The Berlin International Center for the Study of Antisemitism

Schlagwort: UNRWA

Gert Weisskirchen/Clemens Heni: Der Spiegel und das Gerücht über die Juden

In einem Text im Nachrichtenmagazin Der Spiegel vom 13. Juli 2019 schreiben gleich sechs AutorInnen um den SpiegelOnline Chefreporter Matthias Gebauer herum über eine „Gezielte Kampagne“ von Juden und pro-israelischen Lobbygruppen, die Bundestagsabgeordnete beeinflusst hätten, sich gegen die BDS-Bewegung und gegen Antisemitismus zu stellen. Man muss da schon fast lachen, wäre es nicht so ernst und schockierend, denn eine Kampagne sollte ja in der Tat „gezielt“ sein, sonst wäre sie ja keine.

Die AutorInnen behaupten ohne Beleg, dass die BDS-Bewegung „eine in Deutschland unbedeutende Initiative“ sei. Nicht ein antisemitischer Vorfall wie das Stören von Veranstaltungen mit israelischen PolitikerInnen oder mit Holocaustüberlebenden an der Humboldt-Universität zu Berlin, das gewalttätige Stören einer Veranstaltung von Keren Hayesod, dem israelischen Nationalfonds, vor einigen Jahren, oder die Agitation für BDS auf einer größeren „antirassistischen“ Demonstration in Berlin vor wenigen Jahren werden auch nur erwähnt.

Noch nicht mal der weltweit Schlagzeilen machende Skandal über antiisraelische Tendenzen und einen antiisraelischen und tendenziell Pro-BDS Tweet des Jüdischen Museums Berlin, was zum Rücktritt des Leiters Peter Schäfer führte, oder die daraufhin angeworfene antiisraelische und Pro-BDS-Lobbymaschine des akademischen Establishments in Islam-, Nahost- und jüdischen Studien werden als Zeichen der ungeheuren Gefahr von BDS erkannt, obwohl der Spiegel im gleichen Heft über diesen Fall berichtet. Allerdings auch hier mit einer höchst problematischen Schlagseite, indem die wiederum den Israel bezogenen Antisemitismus eher befördernde Berliner Barenboim-Said-Akademie als Beispiel, wie man angeblich super tiefenentspannt und musikalisch mit der Nahostproblematik umgehen kann, promotet wird, dabei ist allein schon der Co-Namensgeber Edward Said ein Agitator mit enormen Einfluss bis heute gewesen, der den jüdischen Staat Israel ablehnte.

Handwerklich ebenso irritierend gleich zu Beginn: es fehlen Definitionen. Für was die BDS-Bewegung steht, wird in dem Text nicht näher erläutert, es heißt lediglich, BDS sei „das Kürzel einer weltweiten propalästinensischen Kampagne, deren Macher Israel isolieren wollen.“ Das hört sich eigentlich schlimm genug an. Zudem ist eine der drei Kernforderungen von BDS das angebliche „Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge“ von 1948. Damit sind keineswegs nur die wenigen noch lebenden und tatsächlich vertriebenen und nicht aus eigenen Stücken gegangenen Palästinenser gemeint. Nein, damit sind alle Nachfahren gemeint, was aus den damals ca. 600.000 Vertriebenen bzw. auf Druck der arabischen Staaten, Israel keineswegs durch das Dortbleiben zu legitimieren, gegangenen Palästinensern nach Angaben der UNRWA über 5 Millionen Menschen weltweit macht. Deren Recht auf Rückkehr würde Israel von heute auf morgen als jüdischen und demokratischen Staat zerstören, ganz zu schweigen davon, dass die Araber in Israel das mehrheitlich gar nicht wollen.

