mit-erneuter-klage-gegen-claudia-roth/25905744.html.

[146] Hannes Hofbauer/Stefan Kraft (Hg.) (2020): Lockdown 2020. Wie in Virus dazu benutzt wird, die Gesellschaft zu verändern, Wien: ProMedia Verlag.

[147] Wolfgang Neugebauer (2007): Stellungnahme zum Neuen Antisemitismus. Dr. Doris Sottopietra-Gedächtnis-Symposion des Ludwig Boltzmann-Instituts für Historische Sozialwissenschaft und des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien am 6. März 2007, https://www.lbihs.at/NeugebauerSottopietra.pdf.

[148] Florian Markl (2018): Gedenken einmal anders: Israel-Bashing im SPÖ-Institut am 13. März, 08. März 2018, https://www.ikg-wien.at/jmfmena-gedenken-einmal-anders-israel-bashing-im-spoe-institut-am-13-maerz/.

[149] Ebd.

[150] Weitere Autor*innen in dem Sammelband „Lockdown 2020“ sind u.a. Ulrike Baureithel, Rolf Gössner, Bernhard Heinzlmaier, Joachim Hirsch, Andrej Hunko, Alfred J. Noll, Peter Nowak, Walter van Rossum, Gerhard Ruiss, Nicole Selmer, Valentin Widmann.

[151] Martin Kröger (2020): Antifaschisten kritisieren Querfront-Aufzug. Sogenannte Hygiene-Demonstration wird immer stärker von extrem rechten Teilnehmern vereinnahmt, 23.04.2020, https://www.neues-deutschland.de/artikel/1135841.hygiene-demonstration-antifaschisten-kritisieren-querfront-aufzug.html.

[152] „Die dritte Tour des ‚Busses der Meinungsfreiheit‘ des homo- und transfeindlichen Bündnisses ‚Demo für alle‘ (DfA), diesmal mit dem vorgeblichen Thema ‚Stoppt Kentlers Sex-Pädagogik‘, zieht in diesen Tagen kaum noch Interessierte und Mitstreiter*innen an. Bei der zweiten Kundgebung im Rahmen der Tour an diesem Dienstag in Berlin lauschte nur eine Handvoll den Ausführungen des Teams rund um Organisatorin Hedwig von Beverfoerde, darunter die regionalen AfD-Abgeordneten Tommy Tabor und Thorsten Weiß. Der reichweitenstarke Propagandist Boris Reitschuster streamte dafür live vom Protest (ebenso wie die ‚Epoch Times‘), die Aufrufzahlen bei Youtube waren bereits binnen weniger Stunden fünfstellig. Beverfoerde beklagte sich ihm gegenüber über Gegendemonstrant*innen, die ‚mit falschen Vorstellungen über uns indoktriniert‘ würden – es sei ‚einfach irre, dass man gegen Kindesmissbrauch vorgeht und dafür dann als Nazis beschimpft wird.‘ In dem gleichen kurzen Interview beklagte sie sich über ‚Gender-Ideologie‘, ‚linke Doktrin‘, ‚Frühsexualisierung an Schulen‘, dass ‚kleinen Kindern‘ Homosexualität ‚ohne Anlass aufoktroyiert‘ werde, dass ‚Kinder zur Homosexualität angeleitet werden‘ oder dass der ‚Unsinn‘, dass es mehr als zwei Geschlechter gebe, für eine ‚Kulturrevolution genutzt‘ werde. (…) In Erfurt hatte Beverfoerde am Wochenende zugleich mit einem Infostand und der Moderation eines Panels (‚Die Familie stärken‘) an der jährlichen ‚Schwarmintelligenz‘-Veranstaltung teilgenommen, die von Klaus Kelle (Ehemann der Anti-LGBTI-Aktivistin Birgit Kelle) organisiert wird und rechte Teile der Union (speziell ‚Werte-Union‘) mit AfD-Politikern und rechten Netzwerken und Medien zusammenführen soll. Medienpartner sind etwa die ‚Junge Freiheit‘ und die katholische ‚Tagespost‘, zu den Sponsoren zählen die ‚Demo für alle‘ selbst, CitizenGo und der CDU- und DfA-nahe Elternverein NRW. Zu den Rednern gehörte Hans-Georg Maaßen, Klaus Kelle ließ sich später beim Hassbus in Erfurt blicken. 2018 hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an seiner ‚Schwarm‘-Veranstaltung teilgenommen. (…) Berlin und Erfurt sollen laut der ‚Demo für alle‘ die einzigen Kundgebungen der Bus-Tour sein, geplant seien aber weitere Halte bis Samstag. Bilder in den sozialen Netzwerken der Organisation zeigten bereits Halte in Dresden (im Gespräch mit Passant*innen) und Chemnitz am Karl-Marx-Monument (‚Unser Stopp symbolisierte unseren Protest gegen die heute weit verbreitete Familienfeindlichkeit, die vor allem auf marxistische und sozialistische Theorien zurückgeht‘). Außerdem traf sich Hedwig von Beverfoerde zu einem Gespräch mit Politikwissenschaftler Werner Patzelt, das später veröffentlicht werden soll. ‚Unter anderem erklärte er, dass die ‚Sexualpädagogik der Vielfalt‘ durch ihren Einsatz gegen ‚Heteronormativität‘ die Heterosexualität als gesellschaftliche Norm der Sexualität infrage stelle und abwerte‘, so das Mitglied der ‚Werte-Union‘ laut der ‚Demo für alle‘, „‘Demo für alle‘: Hassbus floppt, aber Gefährlichkeit bleibt. In Berlin kam am Dienstag fast niemand zu der Kundgebung vor dem Roten Rathaus, in Erfurt versammelten sich erheblich mehr Gegendemonstrant*innen. Doch die Organisatorin vernetzt sich weiter, ihre Hetze wird viral verbreitet“, 9. September 2020, https://www.queer.de/detail.php?article_id=37023.

[153] http://europe.spme.org/nachrichten-aus-dem-akademischen-bereich/das-spme-symposium/23354/; Alexander Grau (2018): „Demokratie besteht nicht aus Denkschriften“, 05.04.2018, https://www.cicero.de/erklaerung-2018-kritik-migration-ernst-elitz-buergerbewegung: „Die Kritik an der sogenannten Erklärung 2018 bricht nicht ab. Dabei kommt die Bewegung aus allen Schichten der Bevölkerung. Genau deshalb ist sie ein Erfolg, schreibt Alexander Grau in seiner Replik auf Ernst Elitz“.

[154] Alexander Grau (2017): Meinungsfreiheit ist nicht nur ein Recht der Linken, 21.10.2017, https://www.cicero.de/kultur/frankfurter-buchmesse-meinungsfreiheit-ist-nicht-nur-ein-recht-der-linken (05.05.2018). Auch der Blogger und Fußballexperte Alex Feuerherdt schreibt mitunter für Cicero, https://www.cicero.de/kultur/antisemitismus-in-deutschland-empathie-gibt-es-nur-fuer-tote-juden (24.09.2018), und setzt damit die von ihm fantasierte „Israelsolidarität“ gerade auch mit solchen neuen Rechten einem Tauchbad in das ihn umgebende braune Gewässer aus. Dazu zählt eine Veranstaltungsreihe in Leipzig, u.a. im linken Szenezentrum „Conne Island“ im Frühjahr/Sommer 2018, die zu massiver Kritik führte, da dort unter den wenigen Referenten neben Feuerherdt auch Thomas Maul war, https://www.facebook.com/70jahreisrael (24.09.2018), ein Autor der Hauspostille Bahamas, der am 9. Mai 2018 in einem Facebook-Post anlässlich von Israels 70. Geburtstag und einer Bundestagsrede von Alexander Gauland (AfD) schrieb: „Immer wieder erscheint die AFD objektiv als EINZIGE Stimme der Restvernunft im Deutschen Bundestag“, https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=2406724599353319&id=664646443561152 (24.09.2018). Maul wiederum hat in der Coronakrise einige informative Artikel auf Achgut publiziert, https://www.achgut.com/autor/maul_t.