Der Kern des ganzen Textes im Spiegel, der geradezu paradigmatischen Charakter zu haben scheint, was auch die sechs AutorInnen anzeigen, ist gleich in der zweiten Spalte dieser skandalöse Satz: „Dass die proisraelische Erklärung trotz der Kritik am Ende auf so viel Zustimmung traf, lag auch an Elio Adler.“ Adler ist ein Jude aus Berlin und hat 2018 mit anderen eine deutsch-jüdische „WerteInitiative.“ gegründet, die natürlich, welche NGO tut das nicht, auch Lobbyarbeit betreibt.

Der Spiegel insinuiert nun im ganzen Text in traditionell antisemitischer Diktion, eine jüdische geheime Macht würde die Welt oder zumindest den Deutschen Bundestag beherrschen. Denn wie dieser zitierte Satz besagt, habe die Zustimmung zu der Anti-BDS-Resolution deshalb „so viel Zustimmung“ im Bundestag erhalten, weil ein Jude sich dafür eingesetzt habe. Ohne jeden Beleg, denn die AutorInnen können nicht in die Köpfe von hunderten Bundestagsabgeordneten schauen, die sich für diese Resolution ausgesprochen haben. Unzählige Debatten, wissenschaftliche Konferenzen, Bücher, Demonstrationen und Kundgebungen, Symposien, Radiogespräche, Fernsehsendungen oder Universitätsseminare thematisieren seit Jahren verschärft den steigenden Antisemitismus, also auch BDS. Aber nein, daran kann es nicht liegen, dass Bundestagsabgeordnete sich dem Thema widmen, es muss „der“ Jude dahinter stecken!

Das Parlament trägt in seiner Mehrheit die von ihr gewählte Regierung – das ist das in einer parlamentarischen Demokratie angelegte Verhältnis. Aktive Parlamentarier können sich jedoch zu jeder Zeit auch über die Fraktionsgrenzen hinweg darauf verständigen, exekutives Handeln mit zu prägen. Das kann dann wirksam sein, wenn ein wachsender Bedarf zu erkennen ist, der ein politisches Umsteuern erfordert. In der Geschichte des Deutschen Bundestages ist es weder neu noch stürzt es die Verhältnisse um, wenn sich Abgeordnete der Regierungsparteien und der Opposition finden, die besondere Akzente im Regierungshandeln setzen wollen. Das geschieht an jedem Tag, formell in den Ausschüssen und informell ebenso. Wer diese Vorgänge skandalisieren will, zeigt nur seine Ahnungslosigkeit oder seine Absicht. Weil die Journalisten des Spiegel klug sind, entfällt die erste Bewertung. Die zweite tritt umso schärfer hervor.

Die gegenwärtige Regierung Israels ist nicht frei von Kritik. Und, ja, sie versucht ihre Haltung im eigenen Land und gegenüber der Außenwelt deutlich zu machen. Und, ja, Unterschiede sind zu sehen, wer die komplexen Fragen beantworten will, ob eine verlässliche Friedensordnung im Nahen Osten entstehen kann, wer als Partner dafür zu gewinnen wäre und wie Prozesse dafür in Gang gesetzt werden können. Klar ist jedoch in jedem Fall, dass die Unterstützer von BDS friedlichen Absichten nicht folgen. Weil das so ist, haben Abgeordnete – und Deutsche zumal – jedes Recht, sich informell darüber zu verständigen, welche parlamentarischen Schritte geeignet sind, diese frivole Aktion, ein Wiedergänger des „kauft nicht bei Juden“, als das benennen, was es wirklich ist: als gegen Israel gerichtet. Wenn NAFFO mitgeholfen hat, dass diese Verständigung zwischen Parlamentariern angebahnt wurde, ist das zu begrüßen. Diese Abgeordnete haben ihre Aufgaben parlamentarisch angemessen bewältigt. Vielleicht könnten Journalisten darüber schreiben, wie Palästinenser und ihre Familien darunter leiden, wenn die Produkte, die sie in Israel herstellen, boykottiert werden, weil BDS-Aktivisten Konsumenten sie am Kauf hindern.