[155] Siehe Kapitel 3) Der katholische Bund Neudeutschland und der Nationalsozialismus in Heni 2018 (Komplex Antisemitismus), S. 151–259.

[156] Karl Gies (1932): Nationale Haltung, in: Werkblätter, 5. Jg., Heft 3, Juni, S. 55–63, hier S. 61.

[157] https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/proteste-gegen-afd-party-am-alexanderplatz.

[158] Horst Seferens (1998): „Leute von übermorgen und von vorgestern“. Ernst Jüngers Ikonographie der Gegenaufklärung und die deutsche Rechte nach 1945, Bodenheim: Philo.

[159] Ebd., S. 102.

[160] https://www.achgut.com/.

[161] https://www.corodok.de/.

[162] Eine sehr gute Übersicht über weitere linke Demosprüche findet sich hier: https://hannover.linksjugend.li/demosprueche/; dabei ist für das Thema Corona auch relevant (grade auch contre coeur von vielen Linken, die jetzt #ZeroCovid unterstützen und dem Staatsfetischismus huldigen):

„Fallpauschalen? – Abschaffen!

Streik im Krankenhaus, Streik in der Fabrik! – Das ist unsere Antwort auf eure Politik!

Mehr Personal – Für das Klinikum!

Einer guten Pflege – steht Profit im Wege!

Ohne Streik – wird sich nix verändern!“.

[163] Carl Christian Jancke (2021): Der staatliche Raub der Lebenslust, 30. Januar 2021, https://www.achgut.com/artikel/der_staatliche_raub_der_lebenslust.

[164] https://lockdownsceptics.org/.

[165] https://www.youtube.com/channel/UCm0yTweyAa0PwEIp0l3N_gA.

[166] „Covid-19 vaccines: ethical, legal and practical considerations“, „7.3 with respect to ensuring high vaccine uptake: 7.3.1 ensure that citizens are informed that the vaccination is NOT mandatory and that no one is politically, socially, or otherwise pressured to get themselves vaccinated, if they do not wish to do so themselves; 7.3.2 ensure that no one is discriminated against for not having been vaccinated, due to possible health risks or not wanting to be vaccinated“, https://pace.coe.int/en/files/29004/html.

[167] Kathrin Burger (2015): Gesünder leben in Bitterfeld. In der DDR gab es viel weniger Allergiker als im Westen. Lag es an den Kohleöfen, den zugigen Fenstern oder am guten Essen?, 26.09.2015, https://taz.de/!5232932/: „Mit ihrer Besonderheit sind die DDR-Bürger nicht allein. Auch Studien an der russisch-finnischen Grenze zeigten erstaunliche Ergebnisse: Dort reagierten nur zwei Prozent der russischen Kinder in Tests auf Birkenpollen allergisch, auf finnischer Seite waren fast 30 Prozent betroffen. Ebenso sind die Amische im US-Staat Indiana, die eine vorindustrielle Lebensweise auf Farmen pflegen, kaum allergiegeplagt.“ Das sind selbstredend nur einige Aspekte des möglichen Unterschieds von Allergie-Ursachen in weniger aseptischen und stärker aseptischen Alltagsumgebungen.

[168] „Prof. Robert Dingwall on Corona, Sociology and the UK situation“, 14. November 2020, https://www.clemensheni.net/prof-robert-dingwall-on-corona-sociology-and-the-uk-situation/. Zu Dingwall siehe auch meine Beiträge „Big cities, mental health and Covid: Learning from sociologists Georg Simmel and Robert Dingwall“, 24. Dezember 2020, https://www.clemensheni.net/big-cities-mental-health-and-covid-learning-from-sociologists-georg-simmel-and-robert-dingwall/; „Hoffnung aus England – Prof. Dingwall, Daily Mail: “Im Februar Masken ins Lagerfeuer werfen”, 12. Januar 2021, https://www.clemensheni.net/hoffnung-aus-england-prof-dingwall-daily-mail-im-februar-mit-masken-lagerfeuer-anzuenden/.

[169] Besonders aggressiv antifeministisch und politisch so reaktionär wie viele andere antifeministische Autor*innen auch älteren Semesters, agitiert die Achgut-Autorin Ulrike Stockmann (2020): Voll cool! Lass Dich sterilisieren!, 30.11.2020, https://www.achgut.com/artikel/voll_cool_lass_dich_sterilisieren.

[170] „Das schlimmste antisemitische Massaker in der Geschichte Amerikas – ab jetzt klebt an allen Trumpunterstützern Blut“, 28. Oktober 2018, https://www.clemensheni.net/das-schlimmste-antisemitische-massaker-in-der-geschichte-amerikas-ab-jetzt-klebt-an-allen-trumpunterstuetzern-blut/.

[171] Michael Miersch (2015): Na dann ohne mich, 20. Januar 2015, https://www.achgut.com/artikel/na_dann_ohne_mich. Die Kritik von Miersch ist bis heute exakt zutreffend: „Ich möchte mich nicht mehr täglich ärgern, wenn Menschen verbal ausgegrenzt und herabgesetzt werden, weil sie als Moslems geboren wurden. Menschen nach Herkunft zu beurteilen finde ich boshaft. Sippenhaft ist absolut inakzeptabel. Es geht aber nicht nur um den immer wieder verwischten Unterschied zwischen Islam-Kritik und monokulturellem Dünkel. Ich finde es auch nicht lustig, wenn auf der Achse behauptet wird, die EU ähnele immer mehr der UdSSR und der Euro sei die schlimmste Destruktion seit dem Zweiten Weltkrieg. Mir missfällt das reflexhafte Eindreschen auf alles, was unter dem Verdacht steht, ‚links‘ zu sein. Ich finde nicht, dass das heutige Deutschland dekadent ist. Und ich finde auch nicht, dass sexuelle oder andere Abweichungen von der Norm Verfallserscheinungen sind. Mir geht die verlogene Idealisierung der christlichen Familie als Keimzelle der Nation gegen den Strich, genauso wie Häme und die Gehässigkeit gegenüber Minderheiten. Es ist etwas völlig Anderes, ob man sich über eine political correctness lustig macht, die jede noch so schräge Minderheit in Watte packen will, oder über Menschen, die solchen Minderheiten angehören. Besonders stört mich dabei der hohe apokalyptischer Ton, den ich an Öko-Predigern immer kritisierte, der sich inzwischen jedoch auf der Achse ausgebreitet hat. Die aufgeregten Warnrufe vor der EU, dem Euro, der Migration, dem Untergang des Abendlandes klingen ganz genauso wie die Klimakassandras. Gelassenheit und Distanz – zwei wichtige journalistische Tugenden – sind verloren gegangen.“

[172] https://www.achgut.com/autor/frank_g.

[173] Zur Kampagne gegen Kahane und die AAS von Achgut siehe Clemens Heni (2017a): Eine Alternative zu Deutschland. Essays, Berlin: Edition Critic, S. 142–145.

[174] „81 Jahre Hitler-Stalin-Pakt“, 23.08.2020, https://www.achgut.com/artikel/80_jahre_hitler_stalin_pakt; zu Gauck und der Rot=Braun-Ideologie siehe die kritischen Beiträge in Clemens Heni/Thomas Weidauer (Hg.) (2012): Ein Super-GAUck. Politische Kultur im neuen Deutschland, Berlin: Edition Critic.