Der Tenor ist im ganzen Text: ohne jüdischen Druck sähe die Stimmung im Bundestag, was Israel und den Nahen Osten betrifft, ganz anders aus. Das wird noch perfide gesteigert, indem Stellungnahmen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in die Nähe von Äußerungen hiesiger pro-israelischer AktivistInnen oder PolitikerInnen gestellt werden. Nicht nur jener erwähnte Elio Adler, auch Netanyahu würden quasi die deutschen Bundestagsabgeordneten vor sich hertreiben. Ohne jeden Beleg – es geht u.a. um eher läppische Spenden für Politiker oder ein Abendessen von pro-israelischen Aktivisten mit Bundestagsabgeordneten – wird Stimmung gegen Juden und Israel gemacht.

Ganz am Schluss wird auch noch das Feindbild des rechten Teils der sog. Pro-Israel-Szene bedient: Heiko Maas. Ihm wird von rechter Seite ein zu harmloses Agieren bezüglich Iran etc. unterstellt und der Spiegel sekundiert das nun, völlig anders gepolt. Der Spiegel agitiert, eine Israel dämonisierende Resolution der Weltgesundheitsorganisation von Mai 2019 – die von megademokratischen Ländern wie Saudi-Arabien, Yemen, Qatar (man denke an die unfassbare  Zahl an Toten auf den WM-2022-Baustellen) oder der Türkei verfasst wurde und die Situation in den Golanhöhen sowie Ostjerusalem und den besetzten bzw. umstrittenen palästinensischen Gebieten thematisiert – sei vorgeblich aufgrund von Druck der jüdischen Lobby von Bundesaußenminister Heiko Maas und der Bundesregierung abgelehnt worden, was einen Wandel des deutschen Abstimmungsverhaltens indiziere. Das raunt der Text.

Der Text macht die Gleichung auf: Juden – Israel – Mossad = Einfluss auf hilflose deutsche PolitikerInnen. Noch schlimmer: jene MdBs, die die Resolution ablehnten, trauten sich das nicht offen zu tun, sondern enthielten sich, weil sie nicht als Antisemiten dastehen wollen.

Wir sind beide nicht als Unterstützer der Regierung Netanyahu bekannt. Ja, wir fördern linkszionistische Kritik an der Besatzung wie an der politischen Kultur in Israel, die extrem nach rechts abgedriftet ist. Wir finden auch Karikaturen problematisch, die Merkel und Netanyahu mit den Sprechblasen zeigen „Wir sollten die Zweistaaten-Lösung nicht aus den Augen verlieren“, worauf hin Bibi antwortet „Steht es so schlimm um die deutsche Einheit“, die von manchen irregeleiteten „pro-israelischen“ Aktivisten publiziert werden.* Das ist eher als Ausdruck der geradezu menschenverachtenden antipalästinensischen Grundhaltung vieler selbst ernannter „Israelfreunde“ zu sehen, die linkszionistische KritikerInnen der Besatzung des Westjordanlandes nicht zur Kenntnis nehmen.

Der ganze Spiegel-Text strotzt nur so vor Ressentiment gegen Juden und promotet das Übelste was ein Mensch im Post-Auschwitz-Zeitalter tun kann, zumal im Journalismus: er befördert das Gerücht über die Juden.

Der Ex-Spiegel-Reporter Relotius ist ein Fälscher, Trottel oder Hochstapler, aber das scheint fast harmlos verglichen mit diesem antijüdischen Ton im Spiegel.

 

Prof. Gert Weisskirchen war von 1976 bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestags (SPD), Er war Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und bei der OSZE Beauftragter im Kampf gegen Antisemitismus

Dr. Clemens Heni ist Politikwissenschaftler, 2018 publizierte er die Studie „Der Komplex Antisemitismus“, im Mai 2019 sprach er bei der SPD Essen über BDS

 

P.S.: Die Chefredaktion des Spiegel (Steffen Klusmann, Barbara Hans, Clemens Höges, Jörn Sucher) verteidigt den hier analysierten Text der sechsköpfigen Autorengruppe (Matthias Gebauer, Ann-Katrin Müller, Sven Röbel, Raniah Salloum, Christoph Schult, Christoph Sydow), ohne auch nur im Ansatz zu verstehen, warum dieser Text dem Antisemitismus Vorschub gibt.