[175] René Zeyer (2020): Eine Erinnerung für deutsche Schnösel, 26.06.2020, https://www.achgut.com/artikel/eine_erinnerung_fuer_deutsche_schnoesel.

[176] https://www.achgut.com/artikel/broders_spiegel_steinmeier_auf_der_zweiten_welle, 07.09.2020; Broder meint, Bundespräsident Steinmeier habe in seiner ersten Amtszeit primär erreicht, dass seine Unterstützung der Punkband Feine Sahne Fischfilet in Erinnerung bliebe; zu einem Bild dieser Band mit meinem Buch „Der Komplex Antisemitismus“, in dem es auch um Broder, Heimat, AfD und die Neue Rechte geht, https://www.clemensheni.net/feine-sahne-fischfilet-die-coolste-antifa-band-und-die-kritische-antisemitismusforschung/, 13.11.2018.

[177] Zur Erklärung 2018, Achgut, Broder und Heimattümelei siehe u.a. das Kapitel „Antisemitismus im Zeitalter von „Sommermärchen“, „Heimat“ und AfD in Heni 2018 (Komplex Antisemitismus), S. 571–634.

[178] Tamara Wernli (2020): In zehn einfachen Schritten zum Corona-Polizisten!, 06.09.
2020, https://www.achgut.com/artikel/in_zehn_schritten_zum_corona_polizist.

[179] Ebd.

[180] „‘Abgewertet werden ist schmerzhaft‘ – Daniele Ganser im Gespräch“, https://www.youtube.com/watch?v=ZxKKYPviV4I.

[181] Zur Kritik an Ganser siehe Roger Schawinski (2019): Verschwörung. Die fanatische Jagd nach dem Bösen in der Welt, Basel: NZZ Libro, S. 35–57.

[182] Michael Butter (2019): Die Methode Ganser. Der Schweizer Historiker Daniele Ganser ist die Lichtgestalt einer Community, in der die Verschwörungs­theorien blühen. Sie trägt und stützt ihn – während er sich selber vornehm zurückhält, 13.04.2019, https://www.republik.ch/2019/04/13/die-methode-ganser.

[183] „Wallace, who I have said before is one of the best interviewers in political journalism, lost control of the debate within the first five minutes — and he never came close to getting it back. The result was a cross-talk shout-fest that ill-served anyone who tried to watch this debacle“, Chris Cillizza (2020): Hits and misses from the first Trump-Biden debate, 30. September 2020, https://edition.cnn.com/2020/
09/29/politics/first-presidential-debate-hits-and-misses/index.html
.

[184] Ben Collins/Brandy Zadrozny (2020): Proud Boys celebrate after Trump’s debate callout. On their account on the social media app Telegram, the Proud Boys appeared to take the statement as marching orders, 30. September 2020, https://www.nbcnews.com/tech/tech-news/proud-boys-celebrate-after-trump-s-debate-call-out-n1241512.

[185] „Far-right US group jubilant at Trump name-check, appears to gear up for violence. ‘Trump basically said to go f*** them up! this makes me so happy,’ says leader of Proud Boys after US president told white supremacists to ‘stand back, stand by’ during debate“, 30. September 2020, https://www.timesofisrael.com/far-right-us-group-jubilant-at-trump-name-check-appears-to-gear-up-for-violence/.

[186] „Are the Proud Boys antisemitic? The Proud Boys group is a far-right, “western chauvinist” fraternal organization. They were also name-checked by US President Donald Trump during the debate“, 30. September 2020, https://www.jpost.com/american-politics/trump-told-far-right-group-proud-boys-to-stand-back-stand-by-at-debate-643930.

[187] Clemens Heni (2018b): Was hat der rechtsextreme Mord am Vorsitzenden der sozialistischen Partei Japans mit dem Israelkongress in Frankfurt am Main zu tun?, 21. November 2018, https://www.clemensheni.net/was-hat-der-rechtsextreme-mord-am-vorsitzenden-der-sozialistischen-partei-japans-mit-dem-israelkongress-in-frankfurt-am-main-zu-tun/.

[188] Georg Etscheit (2020): Warum ich Donald Trump die Daumen drücke, 28.09.2020, https://www.achgut.com/artikel/warum_ich_donald_trump_die_daumen_druecke. Wegen eines anderes Textes über die Deutsche Umwelthilfe, deren Kritik an Feuerwerkskörpers (wie sinnvoll oder abstrus die immer ist), und typisch neu-rechten Invektiven gegen Flüchtlinge (am Beispiel des sexistischen Attacken in der Silvesternacht 2015 auf der Kölner Domplatte) wurde Etscheits Mitarbeit bei der Zeitschrift „Natur“ jetzt nach 15 Jahren beendet, „Ein Umweltjournalist muss gehen“, 29. Januar 2021, https://www.achgut.com/artikel/ein_oekojournalist_muss_gehen. Etscheit hatte in typisch neu-rechter Diktion geschrieben: „Erste Erfolge kann die Anti-Feuerwerks-Kampagne schon verzeichnen. So gibt es eine ganze Reihe von Händlern, darunter große Baumarktketten, die Feuerwerksartikel ausgelistet haben. Sie werden von der DUH [Deutsche Umwelthilft] auf einer Art List of Fame veröffentlicht – eine schwarze Liste renitenter Böller-Verkäufer dürfte einstweilen noch zu umfangreich sein. In vielen Innenstädten wurden zudem zentrale Plätze zu Zonen erklärt, in denen nicht mehr gezündelt werden darf. Grund sind wohl weniger die harmlosen Balkon- und Vorgartenfeuerwerke, sondern jene überwiegend frisch eingewanderten Jungmänner, die sich in der Silvesternacht zusammenrotten, keinerlei Regeln beachten und es, wie in Köln 2015 geschehen, nicht bei pyrotechnischer ‚Knallerei‘ belassen“, „Kracher der Deutschen Chinahilfe“, 29. November 2020, https://www.achgut.com/artikel/kracher_der_deutschen_chinahilfe.

[189] Siehe meinen Beitrag „‘Jews will not replace us’ – for US-President Trump, the Alt-Right are ‘fine people’“, 17. August 2917, https://blogs.timesofisrael.com/jews-will-not-replace-us-for-us-president-trump-the-alt-right-are-fine-people/.

[190] „Urteil nach Mord in Charlottesville: Lebenslänglich plus 419 Jahre Haft. Der Neonazi, der 2017 mit einem Auto in eine Demo fuhr, wurde bereits wegen Hassverbrechen verurteilt. Nun bekommt er wegen Mordes eine weitere Haftstrafe“, 16.07.2019, https://taz.de/Urteil-nach-Mord-in-Charlottesville/!5612121/.

[191] „Trump’s Caravan Hysteria Led to This. The president and his supporters insisted that several thousand Honduran migrants were a looming menace—and the Pittsburgh gunman took that seriously“, 28. Oktober 2018, https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2018/10/caravan-lie-sparked-massacre-american-jews/574213/. Siehe auch die Kritik am Antisemitismus, der von Trumps Hetze gefördert wird, im New Yorker: “There has long been a casual assumption that homegrown anti-Semitism could not happen here, that ‘The Plot Against America’ would remain the fantastical counter-factual that Philip Roth intended it to be. And yet, the warning signs have become increasingly clear. Since the 2016 Presidential campaign, anti-Semitic vitriol has exploded on the Internet. Neo-Nazis tweet swastikas and Hitler-era propaganda of leering, hook-nosed rabbis. Holocaust deniers discuss ‘The Protocols of the Elders of Zion’ in plain view. Jewish journalists and other public figures have had their profile pictures Photoshopped onto images of lampshades and bars of soap. The name ‘George Soros’ is no longer invoked as a dog whistle, but as an ambulance siren. ‘The Jewish question’ is debated on alt-right blogs and news sites. In the run-up to the election, anti-Semites began to put Jewish names in sets of triple parentheses—a yellow star for the digital age, by which to un-assimilate the assimilated. Jews rushed to claim and defang the symbol, turning it into a voluntary declaration of pride, but the scar of its origins remains. For a time after Donald Trump’s election, I collected screenshots of racist and anti-Semitic hate speech I came across. Then I stopped. The proof was everywhere, plain as day. (…) It seems clear that anti-Semitism has burrowed into the American mainstream in a way not seen since the late nineteen-thirties and early nineteen-forties, when it also fused easily with conservative isolationist fervor and racism. In ‘These Truths,’ her masterful new history of this country, my colleague Jill Lepore writes about the anti-Semites of that period, who saw ‘mass democracy and mass culture as harbingers of the decline of Western civilization.’ In 1939, the German-American Bund held a pro-Nazi rally at Madison Square Garden, attended by twenty thousand people; you can watch footage of it here, and, as vile as it is, I suggest that you do. Amid the sieg-heils, you will see Fritz Kuhn, the Bund’s leader, railing against the ‘Jewish-controlled press’ as he lays out his vision for a ‘socially just, white, Gentile-ruled United States.’ ‘We, with our American ideals, demand that the American government shall be returned to the American people who founded it,’ he says, to cheers“, Alexandra Schwartz (2018): The Tree of Life Shooting and the Return of Anti-Semitism to American Life, 27. Oktober 2018, https://www.newyorker.com/news/daily-comment/the-tree-of-life-shooting-and-the-return-of-anti-semitism-to-american-life. Zur antisemitischen Geschichte der New York Times während der Zeit des Nationalsozialismus, des Zweiten Weltkriegs und der Shoah siehe die brillante Studie von Laurel Leff (2005): Buried by the Times. The Holocaust and America’s most important Newspaper, New York: Cambridge University Press. 1958 gab es einen Bombenanschlag auf eine jüdische Synagoge in Atlanta (der nur zufällig keine Todesopfer forderte), und die rechtsextremen Täter wendeten sich in einem Pamphlet gegen Kommunisten, Schwarze und Juden, hierzu und weiteren Aspekten des Antisemitismus in Amerika siehe Jonathan D. Sarna (2018): „The Future of the Pittsburgh Synagogue Massacre. Is American anti-Semitism really distinctive from that of other diaspora countries? Just how worried should we be?, 6. November 2018, https://www.tabletmag.com/sections/news/articles/future-pittsburgh-synagogue-massacre. Dieser Anschlag von 1958 wurde als bis dahin schlimmster antisemitischer Vorfall in den USA angesehen.

[192] Etscheit 2020.

[193] https://edition.cnn.com/2020/09/29/politics/first-presidential-debate-hits-and-misses/index.html

[194] Dieser Artikel von NachDenkSeiten verlinkt ein Gespräch von Jens Wernicke mit Daniele Ganser von 2017, Wernicke hat dann 2017 die Internetseite Rubikon gegründet, „Vom Friedensforscher zum Verschwörer: Daniele Ganser und die Medien“, 27. März 2017, https://www.nachdenkseiten.de/?p=37585. Die Unterstützung der antisemitischen BDS-Bewegung, die sich durch die Ablehnung Israels als jüdischer Staat, der Forderung nach einem palästinensischen Rückkehrrecht und der Betonung, dass Israel seit 1948 und nicht erst seit 1967 eine „Besatzungsmacht“ sei, wird von den NachDenkSeiten auch publiziert, wie von Wolf Wetzel, der dort am 11.08.2020 schreibt (und den Text auch auf seine eigene Homepage stellt): „Und wenn Linke ebenfalls zur Hetzmasse deren dazu stoßen, die zum Beispiel den BDS-Boykott-Aufruf (Boykott, Desinvestment, Sanctions) als antisemitisch denunzieren, dann ist das kein Kampf gegen den Antisemitismus, sondern eine Verbeugung gegenüber den herrschenden Verhältnissen“,  https://wolfwetzel.de/index.php/2020/08/11/linker-mccarthyismus-das-system-der-verdaechtigung-zerstoert-nicht-nur-personen-sondern-auch-ein-gemeinsames-linkes-selbstverstaendnis/ ; NachDenkSeiten hat auch ein Interview von Wernicke mit Ken Jebsen veröffentlicht, wo dieser Israel unter dem Begriff „Zionistischer Rassismus“ fasst, 02.11.2016, https://www.nachdenkseiten.de/?p=35640. Es gibt bezüglich Wernicke folgenden Rechtsstreit mit dem Bündnis gegen Antisemitismus (BgA) aus Kassel zu berichten: „Im Fall von Jens Wernicke, einem weiteren Referenten der GEW, urteilte das Amtsgericht Mainz ebenfalls zu Ungunsten des BgA Kassel. Wernicke war mehrere Jahre lang für die Interviews der ‚Nachdenkseiten‘ zuständig, einer Website, die Verschwörungstheorien verbreitet und im Querfrontmilieu geschätzt wird (Jungle World 23/2016). Das Gericht bewertete es als ehrverletzend für Wernicke, dass das BgA in seinem Blogbeitrag ‚Wernicke oder die Connection eines Bildungsreferenten‘ fälschlicherweise behauptet hatte, ein von Wernicke geführtes Interview sei zunächst auf ‚KenFM‘, der Website des Verschwörungstheoretikers Ken Jebsen, erschienen und später auf dem von Wernicke betreuten Interviewplatz der ‚Nachdenkseiten‘. Es war jedoch anders herum: Das Interview war zuerst auf den ‚Nachdenkseiten‘, dann erst auf ‚KenFM‘ veröffentlicht worden. Dem Amtsgericht Mainz zufolge ­belegen eine frühere Mitgliedschaft Wernickes im Sprecherrat der Stipen­diaten der Rosa-Luxemburg-Stiftung und die zeitweilige Tätigkeit als Wahlkreismitarbeiter einer Bundestagsabgeordneten sowie seine Tätigkeit für die Fraktion der Linkspartei im hessischen Landtag, dass der Kläger dem linken politischen Milieu zuzuordnen sei. Somit sei es seiner sozialen Anerkennung abträglich, zu behaupten, ein von ihm geführtes Interview sei erstmals in einem ‚rechtspopulistischen Forum‘ erschienen, wie das Gericht ‚KenFM‘ charakterisierte. Mit der Frage, warum ein ‚Rechtspopulist‘ einen ‚Linken‘ kopiert und als eigenen Autor listet, befasste sich das Gericht nicht“, Thorsten Lambeck (2018): Fragen der Ehre. Zwei Gerichte entschieden in jüngster Zeit zu Ungunsten des Bündnisses gegen Antisemitismus Kassel. Die Urteile sind zumindest politisch fragwürdig, 11.01.2018, https://jungle.world/artikel/2018/02/fragen-der-ehre.

[195] Zu diesem Zitat und zu Carl Schmitt siehe einen Artikel von Februar 2019: „In vielen europäischen Staaten, aber auch in den USA oder beispielsweise Brasilien ist eine Wende im Sinne Carl Schmitts zu beobachten. Das deliberative, kompromiss- und konsensorientierte Herrschaftsmodell scheint sich immer stärker in Richtung des dezisionistischen Exekutiv- und Maßnahmenstaates zu entwickeln.“ Begriffe wie „deliberative“ und „konsensorientierte“ Politik spielen wiederum auf Jürgen Habermas an. Man könnte jedoch meinen, die Kritik am „Exekutiv- und Maßnahmenstaat“ trifft heute auf viele Demokratien der Welt zu, namentlich auf Deutschland, Italien oder Frankreich, die sich in ihrer selbstverliebten Innensicht so unendlich weit weg dünken von Trump oder Bolsonaro, Michael Reitz (2019): Versuch über das Denken Carl Schmitts, 24.02.2019, https://www.deutschlandfunk.de/macht-und-recht-versuch-ueber-das-denken-carl-schmitts.1184.de.html?dram:article_id=439014.