*

©ClemensHeni

Ein kleiner Palast für Israelhass im Herzen von Berlin? Die Bundesregierung, die Barenboim-Said-Akademie und der Antisemitismus

Von Thomas Weidauer und Clemens Heni

Dieser Text erschien als Originaltext auf der Seite www.juedische.at am 19. Juni 2015

 

Am Montag, den 15. Juni 2015, wurde in Berlin das Richtfest der Barenboim-Said-Akademie gefeiert. Die deutsche Bundesregierung unterstützt den Bau mit 20 Millionen Euro, was 2/3 der Gesamtkosten ausmacht, und wird sich auch später an der Finanzierung der laufenden Kosten des Prestigeprojektes beteiligen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters sagte:

 

„Mit der Barenboim-Said Akademie feiern wir heute ein wegweisendes kulturelles Versöhnungsprojekt, das uns auch in Berlin einen kleinen Beitrag zum Friedensprozess im Nahen Osten leisten lässt. Jeweils drei Jahre lang werden hier bis zu 100 israelische und arabische junge Menschen, entlastet von dem oft kriegerischen Lärm ihrer Heimat, aufeinander hören, miteinander musizieren, sich gegenseitig achten und, so hoffen wir, die Botschaft in die Welt tragen: Frieden ist möglich.“

 

Zugegen beim Richtfest waren auch der Barenboim-Said-Akademie-Präsident Michael Naumann, der Kulturstaatssekretär des Berliner Senats, Tim Renner, sowie ein Vertreter des Auswärtigen Amtes, Andreas Görgen. Der kanadisch-amerikanische Stararchitekt Frank Gehry hat das Gebäude entworfen und wurde per Video-Botschaft zugeschaltet. Barenboim war ganz euphorisch.

 

„Frieden ist möglich“ – das hört sich vielversprechend an, doch entspricht es der Wahrheit? Wer war Edward Said? Und wer ist Daniel Barenboim? Für was steht seine Stiftung, die Daniel-Barenboim-Stiftung, auf deren Homepage die Akademie vorgestellt wird?

 

Auf Barenboims Homepage steht:

 „Über die Jahre hat das West-Eastern Divan Orchestra Beziehungen zu vielen Organisationen in Israel, Palästina und anderen Teilen der Welt aufgebaut. Einige Organisationen existierten – mit vergleichbaren Zielen – schon vor dem Divan und einige wurden von Mitgliedern oder Ehemaligen des Orchesters gegründet, aber alle gemeinsam verdienen unsere volle Unterstützung.“

Sodann werden fünf Gruppen aufgeführt:

Al-Kamandjati (www.alkamandjati.com)
Barenboim-Said Conservatory / Orpheus (www.orpheus-music-edu.org)
Friends School Ramallah (www.palfriends.org)
Palestinian Medical Relief Society (www.pmrs.ps)
Musikkindergarten Berlin (www.musikkindergarten-berlin.de)

 

“Al-Kamandajati” verweist gleich auf der Startseite (aufgerufen am 17.06.2015) auf folgenden Text von Juli 2014 bezüglich des Abwehrkrieges Israels gegen die Hamas:

 

“This latest Israeli attack against Gaza is a crime that must be understood within the context of Israeli occupation and apartheid. For over six decades Palestinians have been systematically bereaved of their lands, their water and their freedom of movement.”

 

Die bloße Existenz Israels wird hier in Abrede gestellt, wenn keineswegs von der Besatzung des Westjordanlandes seit 1967, vielmehr von einer Besatzung „seit über sechs Jahrzehnten“ geredet wird, also seit 1948, der Gründung des Staates Israel. Auch die Diffamierung Israels als „Apartheid“ kommt hier vor – ist das das „kulturelle Versöhnungsprojekt“, von dem die Bundesregierung beim Richtfest am Montag sprach?