[196] https://www.mwgfd.de/2020/06/rede-von-dr-ronald-weikl-am-13-06-2020-auf-der-passauer-demo-von-fuer-die-freiheit-2020%C2%A7/.

[197] Eine linke Kritik an der Passauer Szene der „Coronagegner“ zeigt richtigerweise und fundiert allerhand Bezüge zum Rechtsextremismus auf, ist aber selbst unfähig, die demokratiegefährdenden Maßnahmen der Regierung kritisch einzuordnen, „Die Passauer ‚Corona Rebellen‘-Bewegung: Überblick zu Organisation, Akteur*innen und Ideologien“, 11.06.2020, https://www.infoticker-passau.org/node/426.

[198] Michael Bothner (2020): „Der AfD das Wasser abgraben“ – Experte klärt über die Regensburger Kandidaten auf, 22. Februar 2020, https://www.regensburg-digital.de/der-afd-das-wasser-abgraben-experte-klaert-ueber-die-regensburger-kandidaten-auf/22022020/.

[199] „Während der Debatte um das Beschneidungsgesetz will Stürzenberger auch die Juden ausweisen: Wer sich ‚an die uralte Vorschrift der Beschneidung klammert‘, schreibt er, ‚hat nach meiner festen Überzeugung in unserem Land nichts zu suchen‘“, Stephen Geyer (2014): Virtuelle Kreuzritter. Das Weblog „Politically Incorrect“ ist das Leitmedium der deutschen Islamhasser – aber auch eine gut vernetzte Organisation mit Ortsgruppen in ganz Deutschland, die sich politisch und auf der Straße gegen Muslime und Zuwanderer einsetzen, 17.03.2014, https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/180751/virtuelle-kreuzritter.

[200] Kolja Zydatiss (2021): Ausgestoßene der Woche: Boris Reitschuster, Anabel Schunke und Indubio, 29.01.2021, https://www.achgut.com/artikel/ausgestossene_der_woche_boris_reitschuster_anabel_schunke_und_indubio. Schunke und mit ihr Achgut sind eng mit der extrem rechten Szene verbunden: „Was das Sprachinstitut der ‚Gutmenschen‘, die TU Dortmund, kann, können wir schon längst, dürften sie sich gesagt haben, und haben flugs eine Jury aus dem Boden gestampft, die dem Vokabular der politisch extremen Rechten die Sprache des Willkommensklatscherpacks gegenüberstellt. Selbsternannte ‚freie Medien‘, wie die islamfeindliche ‚Hassseite‘ (Historiker und Philosoph Heiner Bielefeldt) PI-News, das rechte ‚Jürgen Fritz Blog‘, die neurechte Plattform ‚Journalistenwatch‘, ‚Philosophia Perennis‘ des völlig nach rechtsaußen abgerutschten Theologen David Berger sowie die verschwörungstheoretische Gaga-Seite ‚Die Unbestechlichen‘, hätten zwei Wochen lang 350 Vorschläge gesammelt, aus denen eine Jury Finalisten ausgewählt habe, die zur Abstimmung bereit stünden. Dass dies eine beeindruckende politische Inzestveranstaltung ist, zeigen die Jurymitglieder, die alle den rechten Medienbetrieb aktiv am Laufen halten: Vertreten sind Michael Stürzenberger, der für PI-News als auch für das Jürgen-Fritz-Blog schreibt, Jürgen Fritz (beschäftigt sich ‚verstärkt mit den Fragen der Ontologie‘), AfD-Wähler David Berger, Ex-‚Lügenpresse‘-Journalist und Identitären-Anhänger Matthias Matussek, ‚Journalistenwatch‘-Gründer und Geschäftsführer des rechten Vereins ‚Bürgerbewegung Pax Europa‘ Thomas Böhm sowie Model und Quotenfrau im Reigen Anabel Schunke, Autorin für unter anderem ‚Tichys Einblick‘ und ‚Die Achse des Guten‘,“ Katja Thorwarth (2019): Hassworte der rechten Propagandaschmiede, 06. Januar 2019, https://www.fr.de/meinung/hassworte-rechten-propagandaschmiede-11416489.html. Zur Kritik an Journalistenwatch und deren amerikanischen Unterstützern vom Middle East Forum (Daniel Pipes) siehe auch Clemens Heni (2017b): Jews should stop supporting the Alt-Right and the ene­mies of the Jewish people, 18. November 2017, https://blogs.timesofisrael.com/jews-should-stop-supporting-the-alt-right-and-the-enemies-of-the-jewish-people/; Nico Schmidt (2017): Die Amerika-Connection der Neuen Rechten, 17. Dezember 2017, https://www.zeit.de/kultur/2017-12/journalistenwatch-neue-rechte-finanzierung/komplettansicht.

[201] „Mit wachsendem Befremden beobachten wir, wie Deutschland durch die illegale Masseneinwanderung beschädigt wird. Wir solidarisieren uns mit denjenigen, die friedlich dafür demonstrieren, dass die rechtsstaatliche Ordnung an den Grenzen unseres Landes wiederhergestellt wird“, 15.03.2018, https://www.erklaerung2018.de/. Neben den Erstunterzeichner*innen haben weitere gut 165.000 Menschen diese rassistische, nationalistische und Solidarität mit den Anti-Flüchtlings-Mobs hinausschreiende Erklärung unterschrieben.

[202] Konkret 11/2018 schreibt: „Das Kleine Blaue Buch ist nicht mehr im Handel. Im Frühjahr bat Gremliza den Verlag, in dessen Edition Suhrkamp seine Haupt- und Nebensätze gerade in zweiter Auflage erschienen waren, anlässlich der Versicherung der Geschäftsführung, der Autor Uwe Tellkamp, der sich zu Pegida bekannt hatte, werde weiterhin bei Suhrkamp verlegt, um Auflösung des Vertrags. ‘Ich wusste, bevor er ein Fall zu werden sich entschloss, nicht, wer oder was ein Tellkamp ist. Nun, da ich es leider weiß, werde ich jene selbstverständliche Distanz zur sympathy for the Nazi markieren, die der Verlag vermissen lässt, und fordere dessen Geschäftsführung hiermit auf, der einvernehmlichen Lösung des Vertrags mit mir zuzustimmen.’ Der Verlag stimmte zu, die noch nicht verkauften Exemplare der zweiten Auflage gibt es ausschließlich bei konkret.“

[203] „Mein Beitrag über Michael Klonovsky hat ihn offenbar getroffen. Das ist die gute Nachricht. Er reagierte mit einer antisemitischen Beleidigung. Das ist die zweite gute Nachricht. Denn es ist immer schön zu sehen, wie sich die Einpeitscher des Mobs, die sich als feine Herren gerieren, letzten Endes selbst die Maske vom Gesicht reißen, weil es doch raus muss aus ihnen“, Alan Posener (2018): Klonovsky und Himmler, 25.02.2018, https://starke-meinungen.de/blog/2018/02/25/klonovsky-und-himmler/.

[204] https://www.youtube.com/watch?v=LGukNIEIhTU.

[205] https://www.cdc.gov/nchs/nvss/vsrr/covid_weekly/index.htm?fbclid=IwAR3-wrg3tTKK5-9tOHPGAHWFVO3DfslkJ0KsDEPQpWmPbKtp6EsoVV2Qs1Q.