 

Die nächste von Barenboim unterstützte Einrichtung ist die „Friends School of Ramallah“. In deren „Summer Newsletter 2015“ wird die „Nakba“ erwähnt, die palästinensische „Katastrophe“ von 1948, ohne zu erwähnen, warum es zu Vertreibungen kam: weil die Araber sich im November 1947 weigerten, den UN-Teilungsplan für Palästina anzunehmen und neben dem jüdischen Staat Israel einen (weiteren) arabischen Staat zu gründen. Schon 1937 hatten die Araber einen Teilungsplan der Briten abgelehnt, während die Zionisten ihn angenommen hatten. Zudem haben die umliegenden arabischen Staaten die Palästinenser gezwungen, Israel zu verlassen, da ein Dortbleiben dem jüdischen Staat Akzeptanz verschafft hätte. Zwar kam es von jüdischer Seite auch zu einzelnen Verbrechen gegen Palästinenser, die in Israel heute breit diskutiert werden – während in der arabischen Welt kaum jemand über die nach 1948 vertriebenen fast eine Million Juden spricht.

 

Barenboim selbst scheint ein Anhänger des palästinensischen Rückkehrrechts zu sein und propagiert somit die Zerstörung des jüdischen Staates Israel, wenn er im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung 2012 sagt:

 

„Es ist doch absurd“, sagt er, „dass Woody Allen noch heute Abend nach Israel ziehen könnte, eine palästinensische Familie, die tausend Jahre lang dort gelebt hat, aber nicht.“

 

Barenboim erwähnt gar nicht den grotesken Charakter dieser palästinensischen angeblichen Flüchtlinge. Es handelt sich hierbei um ca. 5 Millionen Menschen, davon sind jedoch nur ein paar Zehntausend tatsächlich 1948/49 geflohen bzw. vertrieben worden. In krassem Gegensatz zu allen anderen Flüchtlingen weltweit wird nämlich bei Palästinensern der Flüchtlingsstatus vererbt! Das wird durch die ausschließlich für die Palästinenser zuständige United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA), die auch von der deutschen Bundesregierung finanziell unterstützt wird, organisiert und perpetuiert. Während Israel ca. eine Million jüdischer Flüchtlinge aus arabischen Ländern nach 1948 in die Gesellschaft integrierte, weigern sich arabische Staaten wie Syrien, der Libanon, Jordanien und weitere Staaten die Palästinenser als Staatsbürger zu integrieren. Vielmehr wird auf zynische Weise deren Flüchtlingsstatus zementiert, die Flüchtlingslager dienen als Faustpfand im Kampf gegen Israel. Dabei haben die Araber in Israel gar kein Interesse an einer Rückkehr dieser angeblichen (und der wenigen noch lebenden tatsächlichen) Flüchtlinge! Die UN haben 1947 – so wie die britische Peel Commission 1937, die bereits die unüberbrückbaren politischen und weltanschaulichen Differenzen von Arabern/Muslimen und Juden erkannte – ausdrücklich von einem jüdischen und einem arabischen Staat gesprochen, doch die Araber („Palästinenser“) lehnten das ab.

 