[206] https://www.bloomberg.com/news/videos/2020-10-06/trump-don-t-let-coronavirus-dominate-you-video.

[207] Patricia Claus (2020a): Greece Should Not Impose a Lockdown, Says Stanford’s Ioannidis, 24.09.2020, https://usa.greekreporter.com/2020/09/24/greece-should-not-impose-a-lockdown-stanford-john-ioannidis/.

[208] Ioannis Laliotis/ John P.A. Ioannidis/Charitini Stavropoulou (2016): Total and cause-specific mortality before and after the onset of the Greek economic crisis: an interrupted time-series analysis, The Lancet Public Health, Volume 1, ISSUE 2, e56-e65, December 01, 2016, online 4. Nov. 2016, https://doi.org/10.1016/S2468-2667(16)30018-4.

[209] „Protest gegen die Leopoldina: Professor der Uni Tübingen tritt aus Akademie der Wissenschaften aus“, 27. Dezember 2020, https://www.clemensheni.net/protest-gegen-die-leopoldina-professor-der-uni-tuebingen-tritt-aus-akademie-der-wissenschaften-aus/.

[210] „‘Freiheitsrechte‘ und die ‚Würde des Menschen‘ schützen: Leopoldina-Philosoph attackiert Leopoldina-Papier und den Lockdown“, 13. Dezember 2020, https://www.clemensheni.net/freiheitsrechte-und-die-wuerde-des-menschen-schuetzen-leopoldina-philosoph-attackiert-leopoldina-papier-und-den-lockdown/.

[211] „Der Mossad bringt Frieden in Nahost auf den Weg: Vereinigte Arabische Emirate nehmen diplomatische Beziehungen zu Israel auf“, 15. August 2020, https://www.clemensheni.net/der-mossad-bringt-frieden-in-nahost-auf-den-weg-vereinigte-arabische-emirate-nehmen-diplomatische-beziehungen-zu-israel-auf/.

[212] „BDS founder: If Israel develops coronavirus vaccine you can take it“, https://www.jpost.com/israel-news/bds-founder-no-need-to-boycott-israeli-developed-coronavirus-drugs-623759.

[213] Es gibt auch eine libertär-kapitalistisch-anarchistische Coronapolitik-Kritik – sehr eloquent und intellektuell inspirierend ist hierbei Jeffrey A. Tucker vom American Institute for Economic Research (AIER), die sehr viel wichtige Aufklärungsarbeit in der Coronakrise leisten, https://www.aier.org/staffs/jeffrey-tucker/, Tucker ist zudem explizit antifaschistisch und war ein Kritiker Trumps von Anbeginn, aber er ist selbstredend als US-Libertärer ein ultra-kapitalistischer Sonnyboy und hat keinen Blick für das destruktive Potential des Kapitalismus, das gerade im produktiven Moment liegt –, es gibt auch eine konservative und weitere bürgerlich-konformistische Formen der Coronapolitik-Kritik, wie beispielsweise vom Mitglied der Ethikkommission in Bayern, Prof. Christoph Lütge, der zwar ein Kritiker des Lockdowns ist, aber selbst mit seinen künstliche Intelligenz Aktivitäten und als von Facebook mitfinanzierter Institutsdirektor sicher nicht für eine emanzipatorische Gesellschaftskritik zu haben ist, er ist ein Vertreter der kapitalistischen „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“, einer contradictio in adjecto, https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/kritik-an-initiative-zerocovid-handelt-massiv-unethisch,SMXQCUX; https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-tu-finanzierung-facebook-1.4723566; https://netzpolitik.org/2019/ein-geschenk-auf-raten/; „Der Professor ist klare Vorgabe von Facebook. Weiter heißt es in dem Brief ausdrücklich, dass das neu gegründete Ethikinstitut von Gründungsdirektor Christoph Lütge, dem Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Wirtschaftsethik, der von dem früheren Siemens-Vorstand Peter Löscher gestiftet wurde, geführt werden muss. Eine Abweichung hiervon, beispielsweise die Ernennung eines anderen Institutsleiters, bedarf ausdrücklich der vorherigen schriftlichen Zustimmung von Facebook. Das liest sich gerade so, als ob Facebook Herrn Lütge zum Gründungsdirektor ernennen würde und seine Absetzung gegen den Willen von Facebook nicht vorgenommen werden darf – unter Androhung des Mittelentzugs bei Zuwiderhandlung. Die Findung eines Institutsdirektors findet im Wissenschaftsbereich in der Regel durch öffentliche Stellenausschreibungen, Bewerbungsverfahren und anschließende Auswahl durch ein unabhängiges Expertengremium statt. Ein solches Verfahren hat jedoch in diesem Fall offenbar nicht stattgefunden. Im Gegenteil: Das Facebook-Schreiben ist direkt an Herrn Lütge mitadressiert. Man könnte den Brief meines Erachtens geradezu als Ernennungsurkunde für ihn auffassen“, https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/geschenk-mit-haken-facebooks-ethik-institut-an-der-tu-muenchen. Bei Tucker und den US-Libertären ist wiederum wichtig, dass sie Hoffnung geben auf ein Ende der hygienestaatlichen Zwangsmaßnahmen. Am 25. Januar 2021 berichtet Tucker darüber, dass allerhand Politiker*innen in den USA, von der Gouverneurin von Michigan Gretchen Whitmer, über die Bürgermeisterin von Chicago Lori Lightfoot bis hin zum bislang hardcore aggressiven Gouverneur vom Staat New York, Andrew Cuomo (D), weite Teile des US-Establishments ab Ende Januar bzw. Anfang Februar 2021 die Wiedereröffnung der Restaurants ankündigen, was grade bei Cuomo viele sehr verwundert, aber auch er merkt, dass es gesamtgesellschaftlicher Selbstmord wäre, abzuwarten, bis ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist – „DC Mayor Bowser confirms indoor bar and restaurant service to resume at 25% capacity starting Jan. 22“, 21. Januar 2021, https://www.foxbusiness.com/economy/dc-mayor-bowser-confirms-indoor-bar-and-restaurant-service-to-resume-at-25-capacity-starting-january-22 –, Jeffrey A. Tucker (2021): All Hail the Reopening!, 25. Januar 2021, https://www.aier.org/article/all-hail-the-reopening/.

 

Bedingungsloses Grundeinkommen in Zeiten der größten Demokratiekrise

Von Dr. phil. Clemens Heni, 25. August 2020

 

Der Band „Digitalisierung? Grundeinkommen!“, herausgegeben von Werner Rätz, Dagmar Paternoga, Jörg Reiners und Gernot Reipen im Wiener Verlag Mandelbaum und dessen Reihe „kritik & utopie“ plädiert für ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE).

Seit Jahrzehnten ist das Grundeinkommen Thema der Sozialpolitik. Der Sozialwissenschaftler Michael Opielka forscht und publiziert seit den 1990er Jahren zu diesem Thema, ohne Teil des Bandes zu sein. Eine hilfreiche Übersicht über die Geschichte der Idee eines Grundeinkommens bietet das (immer kritisch zu lesende und nie unhinterfragt zu rezipierende) Online-Lexikon Wikipedia.

Grundsätzliche Fragen wie die Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens werden in dem Band nicht dargestellt, es geht in dem abgedruckten „Frankfurter Manifest – Digitalisierung? Grundeinkommen. Möglichkeiten einer emanzipatorischen Gestaltung“ und den 13 Beiträgen von 19 Autor*innen (im Westentaschenformat, ca. 12×17 cm, 200 Seiten) eher um eine linke Selbstfindung. Die Autor*innen sind entweder Funktionär*innen bei der Linkspartei, Bündnis 90/Die Grünen, Piratenpartei, SPD oder aktiv bei NGOs wie Attac sowie freischaffende Publizist*innen.