Und da wären wir beim Thema arabischer und muslimischer Antisemitismus. Jede Präsenz von Juden auf „arabischem“ oder „muslimischem“ Land wird abgelehnt, so die antisemitische Ideologie. Jene, die eine Einstaatenlösung (oder einen binationalen Staat) propagieren, wollen Juden lediglich als Minderheit am Leben lassen, gerade ohne jede politische Eigenständigkeit und Souveränität. Und, nochmal: selbst die Mehrheit der Araber in Israel möchte keinen solchen Staat, da sie keine demokratieunfähigen oder –unwilligen, verhetzten und antisemitischen Palästinenser an ihrer Seite haben wollen. Ganz davon zu schweigen, dass in Paris, Chicago, Brüssel oder Berlin geborene „Palästinenser“ keinerlei Bezug zu Israel haben und es völlig absurd ist, ihnen ein „Rückkehrrecht“ zu gewähren. Das erinnert vielmehr an ewiggestrige Nazis in Deutschland, die bis heute von einem Rückkehrrecht der vertriebenen Deutschen nach Polen oder der Tschechischen Republik, der Slowakei, Rumänien oder Bulgarien etc. träumen. Auf das historisch gesehen unlogische und absurde palästinensische „Recht auf Rückkehr“ weist auch der bekannte israelische Journalist Ben Dror Yemini in seinem Buch „The Industry of Lies“ (Hebräisch 2014) hin. Der Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe Volker Beck (Die Grünen) sprach sich wie andere Politiker und Redner im April 2015 gegen eine Konferenz des „Palestinian Return Center“ aus London und der Palästinensischen Gemeinde in Deutschland in Berlin-Treptow und somit gegen das palästinensische Rückkehrrecht aus, da dies Israel zerstören würde. Es ginge um das gleichberechtigte Nebeneinander von Israel und einem möglichen Staat „Palästina“ Seite and Seite mit Israel, so mehrere Redner.

 

Es ist in der politischen Kultur der Bundesrepublik Konsens, dass das Plädieren für eine Rückkehr der Deutschen nach Polen oder der Tschechischen Republik und anderer Länder Revanchismus ist und zudem Flüchtlinge niemals ihren Status hätten auf ihre Nachfahren übertragen können. Warum also wird via UNRWA bezüglich der Palästinenser anders geurteilt? Das ist unlogisch und nicht nachvollziehbar. Es scheint ein antijüdisches Ressentiment dahinter zu stecken, da Juden und Israel anders behandelt werden denn andere Gruppen bzw. Länder. Was wäre in Europa und in Polen zu Recht für ein Aufschrei zu vernehmen, wenn die deutsche Bundesregierung mit 20 Millionen Euro eine Akademie unterstützen würde, die von Personen und mit ihnen assoziierten Gruppen getragen bzw. geprägt wird, die von einem „Rückkehrrecht der Schlesier nach Polen“ daher reden?

 

Die Araber in Israel ziehen ihre geschützte Minderheitenposition im jüdischen Staat Israel einer möglichen Mehrheit im Staate mit aus aller Welt kommenden, fünf Millionen Arabern vor. Niemand leugnet, dass es auch in Israel, wie in jedem westlichen Land, Rassismus gibt – doch im Gegensatz zur PA oder den arabischen Ländern wird dieser Rassismus gegen Araber in Israel von der überwiegenden Mehrheit kritisiert und bleibt niemals unwidersprochen.

 

 

In einer Art Gedicht wird sodann im Sommernewsletter 2015 der Boys School Ramallah „lyrisch“ der Mord an Juden in Israel angekündigt, wenn die Palästinenser endlich ihr „Rückkehrrecht“ in Anspruch nehmen könnten:

 

„We don’t only hold our keys

We will return and forget about ever being refugees

And you will leave or “rest in “peace” “. [Anführungszeichen so im Original, d.V.]

 

Im selben hetzerischen Text eines Schülers, der die von Barenboim unterstützte und angepriesene Schule in Ramallah besucht, wird das Märtyrertum propagiert:

 „I’d rather be a martyr than be on your unjust venue
Which causes us to call for another menu
Whether it consists of harm and pain
You, Israel, are one to blame.”

Das ist Ramallah im Frühsommer 2015! Mit deutscher Unterstützung?