Für Einsteiger*innen in das Thema ist das Buch nicht geeignet, da es z.B. keine Darstellung bietet, wie ein solches Grundeinkommen finanziert werden könnte, von Bemerkungen über eine Finanztransaktionssteuer oder ein paar Schaubildchen mal abgesehen. Die Konzepte sind in der Tat sehr kompliziert, aber so ganz ohne ökonomische Begründung wirkt das alles etwas vage. Wer also erfahren will, wie das BGE funktionieren könnte, findet in dem Band kaum Antworten. Es geht vielmehr darum, warum die Linken das Thema bislang links liegen ließen, was auch eine sehr wichtige Fragestellung ist.

Interessant ist die Kritik an der Unterstützung eines BGE durch das Silicon Valley in Kalifornien bzw. durch Protagonist*innen des digitalen oder turboneoliberalen Kapitalismus:

Im Zuge des ‚neuen Geistes des Kapitalismus‘ werden lebenslanges Lernen, die unternehmerische Validierung der eigenen Biografie und das Managen des Selbst zur daily operation. Das Projekt löst die Fabrik ab, der Selbstunternehmer löst den Angestellten ab und macht die Weiterentwicklung und Verbesserung der eigenen employability zur Chefsache. (S. 71)

Reine Geldleistungen wie 1000 oder 1500€ monatliches bedingungsloses Grundeinkommen werden durchaus kritisch gesehen und betont, dass die „Forderungen nach einem direktem Zugang zu Daseinsvorsorge“ zentral ist:

Bildung, Gesundheitsversorgung, Mobilität, Kommunikation, Grundversorgung mit Energie und Wohnen sollten öffentlich finanziert und kostenlos sein. (S. 77)

Das sind sinnvolle und eminent wichtige Forderungen, die ein rein Kapitalismus immanentes BGE in Frage stellen, das nur via Geldtransfer auskäme. Gleichwohl wäre schon ein solches BGE ein Fortschritt für viele Millionen Freischaffende, prekär Beschäftigte, Teilzeitangestellte, Soloselbständige und viele mehr.

Es gibt keine Tradition der Idee des Grundeinkommens, wie im Rekurs auf Karl Reitter, der dazu in der gleichen Buchreihe zum Thema publiziert hat, betont wird. (S. 81) So ist auch die massive Ablehnung eines BGE durch fast alle Gewerkschaften und typische ‚altlinke‘ Forscher wie Christoph Butterwegge (S. 193) bezeichnend.

Die Autor*innen gehen also einen sympathischen, eher undogmatischen Weg und kritisieren sowohl kapitalistische Versuche mit Digitalisierung und BGE die bürgerliche Gesellschaft zu transformieren, um sie zu erhalten, also auch die Besitzstandswahrung der Gewerkschaften und der linken Parteien und deren Klientel, das sich weitgehend gegen ein BGE ausspricht. Das Buch möchte ein antikapitalistisches BGE.

Digitalisierung wird jedoch primär positiv betrachtet und als Vorschein des Marxschen „Reichs der Freiheit“, was nun wirklich indiziert, dass technikkritische Debatten seit der Dialektik der Aufklärung von Horkheimer und Adorno von 1947 oder Günther Anders‘ Antiquiertheit des Menschen (Band 1 von 1956) sowie die Fallstricke einer Arbeitsontologie oder Technikaffirmation bei Marx wie beim Marxismus fast komplett ignoriert werden.

Auch eine grundsätzliche „Netz“-Kritik oder des binären Codes von 0 und 1, der nicht erst durch die kapitalistische Vermarktung problematisch wird, ist nicht ansatzweise in dem Band zu finden. Einzig der Beitrag zu Gesundheit und BGE ist da etwas skeptischer und kritisiert in Anlehnung an Foucault ein „Digitales Panoptikum“ (S. 158). Insbesondere die heute so dramatisch aktuelle Situation, „dass Krankheit als Schuld der Erkrankten gesehen und ihr damit die Verantwortung zugschrieben wird“, ist hellsichtig (S. 159).

Doch es ist zu bezweifeln ob die Autorin, eine Attac-Aktivistin, das auf die Corona-Zeit überträgt und nicht vielmehr wie Attac und fast alle anderen Linken den neoliberalen Zuschnitt des Gesundheitssystems anprangert (das zeigt sich z.B. in einem Gespräch über Corona mit der Co-Herausgeberin des Bandes, Dagmar Paternoga, die Anfang April 2020 von der Journalistin Milena Preradovic interviewt wurde), aber gar nicht sieht, wie irrational die ganze Krise ist, wenn man sich medizinisch, epidemiologisch und gesellschaftstheoretisch mit dieser nie dagewesenen Panikindustrie oder dem „Hygienismus“ und der Gefahr einer „Gesundheitsdiktatur“ (so der Philosoph Markus Gabriel) mit Corona befasst.

Das zeigte sich ja exemplarisch am aggressiven Sich-Verschleiern durch die Parteivorsitzende der Partei „Die Linke“, Katja Kipping, die mit Maske im Bundestag auftrat. Sie hat auch einen Beitrag in dem Band, der relativ nichtssagend ist und reines Parteigeplänkel, aber den doch bezeichnenden Satz ans Ende stellt: „Dass ‚Mehr Demokratie wagen‘ alternativlos ist, liegt auf der Hand.“ (S. 173)

Nichts ist „alternativlos“, auch wenn das offenkundig wenig demokratiegeschulte und für autoritäre Maßnahmen offene Politiker*innen wie Angela Merkel oder Katja Kipping (und aktuell fast das komplette politische Establishment) propagieren. Das Wort „alternativlos“ ist eine reine Zumutung, doch der Verlag druckt es und es mag für die Ideologie der Linkspartei stehen, die Merkel und die CDU/CSU/SPD von links sekundiert.

Angesichts der Coronamassenpanik zeigt sich, wie wichtig ein BGE wäre. Andererseits zeigt sich auch angesichts dieser Krise, wie böse die Menschen durchaus sind, wie denunziatorisch sie wieder agieren und Leute anzeigen, die sich dem „Hygienismus“ oder irrationalen Maßnahmen nicht fügen. Die österreichische Schauspielerin Nina Proll hat das in einem kritischen Song zum wütenden Ausdruck gebracht („I ZAG DI AU“).

Die Digitalisierung wird entscheidend sein für autoritäre Regime der Zukunft, ob nun chinesischen oder technisch-kapitalistischen, westlich-post-demokratischen Zuschnitts. Das klingt in einigen Beiträgen durchaus an – wie am Beispiel von „Fitness-Apps“ (S. 157), das sich wie eine böse Vorahnung der Corona-App liest –, aber immer nur in Bezug auf den Kapitalismus, nie im Sinne der kritischen Technikforschung der Digitalisierung wird Technik als Phänomen sui generis, als Indiz der Antiquiertheit des Menschen analysiert, wie es eine „Digitalisierung der Lebenswelt“ in Anschluss an Edmund Husserl (einem Lehrer von Anders) nahelegen könnte.

Es kann auch nicht kapitalistische oder dezidiert linke Technokrat*innen geben, die mit der modernsten Technik das Leben der Menschen aushorchen, manipulieren oder bestimmen wollen (denken wir an die Geschichte im 20. Jahrhundert). Die Kritik des Transhumanismus, der ja Mode ist und von Milliardären und technokratischen Zukunftsplanern wie Elon Musk als faszinierend empfunden zu werden scheint, kommt in den Band jedoch immer nur als Problem des Kapitalismus vor, nie als technischer Imperativ jenseits polit-ökonomischer Systematik.

Fazit

Das bedingungslose Grundeinkommen wäre für Millionen Menschen sehr wichtig, es würde ungemein viele soziale Abhängigkeiten beenden, würde viel mehr Kreativität freisetzen.

Es würden alle Menschen davon Nutzen ziehen, da nie mehr die Gefahr im Raume stünde, sich das Leben nicht leisten zu können. Demütigende Gänge zum Sozialamt oder Job Center etc. würden ersatzlos gestrichen, schon das würde die Gesellschaft womöglich extrem positiv verändern.

Genau davor haben SPD, die Gewerkschaften und natürlich weite Teile des Bürgertums Angst, wenn die Menschen keine Panik mehr haben, gedemütigt zu werden, würden sie dann weiter arbeiten wollen?

Das wäre eine philosophische Frage nach Hannah Arendts „Vita activa“, nach einem Kern des Mensch-Seins. Wie wir jetzt erleben, sind Wissenschaft, Kultur, Geistes- und Sozialwissenschaften „nicht systemrelevant“, so die Herrschenden im Mainstream.

Das würde sich ändern, wenn es ein BGE gäbe, auch wenn das antidemokratische Maßnahmen wie das willkürliche Schließen von Universitäten – während Baumärkte offen haben – nicht betreffen würde, aber die Menschen hätten ein Auskommen, auch wenn sie de facto vom Staat Berufsverbot bekommen haben und für einen bezahlten Artikel nicht in der Bibliothek forschen können, weil diese geschlossen hat.

Das Jahr 2020 und die Coronakrise zeigen also wie relevant ein BGE wäre, doch es zeigt sich noch viel stärker, dass das demokratische Bewusstsein der Menschen von heute auf morgen in sich zusammenbrechen kann und nur noch – von kritischen Jurist*innen oder dem Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestags aktuell als verfassungsfeindlich vermutete – Maßnahmen befolgt werden, ja der Staat und die Bevölkerung sich geradezu gegenseitig aufpeitschen, gegen Kritiker*innen vorzugehen. Ein BGE ohne Grundrechte wäre absurd, deshalb wird man allein bei der Person Katja Kipping sehr skeptisch.

Das womöglich etwas naive und in Hinsicht Technikeuphorie traditionslinke Weltbild der Autor*innen von „Digitalisierung? Grundeinkommen!“ – entgegen der so wichtigen neuen Perspektive auf das bedingungslose  Grundeinkommen, das fast die gesamte linke Arbeiterbewegungstradition in Frage stellt – stellt diese Fragen nicht wirklich, ein Fortschrittsoptimismus vernebelt hier doch vieles.

Es wäre eine entscheidende Frage, ob Vertreter*innen des bedingungslosen Grundeinkommens sich kritisch zur aktuellen Coronamassenpanik stellen oder doch eher mitmachen und immer nur die nicht falschen, aber längst nicht ausreichenden Fragen nach dem kapitalistischen Gesundheitssystem stellen. Wenn Antikapitalist*innen teils noch viel vehementer die Überwachung und Reglementierung der Menschen angesichts von Corona einfordern, und zugleich ein BGE verlangen, führte das nicht zu exzessiver staatlicher Herrschaft im rosa Gewand der Gemeinnützigkeit?

Wenn wir abschließend dann auch noch sehen, dass der Mandelbaum Verlag aktuell Bücher publiziert, die doch schon aufgrund der Ankündigung eher zur Verharmlosung oder Unterstützung des aktuellen linken Antisemitismus wie auch der BDS-Bewegung dienlich sein können, wird man beim Verlagsprogramm sehr skeptisch.

 

Literatur:

Anders, Günther (1956): Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Seele im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution, München: C.H. Beck

Anders, Günther (1980): Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Zerstörung des Lebens im Zeitalter der dritten industriellen Revolution, München: C.H. Beck

Arendt, Hannah (1960): Vita activa oder vom tätigen Leben, Stuttgart: Kohlhammer

Gabriel, Markus (2020): Der Hygienismus kann in eine Gesundheitsdiktatur umschlagen, Die Welt, 22.04.2020

Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W. (1947): Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Friedrich Pollock zum 50. Geburtstag, Amsterdam: Querido

Langenbach, Jürgen (1982): Selbstzerstörung. Zur Identität von abstrakter Arbeit (Technik) und Faschismus, München: Raben Verlag

Mirbach, Thomas (2020): Digitalisierung der Lebenswelt. Studien zur Krisis nach Husserl, 20. Juli, https://www.pw-portal.de/leben-und-arbeiten-in-der-digitalen-welt/40960-digitalisierung-der-lebenswelt-studien-zur-krisis-nach-husserl

Opielka, Michael (2019): Das Glas ist mindestens halbvoll, 11.07., https://www.grundeinkommen.de/11/07/2019/michael-opielka-das-glas-ist-mindestens-halbvoll.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Bedingungsloses_Grundeinkommen

Wissenschaftlicher Dienst (2020): Staatsorganisation und § 5 Infektionsschutzgesetz. WD 3-3000 -080/20, 02. April 2020, https://www.bundestag.de/resource/blob/690262/cb718005e6d37ecce82c99191efbec49/WD-3-080-20-pdf-data.pdf

Robert S. Wistrich Memorial Lecture 2020 – Dr. Yoram Lass: A rational voice in the age of Corona panic pandemic

The Robert S. Wistrich Memorial Lecture 2020

with Dr. Yoram Lass

by The Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) and Verein für Gesellschaftskritik und Antisemitismusforschung e.V. https://www.bicsa.org/the-robert-s-wis…

May 19, 2015, historian and leading scholar in antisemitism, Professor Robert S. Wistrich (1945-2015), Director of the Vidal Sassoon International Center for the Study of Antisemitism (SICSA) at Hebrew University, Jerusalem, died in Rome. Robert was a friend, colleague, and ally. We miss him. To keep the memory of this wonderful person, vibrant public intellectual and outstanding scholar alive and to learn from his scholarship, the Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) and the Verein für Gesellschaftskritik und Antisemitismusforschung e.V. will held the yearly „Robert S. Wistrich Memorial Lecture.“

May 26, 2020, BICSA Director Dr. Clemens Heni spoke with Dr. Yoram Lass, former Israeli Director-General of the Ministery of Health and former Knesset Member (Labour).

He has been involved with the Sackler Faculty of Medicine of Tel Aviv University for over 50 years now.

https://www.bicsa.org/people/

https://www.knesset.gov.il/mk/eng/mk_…

BICSA fights antisemitic conspiracy myths by neo-Nazis, Islamists, and many other people around the world concerning the Corona crisis. BICSA also fights the current wave of antidemocratic measures taken by almost all governments around the world, the so-called „Lockdown“ of entire countries.

As Yoram Lass explains, the flu is as dangerous as the Coronavirus or even worse – just take the numbers. At the core of our Corona crisis is the irrational fear. To fight this fear it will take a very long time – as we are all, including ourselves – 24/7 „brainwashed“ ever since late February 2020, as Lass emphasizes.

In his Robert S. Wistrich Memorial Lecture 2020 on May 26, Yoram Lass spoke about the current Corona crisis and why the mass panic is a threat to our democracy – much worse than the Coronavirus SARS-CoV-2 itself.

 

https://www.youtube.com/watch?v=vc-uqYRVYTg

See also our book on the Corona crisis (in German) by Gerald Grüneklee, Peter Nowak and Clemens Heni, where we refer to Yoram Lass:

NEUERSCHEINUNG: Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik – Gerald Grüneklee, Clemens Heni, Peter Nowak

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