Als weiteres Vorzeigeprojekt wird von der Daniel-Barenboim-Stiftung die „Palestinian Medical Relief Society“ (PMRS) aufgeführt. Die hat auf ihrer Website einen, nun ja, Bericht über den Krieg im vergangenen Sommer, der eine einzige Verleumdung Israels ist:

Darin wird Israel nicht nur das Recht auf Selbstverteidigung abgesprochen, sondern etwa behauptet,

“The war Israel is waging on Gaza right now is not about self-defense, it is not even about destroying Hamas. It is a war about complete control over a territory and a people and it is being conducted with complete disregard for human life.“

Die PMRS steht dem vor zehn Jahren ins Leben gerufenen BDS Movement nahe. Diese Bewegung ruft dazu auf, Israel mit Boykotten auf allen Ebenen zu bekämpfen, nicht in Israel zu investieren und die jüdische Demokratie mit Sanktionen für ihre Existenz zu bestrafen. BDS-Aktivisten bedrohen Menschen, die ihre Ansichten nicht teilen, nicht selten mit Gewalt, in Südafrika gehört der Ruf „Shoot the Jew“ offenbar zum festen Repertoire dortiger BDS-Anhänger. In Berichten von der „First Palestinian Conference for the Boycott of Israel“ (2007) heißt es: „The organizing committee expresses its special thanks to (…) PMRS-Palestinian Medical Relief Society“.

Edward Saids Witwe Mariam Said ist eine Vertraute Barenboims und aktiv involviert im „West-Eastern-Divan-Orchestra“ (WEDO). Im März 2010 verteidigte sie Barenboim auf der antiisraelischen Seite „Electronic Intifada“ und versicherte den Agitatoren, dass Barenboim ganz im Sinne Edward Saids agiere, wenn auch mit unterschiedlichen Methoden. Mariam Said unterstrich, dass viele aus den Reihen von WEDO und dem Umfeld von Daniel Barenboim den Boykott Israels unterstützen würden.

Alle diese Beispiele zeigen: Die von Daniel Barenboim und seiner Stiftung unterstützten und promoteten Projekte fördern die Hetze gegen den jüdischen Staat Israel, sie verlangen ein palästinensisches Rückkehrrecht, welches einer, wenn nicht der Hauptgrund für das Scheitern der seit vielen Jahren geführten Friedensverhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde ist. Sie preisen zudem das Märtyrertum, schweigen zum Islamismus der Hamas und des islamischen Jihad und drohen Juden mit Gewalt.

Von all dem hat man beim Richtfest am 15. Juni 2015 in Berlin nichts gehört. Die Frage ist: schaut sich die deutsche Bundesregierung die Projekte, die sie mit 20 Millionen Euro Steuergeldern unterstützt, überhaupt an? Wenn ja, unterstützt die Bundesregierung den in diesem Text dokumentierten Antisemitismus einiger jener Gruppen, die von Daniel Barenboim auf seiner Seite hochgelobt werden? Hat sich die Bundesregierung, haben der Berliner Senat oder Michael Naumann jemals mit der Ideologie von Edward Said beschäftigt, nach dem nun im Herzen von Berlin eine luxuriöse Akademie benannt wird?

Schon 1969 bezeichnete Edward Said (1935–2003) die Araber als „die neuen Juden“. 1979 setzte er Israel mit dem südafrikanischen Apartheidstaat gleich. In seinem bekanntesten Buch Orientalismus von 1978, denunzierte er Israel als das letzte orientalistische, also imperialistische, westliche und rassistische Land. 1987 sagte Said in einem Interview, die Juden hätten die Lehren aus ihrem eigenen Leiden unter Nazi-Deutschland nicht gezogen. Für ihn verhalten sich die Juden/Israeli gegenüber den Palästinensern heute so, wie die Nazis sich gegenüber den Juden verhalten haben.

Diese Ideologie wird nun offenbar sehenden Auges von der deutschen Bundesregierung mit 20 Millionen Euro Baukosten plus Teilen der laufenden Kosten nach Eröffnung der Akademie unterstützt.

Deutschland, Deutschland, du tüchtiges Land.

 

Thomas Weidauer ist Blogger und Vorsitzender des Vereins für Gesellschaftskritik und Antisemitismusforschung e.V.

Dr. phil. Clemens Heni ist Politikwissenschaftler und Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA)

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